Was geschah in jener Nacht?: Der neue Landdoktor 42 – Arztroman
Von Tessa Hofreiter
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Über dieses E-Book
Die Serie zeichnet sich gegenüber dem Vorgänger durch ein völlig neues Konzept aus. Es wird noch größerer Wert auf Romantik, Spannung und sich weiterdichtende, zum Leben erwachende Romanfiguren, Charaktere und Typen gelegt.
Eines darf verraten werden: Betörend schöne Frauen machen dem attraktiven Landdoktor schon bald den Hof. Und eine wirkliche Romanze beginnt...
Die Morgennebel über den Wiesen hatten sich gelichtet, und die hügelige Landschaft mit ihren Wäldern leuchtete in einem satten Grün. Die junge Frau, die auf der Terrasse des Forsthauses von Bergmoosbach saß, seufzte zufrieden. »Was für ein schöner Tagesbeginn«, sagte sie zu den drei Hunden, die sich neben ihr ausgestreckt hatten. »Genau das Richtige für meinen ersten Tag als Vertretung in der Tierarztpraxis Wagenfurth.«
Die hübsche junge Frau mit den kurzen, hellblonden Haaren und den grünlichen Augen hieß Henriette, und sie war die Schwester der Tierärztin Doktor Friederike Wagenfurth, die seit einiger Zeit in Bergmoosbach praktizierte. Friederike hatte den Förster Lorenz Breitner geheiratet, und das Paar befand sich auf seiner nachgeholten Hochzeitsreise, zu der vorher nicht die Zeit gewesen war. In diesen Wochen waren sie auf einem Segeltörn auf der Ostsee unterwegs. Henriette, die ebenfalls Tierärztin war, hatte in dieser Zeit die Praxisvertretung übernommen und wohnte im Forsthaus.
Die junge Frau sprang auf, räumte Müslischale und Kaffeebecher in die Küche und verabschiedete sich von den Hunden, die zum Haushalt ihrer Schwester gehörten. »Macht's gut, ihr Rasselbande, und hütet mir Haus, Hof und die Auffangstation für Wildtiere. In der Mittagspause bin ich wieder bei euch.«
Henriette fuhr voller Vorfreude auf ihre Arbeit nach Bergmoosbach hinein. Sie war nicht völlig fremd hier, denn seit der Hochzeit von Rieke und Lorenz kannte sie das Dorf und seine Bewohner. Ihre Schwester hatte ihre Praxis am Marktplatz in einem weißen Haus mit dem typischen hölzernen Balkon im oberen Stockwerk, vor dem rote Geranien und dunkelblaue Lobelien leuchteten. Henriette
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Buchvorschau
Was geschah in jener Nacht? - Tessa Hofreiter
Der neue Landdoktor –42–
Was geschah in jener Nacht?
Henriette hatte alles gesehen ...
Tessa Hofreiter
Die Morgennebel über den Wiesen hatten sich gelichtet, und die hügelige Landschaft mit ihren Wäldern leuchtete in einem satten Grün. Die junge Frau, die auf der Terrasse des Forsthauses von Bergmoosbach saß, seufzte zufrieden. »Was für ein schöner Tagesbeginn«, sagte sie zu den drei Hunden, die sich neben ihr ausgestreckt hatten. »Genau das Richtige für meinen ersten Tag als Vertretung in der Tierarztpraxis Wagenfurth.«
Die hübsche junge Frau mit den kurzen, hellblonden Haaren und den grünlichen Augen hieß Henriette, und sie war die Schwester der Tierärztin Doktor Friederike Wagenfurth, die seit einiger Zeit in Bergmoosbach praktizierte. Friederike hatte den Förster Lorenz Breitner geheiratet, und das Paar befand sich auf seiner nachgeholten Hochzeitsreise, zu der vorher nicht die Zeit gewesen war. In diesen Wochen waren sie auf einem Segeltörn auf der Ostsee unterwegs. Henriette, die ebenfalls Tierärztin war, hatte in dieser Zeit die Praxisvertretung übernommen und wohnte im Forsthaus.
Die junge Frau sprang auf, räumte Müslischale und Kaffeebecher in die Küche und verabschiedete sich von den Hunden, die zum Haushalt ihrer Schwester gehörten. »Macht’s gut, ihr Rasselbande, und hütet mir Haus, Hof und die Auffangstation für Wildtiere. In der Mittagspause bin ich wieder bei euch.«
Henriette fuhr voller Vorfreude auf ihre Arbeit nach Bergmoosbach hinein. Sie war nicht völlig fremd hier, denn seit der Hochzeit von Rieke und Lorenz kannte sie das Dorf und seine Bewohner. Ihre Schwester hatte ihre Praxis am Marktplatz in einem weißen Haus mit dem typischen hölzernen Balkon im oberen Stockwerk, vor dem rote Geranien und dunkelblaue Lobelien leuchteten. Henriette parkte ihren Wagen in einer Seitenstraße und ging rasch zur Praxis zurück. Ehe sie die Haustür aufschloss, blieb sie auf den Eingangsstufen stehen und ließ den Blick über die Nachbarschaft schweifen.
Es war ein idyllischer, mit Kopfsteinen gepflasterter Platz, in dessen Mitte sich ein alter, quadratischer Springbrunnen befand. Etliche Läden umgaben ihn, es gab ein kleines Eiscafé, einen Kiosk, und am Wochenende war Markttag. Dieser Platz in der Mitte des Dorfes war ein beliebter Treffpunkt, der von Einheimischen und Touristen gleichermaßen geschätzt wurde. Dort durften tagsüber und nachts keine Autos fahren, und wegen des holprigen Pflasters waren nur wenig Radfahrer unterwegs.
Jetzt allerdings war es früh am Morgen, die umliegenden Geschäfte und Restaurants mussten beliefert werden, und auf dem Marktplatz waren etliche Autos unterwegs. Kurz vor Unterrichtsbeginn nahmen auch etliche Schüler auf ihren Rädern diesen Weg, und es herrschte reger Betrieb.
Plötzlich nahm Henriette einen silbergrauen Weimaraner wahr, der neben den Eingangsstufen aufgetaucht war und sie abwartend anschaute. »Hallo, du«, sagte Henriette freundlich zu ihm, »willst du zu mir? Es sieht so aus, als ob du mein erster Patient bist.« Sie schaute sich suchend nach dem Besitzer um, sah aber niemanden, der sich der Tierarztpraxis näherte oder zu dem der Hund gehören könnte. Der einzige, der ihr ins Auge fiel, war ein Mann auf der anderen Seite des Marktplatzes. Er war groß und dunkelhaarig, trug eine hellgraue Jeans und einen leichten, schwarzen Pullover mit V-Ausschnitt über einem weißen T-Shirt. Um die Schultern hatte er lässig eine lederne Hundeleine liegen, die zu dem Lederhalsband des Weimaraners passte. In der Hand hielt er ein Smartphone, dem seine ganze Aufmerksamkeit galt.
Und dann geschah alles im Bruchteil eines Augenblicks: auf der anderen Seite des Marktplatzes schaute der Mann von seinem Smartphone hoch, rief befehlend: »Fargo! Hierher!«, der Hund setzte sich sofort mit großen Sprüngen in Bewegung und lief mitten in den Verkehr. Er kollidierte mit einem Fahrrad, das sich von der Seite näherte. Man hörte eine panische Mädchenstimme »Nein!« schreien, ein herzzerreißendes Aufjaulen und das metallische Scheppern, mit dem das Rad auf dem Pflaster aufschlug.
Für eine Sekunde herrschte lähmende Stille, dann rief eine entsetzte Stimme: »Jesses, es ist das Doktormadl!«
Henriette rannte auf das Chaos zu, das sich auf den Pflastersteinen ausbreitete: ein blutendes junges Mädchen, ein jammernder Hund, Schulbücher, die aus dem Rucksack gefallen waren, und aufgeregte Erwachsene.
»Hast du dich am Kopf verletzt?«, war ihre erste Frage an das Mädchen, dem Blut über das Kinn lief.
Emilia Seefeld schüttelte leicht den Kopf. »Nein, Lippe gebissen«, nuschelte sie.
»Hier, nimm das.« Der Mann, der den Hund gerufen hatte, war leichenblass und drückte Emilia ein Paket Taschentücher in die Hand. »Es tut mir so leid, es tut mir so unendlich leid.«
Eine ältere Frau legte den Arm um die Schultern des jungen Mädchens. »Dein Vater ist schon unterwegs, Madl, alles wird gut.«
»Afra, es wäre eigentlich gar nicht nötig gewesen, dass Papa kommt«, antwortete Emilia undeutlich. Ihre Unterlippe war schon stark geschwollen und blutete. »Ich kann doch in die Praxis laufen.«
»Das lass mal den Papa entscheiden«, antwortete Afra resolut. Sie half dem jungen Mädchen, das Blut von den aufgeschlagenen Knien und der aufgeschürften Hand zu tupfen, und hielt gleichzeitig Ausschau nach Doktor Seefeld.
Henriette sah, dass das menschliche Unfallopfer gut betreut wurde und konnte sich dem Hund zuwenden. »Na, mein Guter, wo hat es dich erwischt?«, fragte sie mit ruhiger Stimme. Der Weimaraner stand auf allen vier Pfoten, offensichtlich war keines seiner Beine gebrochen. Aber er atmete flach, und Bewegung schien ihn zu schmerzen.
»Wenn das Mädchen in ärztlicher Obhut ist, gehen wir in meine Praxis. Ihr Hund muss sofort geröntgt werden«, sagte sie zu dem Mann, der Fargo gerufen hatte.
»Was?« Er schaute sie irritiert an. Seine ganze Aufmerksamkeit galt dem verletzten Mädchen. »Das ist nicht mein Hund.«
Henriette runzelte die Stirn. »Aber haben Sie ihn nicht zu sich gerufen?«
»Ja, schon, aber Fargo gehört einem Freund von mir. Ich passe heute nur auf ihn auf.«
»Das haben Sie ja ganz toll hingekriegt.« Henriette schaute ihn finster an. »Sie lassen einen fremden Hund von der Leine, verlieren ihn aus den Augen und rufen ihn dann spontan zu sich? Ohne auf die Straße zu achten? Glauben Sie, der Hund guckt vorher nach links und rechts, um zu prüfen, ob ein Auto kommt?«
Der Mann wollte antworten, aber in diesem Augenblick hielt das Auto des Landdoktors, und Sebastian Seefeld stürzte zu seiner Tochter. »Emilia! Was ist passiert?« Er war sehr blass, und man konnte dem Vater seinen Schrecken ansehen.
Seine Tochter sah tatsächlich sehr mitgenommen aus. Da sie noch keine Gelegenheit gehabt hatte, das Blut vom Kinn und den Schürfwunden abzuwaschen, hatte das Wischen mit den Papiertüchern rote Schlieren hinterlassen. Emilia lächelte schief. »Nicht aufregen, Papa«, nuschelte sie. »Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht.«
»Ich kann gar nicht sagen, wie leid es mir tut«, wandte sich der Mann an den Arzt. »Es war mein Fehler, ich hätte den Hund nicht rufen dürfen.«
»Schon gut, darüber sprechen wir später«, wehrte Sebastian ab. »Jetzt kümmere ich mich um meine Tochter.«
Schnell hatte er sich davon überzeugt, dass Emilia nur Hautverletzungen durch Abschürfungen erlitten hatte. Das konnte in seiner Praxis behandelt werden und würde problemlos heilen.
»Wir fahren jetzt nach Hause, dann kannst du versorgt werden und dich umziehen. Für heute schreibe ich dir eine Entschuldigung für die Schule«, sagte Sebastian. Er sammelte die verstreuten Bücher in den Rucksack und legte ihn in seinen Wagen.
»Und der arme Hund? Ich habe ihn doch angefahren«, erwiderte Emilia besorgt.
»Um den kümmere ich mich, du musst dir keine Sorgen machen«, beruhigte Henriette sie.
»Sie sagen mir Bescheid, was mit ihm ist? Sie kümmern sich gleich um ihn?«, erkundigte sich Emilia, während ihr Vater sie ins Auto schob.
»Natürlich, und um deine Sachen auch«, antwortete Henriette freundlich.
Das Auto des Landarztes fuhr vorsichtig über den geschäftigen Marktplatz, und die junge Tierärztin schaute sich unter den Menschen um, welche den Unfallort umstanden. »Sie bringen jetzt bitte das Fahrrad zum Doktorhaus«, sagte sie energisch zu dem Mann, der ihr am nächsten stand.
»Was, ich?« Der Mann schaute sie perplex an. Er trug Jeans und ein gemustertes Hemd, das zu eng für seine leicht dickliche Figur war. Die dunkelblonden Haare waren im Nacken zu einem dünnen Pferdeschwanz zusammengebunden. Alles in allem wirkte er neugierig und nicht besonders sympathisch, aber er war in Reichweite. Seine hellblauen Augen starrten die Tierärztin überrascht an. »Wieso denn ich?«
»Wieso denn nicht? Hier kennt doch jeder jeden, und eben haben Sie sehr interessiert zugeschaut, dann können Sie sich auch nützlich machen. Emilia braucht ihr Rad, also bringen Sie es ihr, oder haben Sie jetzt keine Zeit?«
»Was? Ich, doch, ich kann das machen«, stotterte er und hob das Rad vom Pflaster auf.
»Das ist recht, Wendelin, dann weißt du mit deiner Zeit etwas Sinnvolles zu tun«, warf die Kioskbesitzerin Afra ein.
»Und nun zu Ihnen«, wandte sich Henriette