Parker zähmt den Blütenmörder: Butler Parker 206 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
Der Tag war strahlend schön, für Londoner Verhältnisse ungewöhnlich warm und windstill. Butler Parker geleitete Lady Simpson zu seinem vor dem Fachwerkhaus in Shepherd's Market parkenden hochbeinigen Monstrum. Nur wenige Eingeweihte wußten, daß es sich bei dem ehemaligen Taxi um eine Sonderanfertigung handelte, mit einem hochgezüchteten Rennmotor unter der Haube, verstärkten Stoßdämpfern und Bremsen. Agatha Simpson trug ein blütenreiches Kleid unter dem leichten Staubmantel, dazu ein Wagenrad auf dem Kopf, das sich bei näherem Hinsehen als Hut bezeichnen ließ. Er war reich garniert mit Seidenblüten, die sich nur dadurch von echten Blumen unterschieden, daß sie nicht dufteten – es sei denn, ganz leicht nach Chanel Numero fünf, das die Lady im Augenblick benutzte. »Sind wir auch pünktlich, Mister Parker?« erkundigte sich die Lady, während sie ihre majestätische Fülle in den Fond des hochbeinigen Monstrums schob. »Wie es sich für einen Besuch in den heiligen Hallen einer Bank gehört, Mylady«, erwiderte Parker. »Wenn meiner Wenigkeit die Bemerkung erlaubt ist – das Kleid von Mylady wirft Falten.« »Lassen Sie es werfen und schwingen Sie die Hufe, Mister Parker«, sagte Agatha Simpson launig. Sie war bester Laune, sozusagen dem hervorragenden Wetter angepaßt... Josuah Parker trug trotz der Wärme seinen Covercoat, auch den Bowler, den er manchmal als Frisbee-Scheibe benutzte, um mit der stahlbewährten Einlage Gangster außer Gefecht zu setzen. Der Butler blickte den Ereignissen dieses Tages ohne Sorge entgegen. Kein Wölkchen trübte seinen Erwartungshorizont. Er würde Lady Simpson zur Privatbank des Mister Hardcort W. Strong begleiten und die neu installierte Sicherheitseinrichtung überprüfen. Mylady würde einen Teil ihres Schmuckes dem Safe der Bank entnehmen, denn sie gedachte das Wochenende auf dem Besitz eines guten alten Bekannten zu verbringen. Natürlich in Begleitung ihres Butlers.
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Parker zähmt den Blütenmörder - Günter Dönges
Butler Parker
– 206 –
Parker zähmt den Blütenmörder
Günter Dönges
Der Tag war strahlend schön, für Londoner Verhältnisse ungewöhnlich warm und windstill. Butler Parker geleitete Lady Simpson zu seinem vor dem Fachwerkhaus in Shepherd’s Market parkenden hochbeinigen Monstrum. Nur wenige Eingeweihte wußten, daß es sich bei dem ehemaligen Taxi um eine Sonderanfertigung handelte, mit einem hochgezüchteten Rennmotor unter der Haube, verstärkten Stoßdämpfern und Bremsen. Agatha Simpson trug ein blütenreiches Kleid unter dem leichten Staubmantel, dazu ein Wagenrad auf dem Kopf, das sich bei näherem Hinsehen als Hut bezeichnen ließ. Er war reich garniert mit Seidenblüten, die sich nur dadurch von echten Blumen unterschieden, daß sie nicht dufteten – es sei denn, ganz leicht nach Chanel Numero fünf, das die Lady im Augenblick benutzte.
»Sind wir auch pünktlich, Mister Parker?« erkundigte sich die Lady, während sie ihre majestätische Fülle in den Fond des hochbeinigen Monstrums schob.
»Wie es sich für einen Besuch in den heiligen Hallen einer Bank gehört, Mylady«, erwiderte Parker. »Wenn meiner Wenigkeit die Bemerkung erlaubt ist – das Kleid von Mylady wirft Falten.«
»Lassen Sie es werfen und schwingen Sie die Hufe, Mister Parker«, sagte Agatha Simpson launig. Sie war bester Laune, sozusagen dem hervorragenden Wetter angepaßt...
Josuah Parker trug trotz der Wärme seinen Covercoat, auch den Bowler, den er manchmal als Frisbee-Scheibe benutzte, um mit der stahlbewährten Einlage Gangster außer Gefecht zu setzen.
Der Butler blickte den Ereignissen dieses Tages ohne Sorge entgegen. Kein Wölkchen trübte seinen Erwartungshorizont. Er würde Lady Simpson zur Privatbank des Mister Hardcort W. Strong begleiten und die neu installierte Sicherheitseinrichtung überprüfen. Mylady würde einen Teil ihres Schmuckes dem Safe der Bank entnehmen, denn sie gedachte das Wochenende auf dem Besitz eines guten alten Bekannten zu verbringen. Natürlich in Begleitung ihres Butlers.
Endlich ein Wochenende ohne Aufregung, dachte Josuah Parker. Doch es irrt der Mensch, solange er strebt.
*
Die Intercontinental-Bank war ein häßliches Gebäude aus der Gründerzeit. Sie erhob ihre drei Geschosse in vornehmer Zurückgezogenheit in einer Nebenstraße wenige Minuten von dem Shepherd’s Market entfernt. Das war der Hauptgrund für Lady Agatha Simpson gewesen, einen guten Teil ihres Vermögens dieser Bank anzuvertrauen. Bei einer Privatbank mußte sie nicht immer bis ins dichte Gewühl des Londoner Zentrums fahren.
Auch einen Teil ihres Familienschmuckes bewahrte sie in einem der Safes auf. Natürlich nicht den ganzen Schmuck, das ließ ihre angeborene Vorsicht nicht zu. In Wahrheit hatte sie die Pretiosen auf drei Banken verteilt. Den Schlüssel zum Safe der Interkontinental-Bank trug sie höchstpersönlich in ihrem Pompadour mit sich, direkt neben dem darin eingearbeiteten Glücksbringer.
Butler Parker fuhr zur vereinbarten Minute bei der Bank vor. Die stille Seitenstraße gähnte an diesem frühen Samstag vor Leere. Nur unter der Platanengruppe schräg gegenüber vom Seitenausgang des Bankgebäudes parkte ein schwarzer Lieferwagen, bei dem ein Mann im Overall sich damit abmühte, den linken hinteren Reifen abzumontieren. Er war so platt wie eine Flunder.
Die Bank war nicht geöffnet. Es war eine besondere Vergünstigung für die Lady, daß sie samstags ihren Schmuck abholen durfte. Dies natürlich auch nur aus dem Grund, weil der Bankdirektor großen Wert auf ihr fachmännisches Urteil hinsichtlich der Alarmanlage legte.
Parker entstieg dem hochbeinigen Monstrum von Auto und warf einen prüfenden Blick zum Himmel. Er war noch immer blau und von keinem Wölkchen getrübt. Also entschloß sich der Butler, den Universal-Regenschirm im Wagen zu lassen, jenes Stück, das auch dazu diente, Gangster kampfunfähig zu machen, allerdings auch als Regendach benutzt wurde.
Er öffnete die Fondtür und sagte: »Wenn mir die Bemerkung erlaubt ist, Mylady, das Ziel erwartet uns. Mister Strong höchstpersönlich gibt sich die Ehre.«
In der Tat watschelte ein Mann die Stufen des Portals vor der Bank herab, der sich vorzüglich für die Titelrolle des »Falstaff« geeignet hätte. Er war nur mittelgroß, aber so dick wie ein Faß. Man konnte ihn getrost als fett bezeichnen.
»Meine hochzuverehrende Lady Simpson, ich bin entzückt, Sie begrüßen zu dürfen!« schwadronierte der Mann. »Daß ausgerechnet Sie mir die Ehre geben, unser renoviertes Haus begutachten zu wollen, kann ich Ihnen nicht hoch genug anrechnen.«
Agatha Simpson war Schmeicheleien durchaus zugänglich. So ging ihr diese runter wie Honig. Sie stützte sich beim Aussteigen nur leicht auf Josuah Parkers Arm und gab sich größte Mühe, ihre majestätische Fülle zu verbergen. Ganz geriet es ihr nicht.
»Danke für die Einladung, Hardcort«, erwiderte sie und nannte in ihrer freien Art den Bankdirektor schlicht beim Vornamen. Sie kannte ihn auch schon ziemlich lange von diversen Parties her.
»Ich bin sehr begierig«, fuhr sie fort, während sie neben Strong zum Gebäude ging, »Ihre Sicherungen kennenzulernen. Wie es heißt, sind es die modernsten in ganz London.«
»Sie haben weiß Gott eine Stange Geld gekostet«, rief Strong des Lobes voll. »Aber bei dem Gangsterunwesen heutzutage kann man des Guten ja nicht zuviel tun.«
Parker schloß die Wagentür ab und warf noch einen Blick auf den einsamen Mann im Overall, der gerade den schweren Reifen abmontiert hatte und dabei laut seufzte. Bei der ungewohnten Wärme tat der Mensch ihm leid.
Er folgte seiner Herrin, die fröhlich den Pompadour schwenkte.
Hardcort W. Strong wandte sich um. »Kommen Sie, Mister Parker, auf Ihr Urteil lege ich besonderen Wert. Es ist ja nur zu bekannt, daß Sie Lady Simpsons rechte Hand sind.«
»Sie bringen meine Wenigkeit in Verlegenheit, Mister Strong – Sir.«
»Nur nicht zu bescheiden! Ah, da haben wir meinen ersten Kassierer, Mister Lennart Danner. Eine ausgezeichnete Kraft. Mister Danner besitzt den zweiten Schlüssel zum Tresor. Ohne ihn sind wir gewissermaßen aufgeschmissen.«
Wo Strong fett war, wirkte Lennart Danner klapperdürr. Er knickte in den Hüften zu einer Verbeugung zusammen, die allerdings nur Lady Simpson galt. Butler Parker gönnte er keinen Blick, doch der nahm das nicht übel. Es gab eben Leute, die einen dienstbaren Geist als Menschen zweiter Klasse betrachteten.
Nur mäßig interessiert verfolgte Parker das Geschwafel, das Hardcort W. Strong vom Stapel ließ. Er kannte das alte ehrwürdige Bankgebäude sehr gut. Deshalb merkte er sich nur die neuen Sicherungen, die gerade erst eingebaut worden waren. Zum Beispiel eine Lichtschranke direkt hinter dem Eingang, die nach Schalterschluß eingeschaltet wurde und direkt mit dem nächsten Polizeirevier in Verbindung stand.
Strong schloß die Eingangstür und ging voran in den Keller, in den großen, gepanzerten Raum mit dem Tresor. Parker hörte den Bankdirektor erklären, daß sogar zur Kanalisation hin besondere Sicherungen eingebaut waren, weil schon einige Banden auf diesem Weg Beute gemacht hatten.
Lennart Danner schob den ersten vielgezackten Schlüssel in das Schloß der Stahltür. Sie war dreißig Zoll dick und ebenfalls mit Lichtschranken gesichert. Die Stahltür schwang auf.
Dahinter lag der erste große Raum mit den vielen Safes für die Kunden. Der Himmel mochte wissen, welches Vermögen an Bargeld, Devisen und besonders an Pretiosen hier angehäuft lagen. Josuah Parker schaute interessiert an den langen Reihen entlang.
Durch den Mittelgang ging Hardcort W. Strong zur zweiten Stahltür, die wiederum zum eigentlichen Zentrum der Bank führte, zum Haupttresor. Hinter dieser Stahltür lagen die Goldreserven.
»Im Augenblick«, erläuterte Hardcort W. Strong, »beläuft sich unser Barbestand auf wieviel, Mister Danner?«
Lennart Danner überlegte keine Sekunde. In seinem mageren Gesicht zuckte kein Muskel, als er erwiderte: »Ziemlich genau auf zwei Millionen Pfund. Dazu noch einiges Kapital in anderen Währungen.«
Wieder führten die beiden Bankmenschen vielgezackte Schlüssel in dafür bestimmte Schlösser ein. Wieder drehten sie sich, wieder schwang die Stahltür auf.
Eher gelangweilt schaute Parker auf die Regale mit den vielen Geldbündeln. Er machte sich nicht viel aus Geld. Was er zum Leben benötigte, besaß er, sein Gehalt bei Lady Simpson war ausreichend.
So blieb er in der zweiten Stahltür stehen. Plötzlich war es ihm, als hörte er ein winziges Geräusch, gerade so, als striche eine Frühlingsbrise durch eine frisch ergrünte Birke. Es konnte von der Klimaanlage herrühren.
»Sehr hübsch«, meinte Agatha Simpson, »außerordentlich beeindruckend. Ich werde dieses Szenarium in einem meiner nächsten großen Werke würdigen.«
Sie träumte seit Jahren davon, den Kriminalroman des Jahrhunderts zu schreiben, aber sie war bisher noch nicht in die Vorplanung gedrungen.
Sie wandte sich an den Butler. »Mister Parker, erinnern Sie mich daran, daß ich dieses eindrucksvolle Gewölbe ganz detailliert beschreibe. Mit welcher Absicht war ich doch hergekommen?«
»Mylady wollten die Sicherungen würdigen und den Schmuck aus dem Safe nehmen.«
Das