Parker probt das Überleben: Butler Parker 172 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
»Meine Wenigkeit möchte keineswegs verhehlen, Sir, daß sich eine gewisse Besorgnis aufbaut«, sagte Josuah Parker zu Mike Rander und Kathy Porter, die gerade das Haus der Lady Simpson in Shepherd's Market betreten hatten, »Mylady geruhen, seit Stunden überfällig zu sein, um es mal so auszudrücken.« »Überfällig, Parker?« fragte der Anwalt. Mike Rander, groß, lässig und an einen bekannten James-Bond-Darsteller erinnernd, blickte Josuah Parker erstaunt an. »Mylady verließ vor vier Stunden das Haus, Sir, wollte aber bereits seit zwei Stunden wieder zurück sein.« »Wohin ist sie denn gefahren?« erkundigte sich Kathy Porter. Sie war die Sekretärin und Gesellschafterin der Lady Agatha, eine Dreißigerin und attraktive Erscheinung. »Mylady folgte einer Einladung nach Chelsea, Miß Porter« beantwortete Parker die Frage, »ein gewisser Mr. John M. Mullway hatte zu einer Galerieeröffnung eingeladen.« »Wer, zum Teufel, ist John M. Mullway?« wollte der Anwalt wissen. »Ein Galerist, Sir, der sogenannte moderne Kunst vermittelt und zu ausgesprochen horrenden Preisen verkauft.« »Haben Sie dort schon angerufen, Mr. Parker?« fragte Kathy Porter.
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Parker probt das Überleben - Günter Dönges
Butler Parker
– 172 –
Parker probt das Überleben
Günter Dönges
»Meine Wenigkeit möchte keineswegs verhehlen, Sir, daß sich eine gewisse Besorgnis aufbaut«, sagte Josuah Parker zu Mike Rander und Kathy Porter, die gerade das Haus der Lady Simpson in Shepherd’s Market betreten hatten, »Mylady geruhen, seit Stunden überfällig zu sein, um es mal so auszudrücken.«
»Überfällig, Parker?« fragte der Anwalt. Mike Rander, groß, lässig und an einen bekannten James-Bond-Darsteller erinnernd, blickte Josuah Parker erstaunt an.
»Mylady verließ vor vier Stunden das Haus, Sir, wollte aber bereits seit zwei Stunden wieder zurück sein.«
»Wohin ist sie denn gefahren?« erkundigte sich Kathy Porter. Sie war die Sekretärin und Gesellschafterin der Lady Agatha, eine Dreißigerin und attraktive Erscheinung.
»Mylady folgte einer Einladung nach Chelsea, Miß Porter« beantwortete Parker die Frage, »ein gewisser Mr. John M. Mullway hatte zu einer Galerieeröffnung eingeladen.«
»Wer, zum Teufel, ist John M. Mullway?« wollte der Anwalt wissen.
»Ein Galerist, Sir, der sogenannte moderne Kunst vermittelt und zu ausgesprochen horrenden Preisen verkauft.«
»Haben Sie dort schon angerufen, Mr. Parker?« fragte Kathy Porter.
»Insgesamt viermal«, lautete Parkers Antwort, »in allen Fällen wurde meiner Wenigkeit bedeutet, Mylady schicke sich gerade an, die Galerie zu verlassen.«
Josuah Parker, ein Mann undefinierbaren Alters, groß und mit der Andeutung eines leichten Bauchansatzes versehen, war der Prototyp des hochherrschaftlichen Butlers, wie man ihn eigentlich nur noch auf der Leinwand oder auf dem Bildschirm zu sehen bekommt. Gemessenheit der Bewegung und Würde zeichneten ihn aus. Er verfügte über das glatte, undurchdringliche Gesicht eines professionellen Pokerspielers. Er war der Butler der Lady Agatha Simpson und ihr männlicher Schutzengel zugleich.
Parkers Brötchengeberin hielt sich für eine einmalige Kriminalistin und nutzte jede sich bietende Gelegenheit, mit verrückten Abenteuern zu imponieren. Ihre ungenierte Offenheit und Direktheit sorgten immer wieder dafür, daß zwielichtiges Gesindel und Gangster aller Kaliber sie attackierten. In solchen Fällen hielt Parker seine schützende Hand diskret über sie und mußte dazu immer tiefer in seine reichhaltige Trickkiste greifen.
»Sie wollte nicht, daß Sie sie begleiteten, Parker?« fragte Mike Rander.
»Mylady bestand darauf, allein zu gehen«, gab der Butler zurück.
»Man könnte ja vielleicht mal ’rüber nach Chelsea fahren«, schlug Kathy Porter vor.
»Ein Vorschlag, Miß Porter, den man nur begrüßen kann«, fand der Butler und nickte zustimmend.
»Es wird schon nichts passiert sein«, ließ der Anwalt sich vernehmen, »wir alle kennen doch Lady Simpson: Sie verplaudert sich halt gern. Aber einverstanden, setzen wir uns in den Wagen und schaukeln wir nach Chelsea. Es ist ja nur ein Katzensprung.«
Es dauerte einige Minuten, bis das Trio in Parkers hochbeinigem Monstrum Platz genommen hatte. Dabei handelte es sich um ein bereits recht betagt aussehendes, ehemaliges Londoner Taxi, das jedoch nichts anderes als eine raffinierte Trickkiste auf Rädern war. Der Wagen war nach Parkers eigenwilligen Vorstellungen umgebaut worden, was die Technik betraf. Es stellte vieles in den Schatten, was in phantasievollen Kriminalfilmen an Raffinesse dargeboten wurde.
Selbstverständlich saß Parker am Steuer. Er kannte sich in London mehr als gut aus und verzichtete auf die üblichen Durchgangsstraßen. Der Butler benutzte Seitenstraßen und umging so die neuralgischen Verkehrspunkte und die dort immer wieder aufkommenden Staus. Es dauerte knapp fünfzehn Minuten, bis er jene Straße erreichte, in der sich die Galerie des John M. Mullway befand.
»Ich weiß nicht, ob auch Sie’s sehen«, meinte der Anwalt, »aber die Galerie macht einen verdammt geschlossenen Eindruck.«
»Wenn Sie erlauben, Sir, möchte meine Wenigkeit sich Ihrem Eindruck anschließen«, ließ Josuah Parker sich vernehmen. Er hatte seinen Wagen gestoppt und stieg aus. Mike Rander und Kathy brauchten nur wenige Augenblicke, bis sie zusammen mit Parker die Tür der Galerie ansteuerten.
Diese Tür war nun tatsächlich verschlossen.
Hinter den Scheiben brannte kein Licht. Parker benutzte den Bambusgriff seines Universal-Regenschirms, um damit gegen den Türrahmen zu klopfen. Er wiederholte dies mehrere Male, doch es erfolgte keine Reaktion.
»Vielleicht ist gar nicht abgeschlossen«, sagte Mike Rander und zwinkerte Parker zu. Die beiden Männer verstanden sich sofort, und Parker griff in eine der vielen Westentaschen unter seinem schwarzen Zweireiher. Er holte ein Lederetui hervor und sichtete dann recht abenteuerlich gebogene Metallzungen und kleine Haken. Dies alles erinnerte an das Besteck eines passionierten Pfeifenrauchers. Der Butler entschied sich für eine flache, konisch zulaufende Metallzunge und näherte sich damit dem Türschloß.
»Das läuft ja wie geschmiert«, stellte Mike Rander fest und trat ein wenig zurück, damit Josuah Parker das Türschloß ungestört überprüfen konnte.
»Geht das nicht alles zu gut, Mike?« fragte Kathy Porter, worauf der Butler umgehend darauf verzichtete, die Metallzunge in das Türschloß zu schieben.
*
»Lieber Himmel, Parker, das war die perfekte Falle«, stelle der Anwalt eine Viertelstunde später fest. Er, Kathy Porter und Josuah Parker hatten einen anderen Weg gewählt, um die Räume der Galerie betreten zu können. Auf Parkers Vorschlag hin hatte man sich dem Haus von der Rückseite genähert und war dann durch den Keller ins Erdgeschoß gestiegen. Dabei hatte sich das kleine Patent-Besteck des Butlers voll und ganz bewährt. Kein Schloß hatte sich dagegen gesträubt, von Parker geöffnet zu werden.
»Meine Wenigkeit möchte keineswegs verhehlen, Sir, daß es sich um eine Sprengladung handeln könnte.« Parker deutete mit der Spitze seines Universal-Regenschirmes auf das Paket, das dicht unter dem Türschloß auf der Innenseite befestigt worden war. Zwei farbige Drähte führten von diesem kleinen Paket zum Türschloß.
»Wir sollten in die Luft gejagt werden«, ließ Kathy Porter sich vernehmen.
»Kompliment, Kathy«, meinte der Anwalt, »und woher kam Ihr Mißtrauen?«
»Reine Gefühlssache«, gab sie achselzuckend zurück, »ich fühlte mich förmlich dazu eingeladen, die Tür mit einem Nachschlüssel zu öffnen.«
Butler Parker untersuchte inzwischen das Paket, das kaum größer war als eine Zigarrenkiste. Nach kurzer Prüfung trat er zurück und blickte Kathy Porter und Mike Rander an.
»Man wird herzlichst willkommen geheißen«, meldete er, »das wenigstens drückt diese Aufschrift auf dem Päckchen aus.«
»Wie war das?« Rander beugte sich vor und überlas die wenigen Worte, die tatsächlich auf dem Päckchen standen. Kopfschüttelnd richtete der Anwalt sich wieder auf und blickte Kathy Porter an.
»Das verstehe, wer will«, meinte er dann, »hier will uns jemand mächtig auf den Arm nehmen.«
»Man könnte versuchen, das Paket zu öffnen«, schlug der Butler vor.
»Wollen wir nicht besser die Polizei verständigen?« fragte Kathy Porter.
»Meine bescheidenen Fähigkeiten werden sicher ausreichen, um die Ladung zu entschärfen«, ließ Josuah Parker sich vernehmen, »doch aus Gründen der Sicherheit empfiehlt es sich, vielleicht ein wenig in Deckung zu gehen.«
»Ich glaube, das Paket ist leer«, vermutete Kathy Porter und deutete auf die wenigen Worte auf dem Karton, »man scheint damit gerechnet zu haben, daß Mr. Parker eben nicht die Haustür benutzt.«
»Ein Hinweis, Miß Porter, den man nicht übergehen sollte«, antwortete Josuah Parker, »auf der anderen Seite könnten diese Worte dafür gedacht sein, eben so zu schlußfolgern, wie Sie es gerade taten. Mit anderen Worten, man könnte zu einem gewissen Leichtsinn einladen.«
»Welcher Knabe will uns da eigentlich hochnehmen oder sogar hochgehen lassen?« Rander zündete sich eine Zigarette an, während Parker seinen Universal-Regenschirm vom linken Unterarm hakte und gegen die Wand stellte. Anschließend machte er sich daran, das Paket zu entschärfen. Seiner bescheidenen Ansicht nach enthielt es Sprengstoff. Er war sich im klaren darüber, daß man es mit einer schlauen und hinterhältigen Person zu tun hatte. Flüchtig dachte er an Lady Agatha Simpson, doch dann konzentrierte er sich ganz auf seine Aufgabe.
Aus einer der vielen Westentaschen zog er ein Taschenmesser, dessen Schneide die eines Skalpells fast übertraf. Damit ritzte er den Karton vorsichtig an, schnitt noch vorsichtiger tiefer ein und hütete sich, Druck auf den Karton auszuüben.
»Nehmen Sie sich Zeit, Parker«, mahnte Mike Rander, der mit Kathy Porter in einen Nebenraum ausgewichen war, »für eine Himmelfahrt ist es immer zu früh ...«
»Sie können versichert sein, Sir, daß meine Wenigkeit Vorsicht walten lassen wird«, meinte Josuah Parker gemessen. Es war schon erstaunlich, daß sein Gesicht selbst in dieser Situation ausdruckslos blieb. Auf seiner Stirn war noch nicht mal die Andeutung einer Schweißperle zu bemerken. Mit ungewöhnlich vorsichtigen und geschmeidigen Fingern schnitt er weiter in die Kartonfläche und konnte schließlich ein Rechteck freilegen.
»Man sollte darauf hinweisen, daß das Paket tatsächlich eine Sprengstoffladung enthält«, meldete Parker, »meiner bescheidenen Schätzung nach dürfte die Ladung innerhalb der nächsten Minuten entschärft sein.«
Josuah Parker befaßte sich mit den beiden bunten Drähten, mit einer Taschenlampen-Batterie und einem dünnen Glasröhrchen, das mit Quecksilber gefüllt war und eine Art Kippschalter bildete. Anschließend präsentierte er Mike Rander und Kathy Porter, die wieder in den Vorraum zurückgetreten waren, die eigentliche Sprengladung. Sie bestand aus Plastiksprengstoff und hätte leicht ausgereicht, nicht nur die Tür zur Galerie in die Luft zu jagen.
»Da steckt ein Zettel«, sagte Kathy Porter, die einen Blick ins Innere des Päckchens