Insel der weißen Muscheln: Digital Edition
Von Grace Green
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Über dieses E-Book
Ein Fotoshooting in der Karibik - ein Traumjob für die hübsche Fotografin Kathryn! Müsste sie ihn nur nicht zusammen mit dem Journalisten Rex Panther erledigen, der sie neulich nach einer Party so leidenschaftlich geküsst hat. Dabei ist er in festen Händen!
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Buchvorschau
Insel der weißen Muscheln - Grace Green
IMPRESSUM
Insel der weißen Muscheln erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© by Grace Green
Originaltitel: „Island of Shells"
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANA
Band 1039 - 1995 by CORA Verlag GmbH, Hamburg
Übersetzung: Viktor Hage
Umschlagsmotive: LiuNian /ThinkstockPhotos
Veröffentlicht im ePub Format in 03/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733773847
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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1. KAPITEL
In der Nacht hatte es in Vancouver ununterbrochen geschneit, und am Freitagmorgen waren die Straßen und Bürohäuser in der City wie von einem weißen Tuch überzogen. Es schneite immer noch, als die Angestellten sich auf den Weg in die Bürohäuser der City machten.
Kathryn Ashby trat in das Foyer des Clarion Building und schüttelte sich die Schneeflocken vom Mantel. In Gedanken ging sie noch einmal die Checkliste für ihre Reise durch: Flugtickets, Pass, Kamera, Geld. Nein, sie hatte nichts vergessen.
Als sie den Korridor erreichte, auf dem das Büro des Chefredakteurs Ken Webster lag, riss lautes Lachen sie aus den Gedanken. Sie bemerkte, dass das Lachen einen gehässigen Unterton hatte, und erkannte sofort, wer da lachte. Seufzend packte sie den Riemen ihrer Kameratasche fester.
Kurz darauf erblickte Kathryn Trish Rice, die spindeldürre Sekretärin, die sich mit zwei jüngeren Angestellten am Kaffeeautomaten unterhielt. Trish war im Clarion dafür berüchtigt, jeden Klatsch und Tratsch zu verbreiten, der ihr zu Gehör kam, und als Kathryn um die Ecke bog, warf sie ihren Kolleginnen bereits wieder bedeutungsvolle Blicke zu.
„Oh, hallo. Die Sekretärin blinzelte geradezu boshaft. „Ich wollte Ihnen gerade die letzten Neuigkeiten mitteilen. Aber vielleicht wissen Sie ja schon Bescheid?
Kathryn wusste, dass Trish sie nicht leiden konnte. Die Sekretärin war offenbar neidisch, weil sie so schnell Karriere als Fotografin gemacht hatte. Als sie jetzt in die kleinen braunen Augen der Sekretärin blickte, fragte sie sich, was die wohl diesmal zum Besten geben würde.
„Worüber soll ich denn Bescheid wissen?", erkundigte Kathryn sich und lächelte unverbindlich.
Trish bediente den Automaten und genoss es offensichtlich, Kathryn warten zu lassen. Als der Kaffee fertig war, wandte Trish sich mit dem Pappbecher in der Hand zu Kathryn um und verkündete triumphierend: „Mr Panther ist wieder da."
Kathryn erstarrte innerlich. „Wirklich?, fragte sie irritiert. Dann gewann sie die Kontrolle zurück und zuckte gleichgültig die Schulter. „Ich dachte, Rex würde erst nächste Woche aus dem Mittleren Osten zurückkommen.
„Ich bin ihm gestern Nachmittag begegnet. Ich habe Sarah und Amanda gerade erzählt, dass ich nach der Arbeit zum Flughafen musste, um meine Schwester abzuholen. Und auf dem Parkplatz traf ich niemand anderen als unseren Panther vom Clarion."
„Ach? Kathryn blickte zur Uhr. „Oh, ich muss mich beeilen. Wenn Sie mich bitte entschuldigen …
„Rex erzählte mir, er fühle sich ziemlich ausgelaugt und wolle ein paar Tage Urlaub machen, fuhr Trish hartnäckig fort. „Allerdings will er heute im Laufe des Tages noch einmal kurz im Büro vorbeischauen.
‚Im Laufe des Tages‘. Als Kathryn die Worte hörte, fühlte sie sich besser. „Dann werde ich ihn nicht sehen, erwiderte sie und versuchte, sich ihre Erleichterung nicht anmerken zu lassen. „Ich bin in ein paar Minuten selbst auf dem Weg zum Flughafen.
„Wohin fliegen Sie denn?" Trish wirkte wie ein Kind, dem man ein Geschenk vorenthält. Kathryn wusste nur zu gut, dass die Sekretärin liebend gern bei dem ersten Treffen nach zwei Monaten dabei gewesen wäre. Damals hatte sie den begehrten McGillivray-Preis für das beste Pressefoto des Jahres gewonnen.
Es war der Tag gewesen, an dem sie sich unendlich blamiert hatte. „Charlie und ich, begann sie, „fahren auf die Île des Coquilles.
„Die Île des Coquilles?"
„Das ist eine Insel in der Karibik.
„Noch nie gehört", bemerkte Trish.
„Wahrscheinlich, weil sie nicht besonders groß ist. Flame Cantrell besitzt dort eine Villa. Sie will, dass wir sie für unser Wochenendmagazin interviewen."
„Flame Cantrell! Amanda, die jüngere der beiden anderen Angestellten, blickte Kathryn neidisch an. „Sie werden sie für ‚Weekends Wonderful‘ interviewen?
Kathryn nickte. „Das ist richtig."
„Aber sie gibt doch niemals Interviews. Trish warf den leeren Pappbecher irritiert in den Papierkorb. „Verglichen mit Flame Cantrell, hätte die Garbo einen Preis für Pressefreundlichkeit verdient gehabt. Die Cantrell hat bisher nie Journalisten in ihrer Nähe geduldet.
„Hm … Kathryn verzog die Lippen. „Man sollte niemals nie sagen. Als Fan von James-Bond-Filmen müssten Sie das wissen, Trish.
Sarah und Amanda kicherten, und bereits halb im Gehen rief Kathryn Trish zu: „Oh, sagen Sie Rex doch bitte, dass es mir sehr leidtut, ihn heute nicht sehen zu können."
Das war allerdings eine glatte Lüge. Kathryn wollte so wenig wie möglich mit Rex Panther zu tun haben. In ihren Augen war er der unausstehlichste, arroganteste und widerwärtigste Mann, den sie kannte.
Sie atmete tief durch und zwang sich, ruhig zu bleiben. Es war schließlich lächerlich, dass sie sich über einen einzigen bedeutungslosen Kuss schon wieder aufregte.
Und warum ließ sie es dann zu?
Immerhin war die Angelegenheit bereits seit zwei Monaten vorbei, und sie hatte keine zwei Monate gebraucht, um die Antwort auf gewisse Fragen zu finden. Sie hatte nur einige Stunden gebraucht. Doch jetzt, auf dem Weg zu Kens Büro, fand sie sich in Gedanken erneut in der Situation wieder, die sie inzwischen bestimmt schon hundert Mal durchlebt hatte.
An dem Tag, an dem sie den McGillivray-Preis gewonnen hatte, war Ken in der Mittagspause in ihr Büro gekommen, um ihr die Neuigkeit zu überbringen. Offenbar hatte niemand vorher etwas davon gewusst – und wenn doch, so hatte niemand etwas gesagt.
Natürlich war Kathryn in der Zeit zuvor enttäuscht gewesen, weil sie so lange nichts über das Ergebnis des Wettbewerbs gehört hatte, aber sie hatte ihre Enttäuschung nicht gezeigt. Sie hatte auch nicht geahnt, was sie erwartete, als Ken sich gegen drei erneut bei ihr meldete und sie aufforderte, vor Dienstschluss bei ihm vorbeizuschauen. Im Büro empfing sie dann ein vielstimmiges „Herzlichen Glückwunsch!"
Die Angestellten des Clarion hatten sich in Kens Büro versammelt und wollten Kathryn feiern. Ein kleines Büfett war aufgebaut worden, und auf Kens Schreibtisch stand ein Tablett mit Gläsern und mehreren Flaschen Sekt.
Rex Panther fehlte. Er befand sich wieder einmal auf einer Auslandsreise und sollte erst am nächsten Tag wieder ins Büro kommen. Kathryn war froh über seine Abwesenheit, denn aus einem Grund, den sie selbst nicht genau kannte, fühlte sie sich in seiner Gegenwart nicht besonders wohl.
Rex war bereits seit fast einem Jahr beim Clarion als Auslandskorrespondent angestellt. Wenn man Charlie Burke, Kathryns Partner, glauben durfte, war er ein sehr geheimnisvoller Mann. Nicht dass er sich den Angestellten gegenüber unfreundlich verhielt. Im Gegenteil. Wie Kathryn jedoch wusste, traf Rex sich nach der Arbeit niemals mit anderen Mitarbeitern.
Als die kleine Feier vorüber gewesen war und außer Kathryn, Ken und Trish alle Mitarbeiter gegangen waren, wurde die Tür plötzlich geöffnet, und zu Kathryns Erstaunen trat Rex ein. Mit seinem zerzausten dunklen Haar, den engen Jeans und der alten Lederjacke sah er einfach umwerfend aus.
Rex behauptete, er hätte gerade erst von der Party gehört und sei vorbeigekommen, um zu gratulieren. Und während Kathryn dastand, ohne zu wissen, wie ihr geschah, kam er auf sie zu, umfasste sie leicht und küsste sie auf den Mund.
Rex hatte sicher nur einen kurzen, unpersönlichen Kuss geplant, aber als sich ihre Lippen berührten, funkte es zwischen Rex und ihr. Sexuelles Begehren erfasste sie beide, und sie fühlte sich von einer Welle der Leidenschaft erfasst. Rex’ Kuss wurde hart und fordernd, und Kathryn spürte die Nähe seines Körpers, der nach Mann und Moschus duftete.
Rex war unzweifelhaft ein Mann mit starker erotischer Ausstrahlungskraft und für Kathryn der erste, der sie so küsste. So wie von Rex war sie noch nie geküsst worden. Zu ihrem Unglück waren ihre Hemmungen durch den Sekt, den sie zuvor getrunken hatte, stark gemindert. Rex zog sie fester an sich, und bereitwillig öffnete sie die Lippen für seinen Kuss. Sie spürte, wie ihre Knie leicht zitterten, und unwillkürlich hielt sie sich an Rex fest.
Als er sie schließlich von sich schob, bemerkte Kathryn in seinen Augen einen seltsamen Ausdruck und um seinen Mund einen ironischen Zug, den sie sich nicht erklären konnte.
„Welche Überraschung, sagte Rex so leise, dass die anderen ihn nicht hören konnten. „Da drinnen gibt es also doch eine Frau.
Sie reagierte schnell, ohne lange Überlegung. Sie hob die rechte Hand und gab Rex eine schallende Ohrfeige.
Kathryn bemerkte, dass Trish den Atem anhielt und Ken sich überrascht räusperte. Einen Moment blieb sie einfach regungslos stehen, versuchte zu begreifen, was sie gerade getan hatte. Dann griff sie nach ihrer Handtasche und floh aus dem Büro. Halb ging, halb rannte Kathryn über den Flur zu ihrem eigenen Büro. Dort schnappte sie ihren Wintermantel sowie ihre Kameraausrüstung, und weil sie befürchtete, Rex erneut zu begegnen, verließ sie das Gebäude über die Feuertreppe und eilte auf dem schnellsten Weg nach Hause.
Am nächsten Morgen hatte Kathryn sich einigermaßen beruhigt. Sie hatte sich zu Hause hingesetzt und ihre Reaktion so ehrlich wie möglich analysiert. Und dabei war sie zu der einzig möglichen Schlussfolgerung gekommen. Rex war von ihr nicht geschlagen worden, weil er sie geküsst, sondern weil er sie verletzt hatte. Mit seiner ironischen Bemerkung hatte er ihr zu verstehen gegeben, bisher daran gezweifelt zu haben, dass sie überhaupt eine Frau sei. Das hatte sie zutiefst getroffen.
Allerdings fragte sie sich, ob Rex wissen konnte, dass er mit seinen Worten einen wunden Punkt bei ihr treffen würde. Immerhin kannten nur wenige Leute ihr Geheimnis. Rex Panther gehörte nicht zu den Eingeweihten.
Kathryn musste schließlich zugeben, ziemlich übertrieben reagiert zu haben. Am Morgen war sie also gleich in Rex’ Büro gegangen, um sich zu entschuldigen. Doch Rex Panther war nicht da gewesen. Trish war vorbeigekommen, und mit einem wissenden Lächeln hatte die Sekretärin ihr mitgeteilt, Rex Panther sei zu einem Auftrag im Mittleren Osten abgereist.
Jetzt, zwei Monate später, war Rex also zurück. Und wieder hatte Trish ihr die Nachricht übermittelt. Doch in der Zwischenzeit hatte Kathryn entschieden, es wäre wohl das Beste, die Angelegenheit einfach zu vergessen. Wenn sie die Sache jetzt aufwärmte, würde sie ihr mehr Bedeutung beimessen als nötig.
Außerdem würde sie noch an diesem Vormittag abreisen. Bei dem Gedanken an ihren Auftrag verbesserte sich ihre Stimmung wieder. Kathryn und Charlie verstanden sich ausgezeichnet, sie hatte sich sehr über diesen Auftrag gefreut – und freute sich nach wie vor darauf. Sie war jetzt schon davon überzeugt, dass die Reportage eine der besten in Weekends Wonderful werden würde.
Kens Büro befand sich am Ende des Flurs. Nachdem Kathryn angeklopft hatte, wartete sie, bis ihr Chef brummig „Herein!", rief. Danach trat sie ein, ließ aber die Tür offen stehen, damit ein wenig frische Luft hereinkommen und den Qualm von Kens unvermeidlicher Zigarre verdrängen konnte.
Ken legte gerade den Telefonhörer auf. Oder besser gesagt: er knallte ihn auf. Sein Gesicht, nach vielen Jahren starken Alkoholgenusses von zahlreichen roten Äderchen durchzogen, hatte die Farbe einer überreifen Pflaume angenommen.
Fluchend drückte er seine Zigarre aus und zeigte auf den Stuhl rechts vor dem Schreibtisch. „Setzen Sie sich!"
Kathryn gehorchte, faltete die Hände im Schoß und wartete geduldig. Sie arbeitete inzwischen seit drei Jahren für Ken Webster und wusste genau, dass ihr nichts anderes übrig blieb, wenn er in solcher Stimmung war. Man musste warten, bis er sich so weit beruhigt hatte, dass er zusammenhängend