Es kam anders, als sie dachten: Dr. Norden Bestseller 295 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration.
Ulrike Lorenz machte einen äußerst erbosten Eindruck, als sie in der Praxis von Dr. Norden erschien. So etwas war man von ihr sonst nicht gewohnt. Franzi, die junge Sprechstundenhilfe, die noch in der Ausbildung war, aber ihre Sache sehr gut machte, guckte gleich ganz verschreckt. Auch Dorthe Harling, die Sekretärin und Allroundkraft, war bestürzt. »Was ist denn los, Ulli?« fragte sie. Sie kannten sich schon länger, denn Ulrike wohnte im Nachbarhaus, und sie hatte es sich gewünscht, Ulli genannt zu werden. »Ich muß unbedingt Dr. Norden sprechen, bevor er seinen Krankenbesuch bei Onkel Jonas macht. Ich glaube jetzt wirklich, daß es bei ihm nicht mehr richtig tickt.« Es war gewiß nicht Ullis Art, so über ihren Onkel zu sprechen, also mußte da etwas vorgefallen sein, was diese ebenso energische wie hübsche junge Dame in Rage brachte. Die Sprechstunde war fast zu Ende, das wußte Ulli freilich, denn Dr. Norden war schon lange genug der Hausarzt, und für sie auch so etwas wie ein Seelendoktor, denn leicht hatte es Ulli nicht mit ihrem Onkel. Dr. Norden hatte Verständnis für Ulli, denn während der letzten Wochen hatte sie den schwererkrankten Jonas Lorenz betreut, und das war keine leichte Aufgabe gewesen. Jonas Lorenz war Besitzer mehrerer Hotels, aber das Kurhotel Lorenzhof, in herrlicher Vorgebirgslage und bestens ausgestattet, hatte er bis zu seiner Erkrankung selbst geführt. Da hatte er sich auch nie breitschlagen lassen, seine Gesellschafter zu beteiligen. Der Lorenzhof war seit Generationen im Familienbesitz. Natürlich war es mit der Zeit den modernen Anforderungen angepaßt worden, aber das Stammhaus war ein Kulturdenkmal, daran gab es nichts zu rütteln.
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Buchvorschau
Es kam anders, als sie dachten - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller
– 295 –
Es kam anders, als sie dachten
Patricia Vandenberg
Ulrike Lorenz machte einen äußerst erbosten Eindruck, als sie in der Praxis von Dr. Norden erschien. So etwas war man von ihr sonst nicht gewohnt. Franzi, die junge Sprechstundenhilfe, die noch in der Ausbildung war, aber ihre Sache sehr gut machte, guckte gleich ganz verschreckt. Auch Dorthe Harling, die Sekretärin und Allroundkraft, war bestürzt.
»Was ist denn los, Ulli?« fragte sie. Sie kannten sich schon länger, denn Ulrike wohnte im Nachbarhaus, und sie hatte es sich gewünscht, Ulli genannt zu werden.
»Ich muß unbedingt Dr. Norden sprechen, bevor er seinen Krankenbesuch bei Onkel Jonas macht. Ich glaube jetzt wirklich, daß es bei ihm nicht mehr richtig tickt.«
Es war gewiß nicht Ullis Art, so über ihren Onkel zu sprechen, also mußte da etwas vorgefallen sein, was diese ebenso energische wie hübsche junge Dame in Rage brachte.
Die Sprechstunde war fast zu Ende, das wußte Ulli freilich, denn Dr. Norden war schon lange genug der Hausarzt, und für sie auch so etwas wie ein Seelendoktor, denn leicht hatte es Ulli nicht mit ihrem Onkel. Dr. Norden hatte Verständnis für Ulli, denn während der letzten Wochen hatte sie den schwererkrankten Jonas Lorenz betreut, und das war keine leichte Aufgabe gewesen.
Jonas Lorenz war Besitzer mehrerer Hotels, aber das Kurhotel Lorenzhof, in herrlicher Vorgebirgslage und bestens ausgestattet, hatte er bis zu seiner Erkrankung selbst geführt. Da hatte er sich auch nie breitschlagen lassen, seine Gesellschafter zu beteiligen. Der Lorenzhof war seit Generationen im Familienbesitz. Natürlich war es mit der Zeit den modernen Anforderungen angepaßt worden, aber das Stammhaus war ein Kulturdenkmal, daran gab es nichts zu rütteln. Auch für den sonst so geschäftstüchtigen Jonas Lorenz nicht.
Ulrike hatte das Hotelfach studiert und wirklich von der Pike auf gelernt, natürlich auf dem Lorenzhof, mit dem sie verwachsen war. Es war ihr gar nicht leichtgefallen, nach München zu kommen, als der Onkel schwer erkrankt war.
Ulli, wie sie im ganzen Viertel gerufen wurde, war in München aufgewachsen, und ganz in der Nähe von Dr. Nordens Praxis.
Ihre Mutter war gestorben, als sie fünfzehn war, und ihr Vater hatte danach eine leitende Position in Norddeutschland übernommen, aber sie hatte nicht weggehen wollen von München. Hier ging sie zur Schule und hatte ihre Freundinnen, und außerdem hing sie an Onkel Jonas, der ihr Vorbild war.
Sie hatte das Hotelfach aus Neigung gewählt, aber auch deshalb, weil sie am Lorenzhof ebenfalls hing. Und nun schien das der Onkel plötzlich nicht mehr zur Kenntnis zu nehmen, wie Ulli Dr. Norden empört berichtete.
»Alexander soll den Lorenzhof übernehmen«, sprudelte es über ihre Lippen. »Ich soll ihn einweisen und dann nacheinander in den übrigen Hotels Erfahrungen sammeln. Was sagen Sie dazu?«
»Daß Ihr Onkel Sie sehr schätzt und Ihnen sehr viel zutraut«, erwiderte Dr. Norden ruhig.
»Mein Cousin Alexander hat doch von Tuten und Blasen keine Ahnung. Er macht alles nur mit leichter Hand und seinem Charme, mit dem er die Damenwelt beglückt. Ich weiß nicht, was Onkel Jonas da in den Sinn gekommen ist.«
Sie war nicht nur wütend, sie war auch traurig, Dr. Norden spürte das. Er begriff auch nicht ganz, was das bedeuten sollte, wußte er doch, daß Jonas Lorenz seine Nichte über alles liebte.
»Aber Alexander hat doch Betriebswirtschaft studiert«, sagte er, »dumm ist er ja nicht, Ulli. Vielleicht will der Onkel ihm eine Chance geben, und Sie sollen ein Auge auf ihn haben.«
»Auf diesen arroganten Schnösel? Er ignoriert mich doch völlig. Er ist bestimmt nur aufs Erben aus.«
»Aber so rasch wird Jonas Lorenz nicht sterben, Ulli. Er geht jetzt sechs Wochen auf die Insel der Hoffnung und wird sich dann auch wieder um die Geschäfte kümmern.«
»Können Sie nicht mal mit ihm sprechen? Ich will es nicht, aber auf Sie hält er große Stücke. Er soll um Gottes willen nicht denken, daß ich alles an mich reißen will, um mich lieb Kind bei ihm zu machen, aber Alexander hält nichts von ernsthafter Arbeit. Er spekuliert auf eine reiche Heirat. Das sagt er ja auch. Dumm ist er nicht, aber faul.«
Dr. Norden mußte unwillkürlich lächeln. Für Ulli waren alle faul, die nicht von früh bis spät arbeiteten, sich an eine bestimmte Arbeitszeit hielten und auch noch das Leben genießen wollten. Ulli war da ganz anders.
»Ich werde mal vorsichtig anklopfen«, sagte Daniel Norden, als Ulli ihr Herz ausgeschüttet hatte, »aber Sie kennen ja Ihren Onkel. Wenn er sich was in den Kopf setzt, führt er es auch aus.«
»Diesmal kann ich es nur bedauern«, sagte Ulli. »Alexander wird den Lorenzhof in Grund und Boden wirtschaften.«
»Aber Sie können doch aufpassen, Ulli«, sagte Dr. Norden.
»Nein, ich suche mir eine andere Stellung. Ich lasse mir so einen wie Alexander nicht vor die Nase setzen!«
Drei Brüder waren auf dem Lorenzhof aufgewachsen. Jonas war der Älteste. Er hatte nicht geheiratet. Er hätte dazu keine Zeit gehabt, sagte er später, weil er nach dem Tod des Vaters, der am Biß eines tollwütigen Hundes gestorben war, für die Mutter und die beiden jüngeren Brüder hätte. sorgen müssen.
Manche sagten, daß er aber deswegen nicht geheiratet hätte, weil er die Wallenreiter-Rona nicht bekommen hätte, die mit einem amerikanischen Offizier weggegangen war.
Peter, der drei Jahre jüngere, hatte nach Österreich geheiratet, die Hotelierstochter Traudel Bernreuter, und er hatte eine glänzende Partie gemacht. Da waren auch drei Söhne geboren worden und eine Tochter noch als Nachzüglerin. Alexander war der dritte Sohn, und er war gar nicht seßhaft wie seine älteren Brüder. Geschäftlich hatte sich Jonas mit Peter zusammengetan, und sie hatten auch die Hotelkette in ertragreichen Feriengebieten gemeinsam aufgebaut, aber den Lorenzhof ließ Jonas da nicht einbeziehen, und Peter nahm es ihm nicht übel. Der jüngste Lorenz-Sohn war ein Intellektueller geworden. Schon als Kind ein Tüftler, hatte er später nichts anderes gekannt, als zu forschen, zu erfinden, und auch er hatte es weit gebracht. So gesehen, brauchte niemand dem anderen gram zu sein, nur Gregor, dem Jüngsten, behagte es nicht, daß seine einzige Tochter unbedingt auch ins Hotelfach gewollt hatte und es auch durchsetzte. Aber Dickschädel waren die Lorenzens alle, Ulli eingeschlossen.
Was Jonas betraf, konnte auch
Dr. Norden ein Liedchen davon singen.
*
Als Ulli heimkam, sie hatte ihrem Onkel vorgeschützt, daß sie einkaufen müsse, wurde sie von ihm schon ungeduldig erwartet. Seit Jonas krank war, wohnten sie in Ulrikes Elternhaus. Wegen der Ärzte hatte Jonas hierbleiben wollen, aber seine Gedanken waren die meiste Zeit auf dem Lorenzhof, der sich als Kurhotel weit über die Grenzen Bayerns einen Namen gemacht hatte.
»Da scheint doch wieder mal gar nichts zu klappen«, sagte Jonas verärgert zu Ulli. »Du mußt zum Lorenzhof fahren, Ulli.«
»Ich kann dich doch nicht allein lassen«, erwiderte sie, »und wieso schickst du Alexander nicht hin, da er doch sowieso der Chef werden soll.«
Er warf ihr einen Seitenblick zu, preßte kurz die Lippen aufeinander und sagte dann heiser: »Ich kann ihn nicht erreichen. Er ist zur Zeit in Monte Carlo, wie mir Traudel sagte.«
»Soso«, sagte Ulli nur. »Ich mache dir jetzt erst mal dein Schnitzel.«
»Ich habe keinen Hunger.«
»Heute morgen hast du gesagt, daß du Appetit auf Schnitzel hast, ich habe welche geholt, und nun wirst du auch essen«, erklärte sie energisch.
»Wenn ich nur selber fahren könnte!« stöhnte er.
»Das kannst du eben nicht, und ich kann dich auch nicht allein lassen. Also muß der liebe Herr Kerbler allein zurechtkommen, er weiß doch sonst immer alles besser.«
»Warum bist du eigentlich so gereizt, Ulli?« fragte Jonas seltsam sanft.
»Ich bin nicht gereizt, ich will nur nicht immer Lückenbüßer sein oder für Alexander gar Kindermädchen. Ich werde mir eine Stellung suchen, die meinen Erwartungen und meinen Kenntnissen entspricht, damit du gleich Bescheid weißt, Onkel Jonas.«
Er sah sie fast entsetzt an. »Aber das verstehe ich erst recht nicht, Ulli. Du bist doch erst zweiundzwanzig, und ich biete dir doch alle Möglichkeiten.«
»Alexander ist fünfundzwanzig und hat überhaupt keine praktische Erfahrung«, sagte sie. »Gut, ich bin drei Jahre jünger, aber ich bin mit allem vertraut.«
»Aber Peter ist mein Partner, und er bittet darum, daß Alexander sich in eine entsprechende Position einarbeitet.«
Ulli lachte spöttisch auf. »Dieser Faulpelz! Du bist doch sonst nicht so tolerant, Onkel Jonas«, sagte sie. »Nein, meinetwegen kann er sich einarbeiten, aber ohne mein Dazutun. Die Arbeit bliebe nämlich an mir hängen, und er würde herumflanieren und den King spielen. So, ich habe gesagt, was ich denke. Du weißt Bescheid, und jetzt mache ich das Essen.«
Er blieb ein bißchen sehr erschrocken zurück und dachte dann angestrengt nach. So hatte er sich Ullis Reaktion nicht vorgestellt. Er