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Der charmante Dieb
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eBook246 Seiten3 Stunden

Der charmante Dieb

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Über dieses E-Book

Ausgerechnet der attraktive Einbrecher Paul Courtwald überrascht Allison Ames, Expertin für Sicherheitssysteme, bei einem Test-Diebstahl. Er hält sie für eine "Kollegin" und lässt sich überreden, mit ihr die berühmte Tiara aus der DeWilde-Filiale in Monte Carlo zu stehlen. Ein erregender Auftakt für ein heißes Liebesabenteuer! Als Paul erfährt, wer Allison wirklich ist, verschwindet er, maßlos enttäuscht, spurlos ...

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum31. Okt. 2016
ISBN9783733775254
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    Buchvorschau

    Der charmante Dieb - Margaret St. George

    IMPRESSUM

    Der charmante Dieb erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

    © 1996 by Harlequin Books S.A.

    Originaltitel: „To Love A Thief"

    erschienen bei: Harlequin Books Ltd., Toronto

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    © Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA SPEZIAL

    Band 6 - 1997 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

    Übersetzung: Michael Große

    Umschlagsmotive: YekoPhotoStudio, Prikhnenko / Thinkstock

    Veröffentlicht im ePub Format in 10/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9783733775254

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

    Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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    1. KAPITEL

    Trotz jahrelanger Erfahrung war Allison vor jedem neuen Coup nervös. Ähnlich dem Lampenfieber verschwand diese innere Anspannung erst und machte kühler Professionalität Platz, wenn der Job begann. Das Warten auf den heutigen Abend hatte ihren Tag unangenehm bestimmt, aber jetzt nahm es ein Ende, und sie fühlte ihre gewohnte Ruhe wiederkehren.

    Nachdem sie ihren Renault in einem kleinen schattigen Wäldchen abgestellt und sich vergewissert hatte, dass der Wagen von der nahen Straße aus nicht gesehen werden konnte, öffnete sie den Kofferraum und atmete tief die warme, würzige Seeluft ein. Während sie zu dem riesigen, zitronengelben Mond aufschaute, begann sie mit ihren gewohnten Lockerungsübungen.

    Eine mondlose Nacht wäre besser gewesen. Andererseits konnte sie bei dem silbrigen Licht die Haken besser erkennen, die sie letzte Woche in die Felswand getrieben hatte. Mit ihrer Hilfe würde die Kletterpartie zur Waldheim-Villa hinauf etwas weniger gefährlich werden.

    Bevor sie ihr Seil und die übrige Ausrüstung schulterte, stopfte sie ihr Haar unter die dunkle Maske, die nur ihr Gesicht freiließ. Sie trug ein langärmeliges schwarzes T-Shirt, dazu eine schwarze Hose und dunkle Kletterschuhe. Falls jemand von den sanft in den Wellen des Mittelmeers schwankenden Yachten sie überhaupt am Felsen wahrnahm, würde sie wie ein Schatten oder eine Felsspalte erscheinen.

    Als sie mit ihren Lockerungsübungen fertig war, folgte sie dem schmalen steinigen Streifen, der das Kliff vom Meer trennte, und suchte nach der Kreidemarkierung, die sie angebracht hatte. Als sie sie wieder entdeckte hatte, wischte sie sie sorgfältig fort, legte Gürtel und Kletterausrüstung an und begutachtete den steilen Aufstieg, der vor ihr lag.

    „Du bist die Spinnenfrau, murmelte sie mit fester Stimme. Diese Bemerkung war stets die Einleitung zu einer ermunternden Rede an sich, wenn sie allein eine gefährliche Klettertour wagte. „Du bist unsichtbar.

    Die Hände in die Hüften gestemmt, ließ sie ihren Oberkörper rotieren und blickte dabei hinauf zu dem schwachen Licht am hoch über ihr liegenden Rand des Kliffs. Baron und Baronin Waldheim hatten die Beleuchtung ihres Anwesens eingeschaltet, sodass ihre Gäste am Kliff entlangspazieren und den wundervollen Ausblick auf das mondbeschienene Meer genießen konnten.

    Und das wiederum bedeutete, dass die Dobermänner, die sonst frei herumliefen, angekettet waren.

    Allison warf einen Blick auf die Leuchtanzeige ihrer Armbanduhr. Fast halb elf. Seit gut einer Stunde waren die Scheinwerfer der Wagen zu sehen gewesen, die unablässig die gewundene Straße zur Villa der Waldheims hinauffuhren. Jeder dieser Wagen musste an dem großen schmiedeeisernen Tor anhalten, wo gutgekleidete kräftige Herren die Anzahl der Insassen mit der auf der Einladung verglichen und darauf bestanden, einen Blick in den Kofferraum zu werfen.

    Es konnte gut sein, dass an der Haustür der Villa die Einladungen noch einmal überprüft wurden, aber dies interessierte Allison nicht.

    Sie öffnete und schloss die Hände mehrmals, beugte die Knie und begann dann mit dem Aufstieg. Obgleich alles in ihr sie trieb, sich zu beeilen, zwang sie sich dennoch, langsam und konzentriert hochzusteigen, sorgfältig für Hand und Fuß einen sicheren Halt zu finden, ehe sie sich weiter hinaufzog.

    Während sie kletterte, wanderten ihre Gedanken zu den Juwelen, die heute Abend dort oben an Ohren und auf Dekolletés blitzen und funkeln würden. Auf dem jährlichen Maskenball, den die Waldheims veranstalteten, um Spenden für die Oper von Monaco zu sammeln, war jedes Mal die Crème de la Crème der europäischen Gesellschaft anwesend. Bekannte Gesichter würden zu sehen sein, dazu ein paar international gefeierte Filmstars, der Gewinner des diesjährigen Grand Prix und ein oder zwei Couturiers. Prinzessin Caroline würde die Grimaldis vertreten, und es gab Gerüchte, dass sogar Prinzessin Di in diesem Jahr den Ball mit ihrer Anwesenheit beehren wollte.

    Allison hatte auch erfahren, dass Gabriel DeWilde und seine schwangere Frau Lianne kommen würden und vielleicht Gabriels Schwester, Megan DeWilde.

    Da rutschten ihre Finger ab, und ein paar kleine Steinchen fielen über hundert Meter in die dunkle Tiefe. Allison schloss die Augen, presste sich gegen den Felsen, versuchte ihren schnellen Atem zu beruhigen und lauschte dem Hämmern ihres Herzens.

    Neun Monate waren vergangen, seit sie Jeffrey DeWilde zuletzt gesehen hatte, aber der Schmerz nicht. Wenn Jeffrey anstelle seiner Kinder an dem Ball teilgenommen hätte, dann …

    Was hätte sie getan? Was sagte man einem Exgeliebten? Warum kannst du mich nicht so lieben, wie ich dich geliebt habe? Oder: Warum hast du mich nicht angerufen, nachdem deine Frau dich verlassen hatte?

    Wochenlang, nachdem die Trennung von Jeffrey und Grace DeWilde bekannt geworden war, hatte sie nur aufs Telefon gestarrt und auf einen Anruf gewartet. Vergeblich. Plötzlich fühlte sie, wie Adrenalin durch ihren Körper schoss, ausgelöst durch ihren Stolz. Es war vorüber. Wenn Jeffrey DeWilde nicht sofort angerufen hatte, nachdem Grace ihn verlassen hatte, würde er es auch nicht neun Monate später tun. Er wollte sie nicht wiedersehen. Sie musste Jeffrey vergessen und ihr altes Leben weiterführen.

    „Wie konnte ich nur so dumm sein?", murmelte sie und schob ihre Finger in einen schmalen Spalt.

    Sich mit einem verheirateten Mann einzulassen, war das Dümmste und Schmerzlichste, was sie in den letzten Jahren getan hatte. Niemals zuvor hatte sie eine Affäre mit einem verheirateten Mann gehabt, und niemals wieder würde sie sich eine gestatten. Noch immer begriff sie nicht, dass sie Vernunft und sämtliche Prinzipien innerhalb von vierundzwanzig Stunden über Bord geworfen hatte, nachdem sie das legendäre Oberhaupt der DeWilde Corporation kennengelernt hatte. Und sie hatte sogar weitergemacht, nachdem er erwähnt hatte, dass er verheiratet war und Kinder hatte, die so alt waren wie sie selbst. Wahrscheinlich hatte sie zu dem Zeitpunkt bereits komplett den Verstand verloren.

    Sie presste die Lippen zusammen, von Zorn und Bitterkeit erfüllt. Beides hatte im Lauf der Zeit nur zugenommen, anstatt weniger zu werden. Aber sie konzentrierte sich nun wieder voll und ganz aufs Klettern, denn sie wusste, dies war nicht der Augenblick, mit sich wegen Jeffrey DeWilde zu hadern oder daran zu denken, wie sie es ihm heimzahlen könnte, dass er ihr das Herz gebrochen hatte. Um ihre Aufgabe heute Nacht durchführen zu können, brauchte sie volle Aufmerksamkeit und einen kühlen Verstand.

    Entschlossen vertrieb sie Jeffrey DeWilde aus ihrem Gehirn und hob vorsichtig ihren Kopf über den Rand des Kliffs, den sie jetzt erreicht hatte. Rasch flog ihr Blick über den gepflegten Rasen, und sie entspannte sich, als sie niemanden in der Nähe entdecken konnte. Von der nächstgelegenen Steinterrasse drangen Musik und Licht zu ihr herüber, und da sie dicht genug am Haus lag, hatten wohl erst wenige Gäste die atemberaubende Aussicht entdeckt, die sich auf Meer und den vollen Mond bot. Nur ein einsames Paar stand neben der steinernen Balustrade, die die breiten Stufen zum Rasen hinunter flankierte.

    Allison wartete, während sich das Pärchen mit den schlanken Champagnergläsern zuprostete, wartete, bis die beiden ihre Halbmasken wieder aufsetzten und Arm in Arm Richtung Villa davonschlenderten.

    Vorsichtig bewegte sie sich dann in Richtung einiger Bäume, wo sie ihr Kostüm versteckt hatte. Eine Perücke, eine Halbmaske, eine zusammenfaltbare Krinoline, flache Schuhe und ein Kleid im Stil des achtzehnten Jahrhunderts waren sorgfältig in einen grünen Sack gepackt und von Allison in den Zweigen eines Kastanienbaums verborgen worden.

    Als sie sicher war, dass das Paar wieder im Haus verschwunden war, kroch sie über den Rand des Kliffs, richtete sich auf und hastete hinüber zu den dichten Büschen am Gartenrand. Hier blieb sie stehen, lauschte und suchte den Rasen und die Front der dreistöckigen Villa nach Verdächtigem ab. Als sich nichts rührte, eilte sie zielgerichtet auf den Kastanienbaum zu und ließ den Plastiksack herunter.

    Mit schnellen, konzentrierten Bewegungen entledigte sie sich ihrer schwarzen Kleidung, band sich die Krinoline um die Hüften und zog sich das voluminöse Kleid über den Kopf. Der tiefe Ausschnitt des gerüschten Oberteils zeigte viel von ihren Brüsten, ein etwas ungewohntes Gefühl für sie. Da Menschen sich an Juwelen erinnerten, trug sie absichtlich keine Halskette oder Ohrringe.

    Die Perücke, die sie sich ausgesucht hatte, war eine Hochfrisur im Stil des achtzehnten Jahrhunderts, mit rötlichbraunen Haaren und war mit falschen Diamanten und Perlen besetzt. Die eine Seite ihrer Halbmaske war an der linken Seite der Perücke angenäht, die andere mittels eines verborgenen Druckknopfs an der rechten Seite befestigt. So konnte sie ihr Gesicht innerhalb von Sekunden zeigen oder verbergen, und es bestand nicht die Gefahr, dass sie ihre Maske aus Versehen verlieren konnte, wenn sie wieder verschwand.

    Pflaumenfarbener Lippenstift, den sie bereits zu Haus aufgelegt hatte, passte zu dem Brokatkleid, aber sie hatte ihre Lippen schmaler nachgezogen, als sie normalerweise waren. Ein schwarzer Schönheitsfleck, ungefähr einen Zentimeter von ihrem Mundwinkel entfernt, lenkte die Aufmerksamkeit von ihrem Mund ab. Um ihre Verkleidung zu vervollkommnen, trug sie braune Kontaktlinsen und schwere, offensichtlich falsche Wimpern.

    Am liebsten hätte sie anstatt der flachen Schuhe mit den Silberschnallen ihre Kletterschuhe getragen. Dadurch hätte sie drei kostbare Minuten gespart, wenn sie sich wieder ihre Kletterkleidung anziehen musste. Zudem bedeckte der Saum des langen Kleids ihre Füße, und sie war sich ziemlich sicher, niemand würde ihre Schuhe sehen können.

    Aber wenn sie sich irrte … Solche scheinbar sicheren Annahmen konnten Festnahme bedeuten – eine ziemlich peinliche und unangenehme Situation – oder sogar einen Angriff wachhabender Angestellter auslösen.

    Seufzend schlüpfte sie mit ihren schmalen Füßen in die flachen Schuhe, die farblich zum Kleid passten. Dann stand sie einen Moment lang da und ging im Geist noch einmal ihre Checkliste durch. Sicher, nichts übersehen zu haben, packte sie dann ihre schwarze Kleidung und die Ausrüstung in den Plastiksack und zog ihn wieder hoch ins Geäst.

    Nur ein paar Schritte weiter befand sich eine Lichtung zwischen den Büschen. Sie schaute sich vorsichtig um, ehe sie den Rasen betrat, strich sich das Kleid glatt und richtete die Maske.

    Plötzlich begann ihr Herz zu rasen und ein Beben durchfuhr ihren Körper. Bevor sie wieder an diesen Platz zurückkehrte, würde diese Mischung aus Gefahr und Aufregung einen hohen Adrenalinspiegel in ihrem Blut erzeugen, der künstlich nicht zu erzeugen war. Und vielleicht war dies der Grund, warum das Eindringen in fremde Häuser wie eine Droge für sie geworden war.

    Um den freiliegenden unteren Teil ihres Gesichts zu verdecken, hob sie ihren Fächer und trat in das Licht, das den Garten vom Haus her erhellte. Für den Fall, dass jemand zufällig gerade zu ihr hinschaute, hielt sie sich leicht gebückt, als würde sie sich eins der Blumenbeete anschauen.

    Sie zwang sich, langsam weiterzuschlendern, bis sie die hintere Terrasse erreichte und wandte sich halb ab, als zwei Männer und eine Frau aus dem Haus traten und auf die steinerne Balustrade zugingen. Sie sahen sie sofort.

    „Da kommt ja jemand wie gerufen, bemerkte der Mann im Harlequinkostüm fröhlich. „Eine Frau, damit wir zwei Pärchen sind. Kommen Sie zu uns, Marie. Sie sind doch Marie Antoinette, oder? Er schwenkte eine Champagnerflasche, aber Allison hob ihren Rock an und stieg die Treppenstufen empor.

    „Vielleicht ein andermal. Ich habe meinen Begleiter schon viel zu lange alleingelassen", antwortete sie in perfektem Französisch. Niemand würde vermuten, dass sie Amerikanerin war. Sie sprach Italienisch, Spanisch und Deutsch mit der gleichen Leichtigkeit, ein unschätzbarer Vorteil bei ihrer Arbeit.

    Der Harlequin fasste sich ans Herz und tat, als sei er tief gekränkt über den Korb. Als Allison die Villa betrat, atmete sie erleichtert auf. Sie befand sich in einem langen Raum, der mit schweren, wundervoll polierten Möbeln ausgestattet war. Kurz blieb sie vor einem Spiegel über einem Sofa stehen, um ihr Äußeres zu überprüfen, folgte dann dem Klang der Musik durch ein wahres Labyrinth weitläufiger, hoher Korridore. Mehrmals wurde sie eingeladen, jemandem Gesellschaft zu leisten, aber sie verbeugte sich nur höfisch, lächelte hinter ihrem Fächer und ging unbeirrt weiter.

    Zufrieden bemerkte sie, dass sich die Gäste anscheinend über das ganze Haus verteilten. Das würde ihr ihre Aufgabe erleichtern. Flüchtig ging ihr der Gedanke durch den Kopf, ob sich irgendwo unter den Gästen bereits Gabriel, Lianne und Megan DeWilde befanden.

    Aber sie wusste, sie würde sie sowieso nicht erkennen, da alle Gäste Masken trugen. Außerdem hatte sie sie nur auf Zeitungsfotos gesehen. Sie kannte niemanden von den DeWildes persönlich, Jeffrey ausgenommen.

    Jeffrey, der es zugelassen hatte, dass sie sich in ihn verliebte. Jeffrey, der ihr mit der kühlen Entschlossenheit eines Mannes, der eher mit Zahlen und Fakten als mit Emotionen zu tun hatte, den Laufpass gegeben hatte. Jeffrey, der ihr eine der unverwechselbaren blauen, lederbezogenen Schmuckkästchen von DeWilde’s in die bebenden Hände drückte, als könnte ein Schmuckstück der Ausgleich für ein gebrochenes Herz sein. Er hatte tatsächlich überrascht ausgesehen, als sie ihm die Schachtel an die Brust warf und dann die Tür hinter sich ins Schloss knallte.

    Jeffrey, den sie hilflos, hoffnungslos geliebt hatte.

    Jeffrey, den sie nun dafür hasste, dass er sie hatte glauben lassen, er würde ihre Liebe erwidern können.

    Ein leichter Schock erfasste sie, als sie bemerkte, sie hatte den Haupteingang erreicht, ohne den Weg in vollem Bewusstsein gegangen zu sein. An Jeffrey zu denken, war nicht nur sinnlos und dumm, sondern in der gegenwärtigen Situation sogar ausgesprochen gefährlich.

    Sie blieb neben einer geschwungenen Freitreppe stehen und beobachtete unauffällig den Eingang. Die Einladungen wurden peinlichst genau überprüft. Hätte sie versucht, auf diesem Weg hineinzugelangen, wäre sie im besten Fall abgewiesen und im schlechtesten Fall verhaftet worden.

    Sie lächelte schwach hinter ihrem Fächer. Der schwierige Aufstieg am Kliff hatte sich gelohnt; sie befand sich innerhalb der Villa und konnte sich ungestört bewegen. An der Haustür war es laut und unruhig, niemand nahm Notiz von ihr, als sie begann, die Treppe hinaufzugehen. In der Mitte blieb sie stehen und tat so, als würde sie unten jemanden suchen, dann ging sie weiter. Oben wurde sie von einem Mann in einem offensichtlich geliehenen Smoking abgefangen. „Kann ich Ihnen vielleicht helfen, Madam?"

    „Ja, bitte. Sie senkte den Fächer zu ihrem Ausschnitt und lächelte ihn gewinnend an. „Der Mann unten hat mir den Weg zur Damentoilette beschrieben, aber ich habe sie nicht finden können. Vielleicht ist die Toilette im oberen Geschoss einfacher zu finden?

    Sie vermutete, er war angewiesen worden, Gästen den Zugang zu den privaten Räumen zu verwehren. Sie wusste aber auch, dass der nicht versiegende Strom von Champagner irgendwann dafür sorgen würde, dass Hunderte von Gästen Bedürfnisse verspürten, die nächstgelegene Toilette aufzusuchen. Der arme Mann würde es nicht leicht haben.

    „Ich bin leider gehalten …"

    Da entdeckte Allison eine Frau in einer römischen Toga in dem Korridor hinter ihm. Sie winkte ihr fröhlich zu, als wäre sie erleichtert, ein bekanntes Gesicht zu sehen, raffte ihren Rock und machte einen Schritt.

    Der Mann lächelte schief. Er konnte Allison natürlich nicht den Zugang verwehren, wenn er ihn einer ihrer Bekannten gestattet hatte. „Den Korridor hinunter, und dann rechts, sagte er mit einem Seufzer. „Es ist die zweite Tür links.

    „Danke sehr." Sie hob ihre behandschuhte Hand an die Lippen und blies ihm einen Kuss zu, ehe sie mit raschelndem Rock davoneilte.

    Am Ende des Korridors warf sie einen Blick zurück, aber der Mann war bereits damit beschäftigt, zwei Damen im Regency-Look zu überzeugen, die Toiletten im Erdgeschoss aufzusuchen.

    Anstatt sich nach rechts zu wenden, bog Allison nach links ab. Froh, dass die Frau in der Toga verschwunden war, eilte sie auf eine unauffällige Tür zu, die sich am Ende dreier schmaler Stufen befand.

    Obgleich die Villa so aussah, als ob sie bereits seit dem letzten Jahrhundert auf dem Berg über Monte Carlo stände, war sie erst vor dreißig Jahren erbaut worden. Die Konstruktionspläne waren öffentlich zugänglich gewesen, und lange vor heute Abend hatte Allison sich mit dem Haus vertraut gemacht.

    Als sie die schmale Tür öffnete, wusste sie, dass dahinter eine Treppe lag, die zu den Dienstbotenräumen im dritten Stock führte – nur ein paar Schritte von Baron Waldheims Arbeitszimmer entfernt.

    Der Flur im dritten Stock war nur schwach erleuchtet, er endete in einem entfernten Balkon. Aber Allison interessierte sich mehr für die üppig geschnitzten Doppeltüren zu ihrer Linken. Das einfache Schloss zu knacken, war ein reines Kinderspiel, und in weniger als vierzig Sekunden hatte sie es geschafft.

    Sie schlüpfte in den Raum, schloss die Tür hinter sich und schaute sich um. Mondlicht fiel schwach durch die leichten Vorhänge vor dem Balkon herein. Neben dem schweren Schreibtisch aus massivem Kirschholz standen noch zwei Ledersessel mit Fußschemeln, und im Vergleich zu den überfrachteten

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