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Der Einbrecher, der sich im Schrank versteckte: Bernie Rhodenbarr, #2
Der Einbrecher, der sich im Schrank versteckte: Bernie Rhodenbarr, #2
Der Einbrecher, der sich im Schrank versteckte: Bernie Rhodenbarr, #2
eBook291 Seiten3 Stunden

Der Einbrecher, der sich im Schrank versteckte: Bernie Rhodenbarr, #2

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Über dieses E-Book

Es ist schwer, jemanden zu ignorieren, dessen Finger man in seinem Mund stecken hat. Deshalb ist Bernie Rhodenbarr ganz Ohr, als sich sein Zahnarzt Dr. Sheldrake über seine widerwärtige Ex-Frau beklagt und dabei den wertvollen Schmuck erwähnt, den sie in ihrer Wohnung herumliegen hat. Da Bernie dafür bekannt ist, seine Finanzen gelegentlich durch Abenteuer im Bereich des gehobenen Diebstahls aufzubessern, verschafft er sich ein paar Abende später in der Hoffnung auf reiche Beute Zugang zur Sheldrake-Wohnung – und ist gezwungen, sich im Schrank zu verstecken, als die Dame des Hauses unerwartet zurückkehrt. Zu seinem Entsetzen steckt er immer noch dort fest, als ein ungesehener Besucher Mrs. Sheldrake tötet ... und sich mitsamt dem Schmuck aus dem Staub macht.

Auch als er sich endlich aus dem Schrank befreit hat, bleibt die Situation für Bernie ungemütlich: Er wird eines Mordes verdächtigt, den er nicht begangen hat – sowie eines Diebstahls, den er zweifellos begehen wollte. Um sich zu entlasten, muss er selbst versuchen, den Mörder zu fangen, der ihn in diese verzwickte Lage gebracht hat.

»Schnell, witzig, fantastisch.« – Ed McBain

»Wunderbar detailliert und anregend geschrieben.« – The London Guardian

»Ein unverbesserlich liebenswerter Dieb.« – New York Times

»Exzellenter New-York-Hintergrund und ungewöhnliche Figuren machen Block zu einem Krimiautor, der Hochgenuss bietet.« – London Daily Mirror

»Eine Hommage an das goldene Zeitalter der Krimis.« – Donna Leon, The Sunday Times

»Der Einbrecher, der sich im Schrank versteckte ist eine großartige Lektüre!« – Midwest Book Review

SpracheDeutsch
HerausgeberLawrence Block
Erscheinungsdatum1. Apr. 2022
ISBN9798201716950
Der Einbrecher, der sich im Schrank versteckte: Bernie Rhodenbarr, #2
Autor

Lawrence Block

Lawrence Block is one of the most widely recognized names in the mystery genre. He has been named a Grand Master of the Mystery Writers of America and is a four-time winner of the prestigious Edgar and Shamus Awards, as well as a recipient of prizes in France, Germany, and Japan. He received the Diamond Dagger from the British Crime Writers' Association—only the third American to be given this award. He is a prolific author, having written more than fifty books and numerous short stories, and is a devoted New Yorker and an enthusiastic global traveler.

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    Buchvorschau

    Der Einbrecher, der sich im Schrank versteckte - Lawrence Block

    Kapitel 1


    »Der Gramercy Park«, sagte Miss Henrietta Tyler, »ist eine Oase inmitten eines grausamen Meeres, eine Atempause von den Pfeilen und Schleudern, vor denen uns der Barde von Avon gewarnt hat.« Ein Seufzer entfloh ihren Lippen, die Art von Seufzer, die auf die Betrachtung einer Oase inmitten eines Meeres folgt. »Junger Mann«, sagte sie, »ich weiß nicht, was ich ohne dieses gesegnete grüne Stück Land tun würde. Ich weiß einfach nicht, was ich tun würde.«

    Das gesegnete grüne Stück Land war ein privater Park, versteckt in Manhattans östlichen Zwanziger Straßen. Der Park ist von einem schwarzen, schmiedeeisernen Zaun umgeben, etwa zwei bis zweieinhalb Meter hoch. Ein verschlossenes Tor verwehrt Personen den Zutritt, die keine Befugnis dazu haben. Nur wer in bestimmten Gebäuden rund um den Park wohnt und eine jährliche Gebühr für seine Instandhaltung entrichtet, erhält einen Schlüssel, der das Eisentor aufschließt.

    Miss Henrietta Tyler, die auf der grünen Bank neben mir saß, hatte einen solchen Schlüssel. In den etwa fünfzehn Minuten, die wir zusammensaßen, hatte sie mir ihren Namen und viel von ihrer persönlichen Geschichte erzählt. Ich war mir ziemlich sicher, dass sie mir mit der Zeit alles erzählen würde, was sich in New York seit ihrer Geburt zugetragen hatte. Die musste sich meiner Berechnung nach nur ein oder zwei Jahre nach Napoleons Niederlage bei Waterloo ereignet haben. Sie war eine liebenswerte alte Dame, unsere Miss Henrietta, und sie trug einen süßen kleinen Hut mit Schleier. Auch meine Großmutter trug immer süße kleine Hüte mit Schleier. Man sieht sie nicht mehr sehr häufig.

    »Die Abwesenheit von Hunden«, sagte Miss Henrietta. »Ich bin so froh, dass in diesem Park keine Hunde erlaubt sind. Es ist der einzige Ort in der Stadt, an dem man spazieren gehen kann, ohne ständig das Pflaster unter den Füßen absuchen zu müssen. Ein ekelhaftes Tier, der Hund. Er hinterlässt seinen Dreck überall. Die Katze ist unendlich penibler, nicht wahr? Nicht, dass ich möchte, dass mir eine unter die Füße kommt. Ich habe diesen Zwang nie verstanden, sich Tiere ins Heim zu holen. Ich möchte nicht einmal einen Pelzmantel haben. So etwas soll im Wald bleiben, dort, wo es hingehört.«

    Ich bin sicher, dass Miss Henrietta so nicht mit einem Fremden gesprochen hätte. Aber Fremde sind, wie Hunde, im Gramercy Park nicht zu finden. Meine Anwesenheit im Park deutete darauf hin, dass ich anständig und respektabel war, dass ich einen lohnenden Beruf oder ein unabhängiges Einkommen hatte, dass ich einer von uns war und nicht einer von denen. Ich hatte meine Kleidung bewusst so gewählt, dass sie dieses Bild bestärkte. Mein Anzug war ein tropisches Kammgarn mit Windowpane-Karo in Hell- und Dunkelgrau. Mein Hemd war hellblau und hatte einen mittellangen Button-Down-Kragen. Meine Krawatte hatte silberne und himmelblaue Streifen auf einem marineblauen Hintergrund. Der Aktenkoffer zu meinen Füßen war ein schmales Modell aus kakaobraunem Ultrasuede, das jemanden ein hübsches Sümmchen gekostet hatte.

    Alles in allem sah ich aus wie ein Junggeselle, der nach einem harten Tag in einem stickigen Büro eine Verschnaufpause im Park einlegte. Vielleicht war ich zuvor irgendwo eingekehrt, um ein paar erfrischende Martinis zu schlürfen. Jetzt schnappte ich an diesem lauen Septemberabend etwas Luft, bevor ich nach Hause in meine gut ausgestattete Wohnung trabte, um dort eine Fertigmahlzeit in die Mikrowelle zu schieben und ein oder zwei Bier zu goutieren, während in der Glotze die Mets mal wieder eine knappe Niederlage einstecken mussten.

    Nun, nicht ganz, Miss Henrietta.

    Kein harter Tag, kein stickiges Büro. Keine Martinis, denn ich erlaube mir nicht, auch nur an einem Korken zu schnuppern, wenn Arbeit ansteht. Es gibt keine Mikrowelle in meiner bescheidenen Wohnung, auch keine Fertigmahlzeiten, und ich hatte aufgehört, die Mets zu gucken, als sie Seaver abgeschoben haben. Meine Wohnung befindet sich in der Upper West Side, einige Meilen vom Gramercy Park entfernt, und ich hatte keinen Cent für den Ultrasuede-Aktenkoffer bezahlt – ich hatte ihn mir ein paar Monate zuvor angeeignet, als ich einen abwesenden Herrn um seine Münzsammlung erleichterte. Ich bin mir sicher, dass er ihn ein hübsches Sümmchen gekostet hatte, und Gott weiß, dass er den Gegenwert eines hübschen Sümmchens enthalten hatte, als ich mit ihm aus der Tür spaziert war.

    Ich besaß ja nicht einmal einen Schlüssel für den Park. Ich hatte mir mit einem raffinierten kleinen Stück hochgehärteten deutschen Stahls Zutritt verschafft. Das Schloss am Tor ist schockierend einfach zu knacken. Es ist erstaunlich, dass sich nicht mehr Leute selbst einlassen, wenn sie eine Stunde fernab von Hunden und Fremden verbringen wollen.

    »Diese Sache mit dem Um-den-Park-Rennen«, sagte Miss Henrietta. »Da läuft gerade einer von denen. Sehen Sie ihn sich nur an.«

    Ich sah hin. Der fragliche Kerl war etwa in meinem Alter, Mitte dreißig, aber er hatte eine Menge Haare verloren. Vielleicht war er unter ihnen weggerannt. Auch jetzt rannte er oder joggte oder was auch immer.

    »Man sieht sie Tag und Nacht, im Winter wie im Sommer. Es nimmt kein Ende. An kalten Tagen tragen sie diese Anzüge, Jogginganzüge nennt man sie, glaube ich. Unansehnliche graue Dinger. An einem warmen Abend wie heute kleiden sie sich in Baumwollshorts. Kann es gesund sein, so etwas zu tun? Was meinen Sie?«

    »Warum sollten sie es sonst tun?«

    Miss Henrietta nickte. »Aber ich kann nicht glauben, dass es gesund ist«, sagte sie. »Es sieht so unangenehm aus. Sie machen doch nichts dergleichen, oder?«

    »Ab und zu denke ich, es könnte gut für mich sein. Aber dann nehme ich einfach zwei Aspirin und lege mich hin, bis der Gedanke von selbst verschwindet.«

    »Ich denke, das ist klug. Zum einen sieht es lächerlich aus, und nichts, was so lächerlich aussieht, kann gut für einen sein.« Erneut entfloh ein Seufzer ihren Lippen. »Wenigstens sind sie gezwungen, es außerhalb des Parks zu tun«, sagte sie, »und nicht im Park. Dafür müssen wir dankbar sein.«

    »Wie die Hunde.«

    Sie sah mich an, ihre Augen funkelten hinter dem Schleier. »Aber ja«, sagte sie. »Ganz wie die Hunde.«

    ∗ ∗ ∗

    Um halb acht döste Miss Henrietta leicht vor sich hin und der Jogger war davongerannt. Wichtiger noch, eine Frau mit schulterlangem aschblondem Haar, die eine Bluse mit Paisleymuster und weizenfarbene Jeans trug, war die Steinstufen vor dem Gebäude der 17 Gramercy Park West hinuntergestiegen, hatte auf die Uhr geblickt und war um die Ecke in die 21st Street verschwunden. Fünfzehn Minuten waren vergangen und sie war nicht zurückgekehrt. Wenn es in dem Gebäude nicht zwei Frauen dieser Beschreibung gab, hatte es sich um Crystal Sheldrake gehandelt, die Ex-Frau von Craig Sheldrake, dem besten Zahnarzt der Welt. Und wenn sie nicht in ihrer Wohnung war, war es für mich an der Zeit, mich dorthin zu begeben.

    Ich ließ mich selbst aus dem Park. (Dazu braucht man keinen Schlüssel, nicht einmal ein Stück hochgehärteten deutschen Stahls.) Dann überquerte ich die Straße, den Aktenkoffer in der Hand, und stieg die Stufen von Nummer siebzehn hoch. Das Haus war vier Stockwerke hoch, ein beispielhaftes Exemplar neugriechischer Architektur, das Anfang des neunzehnten Jahrhunderts erbaut worden war. Ursprünglich, so vermute ich, hatte sich eine Familie über alle vier Etagen ausgebreitet und ihre Koffer und alte Zeitungen im Keller verstaut. Aber die Normen sind zerbröckelt, wie mir Miss Henrietta sicher hätte bestätigen können, und jetzt war jedes Stockwerk eine eigene Wohnung. Ich untersuchte die vier Klingeln im Windfang, ignorierte die, die mit Yalman, Porlock und Leffingwell beschriftet waren (was, als Trio genommen, eher nach einem auf Industrieparks spezialisierten Architekturbüro klang), und drückte die mit Sheldrake beschriftete. Nichts passierte. Ich klingelte noch einmal und wieder passierte nichts. Dann öffnete ich mir die Tür.

    Mit einem Schlüssel. »Die Schlampe hat das Schloss ausgetauscht«, hatte Craig mir erzählt, »aber sie konnte kaum das Schloss an der Haustür austauschen, ohne dass die Nachbarn sich über sie aufgeregt hätten.« Den Schlüssel zu haben, sparte mir ein paar Minuten, denn das Schloss war ziemlich anständig. Ich steckte den Schlüssel wieder ein und ging zum Aufzug. Er wurde gerade benutzt, die Kabine fuhr zu mir herab, und ich beschloss, dass ich weder Yalman noch Porlock treffen wollte. Jeffingwell wohnte im Erdgeschoss, aber mir kam der Gedanke, dass vielleicht sogar er im Aufzug sein konnte, weil er gerade nach dem Gießen seines Dachgartens in seine Wohnung zurückkehren wollte. Ganz gleich; ich ging den Korridor entlang zur mit Teppichboden belegten Treppe und stieg zwei Stockwerke zu Crystal Sheldrakes Wohnung hoch. Ich klingelte bei ihr und lauschte dem zweitönigen Klingeln. Dann klopfte ich ein paar Mal, alles, um auf Nummer sicher zu gehen. Schließlich legte ich mein Ohr an die Tür und lauschte einen Moment lang, dann entfernte ich mein Ohr und machte mich an die Arbeit.

    Crystal Sheldrakes Tür hatte nicht nur ein, sondern zwei neue Schlösser, beides Rabsons. Das Rabson an sich ist ein gutes Schloss, und eines der beiden hier war mit ihrem neuen einbruchsicheren Zylinder ausgestattet. Er ist nicht so einbruchsicher, wie sie es gerne hätten, aber er ist auch kein Zuckerschlecken, und ich brauchte eine Weile, um das verdammte Ding zu überwinden. Es hätte sogar noch länger gedauert, wenn ich nicht ein Paar solcher Schlösser zu Hause gehabt hätte. Eines befindet sich im Wohnzimmer, wo ich mit geschlossenen Augen üben kann, es zu knacken, während ich Musik höre. Das andere ist an meiner eigenen Tür und hält Einbrecher fern, die weniger fleißig sind als ich.

    Ich knackte die Schlösser, wenn auch mit offenen Augen, und bevor ich die Tür hinter mir abschloss, machte ich einen kurzen Rundgang durch die Wohnung. Bei einer ähnlichen Gelegenheit hatte ich darauf verzichtet, und es hatte sich dann herausgestellt, dass in der Wohnung eine Leiche lag, wodurch sich die Situation zu einer Peinlichkeit erster Güte entwickelte. Erfahrung ist ein effektiver Lehrmeister, weil man dazu neigt, sich an ihre Lektionen zu erinnern.

    Keine toten Körper. Keine lebenden Körper, außer meinem eigenen. Ich ging zurück und sperrte beide Schlösser ab, ließ meinen Aktenkoffer auf ein viktorianisches Rosenholz-Zweiersofa plumpsen, schlüpfte mit den Händen in ein Paar hautenge, hauchdünne Gummihandschuhe und machte mich an die Arbeit.

    Der Name des Spiels, das ich spielte, war »Schatzsuche«. »Ich möchte, dass du die Wohnung bis auf die vier Wände ausräumst«, hatte Craig gesagt, und ich hatte mir vorgenommen, mein Bestes zu geben, um seinen Wunsch zu erfüllen. Es schien mehr als vier Wände zu geben – das Wohnzimmer, das ich betreten hatte, ein separates Esszimmer, ein großes Schlafzimmer, ein kleines Schlafzimmer, das als eine Art Arbeits- und Fernsehzimmer eingerichtet worden war, und eine Küche mit einem falschen Ziegelboden und echten Ziegelwänden sowie einer Menge Kupfertöpfe und -pfannen, die an Eisenhaken hingen. Die Küche gefiel mir am besten. Das Schlafzimmer war kitschig und jungfräulich, das Arbeitszimmer kantig und uninspiriert und das Wohnzimmer ein eklektischer Triumph mit Beispielen des schlechten Geschmacks aus vielen Jahrhunderten. Ich begann also in der Küche und fand im Butterfach der Kühlschranktür sechshundert Dollar.

    Der Kühlschrank ist immer ein guter Ort zum Suchen. Erstaunlich viele Leute bewahren Geld in der Küche auf und viele von ihnen verstauen es im Kühlschrank. Damit ihr Bargeld frisch bleibt, nehme ich an. Aber ich fand die Sechshundert nicht, weil ich auf das Gesetz des Durchschnitts setzte. Ich hatte Insiderinformationen.

    »Die Schlampe bewahrt Geld im Kühlschrank auf«, hatte Craig mir gesagt. »Normalerweise hat sie ein paar Hunderter im Butterfach versteckt. Sie bewahrt die Mäuse bei der Butter auf.«

    »Clever.«

    »Nicht wahr? Früher hat sie Marihuana in der Teedose aufbewahrt. Wenn sie dort leben würde, wo die Leute Rasen haben, würde sie es wahrscheinlich mit dem Grassamen aufbewahren.«

    Ich guckte nicht in die Teedose, also weiß ich nicht, welche Art von Tee sie enthielt. Ich steckte das Geld in meine Brieftasche und kehrte ins Wohnzimmer zurück, um mein Glück mit dem Schreibtisch zu versuchen. In der oberen rechten Schublade lag noch mehr Geld, vielleicht zweihundert Dollar in Fünfern, Zehnern und Zwanzigern. Es war nicht genug, um deshalb in Ekstase zu geraten, aber ich war trotzdem wie elektrisiert, das automatische Kribbeln der Aufregung, das in dem Moment einsetzt, in dem ich mir Zutritt zu einer fremden Wohnung verschaffe, die Aufregung, die sich jedes Mal aufbaut, wenn ich Hand an fremdes Eigentum lege und es zu meinem eigenen mache. Ich weiß, das ist alles moralisch verwerflich, und es gibt Tage, an denen es mich bedrückt, aber es führt kein Weg daran vorbei. Mein Name ist Bernie Rhodenbarr, ich bin ein Dieb und ich liebe es zu stehlen. Ich liebe es einfach.

    Das Geld wanderte in meine Tasche und wurde zu meinem Geld, und ich fing an, die anderen Schubladen in dem kleinen Schreibtisch zu durchwühlen. Mehrere hintereinander enthielten nichts Nennenswertes, dann öffnete ich noch eine und ganz oben lagen drei Etuis von der Art, die es zu guten Uhren gibt. Das erste war leer. Das zweite und das dritte waren es nicht. Die eine Uhr war eine Omega, die andere eine Patek Philippe, und sie waren beide wunderschön. Ich schloss die Etuis und verstaute sie in meinen Aktenkoffer, wo sie hingehörten.

    Die Uhren waren erstklassig, aber das war es für das Wohnzimmer. Trotzdem war es mehr, als ich erwartet hatte. Denn das Wohnzimmer und die Küche waren nur eine Aufwärmübung. Crystal Sheldrake lebte allein, obwohl sie oft Gesellschaft über Nacht hatte. Sie war eine Frau mit einer Menge wertvollen Schmucks, und Frauen bewahren ihren Schmuck im Schlafzimmer auf. Ich bin mir sicher, sie denken, sie tun es, damit sie ihn zur Hand haben, wenn sie sich anziehen, aber ich vermute, der wahre Grund ist, dass sie besser schlafen, wenn sie von Gold und Diamanten umgeben sind. Das gibt ihnen ein Gefühl der Sicherheit.

    »Es hat mich immer verrückt gemacht«, hatte Craig gesagt. »Manchmal ließ sie die Sachen offen herumliegen. Oder sie warf einfach ein Armband und eine Halskette in die oberste Schublade des Nachttischs. Sie hatte den Nachttisch auf der linken Seite, aber ich nehme an, es sind jetzt beide ihre, also sieh in beiden nach.« Im Ernst. »Ich hab sie immer angefleht, etwas von dem Zeug in einem Bankschließfach aufzubewahren. Sie sagte, das wäre zu viel Aufwand. Sie wollte nicht auf mich hören.«

    »Hoffen wir, dass sie nicht doch noch angefangen hat, auf dich zu hören.«

    »Nicht Crystal. Die hat noch nie auf jemanden gehört.«

    Ich nahm meinen Aktenkoffer mit ins Schlafzimmer und sah mich um. Ohrringe, Fingerringe, Armbänder, Halsketten. Broschen, Anhänger, Uhren. Moderner Schmuck und antiker Schmuck. Schöne Sachen, gute Sachen und ein paar Sachen, die für mein halbwegs professionelles Auge wirklich sehr, sehr gut aussahen. Zahnärzte bekommen neben Schecks auch eine gewisse Menge an Bargeld, und auch wenn es Ihnen möglicherweise schwerfällt, das zu glauben, ein Teil dieses Bargeldes wird nicht an das Finanzamt gemeldet. Ein Teil davon wird still und leise in Schmuck umgewandelt und dieser Schmuck konnte nun ebenso still und leise wieder in Bargeld umgewandelt werden. Er würde zwar nicht das einbringen, was er ursprünglich gekostet hatte, da der durchschnittliche Hehler ein etwas vorsichtigerer Kunde ist als der durchschnittliche Zahnarzt, aber es würde immer noch eine ziemlich stolze Summe werden, wenn man bedenkt, dass das alles mit nichts anderem als einer ganzen Menge Zahnschmerzen und Wurzelbehandlungen seinen Anfang genommen hatte.

    Ich ging sehr sorgfältig vor, um nichts zu übersehen. Dem äußeren Anschein nach war Crystal Sheldrakes Wohnung sehr ordentlich, aber das Innere ihrer Schubladen war ein Skandal, mit Tand und Perlen, die sich mit zerknitterten Strumpfhosen und halbvollen Make-up-Tiegeln vertragen mussten. Also ließ ich mir Zeit und mein Aktenkoffer wurde schwerer, je länger meine Finger wurden. Es gab mehr als genug Zeit. Sie hatte das Haus um Viertel nach sieben verlassen und würde wahrscheinlich erst nach Mitternacht zurückkehren, falls sie überhaupt vor Sonnenaufgang zurückkehrte. Ihre Standardprozedur, so Craig, sah ein oder zwei Drinks an den verschiedenen Wasserstellen der Umgebung vor, ein kleines Abendessen irgendwo zwischendrin und dann ein paar Stunden, die einer Kombination aus ernsthaftem Trinken und noch ernsthafterer Partnersuche gewidmet waren. Natürlich gab es Abende, die im Voraus geplant wurden, Verabredungen zum Abendessen und zu Theaterbesuchen, aber sie hatte das Haus für einen ungezwungenen Abend auf der Piste gekleidet verlassen.

    Das bedeutete, dass sie entweder einen Fremden mit nach Hause bringen oder zu einem Fremden gehen würde. So oder so würde ich lange weg sein, bevor sie wieder über ihre eigene Schwelle trat. Wenn sie sich für seine Wohnung entschieden, konnte der Schmuck verhökert sein, bevor sie überhaupt merkte, dass er fehlte. Wenn sie den Kerl mit zu sich nach Hause schleppte, sie beide zu betrunken waren, um zu merken, dass etwas fehlte, und er sich aus dem Staub machte, bevor sie aufwachte, konnte sie ihn später durchaus des Verbrechens verdächtigen. So oder so sah es so aus, als wäre ich fein raus und hätte Zigtausende von Dollar, um die nächsten acht oder zehn Monate über die Runden zu kommen, selbst nachdem ich Craig seinen Anteil gegeben hatte. Natürlich war es schwer zu sagen, was genau der Aktenkoffer enthielt, und es ist ein langer, langer Weg von Schmuck zu Bargeld, aber es sah gut aus für Mrs. Rhodenbarrs Sohn Bernard, keine Frage.

    Ich erinnere mich, dass ich diesen Gedanken hatte. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, was für ein Trost er war, als Crystal Sheldrake mich wenig später im Schlafzimmerschrank einschloss.

    Kapitel 2


    Ursache des Problems war natürlich eine Variante des Parkinson’schen Gesetzes. Ein Mensch, egal ob Bürokrat oder Einbrecher, neigt dazu, sich für eine Aufgabe so viel Zeit zu nehmen, wie dafür zur Verfügung steht. Da ich wusste, dass Crystal Sheldrake stundenlang aus der Wohnung sein würde, war ich geneigt, einige dieser Stunden damit zu verbringen, sie ihrer Besitztümer zu entledigen. Mir war schon immer bewusst, dass Einbrecher eigentlich die alte Playboy-Philosophie der schnellen Nummer befolgen sollten, aber es spricht auch einiges dafür, die verfügbare Zeit zu nutzen. Man kann Dinge übersehen, wenn man in Eile ist. Man kann belastende Beweise zurücklassen. Und es verschafft einem einen Nervenkitzel, die Sachen einer anderen Person durchzugehen, und so indirekt (und vielleicht auch neurotisch) am Leben dieser Person teilzuhaben. Dieser Nervenkitzel ist einer der Reize des Einbrechens für mich. Das kann ich zugeben, viel tun dagegen kann ich jedoch nicht.

    Also trödelte ich. Ich hätte die Sheldrake-Bude in zwanzig effizienten Minuten ausräumen können, wenn ich konzentriert vorgegangen wäre. Stattdessen nahm ich mir kostbare Zeit.

    Um sieben Uhr siebenundfünfzig hatte ich das zweite Schloss geknackt – ich hatte zufällig die Uhrzeit registriert, bevor ich mir die Tür öffnete. Um neun Uhr vierzehn schloss ich meinen Aktenkoffer und ließ die Schnappverschlüsse zuschnappen. Ich hob ihn hoch und bemerkte mit Genugtuung sein erhöhtes Gewicht, wobei ich versuchte, es eher in Karat als in Unzen zu denken.

    Dann stellte ich den Aktenkoffer wieder ab und blickte mich noch einmal nachdenklich um. Ich weiß nicht einmal, ob ich zu diesem Zeitpunkt wirklich noch etwas suchte. Eine Person, die jünger ist als ich, hätte vielleicht gesagt, dass ich versuchte, Schwingungen aufzufangen. Wenn ich so darüber nachdenke, hätte ich das vielleicht selbst gesagt, aber nicht laut. Was ich wahrscheinlich in Wahrheit versuchte, war, das köstliche Gefühl weiter auszukosten, dort zu sein, wo ich nicht sein sollte, wobei auch niemand wusste, dass ich dort war. Nicht einmal Craig. Ich hatte ihm gesagt, dass ich ein oder zwei Nächte später einbrechen würde, aber es war ein so schöner Abend, eine so günstige Nacht für einen Einbruch …

    Ich befand mich also im Schlafzimmer und betrachtete das Pastellporträt einer jungen Frau, die elegant frisiert und gekleidet war und einen Smaragd am Hals trug, der alles übertraf, was ich von Crystal Sheldrake gestohlen hatte. Das Gemälde schien aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert zu sein und die Frau wirkte französisch, aber vielleicht hatte sie einfach die Kunst kultiviert, französisch auszusehen. Ihr Gesichtsausdruck hatte etwas Bezauberndes. Ich entschied, dass sie in ihrem Leben so oft enttäuscht worden war, hauptsächlich von Männern, dass

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