Jill – kleine Waise in Not: Dr. Norden Bestseller 311 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration.
Es hatte wieder einmal gehörig gekracht auf der Autobahn, und in mehreren naheliegenden Kliniken war man in Alarmbereitschaft versetzt worden. Auch die Behnisch-Klinik bekam zu tun, zwei Schwerverletzte und ein leichter verletztes Kind wurden eingeliefert. Anscheinend gehörten sie aber nicht zusammen, denn das kleine Mädchen rief jammernd nach der Mami, und die beiden Schwerverletzten waren Männer. Dr. Jenny Behnisch kümmerte sich um das Kind, und sie erfuhr wenigstens den Vornamen, bevor die Beruhigungsinjektion wirkte. Jill! Acht bis zehn Jahre mochte sie sein, ein schlankes, aber kräftiges Kind, gepflegt und sehr gut gekleidet. Über den Unfallvorgang wurden sie durch das Radio informiert. Ein Tankwagen hatte eine Ölspur hinterlassen, ein Kleintransporter war ins Schleudern gekommen, als er noch bremsen wollte, und vier Personenwagen waren aufgefahren. Als erster, der von der Choreographin Denise Dernell, die noch an der Unfallstelle ihren schweren Verletzungen erlegen war. Gleich darauf erfuhr man in der Behnisch-Klinik, daß es sich bei Jill um die zehnjährige Tochter von Denise handelte. Sie war jetzt Waise geworden. Von der Ehe ihrer schönen Mutter erfuhr man aber erst aus den Zeitungen, denn Denise Dernell war eine bekannte Frau gewesen, und ihre Lebensgeschichte war schon einer großaufgemachten Reportage wert. Sie selbst hatte über ihre Vergangenheit nie geredet, aber findige Reporter brachten schnell allerhand heraus, und solche Geschichten las man ja gar zu gern in den Boulevardblättern und Illustrierten. Wie man alles ausschmückte und was noch dazugedichtet wurde, hätte die temperamentvolle Denise zu Wutausbrüchen veranlaßt, aber sie konnte sich nicht mehr wehren, und der kleinen Jill wurden die Zeitungen vorenthalten. Jedenfalls mutete Denise Dernells Leben wie ein Roman an. Vor fünfunddreißig Jahren kam sie als Tochter des Uhrenfabrikanten Simon Gregorius zur Welt, der die Existenz der Tochter angeblich ignorierte, als zwei Jahre später sein Sohn und Erbe Philipp geboren wurde. Dennoch wuchs Denise im Wohlstand auf und bekam jeden Wunsch von ihrer Mutter erfüllt, die selbst sehr vermögend war. Sie durfte auch Ballettunterricht nehmen, weil das ihr sehnlichster Wunsch war. Aber als sie dann erklärte, Tänzerin werden zu wollen, wurde sie von ihrem Vater vor die Alternative gestellt, entweder darauf zu verzichten, oder auf ihr Erbe.
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Jill – kleine Waise in Not - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller
– 311 –
Jill – kleine Waise in Not
Patricia Vandenberg
Es hatte wieder einmal gehörig gekracht auf der Autobahn, und in mehreren naheliegenden Kliniken war man in Alarmbereitschaft versetzt worden. Auch die Behnisch-Klinik bekam zu tun, zwei Schwerverletzte und ein leichter verletztes Kind wurden eingeliefert. Anscheinend gehörten sie aber nicht zusammen, denn das kleine Mädchen rief jammernd nach der Mami, und die beiden Schwerverletzten waren Männer.
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Über den Unfallvorgang wurden sie durch das Radio informiert. Ein Tankwagen hatte eine Ölspur hinterlassen, ein Kleintransporter war ins Schleudern gekommen, als er noch bremsen wollte, und vier Personenwagen waren aufgefahren. Als erster, der von der Choreographin Denise Dernell, die noch an der Unfallstelle ihren schweren Verletzungen erlegen war.
Gleich darauf erfuhr man in der Behnisch-Klinik, daß es sich bei Jill um die zehnjährige Tochter von Denise handelte. Sie war jetzt Waise geworden.
Von der Ehe ihrer schönen Mutter erfuhr man aber erst aus den Zeitungen, denn Denise Dernell war eine bekannte Frau gewesen, und ihre Lebensgeschichte war schon einer großaufgemachten Reportage wert. Sie selbst hatte über ihre Vergangenheit nie geredet, aber findige Reporter brachten schnell allerhand heraus, und solche Geschichten las man ja gar zu gern in den Boulevardblättern und Illustrierten.
Wie man alles ausschmückte und was noch dazugedichtet wurde, hätte die temperamentvolle Denise zu Wutausbrüchen veranlaßt, aber sie konnte sich nicht mehr wehren, und der kleinen Jill wurden die Zeitungen vorenthalten.
Jedenfalls mutete Denise Dernells Leben wie ein Roman an. Vor fünfunddreißig Jahren kam sie als Tochter des Uhrenfabrikanten Simon Gregorius zur Welt, der die Existenz der Tochter angeblich ignorierte, als zwei Jahre später sein Sohn und Erbe Philipp geboren wurde.
Dennoch wuchs Denise im Wohlstand auf und bekam jeden Wunsch von ihrer Mutter erfüllt, die selbst sehr vermögend war. Sie durfte auch Ballettunterricht nehmen, weil das ihr sehnlichster Wunsch war. Aber als sie dann erklärte, Tänzerin werden zu wollen, wurde sie von ihrem Vater vor die Alternative gestellt, entweder darauf zu verzichten, oder auf ihr Erbe. Sie könne dann ihrer Wege gehen, aber er würde nicht dulden, daß sein guter Name beim Tingeltangel durch den Schmutz gezogen wurde.
Die Mutter kränkelte zu dieser Zeit schon, und Denise blieb, aber als die Mutter bald darauf starb, zog Denise die Konsequenzen und verließ ihr Elternhaus, als es nochmals zu einer schweren Auseinandersetzung mit ihrem Vater gekommen war.
Sie wurde Tänzerin, und was für eine! Sie filmte in Amerika und lernte den Millionär Gary Dernell kennen. Es war eine stürmische Liebe zwischen zwei eigenwilligen Menschen, aber während Denise ernsthaft an ihrer Karriere arbeitete mit dem Ziel, als Choreographin tätig sein zu können, wenn sie für die Bühne zu alt geworden sei, verfiel Gary in ein haltloses Leben, wohl schon manchmal von Schmerz- und Angstzuständen geplagt, hinter denen er selbst noch keine schwere Krankheit vermutete, aber er tyrannisierte Denise und zeigte sich oft so brutal in maßloser und dazu unbegründeter Eifersucht, daß sie kurzerhand die Scheidung einreichte. Sie stellte keine Ansprüche, sie vermied alles, damit keine schmutzige Wäsche gewaschen wurde, und Garys Familie, die Denise nie gemocht hatte, war zufrieden. Jill war zwei Jahre alt, als die Scheidung vollzogen war, Denise verzichtete auch für sie auf Unterhalt, und niemand legte Wert darauf, das Kind zu behalten, auch Gary selbst nicht, der dann zusehends verfiel und bald darauf an Leberkrebs starb.
Denise erfuhr es erst Wochen später durch Bekannte, die aus Amerika kamen. Sie hatte schon ein Engagement in Paris und konnte sich für Jill ein Kindermädchen leisten.
Auf ihrem Weg nach oben ließ sie sich nicht beirren, und mit dreißig Jahren hatte sie es geschafft, eine der bekanntesten Choreographinnen in Europa zu sein. In Amerika hätte sie auch große Chancen gehabt, aber sie wollte nicht mehr dorthin, um ja nicht wieder mit Garys Familie in Berührung zu kommen, denn mittlerweile hatte sie erfahren, daß Gary mehr Schulden als Geld hinterlassen hatte und die Familie das Gerücht verbreitete, Denise hätte ihn ruiniert.
Große Sprünge konnte sie jetzt noch nicht machen, aber eines Tages nahm ihr Bruder Philipp Verbindung zu ihr auf.
Er hatte schon mehrmals versucht, einen ständigen Kontakt herzustellen, aber Denise hatte nicht gewollt, daß er dadurch mit seinem Vater über Kreuz kommen würde.
Philipp besuchte sie in Paris, und die kleine Jill wurde rasch mit ihm vertraut. Denise erfuhr, daß ihre Mutter ihr zwei Drittel ihres persönlichen Vermögens hinterlassen hatte, das ihr am dreißigsten Geburtstag ausgezahlt werden sollte, und nun konnte sie ihren Anspruch darauf geltend machen.
Denise sagte, daß sie davon keine Ahnung hätte, und Philipp meinte, daß der Vater dies, kraft seiner Beziehungen, wohl verhindert hätte.
Denise dachte jetzt auch an ihr Kind, und sie dachte auch daran, daß ihr ja auch mal etwas passieren könnte, und sie machte ihren Anspruch geltend. Es war das letzte Mal, daß sie ihren Vater sah, einen engstirnigen überheblichen Mann, der seiner Enkelin keinen Blick schenkte, so daß Jill danach fragte, wer der böse Mann denn gewesen sei. Es war hart für Denise, aber es machte sie noch härter den Männern gegenüber, die um sie warben. Affären konnte man ihr wahrlich nicht nachsagen, die wurden ihr schäbigerweise nach ihrem schrecklichen Tod noch angedichtet, weil solche Frau eben doch Beziehungen zu Männern haben müsse, oder gar zu Frauen?
Ihr Anwalt, der auch ihr Vermögen verwaltete, verklagte ein paar Reporter, die es besonders toll getrieben hatten, und erreichte dann, daß tatsächlich wieder eisiges Schweigen herrschte, wenigstens über Denise, die ihr Grab nun schon auf dem Waldfriedhof gefunden hatte. Aber dann war ja da auch noch Jill, die Waise, die jetzt nicht nur das Vermögen ihrer Großmutter und Mutter erben sollte, sondern auch noch eine Lebensversicherung, die Denise für sie abgeschlossen hatte, über eine Million, bei Unfall das Doppelte.
Aber wer sollte nun die Vormundschaft für Jill übernehmen? Es waren ja Verwandte väterlicherseits und mütterlicherseits vorhanden, und für das Gericht spielte es da keine Rolle, daß Denise all die Jahre allein für ihr Kind gesorgt hatte. Wie es um Jills kindliche Seele stand, das interessierte die Gesetzgeber auch nicht. Das wußten nur die Ärzte, die Jill immer noch betreuten, und dazu gehörte nun auch Dr. Daniel Norden.
Jill glaubte es noch immer nicht, daß ihre Mami nicht wiederkommen würde. Sie war sogar in der Lage, die Schrecksekunden zu schildern, auch die ganze Fahrt, die sie mit Denise von Düsseldorf bis zu dem Unfall zürückgelegt hatte.
Sie wußte genau, wo sie Pausen gemacht, was sie unterwegs gegessen hatten.
»Und dann sind wir plötzlich gerutscht, und Mami hat gesagt, ich soll mich zusammenkauern wie im Flugzeug, aber da hat es schon gekracht. Ich glaube nicht, daß sie tot ist, sie war doch noch so lustig.«
Und wie sollte man dieses Kind trösten, ein Kind, das mit der Mutter, obgleich sie so im Beruf angespannt war, doch so verbunden war?
Die Norden-Kinder sollten mithelfen. Aber es dauerte geraume Zeit, bis Jill bereit war, mit ihnen zu spielen, bis sich dieser Krampf löste, der ihr Kinderherz zusammenpreßte. Dr. Norden und seine Frau Fee wußten bereits, daß nun der Kampf um die reiche kleine Erbin beginnen würde, denn da waren sich auch die amerikanischen Verwandten nicht zu fein, die sich bisher nie um Gary Dernells Tochter gekümmert hatten. Als sie erfuhren, daß Denise tödlich verunglückt war, und das erfuhren sie durch ein amtliches Schreiben, hatten sie sich erst abwartend verhalten. Erst als Garys Kusine Ethel, die Beziehungen nach München hatte und auch immer mal mit Informationen über Denise gespeist worden war, erfuhr, daß die kleine Jill eine reiche Erbin war, da schmiedete man bereits Pläne, wie man die Vormundschaft bekommen könnte.
Das war die Vorgeschichte mit Wahrheitsgehalt, während sonst wieder die wildesten Märchen produziert wurden, die auch Simon Gregorius nicht vorenthalten wurden. Aber er lernte seinen Sohn Philipp nun von einer Seite kennen, die ihm doch den Wind aus den Segeln nahm.
»Ich will dir mal etwas klipp und klar sagen, Vater«, erklärte Philipp, »Jill ist Denises Kind, und sie hat es allein aufgezogen. Sie hat dich nie um eine Hilfe gebeten, und sie hat bewiesen, daß sie nicht auf einen reichen Mann angewiesen ist, wie du damals sagtest, als sie Gary Dernell geheiratet hat. Sie hat Erfolge zu verzeichnen und genug Geld verdient, um mich, deinen Sohn, in den Schatten zu stellen, obgleich du immer tönst, daß ich ja dein Erbe bin. Aber was habe ich