Auf zu neuen Ufern: Chefarzt Dr. Norden 1127 – Arztroman
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So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche!
Einen Plastiksack in der Hand, bog Dr. Adrian Wiesenstein mit Schwung um die Ecke und hob den Deckel der Mülltonne hoch. Er holte aus. »Auasss!« Statt in der Tonne rauschte der Sack zu Boden. Adrian fuhr herum. »Dési, du liebe Zeit! Ich habe dich gar nicht gesehen.« Der Chirurg legte den Arm um die Tochter seines Chefs. Dési presste die Hand auf die Wange, dorthin, wo Adrian sie mit voller Wucht getroffen hatte. »Was machst du denn hier? Warum hast du nicht geklingelt?« »Ich weiß nicht. Ich war nicht sicher, ob Joshua mich überhaupt sehen will.« Zumindest das Schicksal schien gegen diese Begegnung zu sein. »Lass mal sehen.« Adrian Wiesenstein zog ihre Hand weg und betrachtete die Bescherung. »Für eine Anzeige wegen Körperverletzung wird es nicht reichen«, scherzte er. »Aber für eine Reparationszahlung allemal.
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Dr. Norden – Retro Edition
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Buchvorschau
Auf zu neuen Ufern - Patricia Vandenberg
Chefarzt Dr. Norden
– 1127–
Auf zu neuen Ufern
Anneka Norden ist frisch verliebt und voller neuer Ideen
Patricia Vandenberg
Einen Plastiksack in der Hand, bog Dr. Adrian Wiesenstein mit Schwung um die Ecke und hob den Deckel der Mülltonne hoch. Er holte aus.
»Auasss!«
Statt in der Tonne rauschte der Sack zu Boden. Adrian fuhr herum.
»Dési, du liebe Zeit! Ich habe dich gar nicht gesehen.« Der Chirurg legte den Arm um die Tochter seines Chefs. Dési presste die Hand auf die Wange, dorthin, wo Adrian sie mit voller Wucht getroffen hatte. »Was machst du denn hier? Warum hast du nicht geklingelt?«
»Ich weiß nicht. Ich war nicht sicher, ob Joshua mich überhaupt sehen will.« Zumindest das Schicksal schien gegen diese Begegnung zu sein.
»Lass mal sehen.« Adrian Wiesenstein zog ihre Hand weg und betrachtete die Bescherung. »Für eine Anzeige wegen Körperverletzung wird es nicht reichen«, scherzte er. »Aber für eine Reparationszahlung allemal. Kommst du heute in der Klinik vorbei?« Er war auf dem Sprung zur Arbeit und wieder einmal knapp dran. »Dann spendiere ich dir eine heiße Schokolade im ›Allerlei‹. Oder was auch immer du willst.«
»Mal sehen.« Eine Böe zerzauste ihr Haar und kühlte die brennende Wange.
Adrian sah auf die Uhr.
»Tut mir leid, dass ich keine Zeit habe. Joshua ist drinnen.« Er nickte hinüber zu dem weiß lackierten Sprossenfenster im Erdgeschoss. »Immer hereinspaziert in die Höhle des Löwen. Die Tür ist offen.« Er bückte sich nach dem Müllsack und beförderte ihn in die Tonne. Das Krachen des Deckels hallte im Innenhof wider.
Erst jetzt bemerkte Dési, wie blass Adrian unter dem letzten Rest Sommerbräune war. Ihr wurde flau im Magen. Aber ehe sie nachfragen konnte, hatte sich Dr. Wiesenstein schon auf den Weg gemacht.
Sie sah ihm nach, bis er durch die Einfahrt hinaus auf die Straße getreten war. Dann drehte sie sich um und ging zögernd auf den Altbau zu. Wenig später betrat sie die Wohnung. Das altehrwürdige Parkett knarzte unter ihren Schritten. Sie hätte Joshuas Zimmer auch gefunden, wenn sie die Wohnung nicht gekannt hätte. Seine Lautsprecher kreischten durch die Wohnung. Das war beileibe nicht die Musik, zu der sie den Sternenhimmel betrachtet, sich ihre Liebe geschworen oder am Ufer eines Sees Arm in Arm am Lagerfeuer gesessen hatten. Seine Jeansjacke um ihre Schultern, den Duft seines Parfums in der Nase. Dési kannte das Lied, das die ganze Wohnung und ihr Herz erschütterte. In letzter Zeit spielte Joshua es immer öfter. Auch diesmal sang er lauthals mit: »Da ist ein Riss in der Zimmerwand, und Fernweh flutet den Raum …«
Seine Zimmertür stand einen Spalbreit offen. Sie lugte hinein, sah gerade noch, wie er einen Stapel Pullover in den Koffer auf dem Bett warf. In diesem Moment trafen sich ihre Blicke.
Mit einem Schlag war es totenstill. Zumindest hörte Dési nichts mehr. Die Welt hatte aufgehört, sich zu drehen. In ihren Ohren rauschte es, während sie das Standbild in sich aufsog. Widerwillig und gierig zugleich. Den Koffer auf dem Bett. Den halb ausgeräumten Kleiderschrank. Das Chaos auf dem Boden.
Dési war so vertieft in ihre Betrachtung, dass sie nicht bemerkte, wie Joshua sie ansprach. Auf sie zukam. Sie an den Schultern packte. Die Glasglocke zersprang erst, als er sie schüttelte. Sie tauchte aus der Tiefe hinauf an die Oberfläche, japste und schnappte nach Luft.
»Alles in Ordnung mit dir, Dési?«
Das war nicht die Stimme, die sonst mir ihr sprach. Sie klang anders. Distanziert. Ohne einen Hauch von Liebe darin. Als wären sie nur Freunde. Oder flüchtige Bekannte.
»Ich … ich weiß nicht.« Sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und sah sich um. »Du packst?«
Joshua ließ ihre Schultern los, als hätte er sich daran verbrannt. Er drehte sich zum Schrank um und nahm den nächsten Stapel Kleider heraus.
»Ich fliege ja schon bald nach Zürich.«
»Und wann?«
Joshua starrte auf die grüne Jacke in seinen Händen.
»Heute Nachmittag.«
»Schon?« Désis Stimme kiekste. Die Gedanken in ihrem Kopf überschlugen sich. »Wenn ich heute nicht gekommen wäre, wärst du einfach abgehauen, ohne auf Wiedersehen zu sagen? Und in ein paar Wochen stehst du dann wieder vor unserer Tür und tust so, als wäre nichts passiert.«
Joshua zerknüllte die Jacke und warf sie in den Koffer. Er sah Dési von unten herauf an.
»Ich muss dir was sagen.«
Sie hielt die Luft an. Eine gefühlte Ewigkeit sagte keiner ein Wort. Draußen auf der Straße radelte ein Kind vorbei und klingelte wild mit der kleinen Kinderglocke.
»Aus der Bahn, Kartoffelschmarrn!«, kreischte es vergnügt.
Dési erinnerte sich gut daran, wie wackelig sich diese erste Freiheit angefühlt hatte. Genauso wackelte der Boden unter ihren Füßen, als Joshua sagte:
»Ich komme nicht zurück.«
»Was?«
»Ich bleibe in Zürich. Stell dir vor: Paola hat einen Platz an der Hochschule der Künste für mich ergattert. Das ist DIE Chance. Die kann ich mir nicht entgehen lassen. Das verstehst du doch, oder?« Joshua redete um sein Leben.
Dési starrte ihn an.
»Natürlich verstehe ich das. Dann müssen wir halt sehen, wie wir das machen. Ich glaube, es fährt sogar einer von diesen günstigen Bussen nach Zürich. Dann können wir uns wenigstens an den Wochenenden sehen.« Warum nur sagte Joshua nichts dazu? Warum sah er sie immer noch nicht an?
»Wir werden uns nicht mehr sehen.«
Dési schluckte. Jetzt konnte sie es nicht länger ignorieren.
»Du machst Schluss?«
Joshuas Blick brannte ein Loch in den Boden.
»Es tut mir leid. Lass mich doch erklären …«
»Du hast mir alles erklärt«, schleuderte sie ihm entgegen. Sie drehte sich um und lief aus dem Zimmer, durch den Flur und aus der Wohnung hinaus. Krachend fiel die Tür hinter ihr ins Schloss. Tränen brannten in ihren Augen. Doch sie erlaubte sich nicht zu weinen. Nicht hier. Diesen Triumph gönnte sie Joshua nicht auch noch.
*
Unter den Füßen der Ärzte knirschte das Pulver, das die Feuerwehr zum Binden des ausgelaufenen Benzins gestreut hatte. Es fühlte sich an, als gingen sie über einen Kiesweg. Sie näherten sich dem Kastenwagen in verblichenem Weiß. Die Motorhaube umarmte einen Baum. Der Scheinwerfer auf der Fahrerseite lag auf der Straße. Metallteile und Glasscherben glänzten