Ist es wirklich meine Schuld?: Chefarzt Dr. Norden 1195 – Arztroman
Von Jenny Pergelt
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Über dieses E-Book
So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche!
Die Krankenschwester Ines Feldmann schaut bei Dr. Norden in der Behnisch-Klinik vorbei, um Hallo zu sagen. Daniel Norden freut sich, seine ehemalige Mitarbeiterin wiederzusehen. Ines hatte früher auf der Inneren gearbeitet. Alle waren überrascht gewesen, als sie ganz plötzlich ihre Kündigung abgegeben hatte und die Behnísch-Klinik verließ. Nur wenige – so auch Fee und Daniel Norden – wissen, dass Dr. Lars Keller der Grund für den Weggang der tüchtigen und bildschönen Krankenschwester war. Der Internist hatte sich in sie verliebt, obwohl er bereits verheiratet war. Ines erwiderte seine Gefühle und hoffte auf ein Glück mit ihm. Doch Lars entschied sich damals gegen Ines, weil seine Frau ein Baby erwartete. Für Ines war es danach unmöglich gewesen, weiter mit ihm zusammenzuarbeiten. Sie verließ die Behnisch-Klinik. Aber was sich dann in ihrem Leben ereignete, war mehr als erstaunlich. Und auf unfassbare Weise geriet Ines in große Not.
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Buchvorschau
Ist es wirklich meine Schuld? - Jenny Pergelt
Chefarzt Dr. Norden
– 1195 –
Ist es wirklich meine Schuld?
Schwester Ines unter Verdacht
Jenny Pergelt
Obwohl es noch früh am Morgen war, schien die Sonne schon kräftig und trieb die Temperatur nach oben. Es versprach ein heißer Junitag zu werden, den man am besten an einem schattigen Plätzchen im Park oder auf einer Decke an einem Badesee verbrachte. Für Ines kam beides nicht infrage. Jedenfalls nicht in den nächsten zwei Wochen.
Seit ihrem Weggang aus der Behnisch-Klinik arbeitete sie als Privatschwester bei den Heckendorfs. Ihre Arbeitgeber waren Sylvia und Elmar Heckendorf, die ein großes Logistikunternehmen mit mehreren Niederlassungen in Süddeutschland führten. Götz Heckendorf, der fast neunzigjährige Senior der Familie, hatte das Unternehmen in jungen Jahren aufgebaut und es zu dem gemacht, was es heute war. Seit einem schweren Schlaganfall, der ihm fast das Leben gekostet hatte, war Götz ans Bett gefesselt und brauchte beinahe rund um die Uhr Hilfe und Pflege durch eine Schwester. Ines gehörte zu den beiden Krankenschwestern, die die Familie Heckendorf eingestellt hatten, damit sie sich im Wechsel um den hochbetagten Patriarchen kümmerten.
Wenn Ines Dienst hatte, zog sie für vierzehn Tage in die herrschaftlich anmutende Jugendstilvilla in Bogenhausen ein. Dort bewohnte sie ein helles Zimmer im Erdgeschoss und umsorgte den schwerkranken Götz. Das Haus verließ sie dann nur für dringende Besorgungen. Verabredungen mit Freunden oder ein Kinobesuch mussten warten, bis ihr Zwei-Wochen-Dienst vorbei war.
Ines parkte ihren Wagen unweit der Villa unter einer schattenspendenden Linde. Über einen Seiteneingang, der früher den Dienstboten vorbehalten war, betrat sie das Haus. Ullas Reisetasche stand bereits im Flur. Ulla Steiner, die zweite Krankenschwester, hatte also schon ihre Sachen gepackt und wartete nun nur noch auf ihre Ablösung. Bevor Ines zu ihr ging, brachte sie ihr Gepäck ins Zimmer.
Hier empfing sie der saubere Duft eines milden Putzmittels. Das Bett war abgezogen, frische Bettwäsche und Handtücher lagen auf einem Stuhl. Auch das angrenzende kleine Badezimmer war schon blitzeblank und schien nur darauf zu warten, dass Ines den Inhalt ihrer Kosmetiktasche auf der Spiegelkonsole und der kleinen Kommode verteilte. Ulla musste heute besonders früh aufgestanden sein, damit alles fertig war, wenn ihre Ablösung kam.
Ines konnte gut verstehen, dass es Ulla nach Hause zog und sie es wahrscheinlich kaum erwarten konnte, die Heckendorf-Villa zu verlassen. Immerhin wurde sie von ihrem Ehemann und zwei Söhnen im Teenageralter schon sehnsüchtig erwartet. Manchmal wünschte sich Ines, auch auf sie würde jemand warten, wenn sie nach zwei Wochen in ihre kleine Wohnung am anderen Ende der Stadt zurückkehrte. Doch da gab es niemanden; nur einen unverwüstlichen Kaktus, dem es nichts ausmachte, wenn er zwei Wochen kein Wasser und keine Gesellschaft bekam.
Ines stellte sich vor den Badspiegel, zog das Haargummi aus ihrer Hosentasche und fasste ihre langen, blonden Locken zu einem festen Zopf zusammen. Dann begann ihr Dienst.
»Guten Morgen, Ulla! Guten Morgen, Götz!« Mit einem strahlenden Lächeln betrat Ines das Zimmer ihres Patienten.
»Guten Morgen!«, kam es gut gelaunt von Ulla zurück, während Götz Heckendorf nichts von sich hören ließ.
Ines ging zu ihm, streichelte seine Hand und freute sich, dass er ihr einen kurzen, flüchtigen Blick aus müden Augen schenkte. Seit seinem Schlaganfall sprach Götz nicht mehr, und es war fraglich, was oder wie viel er von seiner Umgebung noch wahrnahm. Er verbrachte seine Tage in einem Pflegebett; unfähig, sich zu drehen oder gar aufzurichten. Götz war zur Untätigkeit verdammt, weder sein Körper noch sein Geist gehorchten ihm.
Ines blickte verwundert zur Ernährungspumpe, die neben dem Bett an einem Tropfständer befestigt war und die dafür sorgte, dass die Sondennahrung über einen weichen Kunststoffschlauch in Götz’ Magen gelangte. Doch heute lief die Pumpe nicht.
Ulla saß am Schreibtisch, um die letzten Eintragungen in Götz’ Akte vorzunehmen.
»Gab es etwas Besonderes?«, fragte Ines und setzte sich zu ihrer Kollegin.
»Ja, ein paar Sachen, leider.« Ulla schrieb schnell den Satz zu Ende und hatte nun Zeit für die Übergabe. »Die letzten Nächte waren sehr unruhig gewesen. Götz hat schlecht geschlafen, viel gestöhnt und gewühlt. Dr. Seemann denkt, dass er Schmerzen hat. Er hat ihm deshalb Morphin verschrieben. Seit drei Tagen bekommt er es nun abends subkutan gespritzt.«
»In welcher Dosierung?«
»Bis jetzt waren es nur zehn Milligramm, also eine Ampulle. Aber das reicht überhaupt nicht. In der letzten Nacht war es richtig schlimm. Götz hat tüchtig Rabatz gemacht und sich sogar die Magensonde rausgerissen.«
Jetzt wusste Ines, warum die Ernährungspumpe nicht lief.
Nach dem Schlaganfall hatten ihm die Ärzte die Sonde direkt durch die Bauchdecke in den Magen gelegt. So konnte die Nahrung – eine gelbliche, nährstoffreiche Flüssigkeit – in seinen Körper gelangen. Zumindest sollte es so sein.
Ines sah zu Götz, der nun seine Augen geschlossen hatte und nicht verstand, was er in der Nacht angerichtet hatte. Die herausgerissene Sonde bedeutete nicht nur, dass Götz keine Nahrung mehr erhielt. Auf ihn kam zudem auch ein chirurgischer Eingriff zu, damit der Schaden behoben wurde.
»Hast du schon einen Arzt informiert?«
»Ja, sofort, nachdem ich es entdeckt hatte. Dr. Seemann weiß Bescheid und hat die Behnisch-Klinik angerufen, damit sie ihm dort eine neue Sonde legen.«
Ines stockte der Atem. »Götz soll in die Behnisch-Klinik?«, fragte sie so geschockt, dass Ulla sie überrascht ansah.
»Ja, natürlich. Warum auch nicht? Dort kennt man ihn bereits. Der Krankentransport kommt um halb zwei, um euch abzuholen. Du brauchst dich um nichts zu kümmern. Ich habe schon alles organisiert. Mit etwas Glück seid ihr am späten Nachmittag zurück, noch bevor die Heckendorfs nach Hause kommen.«
»Wissen sie, was passiert ist?«
»Ich habe es ihnen gesagt, ehe sie in die Firma fuhren. Sie haben sich natürlich mächtig aufgeregt. Sylvia, weil es ihr Spaß macht, sich aufzuregen, und Elmar, weil er dann den besorgten Sohn herauskehren kann.« Ulla schnaubte verärgert auf. »Sonst interessieren sie sich nicht gerade übermäßig für den alten Herrn. In den vergangenen zwei Wochen haben sie sich vielleicht dreimal hier sehen lassen, um einen kurzen Blick auf ihn zu werfen. Und von mir erwarten sie, dass ich auch nachts am Bett ihres Vaters sitze und auf ihn aufpasse. Tut mir leid, aber das geht zu weit. Irgendwann brauche auch ich meinen Schlaf.«
Ines stimmte ihr zu. »Es kann niemand von uns verlangen, dass wir Tag und Nacht durcharbeiten. Vielleicht müsste noch eine Nachtschwester eingestellt werden, sollte Götz weiterhin so unruhig sein.«
»Das wäre sicher die beste Lösung. So kann es jedenfalls nicht weitergehen. Mir gefällt es nämlich überhaupt nicht, mich von Sylvia und Elmar abkanzeln zu lassen, als wäre ich ein kleines Schulkind! Du hättest sie mal erleben sollen!«
»Das war bestimmt schlimm für dich. Es tut mir leid, dass es dich in deiner letzten Nacht so arg erwischt hat. Aber nun hör auf, dir deswegen Gedanken zu machen. Freu dich lieber auf deine freien Tage. Wenn du in zwei Wochen wiederkommst, ist die