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Der Einbrecher, der Spinoza studierte: Bernie Rhodenbarr, #4
Der Einbrecher, der Spinoza studierte: Bernie Rhodenbarr, #4
Der Einbrecher, der Spinoza studierte: Bernie Rhodenbarr, #4
eBook330 Seiten4 Stunden

Der Einbrecher, der Spinoza studierte: Bernie Rhodenbarr, #4

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Über dieses E-Book

Antiquariatsbesitzer und Einbrecher Bernie Rhodenbarr neigt im Allgemeinen nicht zu philosophischen Überlegungen, wenn es um seine kriminellen Aktivitäten geht. Er hat das Talent dazu, es ist ansteckend aufregend und es ist vor allem viel profitabler, als alte Wälzer zu verkaufen. Er stiehlt, also is(s)t er – Punkt.

Andererseits könnte er durchaus über den tieferen Sinn der Ereignisse im luxuriösen Heim von Herb und Wanda Colcannon nachdenken. Dort wird in der Nacht, in der Bernie heimlich zu Gast ist, offenbar gleich dreimal eingebrochen: einmal vor und einmal nach ihm. Es gelingt ihm zwar, einige schöne Schmuckstücke und eine äußerst wertvolle Münze zu stehlen, aber dummerweise lassen die dritten Einbrecher Herb bewusstlos und Wanda tot zurück ... und die Polizei ist sich sicher, dass der Verantwortliche dafür auf den Namen Rhodenbarr hört.

 

Für existenzielle Grübeleien bleibt nun keine Zeit, aber Bernie muss dennoch sehr gründlich nachdenken, um einen Ausweg aus diesem mörderischen Dilemma zu finden.

 

#

 

»Neues von Manhattans Lieblingseinbrecher/Antiquariatsbuchhändler. Diesmal statten Bernie und seine Handlangerin Carolyn (eine lesbische Hundewäscherin) einer schicken Bude in der 18th Street einen Besuch ab – und obwohl vor ihnen schon andere Einbrecher das Haus auf den Kopf gestellt haben, finden sie einen wertvollen Nickel aus dem Jahr 1913, den sie Bernies geliebtem Hehler, dem alten Abel Crowe, anvertrauen. Doch es droht Ungemach, weil in derselben Nacht die Gattin des Hausbesitzers ermordet wird. Die gewohnte Mischung aus Einbrüchen, Betrügereien, dummen Polizisten, schlauen Sprüchen, Village-Milieu … und ein bisschen Numismatik: Bernie-Fans werden nicht enttäuscht sein.« ~Virginia Kirkus Reviews

 

»Der Einbrecher, der Spinoza studierte ist der vierte Bernie-Rhodenbarr-Krimi von Lawrence Bock. Es handelt sich, wie bei Der Einbrecher, der gerne Kipling zitierte, um einen Krimi mit viel Humor. Mr. Block muss inzwischen der Kritiker überdrüssig sein, die ihn mit Donald Westlake vergleichen, aber Westlake ist eine ausgezeichnete Gesellschaft. Bernie tötet keine Menschen; das ist uncool. Stattdessen liest er Spinoza, Dr. Johnson, Wordsworth, Robert Frost und Piaget, hört Haydn oder Vivaldi, sieht sich Chagalls an und schläft mit einer plappernden SoHo-Künstlerin. Er trifft sich mit Kleinganoven, nimmt an der Beerdigung seines Hehlers teil, verkehrt mit Friseusen und erzählt uns alles, was wir nicht über Greenwich Village und Irish Coffee wissen wollten. Der Einbrecher, der Spinoza studierte ist überaus witzig, unterhaltsamer zu lesen als Spinoza und etwas weniger didaktisch.«  ~John Leonard, New York Times

SpracheDeutsch
HerausgeberLawrence Block
Erscheinungsdatum9. Sept. 2023
ISBN9798215586853
Der Einbrecher, der Spinoza studierte: Bernie Rhodenbarr, #4
Autor

Lawrence Block

Lawrence Block is one of the most widely recognized names in the mystery genre. He has been named a Grand Master of the Mystery Writers of America and is a four-time winner of the prestigious Edgar and Shamus Awards, as well as a recipient of prizes in France, Germany, and Japan. He received the Diamond Dagger from the British Crime Writers' Association—only the third American to be given this award. He is a prolific author, having written more than fifty books and numerous short stories, and is a devoted New Yorker and an enthusiastic global traveler.

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    Buchvorschau

    Der Einbrecher, der Spinoza studierte - Lawrence Block

    Kapitel 1


    Gegen halb sechs legte ich den Roman weg, den ich gerade las, und begann, die Kunden aus dem Laden zu scheuchen. Der Roman war von Robert B. Parker, der Held ein Privatdetektiv namens Spenser, der das Fehlen eines Vornamens durch Körpereinsatz wettmachte. Alle paar Kapitel joggte er durch Boston, stemmte Gewichte oder fand einen anderen Weg, mit einem Herzinfarkt oder einem Leistenbruch zu liebäugeln. Ich war schon erschöpft, wenn ich nur las, was er da anstellte.

    Meine Kunden leisteten keinen größeren Widerstand. Einer hielt inne, um den Gedichtband zu kaufen, in dem er geblättert hatte, der Rest schmolz dahin wie Raureif an einem sonnigen Morgen. Ich schleppte meinen Schnäppchentisch (»Jedes Buch 40 Cent / 3 für 1 Dollar«) ins Innere, schaltete das Licht aus, verließ den Laden, schloss die Tür hinter mir, verriegelte sie, zog das Stahlgitter über Tür und Fenster zu und verriegelte es ebenfalls. Barnegat Books war zu Bett gebracht.

    Mein Laden war geschlossen. Es war Zeit, mich an die Arbeit zu machen.

    ∗ ∗ ∗

    Der Laden befindet sich in der östlichen 11th Street zwischen University Place und Broadway. Zwei Häuser weiter Richtung Osten befindet sich die Poodle Factory. Als ich eintrat, erklangen die Glöckchen an der Tür und der Kopf von Carolyn Kaiser kam hinter einem Vorhang am Ende des Raums zum Vorschein. »Hi, Bern«, sagte sie. »Mach es dir gemütlich. Ich bin gleich so weit.«

    Ich setzte mich auf das Sofa und begann, in einer Ausgabe von The Pet Dealer zu blättern, einer Haustier-Fachzeitschrift, die in etwa das war, was man erwarten würde. Ich dachte, ich könnte vielleicht ein Bild eines Bouvier des Flandres finden, hatte jedoch kein Glück. Ich hoffte immer noch, als Carolyn mit einem sehr kleinen Hund in der Farbe von mit Wasser verdünntem Old Crow hereinkam.

    »Das ist kein Bouvier des Flandres«, sagte ich.

    »Was du nicht sagst«, sagte Carolyn. Sie stellte das kleine Ding auf einen Tisch und fing an, es flauschig zu kämmen. Es sah ohnehin schon flauschig genug aus. »Das ist Prinz Eisenherz, Bernie. Er ist ein Pudel.«

    »Ich wusste nicht, dass es so kleine Pudel gibt.«

    »Sie züchten immer kleinere. Er ist ein Zwergpudel, aber er ist kleiner als die üblichen Zwergis. Ich glaube, die Japaner sind in dieses Gebiet eingestiegen. Die machen angeblich was ganz Raffiniertes mit Transistoren.«

    Carolyn reißt normalerweise keine Witze über Kleingewachsene, aus Angst, das Glashaus zum Einsturz zu bringen. Wenn sie hohe Absätze tragen würde, könnte sie womöglich eins fünfundfünfzig schaffen, aber das tut sie nicht (Absätze tragen). Sie hat dunkelbraunes Haar, das zu einem Bob geschnitten ist, und delftblaue Augen. Und sie hat die Statur eines Feuerhydranten, was in der Hundepflegebranche nicht ganz ungefährlich ist.

    »Armer Prinz«, sagte sie. »Die Züchter wählen immer wieder Zwerge aus und kreuzen sie, bis sie so etwas wie diesen hier haben. Und natürlich züchten sie auch auf Farbe. Prinz Eisi ist nicht nur ein Zwergpudel. Er ist ein apricotfarbener Zwergpudel. Und wo zum Teufel bleibt eigentlich seine Besitzerin? Wie spät ist es?«

    »Viertel vor sechs.«

    »Sie ist fünfzehn Minuten zu spät. Noch eine Viertelstunde und ich schließe ab.«

    »Was wirst du dann mit Prinz Eisenherz machen? Ihn mit zu dir nach Hause nehmen?«

    »Machst du Witze? Meine Kater würden ihn zum Frühstück verspeisen. Ubi könnte mit ihm koexistieren, aber Archie würde ihn ausweiden, nur um in Übung zu bleiben. Nein, wenn sie bis sechs nicht auftaucht, heißt es für unseren Prinzen ab ins Hunde-Sing-Sing. Dann kann er die Nacht in einem Käfig verbringen.«

    Das hätte für Eisi eigentlich das Signal sein müssen, einen niedlichen kleinen Protestschrei von sich zu geben, aber er stand einfach nur da wie belämmert. Ich deutete an, dass seine Farbe weniger an Aprikosen als an ein Glas Bourbon mit Wasser denken ließ, und Carolyn sagte: »Herrgott, erinner mich nicht daran, sonst fang ich an zu sabbern wie einer von Pawlows Besten.« In diesem Moment ertönten die Türglöckchen und eine Frau mit blau gefärbten grauen Haaren kam hereinstolziert, um ihr Haustier abzuholen.

    Ich widmete mich wieder The Pet Dealer, während Eisis Rechnung beglichen wurde. Dann befestigte seine Besitzerin das eine Ende einer strassbesetzten Leine am Halsband des kleinen Monsters. Sie gingen gemeinsam los, bogen schnell ab, als sie auf den Bürgersteig traten, und schlugen wahrscheinlich die Richtung von Stewart House ein, einem großen Apartmenthaus, das stark von Damen mit blau gefärbten grauen Haaren frequentiert ist, mit oder ohne apricotfarbenen Pudel als Ergänzung.

    »Pudel«, sagte Carolyn. »Ich würde mir keinen Hund zulegen, wegen der Katzen, und wenn ich die Katzen nicht hätte, würde ich mir immer noch keinen Hund zulegen, aber wenn ich es doch tun würde, dann bestimmt keinen Pudel.«

    »Was ist so schlimm an Pudeln?«

    »Ich weiß es nicht. Eigentlich ist an Großpudeln nichts auszusetzen. Große, nicht geschorene schwarze Pudel sind in Ordnung. Wenn natürlich jeder einen großen, nicht geschorenen schwarzen Pudel hätte, könnte ich meine Schere an den Nagel hängen und das Geschäft aufgeben, und das wäre vielleicht gar kein Weltuntergang, wenn ich es mir recht überlege. Würdest du mit so einem leben wollen, Bernie? Einem Zwergpudel?«

    »Nun, ich–«

    »Natürlich würdest du nicht«, sagte sie. »Du würdest es nicht und ich würde es nicht. Es gibt nur zwei Arten von Menschen, die einen solchen Hund halten würden, und das sind die beiden Arten von Menschen, die ich nie verstehen werde.«

    »Und das sind?«

    »Schwule Männer und heterosexuelle Frauen. Können wir von hier verschwinden? Ich nehme an, ich könnte mir einen Apricot Brandy Sour genehmigen. Ich hatte mal eine Partnerin, die so was getrunken hat. Oder ich könnte den Bourbon mit Wasser trinken, den du erwähnt hast. Aber ich glaube, was ich wirklich will, ist ein Martini.«

    ∗ ∗ ∗

    Was sie tatsächlich trank, war Perrier mit Limone.

    Jedoch nicht ohne Protest. Der größte Teil des Protests wurde an der frischen Luft ausgetragen, und als wir an unserem üblichen Tisch im Bum Rap um die Ecke saßen, war Carolyn einverstanden, wenn auch nicht glücklich. Die Kellnerin fragte, ob wir das Übliche wollten, woraufhin Carolyn das Gesicht verzog und französisches Mineralwasser bestellte, was beim besten Willen nicht ihr Übliches war. Meines war es am Ende eines Arbeitstages auch nicht, aber der Arbeitstag war noch nicht zu Ende. Deshalb bestellte ich ebenfalls Perrier und die Kellnerin zog kopfkratzend ab.

    »Siehst du, Bern? Uncharakteristisches Verhalten. Das erregt Verdacht.«

    »Darüber würde ich mir keine Sorgen machen.«

    »Ich sehe nicht ein, warum ich mir nicht einen richtigen Drink genehmigen kann. Die Sache heute Abend liegt Stunden in der Zukunft. Wenn ich etwas trinken würde, wäre es bis dahin längst abgebaut.«

    »Du kennst die Regeln.«

    »Regeln.«

    »Ohne sie würde unsere Gesellschaft zusammenbrechen. Es würde Anarchie herrschen. Kriminalität auf den Straßen.«

    »Bernie–«

    »Natürlich«, sagte ich, »könnte ich heute Abend auch allein losziehen.«

    »Einen Teufel könntest du.«

    »Die Nummer wäre solo nicht viel schwieriger als zu zweit. Es wäre kein Problem.«

    »Wer hat dich denn auf die Gelegenheit aufmerksam gemacht?«

    »Du«, sagte ich, »und du bist mit fünfzig Prozent beteiligt, egal was passiert, also könntest du heute Abend zu Hause bleiben und trotzdem abkassieren. Warum ein zusätzliches Risiko eingehen? Und du könntest deinen Martini trinken, sogar drei oder vier, und–«

    »Ich hab verstanden.«

    »Ich dachte nur–«

    »Ich sagte, ich hab verstanden, Bern.«

    Wir hörten auf zu reden, während die Kellnerin zwei Gläser Perrier an den Tisch brachte. In der Jukebox sangen Loretta Lynn und Conway Twitty ein Duett über eine Frau aus Mississippi und einen Mann aus Louisiana. Vielleicht war es auch umgekehrt. Spielt vermutlich keine Rolle.

    Carolyn umklammerte ihr Glas mit einer Hand und starrte mich an. »Ich komme mit«, sagte sie.

    »Wenn du es sagst.«

    »Verdammt richtig, ich sage es. Wir sind Partner, schon vergessen? Ich bin voll und ganz dabei. Du denkst, weil ich eine verdammte Frau bin, soll ich zu Hause sitzen und das bescheuerte Feuer am Brennen halten.«

    »Ich hab nie gesagt–«

    »Ich brauche keinen gottverdammten Martini.« Sie hob ihr Glas. »Auf das Verbrechen, verdammt.« Sie trank das Wasser wie Gin.

    ∗ ∗ ∗

    Das ganze Projekt hatte seinen Anfang im Bum Rap genommen, und zwar genau an diesem Tisch. Carolyn und ich treffen uns normalerweise nach der Arbeit auf einen Drink, es sei denn, einer von uns beiden hat etwas vor, und vor ein paar Wochen hatten wir aus Gläsern getrunken, in denen sich kein Perrier befand.

    »Es ist schon komisch, wie die Leute sich ihre Hunde aussuchen«, hatte Carolyn gesagt. »Ich hab eine Kundin, sie heißt Wanda Colcannon, und sie hat diesen Bouvier.«

    »Ja, das ist wirklich umwerfend komisch.«

    Sie sah mich an. »Willst du es nicht hören, Bern?«

    »Entschuldigung.«

    »Die Sache ist die, als sie mit dem Hund ankam, dachte ich, sie wären eine natürliche Kombination. Sie ist eine große, strenge Blondine, der fleischgewordene Traum eines jeden Masochisten. Trägt Designerkleider. Hat Wangenknochen wie aus dem Who’s Who. Jede Menge Klasse, weißt du?«

    »Mhm.«

    »Und der Bouvier ist ein sehr eleganter Hund. Sehr trendy heutzutage. Er ist erst seit ein paar Jahren eine vom Hundezüchterverband anerkannte Rasse. Das sind teure Hunde, und sie sehen ziemlich edel aus, auch wenn man nicht weiß, wie viel sie kosten. Und hier ist diese langbeinige Blondine in einem Ledermantel mit diesem tiefschwarzen Bouvier an ihrer Seite, und sie sehen genau richtig füreinander aus.«

    »Und?«

    »Sie hat sich den Hund nur wegen des Namens zugelegt.«

    »Wie heißt er?«

    »Sie, nicht er. Der Hund ist eine Hündin und heißt Astrid, aber diesen Namen hat Wanda ihr gegeben. Der Name der Rasse hat sie dazu bewogen, sich für sie zu entscheiden.«

    »Warum?«

    »Weil Wandas Mädchenname Flanders ist.«

    »Jackie Kennedys Mädchenname ist Bouvier«, sagte ich, »und ich weiß nicht, was für einen Hund sie hat. Es ist mir auch ziemlich egal. Du hast mich irgendwo verloren. Was hat Flanders mit Bouvier zu tun?«

    »Oh, ich dachte, das wüsstest du. Der Bouvier hat seinen Ursprung in Belgien. Der vollständige Name der Rasse ist Bouvier des Flandres.«

    »Oh.«

    »Das hat ihr Interesse an der Rasse geweckt, und sie hat sich vor ein paar Jahren einen Welpen gekauft, der sich als die perfekte Wahl herausstellte. Sie ist verrückt nach Astrid und der Hund ist ihr unglaublich zugetan, und Astrid ist nicht nur ein edles Tier, sondern auch äußerst intelligent und ein toller Wachhund.«

    »Ich freue mich wirklich für die beiden«, sagte ich.

    »Das solltest du auch. Ich pflege ihren Hund jetzt seit etwa einem Jahr. Sie bringt Astrid alle paar Monate zum routinemäßigen Baden und Striegeln vorbei, und vor Ausstellungen bekommt sie dann die volle Behandlung. Sie stellen sie nicht so oft aus, aber ab und zu schon. Sie hat bereits ein paar Bänder gewonnen, darunter ein oder zwei blaue.«

    »Das ist schön für sie.«

    »Für Wanda und Herb auch. Wanda liebt es, mit dem Hund spazieren zu gehen. Sie fühlt sich auf der Straße sicher, wenn sie Astrid bei sich hat. Und sie und ihr Mann fühlen sich beide sicher, wenn der Hund das Haus bewacht. Sie haben keine Angst vor Einbrechern.«

    »Das kann ich verstehen.«

    »Mhm. Astrid ist ihre Einbruchsversicherung. In ein paar Wochen wird sie läufig und dieses Mal werden sie züchten. Wanda ist besorgt, dass die Erfahrung der Mutterschaft ihre Fähigkeiten als Kampfhund beeinträchtigen könnte, aber sie machen es dennoch. Der Deckrüde ist ein berühmter Champion. Er lebt auf dem Land in Berks County in Pennsylvania. Ich glaube, das ist in der Nähe von Reading. Hündinnen aus dem ganzen Land werden zu ihm geschickt und er wird dafür bezahlt. Der Besitzer des Hundes wird bezahlt, meine ich.«

    »Trotzdem ein ziemlich gutes Leben für den Hund.«

    »Nicht wahr? Wanda verschickt Astrid nicht. Sie und ihr Mann fahren mit ihr dorthin. Wenn man Hunde züchtet, bringt man die Tiere zwei Tage hintereinander zusammen, um sicherzugehen, dass man den Höhepunkt der Ovulation erwischt. Sie werden also mit Astrid nach Berks County fahren und dort übernachten, am nächsten Tag den zweiten Versuch unternehmen und dann zurückkommen.«

    »Das sollte ein toller Ausflug für alle drei werden.«

    »Vor allem, wenn das Wetter mitspielt.«

    »Das ist immer ein Faktor«, sagte ich. »Ich hege den Verdacht, dass es einen bestimmten Grund gibt, warum du mir das alles erzählst.«

    »Klug von dir. Sie werden über Nacht weg sein und Astrid auch, und Astrid ist ihr Einbruchsschutz. Sie sind reich genug, um sich Designerkleider und schicke Rassehunde leisten zu können. Und damit er seinem kleinen Hobby frönen kann.«

    »Welchem kleinen Hobby?«

    »Er sammelt Münzen.«

    »Oh«, sagte ich und runzelte die Stirn. »Du hast mir seinen Namen gesagt. Nicht Flanders, das war ihr Mädchenname, wie der des Hundes. Colcannon. Aber seinen Vornamen hast du nicht gesagt. Warte mal. Doch, hast du. Sein Vorname ist Herb.«

    »Du hast ein tolles Gedächtnis für Details, Bern.«

    »Herb Colcannon. Herbert Colcannon. Herbert Franklin Colcannon. Ist das dieser Herbert Colcannon?«

    »Was denkst du, wie viele es gibt?«

    »Er hat letzten Herbst bei einer Auktion von Bowers und Ruddy Gold-Probeprägungen in polierter Platte gekauft und vor ein paar Monaten hat er etwas bei Stack’s ersteigert. Ich hab vergessen, was es war, aber ich hab darüber in Coin World gelesen. Aller Wahrscheinlichkeit nach bewahrt er das Zeug in der Bank auf.«

    »Sie haben einen Wandtresor. Was macht das mit der Wahrscheinlichkeit?«

    »Sie steigt ein bisschen. Woher weißt du das?«

    »Sie hat es einmal erwähnt. Dass sie eines Abends ein Schmuckstück tragen wollte und es nicht konnte, weil es im Tresor war und sie die Kombination vergessen hatte und ihr Mann nicht in der Stadt war. Ich hätte ihr fast gesagt, dass ich einen Freund habe, der ihr hätte helfen können, aber ich hab entschieden, dass es besser wäre, wenn sie nichts von dir wüsste.«

    »Eine weise Entscheidung. Vielleicht bewahrt er nicht alles in der Bank auf. Vielleicht leisten einige seiner Münzen ihrem Schmuck Gesellschaft.« Meine Gedanken begannen zu rasen. Wo wohnten sie? Wie sahen die Sicherheitsvorkehrungen aus? Wie konnte ich sie überwinden? Was würde ich wohl einsacken können und durch wessen gute Dienste könnte ich es am schnellsten in sauberes, anonymes Geld verwandeln?

    »Sie wohnen in Chelsea«, fuhr Carolyn fort. »Versteckt abseits der Straße in einem Kutschenhaus. Sie stehen nicht im Telefonbuch, aber ich hab die Adresse. Und die Telefonnummer.«

    »Gut zu wissen.«

    »Mhm. Sie haben das ganze Haus für sich allein. Keine Kinder. Keine Bediensteten, die dort wohnen.«

    »Interessant.«

    »Dachte ich auch. Ich dachte, das klingt nach einem Job für das Dynamische Duo.«

    »Guter Gedanke«, sagte ich. »Darauf geb ich dir einen Drink aus.«

    »Wurde auch Zeit.«

    Kapitel 2


    Unter dem warmen, wohlwollenden Blick der Sonne ist illegales Eindringen weit weniger verdächtig. Neugierige Nachbarn, die den Notruf wählen würden, wenn sie einen nach Anbruch der Dunkelheit sehen, werden einfach annehmen, dass man endlich aufgetaucht ist, um sich um den tropfenden Wasserhahn zu kümmern. Geben Sie mir ein Klemmbrett oder einen Werkzeugkasten und einen Zeitpunkt zwischen zwölf und sechzehn Uhr, und der eisernste bürgerliche Verbrechensbekämpfer im Wohnblock wird mir die Tür aufhalten und mir einen schönen Tag wünschen. Bei sonst gleichen Umständen ist die beste Zeit für einen Wohnungseinbruch die Mitte des Nachmittags.

    Aber wann sind schon mal alle Umstände gleich? Der Mantel der Dunkelheit ist ein beruhigendes Gewand für Einbrecher, wenn auch nicht für Hausbesitzer, und wenn man ein seriöses Geschäft betreibt, zögert man, es ohne guten Grund mitten am Tag abrupt zu schließen. Auch die Planung der Colcannons sprach für einen nächtlichen Besuch. Wir wussten, dass sie über Nacht abwesend sein würden, und wir wussten ebenfalls, dass die Räumlichkeiten von Handwerkern oder Putzfrauen (Handwerkenden? Putzpersonen?) ungestört sein würden, sobald es an der Zeit für ein Feierabendbierchen war.

    Als wir uns auf den Weg machten, war die Sonne schon längst irgendwo in New Jersey verschwunden. Vom Bum Rap hatten wir ein paar U-Bahnen genommen und waren einen Block zu meinem Gebäude an der Ecke 71st Street und West End Avenue gegangen. Dort legte ich die Jeans und den Pullover, die ich im Laden getragen hatte, ab und zog eine Flanellhose, eine Krawatte und eine Jacke an. Ich füllte meine Taschen mit nützlichen Kleinigkeiten, packte ein paar weitere Artikel in meinen Ultrasuede-Aktenkoffer und nahm mir einen Moment lang Zeit, um mit einer Maniküre-Schere die Handflächen eines neuen Paars Gummihandschuhe auszuschneiden. Mit Gummihandschuhen hinterlässt man keine verräterischen Fingerabdrücke, und ohne Handflächen hat man weniger das Gefühl, seine Hände in der Sauna vergessen zu haben. Schwitzende Handflächen sind schlimm genug, wenn man sich gegenseitig an die Wäsche geht; bei einem Einbruch versucht man, sie absolut zu vermeiden. Natürlich besteht immer die Möglichkeit, einen verräterischen Handflächenabdruck zu hinterlassen, aber es wäre ja kein richtiger Einbruch ohne ein gewisses Risiko, oder?

    Wir hatten uns schon fast wieder auf den Weg gemacht, als ich daran dachte, meine Schuhe zu wechseln. Im Laden hatte ich aus Nostalgie und Bequemlichkeit Weejun-Pennyloafer getragen, die ich nun gegen ein Paar gut aussehende Puma-Laufschuhe austauschte. Ich hatte zwar nicht vor, mich schneller als im Schritt zu bewegen, aber man weiß ja nie, was das Leben für einen bereithält. Und die Pumas mit ihren Gummisohlen und federnden Einlagen ließen mich so geräuschlos laufen wie, nun ja, einen Puma, nehme ich an.

    Carolyn wohnt in der Arbor Court, einer dieser versteckten kleinen Straßen in einem Teil des West Village, der vermutlich von jemandem angelegt wurde, der etwas Stärkeres als Perrier getrunken hatte. Bis vor ein paar Monaten hatte sie mit einer anderen Frau namens Randy Messinger zusammengelebt, aber Anfang Februar hatten sie die letzte einer Reihe von bemerkenswerten Auseinandersetzungen gehabt und Randy hatte ihre Sachen in ihre eigene Wohnung in der Morton Street geschafft. Jetzt war es Ende Mai, jeden Abend brauchte die Sonne ein wenig länger, bis sie unterging, und der Riss zeigte keine Anzeichen von Heilung. Ab und zu traf Carolyn jemand Umwerfenden im Paula’s oder im Duchess, aber die wahre Liebe war noch nicht erblüht. Es schien sie nicht weiter zu stören.

    Sie machte Kaffee, schleuderte einen Salat und wärmte ein paar Stücke übrig gebliebener Quiche auf. Wir aßen beide wenig und tranken viel Kaffee. Die Katzen vertilgten ihr eigenes Essen und rieben sich dann an unseren Knöcheln, bis sie den Rest der Quiche bekamen, über den sie sich sofort hermachten. Danach ließ sich Ubi, der blaue Russe, auf meinem Schoß nieder und begann zu schnurren. Archie, sein burmesischer Kumpel, schlenderte herum und machte ein paar einfache Dehnübungen, um seine Muskeln zu zeigen.

    Gegen acht klingelte das Telefon. Carolyn nahm ab und ließ sich auf ein langes Klatschgespräch ein. Ich schnappte mir ein Taschenbuch und blätterte darin herum, aber ich nahm den Inhalt nicht wirklich zur Kenntnis. Ich hätte genauso gut das Telefonbuch lesen können.

    Als Carolyn auflegte, las ich tatsächlich im Telefonbuch, jedenfalls lange genug, um eine Nummer herauszusuchen. Ich wählte sie, und Abel Crowe nahm nach dem vierten Klingeln ab. »Hier ist Bernie«, sagte ich. »Ich bin auf ein Buch gestoßen, das dir gefallen könnte. Ich wollte wissen, ob du heute Abend zu Hause bist.«

    »Ich habe keine Pläne.«

    »Ich dachte, ich komme vielleicht gegen elf oder zwölf vorbei.«

    »Ausgezeichnet. Ich bleibe in letzter Zeit immer sehr lange auf.« Man konnte den mitteleuropäischen Akzent am Telefon hören. Von Angesicht zu Angesicht war er kaum wahrzunehmen. »Wird deine charmante Freundin dich begleiten?«

    »Wahrscheinlich.«

    »Ich werde mich darauf einstellen. Bis dann, Bernard.«

    Ich legte auf. Carolyn saß auf dem Bett, einen Fuß unter sich geklemmt, und schnitt pflichtbewusst die Handflächen aus ihrem eigenen Paar Gummihandschuhe. »Abel erwartet uns«, sagte ich ihr.

    »Er weiß, dass ich komme?«

    »Er hat extra nach dir gefragt. Ich hab ihm gesagt, du würdest wahrscheinlich mitkommen.«

    »Was heißt hier wahrscheinlich? Ich liebe Abel.«

    Sie stand vom Bett auf und stopfte die Handschuhe in eine ihrer Gesäßtaschen. Sie trug eine schiefergraue Jeans aus gebürstetem Denim und ein grünes Velours-Top, und jetzt kam noch ihr marineblauer Blazer dazu. Sie sah fantastisch aus und das sagte ich ihr auch.

    Sie bedankte sich bei mir und wandte sich dann an die Katzen. »Haltet durch, Jungs«, sagte sie ihnen. »Schreibt euch einfach die Namen auf, falls jemand anruft. Und sagt ihnen, ich werde zurückrufen.«

    ∗ ∗ ∗

    Herbert und Wanda Colcannon wohnten in der westlichen 18th Street zwischen der 9th und 10th Avenue. Bis vor Kurzem war dies ein großartiges Viertel gewesen, um auf der Straße ausgeraubt zu werden, aber irgendwann war Chelsea zu einem begehrten Stadtteil geworden. Die Leute fingen an, die alten Sandsteinhäuser zu kaufen und auf Vordermann zu bringen, indem sie die Wohnheime in Häuser mit Wohnungen, die sich über eine ganze Etage erstreckten, und die Wohnhäuser in Einfamilienhäuser umwandelten. Die Straßen waren von neu gepflanzten Ginkgo-, Eichen- und Platanenbäumen gesäumt und man konnte die Straßenräuber vor lauter Bäumen kaum noch sehen.

    Nr. 442 in der westlichen 18th Street war ein attraktives vierstöckiges Sandsteinhaus mit einem Mansarddach und einem Erkerfenster im Hochparterre. Nr. 444, gleich links daneben, sah genauso aus und unterschied sich nur durch kleinere architektonische Details und ein Paar Kutschenlampen aus Messing, die den Eingang flankierten. Aber zwischen den beiden Häusern gab es einen Torbogen und ein schweres Eisentor und über dem Tor stand die Nummer 442½. Daneben befand sich eine Glocke, und unter der Glocke ein blauer Plastikstreifen, in den der Name Colcannon eingeprägt war.

    Ich hatte das Colcannon-Haus zuvor von einem Münztelefon in der 9th Avenue aus angerufen. Ein Anrufbeantworter hatte mich aufgefordert, meinen Namen und meine Nummer zu hinterlassen, eine Einladung, der ich nicht nachgekommen war. Jetzt klingelte ich, drückte den Knopf kräftig und lange und wartete eine ganze Minute lang auf Antwort. Neben mir stand Carolyn, die Hände in den Taschen, die Schultern nach innen gezogen und ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagernd.

    Ich konnte mir vorstellen, wie sie sich fühlte. Es war erst ihr drittes Mal. Sie war einmal mit mir in Forest Hills Gardens gewesen, einer noblen Enklave im dunkelsten Queens, und kürzlich hatten wir einer Wohnung in den östlichen Siebziger Straßen einen Besuch abgestattet. Ich war ein alter Hase in solchen Dingen, ich war damit aufgewachsen, mich in die Häuser anderer Leute einzulassen, aber trotzdem hatte sich der Nervenkitzel noch nicht gelegt. Ich vermute, dass er das nie tun wird.

    Ich nahm den Aktenkoffer in die linke Hand und kramte mit der rechten einen Schlüsselbund hervor. Das Eisentor war eine beeindruckende Angelegenheit. Es konnte elektrisch geöffnet werden, indem jemand im Kutschenhaus einen Knopf drückte, oder es

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