Eine Generation der Hoffnungslosen: Eine Auseinandersetzung zwischen atheistischer Weltanschauung und christlichem Glauben
Von Heinz Böhm
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Über dieses E-Book
Sicher schrieben sie nur, was »in der Luft lag«. Aber auf der anderen Seite haben sie Denken und Ausbildung z. B. an unseren Universitäten auf Generationen hin entscheidend beeinflusst.
Normalerweise hat man Mühe, geistesgeschichtliche Zusammenhänge zu verstehen. Fachleute schreiben eben allzu oft für Fachleute und nicht für »Normalbürger«. Bei Böhm jedoch macht es Freude, den Zusammenhängen auf die Spur zu kommen. Er stellt die Leitmotive der genannten Persönlichkeiten dar, zitiert aus ihrem Wer und misst ihre aussagen an der biblischen Aussage der Hoffnung.
Kein Mensch kann ohne Hoffnung leben. Stellvertretend für viele, die eine biblische Position der hoffnung vertreten, wird der Theologe Paul Schütz vorgestellt. Sein Denken und Reden von der Hoffnung gründet sich auf die Aussagen der Bibel. Das ist die Basis, die im Leben und im Sterben trägt.
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Buchvorschau
Eine Generation der Hoffnungslosen - Heinz Böhm
Eine Generation der Hoffnungslosen
Eine Auseinandersetzung zwischen atheistischer
Weltanschauung und christlichem Glauben
Dichter: Ernest Hemingway, Jean Paul Sartre, Albert Camus; Philosophen: Ludwig Feuerbach, Karl Marx, Ernst Bloch; Theologe: Paul Schütz
Heinz Böhm
Impressum
© 2015 Folgen Verlag, Bruchsal
Autor: Heinz Böhm
Cover: Peter Voth, Düren
Lektorat: Mark Rehfuss, Schwäbisch Gmünd
ISBN: 978-3-944187-88-4
Verlags-Seite: www.folgenverlag.de
Kontakt: info@folgenverlag.de
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Inhalt
Impressum
Inhalt
1. Teil - Horizonte der Sinnlosigkeit
Ernest Hemingway
Der Weg nach nirgendwo …
Der alte Mann und das Meer
Jean Paul Sartre
Zur Freiheit verurteilt
Humanismus ohne Gott
Freiheit und Wahl
Wahl und Verantwortung
Der Ekel
Bei geschlossenen Türen
Albert Camus
Klar denken und nicht hoffen
In der Nacht des Absurden
Der Mythos von Sisyphos
Der Fremde
Der Mensch in der Revolte
Die Pest
2. Teil - Gott als Hindernis der Hoffnung
Ludwig Feuerbach
Gott – Wunschbild des Menschen
Feuerbachs Lutherkritik
Die Gestalt Jesu aus der Sicht Feuerbachs
Der Unterschied zwischen Information und Erkenntnis
Karl Marx
Religion – Opium des Volkes
Zwei Klassen
Abhängigkeit durch Gnade
Die Schlagzeile vom Opium des Volkes
Falsche Motive der Religion
Arbeit als Recht, aber nicht als Rechtfertigung
3. Teil - Ernst Bloch
Der Mensch, das hoffende Wesen
Das Prinzip Hoffnung
Die heile Welt aus dem Möglichen
Mose als Stifter des Exodusgottes
Jesus und der Vater
Wer war Jesus wirklich?
Ein neuer Gott entsteht
Drei Wunschmysterien
Das Ausgelassene bei Ernst Bloch
Des Menschen Freude an Gott
Die unterschlagene Herrlichkeit Jesu
4. Teil - Paul Schütz
Das Charisma Hoffnung
Das Charisma ist verloren gegangen
Ja und nein zur theologischen Wissenschaft
Die Folgen des erloschenen Charismas
Erloschenes Charisma als Gericht
Das Geheimnis der »Leisen Stimme«
Keine Gemeinde ohne die »Leise Stimme«
Die »Leise Stimme« und die Heilige Schrift
Das isolierte Kreuz
Die »Rechtfertigung« des Gekreuzigten
Das eigentliche Ärgernis
Nichts Neues an der Auferstehungskritik
Der falsche Bezug zur Auferstehung Jesu
Gibt es ein Weiterleben nach dem Tode?
Zwischen Enttäuschung und Hoffnung
Die ausgebliebene Wiederkunft Jesu
Der biblisch verstandene Begriff Parusia
Entsprachlichung ist Entwirklichung
Nur der Heilige Geist spricht Leben zu
Anmerkungen
I. Teil
Horizonte der Sinnlosigkeit
Durch die Kraft der Sprache gelingt es den drei Dichtern Hemingway, Sartre und Camus, die Horizonte der Sinnlosigkeit als drohende Wände in unserer Zeit aufzuzeigen.
Da werden Schicksale geschildert, zufällig aus dem Nichts fallend, erloschenen Sternen gleich, von niemandem gelenkt, gesteuert oder beobachtet. Selbst hinter glücklichen Stunden ragt die Rätselwand des Zufalls auf, und besonders bei Hemingways Erzählungen neigt sich diese unheimliche Wand immer zum Verderben des Menschen.
Eines darf nicht übersehen werden, das gilt sowohl für die Dichter als auch für die Philosophen, dass Dichtung und Leben größtenteils mit ihren eigenen Lebenserfahrungen aufs Engste verwoben sind. Jean Paul Sartre hat in dieser Hinsicht ein bemerkenswertes Zeugnis hinterlassen. In seinen Büchern und Dramen lässt er keinen Zweifel darüber aufkommen, dass für ihn selbst der göttliche Horizont ausgelöscht ist, gleichwohl aber schreibt er in seinen »Wörtern«, wie er sich der Gegenwart Gottes einmal hautnah bewusst wurde. Er schreibt:
»Ein einziges Mal hatte ich das Gefühl, es gäbe Ihn. Ich hatte mit Streichhölzern gespielt und einen kleinen Teppich versengt; ich war im Begriff, meine Untat zu vertuschen, als plötzlich Gott mich sah. Ich fühlte Seinen Blick im Innern meines Kopfes und auf meinen Händen; ich drehte mich im Badezimmer bald hierhin, bald dorthin, grauenhaft sichtbar, eine lebende Zielscheibe. Mich rettete meine Wut: Ich wurde furchtbar böse wegen dieser dreisten Taktlosigkeit, ich fluchte, ich gebrauchte alle Flüche meines Großvaters. Gott sah mich seitdem nie wieder an.«¹
Dieses schonungslose Bekenntnis des französischen Dichters stellt dem Glaubenden einige ernste Fragen. Werden die Glaubenden in ihrer Hoffnung auf Gott so bewegt, wie die Dichter durch ihre Hoffnungslosigkeit erschüttert werden? Diese Anfrage der Welt müssen sich die Glaubenden gefallen lassen; sie sollten sich sogar bemühen, eine Antwort darauf zu geben.
Erweist sich die Hoffnung als eine verwandelnde Kraft – oder bleibt alles in einer frommen Sprache stecken? Hier sind die Glaubenden zur Verantwortung ihres Bekenntnisses gerufen.
Ernest Hemingway
Der Weg nach nirgendwo …
Am 02.07.1961 nahm sich der berühmte amerikanische Schriftsteller Ernest Hemingway das Leben. Hemingways Biograf Astre berichtet: »Er nahm sein Lieblingsgewehr, eine mit Silber eingelegte speziell für ihn angefertigte Jagdflinte, aus dem Ständer, steckte sich die Läufe in den Mund und drückte beide Abzüge ab. Die Explosion riss ihm den Kopf fast vollständig weg.«² In der folgenden kurzen Betrachtung über den Dichter Hemingway wollen wir uns insbesondere seiner Meistererzählung: »Der alte Mann und das Meer« zuwenden.³ Hemingway hat wohl zumindest in seinen letzten Lebensjahren das Selbstgespräch des alten Mannes als persönliches Credo übernommen: »Aber der Mensch darf nicht aufgeben. Man kann vernichtet werden, aber man darf nicht aufgeben.«⁴
Über den glücklichsten Stunden seiner Romanhelden liegt oft das seltsame Zwielicht des bereits hinter dem Horizont heraufziehenden Verderbens. Die Menschen können sich ihres Glückes nicht lange freuen.
Es ist wie die Atempause des Schicksals, das gewissermaßen die Luft anhält, um dann umso wütender sein Zerstörungswerk zu treiben.
Eindrücklich hat Hemingway diese Tatsache in seinem Roman: »In einem andern Land« beschrieben. Nach vielen Qualen, Ängsten und Entbehrungen gelingt es einem jungen Paar über die Grenze in die sichere Schweiz zu fliehen. Hier scheint sich ihr ganzes Glück der Zweisamkeit voll entfalten zu können. Sie sind ein Herz und eine Seele; nichts trübt ihre innige Gemeinschaft. Aber dann geschieht das Unfassbare. Catherine, die Geliebte, erwartet ihr erstes Kind und wird in die Klinik eingeliefert. Dumpfe Ahnungen, dass die Sache nicht gut ausgeht, peinigen den wartenden Mann. Seine Ahnungen treiben ihn zur Klinik. Scheinbar geht alles reibungslos, aber dann – dann schlägt der Hammer des Schicksals unerbittlich zu. Sowohl Catherine als auch das Kind sterben, und der gebrochene Mann schlurft durch den strömenden Regen durch die Nacht.
Der alte Mann und das Meer
In der Erzählung »Der alte Mann und das Meer« hat Hemingway sich selbst ein Denkmal gesetzt, und wenn man diese Erzählung aufmerksam zu sich reden lässt, wird der spätere Selbstmord des Dichters irgendwie begreiflich. Da wird uns die Geschichte eines Fischers erzählt, dem sein Handwerk das Nötige zum Leben einbringt, aber nie kann er »vorsorgen«; er lebt sozusagen jeden Tag von der Hand in den Mund. Dann scheint auch seine große Stunde zu kommen. Auf der Wasserwüste des Meeres begegnet ihm der freundliche Zufall in der Form eines so herrlichen Fisches, wie er noch keinen in seinem Leben vorher gesehen hat.⁵
Unter dem bestimmten Eindruck, dass dieser Fisch ein Geschenk des Himmels sein muss, will der alte Mann durch viele Gebete und durch eine Wallfahrt sich bei der Jungfrau von Cobre bedanken.⁶ Auf den folgenden Seiten schildert Hemingway den Kampf des alten Mannes mit dem Fisch. Immer wieder klagt der Fischer darüber, dass er alt geworden sei und dass er den Jungen nicht bei sich habe, der ihn schon so oft begleitet hat. Schließlich gelingt es ihm, den Fisch mit einer Harpune zu treffen. Meisterhaft wird dieser Augenblick von Hemingway beschrieben:
»Nun wurde der Fisch lebendig, als er den Tod in sich spürte, und sprang hoch aus dem Wasser und zeigte seine ungeheure Länge und Breite und seine ganze Macht und Schönheit. Er schien über dem alten Mann in dem Boot in der Luft zu hängen. Dann fiel er krachend ins Wasser, so dass Schaum über den alten Mann und über das ganze Boot spritzte.«⁷
Der alte Mann kann es selbst kaum fassen, dass er diesen Fisch erledigt hat, aber es ist keine Täuschung; die glucksenden Wellen umspülen dessen schimmernden Leib. Zwischen dem erfolglosen Leben seiner Vergangenheit und dem schon erahnten Dunkel der nächsten Zukunft erfährt der alte Mann das beglückende Jetzt. Jetzt, jetzt, jetzt! Er weiß, nun beginnt die eigentliche Plackerei, aber im Augenblick verwandelt sich seine düstere Zukunft in leuchtende Helle. Der alte Mann beginnt sogar zu rechnen:
»Er wiegt über fünfzehnhundert Pfund, so wie er ist, dachte er. Vielleicht viel mehr. Wenn er ausgenommen zwei Drittel davon wiegt, zu dreißig Cent das Pfund«.⁸
Sobald man Hemingways Leben aus der Sicht des modernen Erfolgsdenkens, des Karrierestrebens betrachtet, leuchtet der Vergleich mit dem herrlichen Fisch ohne weiteres ein. Offensichtlich hat es die Glücksgöttin Fortuna gut mit dem amerikanischen Dichter gemeint. Er war weltberühmt, Träger des Nobelpreises für Literatur; seine Bücher wurden fast alle erfolgreich verfilmt und nahezu in alle Kultursprachen übersetzt.
Aber das alles vermochte sein Leben nicht wahrhaftig und ganz auszufüllen. Das heißt im Blick auf seine berühmte Erzählung: Der herrliche Fisch war dauernd gefährdet. Aus der Tiefe des Meeres waren schon die Haie unterwegs, um den Fisch zu zerstören. Hemingway beschreibt diese Situation:
»Der Hai kam nicht zufällig. Er war von tief unten im Wasser heraufgekommen, als die dunkle Blutwolke sich gesetzt und in der meilenweiten See verteilt hatte. Er war so schnell heraufgekommen und so völlig ohne Vorsicht, dass er die Oberfläche des blauen Wassers durchbrach und in der Sonne war.«⁹
Der erste Hai reißt nach der Schätzung des alten Mannes vierzig Pfund Fleisch aus dem Leib des Fisches.¹⁰ Nach diesem Überfall durch den Hai mag der alte Mann den verstümmelten Fisch nicht ansehen. Aber schon jetzt verliert der Augenblick seine Bedeutung, und der alte Mann konzentriert sich auf die zukünftige Zeit. »Denk an irgend etwas Erfreuliches, alter Freund«, sagte er. »Jede Minute bist du jetzt näher an Zuhaus. Du segelst um vierzig Pfund leichter.«¹¹
Im Verhältnis dessen, was der alte Mann als Beute noch heimzubringen hofft, fallen die vierzig Pfund nicht ins Gewicht, aber so überlegt er, die frische Blutwolke im Meer wird andere Haie heranlocken. Dass Hemingway sich mit jenem alten Mann seiner Geschichte identifiziert, davon sind die meisten seiner Kritiker überzeugt; was aber bedeuten die Signale der Hoffnung, die immer wieder zwischen der Resignation blitzartig aufleuchten? Während der alte Fischer mit der angefetzten Beute gut vorankommt, kehrt ein Teil seiner Hoffnung zurück. Er denkt darüber nach, dass Hoffnungslosigkeit sogar Sünde sein könnte, aber dann fährt er sich selbst in seine Gedanken und meint, er habe jetzt andere Probleme, als an die Sünde zu denken.¹²
Vom allgemeinen Verständnis her wird der Lebenssinn eines Menschen am Erfolg gemessen. Wer Erfolg hat, der hat aus seinem Leben etwas gemacht.
Wird Hemingways Leben an dieser Wertskala gemessen, dann hat er ein erfolgreiches Leben gehabt. Was bei den meisten nur unerreichbarer Wunschtraum bleibt, hat sich in seinem Leben randvoll verwirklicht. So verstanden, hätte er als Sieger mit dem herrlichen Fisch im Heimathafen einfahren müssen. Umjubelt, bewundert, aber doch nicht, wie Hemingway es schildert, geschlagen, innerlich zerstört, hinter sich das kahlgefressene Skelett des Fisches.
Wie können wir symbolisch die gefräßigen Haie einordnen, die das Leben des alten Mannes zerstört haben? Offensichtlich hat Hemingway gerade hier die radikale Sinnlosigkeit seines Lebens unterstreichen wollen; also keine Erklärung geben, keine Antwort suchen, sondern lediglich feststellen wollen, dass des Menschen Weg dunkel und ohne Hoffnung im alles verschlingenden Nichts endet. Ob sich Hemingway darüber klar war oder nicht; seine eigentliche Not lag darin, dass er Jesus Christus in seinem Leben ausgeklammert hatte.
Gewiss hat er sich mit dem christlichen Glauben oft befasst und sich damit auseinandergesetzt; jedoch erwies sich der Sog seines nihilistischen Untergrundes als mächtiger. Der starke Wunsch, auf Nimmerwiedersehen im Nirgendwo zu verlöschen, trug endlich seine volle, überreife Frucht. Die aufhorchende Welt war entsetzt und erschüttert, dagegen ahnten es die »Eingeweihten«, dass jene schreckliche Versuchung des Selbstmordes schließlich zur Tat werden musste. War es nicht doch die fehlende Ewigkeit, die den Dichter zu seinem Verzweiflungsschritt getrieben hatte? Hans Jürgen Baden zitiert in seinem Buch »Poesie und Theologie« einige Sätze aus Hemingways Nobelpreisrede aus dem Jahre 1954. Hemingway äußert sich da über den Beruf des Schriftstellers:
»Arbeitet er doch in der Einsamkeit und muss, wenn er ein guter Schriftsteller ist, sich jeden Tag mit der Ewigkeit auseinandersetzen – oder mit dem Fehlen dieser Ewigkeit.«¹³
Die Sehnsucht Hemingways, bzw. den Drang, sich selbst in Nichts aufzulösen, finden wir in manchen Aussagen, die er seinem alten Mann gewissermaßen als Bekenntnis in den Mund legt.
So z. B. als er in seinem Boot auf der Wasserwüste treibt, umgeben von See und Himmel. Da spricht er zu sich selber: »Du bist müde, alter Freund. Du bist innendrin müde.«¹⁴
Obwohl die Haie dem alten Mann zwischendurch eine Atempause gönnen und den angerissenen Fisch nicht angreifen, so weiß er doch, sie werden wieder auftauchen.
So überraschend und unberechenbar das Meer ihm vor Stunden den herrlichen Fisch bescherte, ebenso unberechenbar trägt ihm das gleiche Meer jetzt die gefräßigen Haie zu. Es ist nur eine Frage der Zeit, dann werden ihre grausamen Kiefer wieder zuhacken. Um Mitternacht ist es dann soweit. Hemingway schildert:
»Aber um Mitternacht kämpfte er, und diesmal wusste er, dass der Kampf zwecklos war. Sie kamen in einem Rudel, und er konnte nur die Linien sehen, die ihre Flossen im Wasser machten und ihr Phosphoreszieren, als sie sich auf den Fisch stürzten. Er schlug mit seiner Keule auf Köpfe ein und hörte ihre Kiefer zuhacken und spürte das Beben des Bootes, als sie sich festbissen.«¹⁵
Sollte es bloßer Zufall sein, dass Hemingway die hoffnungsloseste Stunde im Leben des alten Mannes durch die gleichen Worte einleitet, mit denen die Erscheinung des himmlischen Bräutigams angekündigt wird? Wir lesen da im Matthäusevangelium:
»Zur Mitternacht aber ward ein Geschrei: Siehe, der Bräutigam kommt, gehet aus, ihm entgegen« (Matth. 25, 6)!
Hier brechen wir ab. Wer wagt es, den ersten Stein zu werfen? Hemingway hat bewusst auf alle Hilfe von oben verzichtet. Es scheint so, dass ihn dieser Verzicht nicht besonders tief berührt hat. Auf den letzten Seiten der berühmten Erzählung erfährt der alte Mann einen fast glückseligen Abstand von sich selbst und seinem Kampf mit den mörderischen Haien. Seine Gedanken gehen zurück, die Augenblickschance mit dem großen Fisch weicht dem Bild der Vergangenheit. Der großgeträumte Traum von dem Fisch, von den erwarteten Einnahmen durch sein Fleisch, der Bewunderung durch die anderen Fischer wird abgelöst von nur dem einen Wunsch, schlafen, ruhen, abschalten.
»Und mein Bett, dachte er. Mein Bett ist mein Freund. Ja, mein Bett, dachte er. Das Bett wird wunderbar sein. Es ist einfach, wenn man geschlagen ist, dachte er. Ich wusste niemals, wie einfach es ist. Und was hat dich geschlagen?, dachte er. Nichts, sagte er laut. Ich bin zu weit hinausgefahren.«¹⁶
Für den alten Mann wird das im Heimathafen aufragende Skelett des riesigen Fisches zu einem Zeichen, dass er endgültig und unwiderruflich geschlagen war.¹⁷
Wir wiederholen noch einmal die Frage: Wer wagt den ersten Stein zu werfen? Hemingway hat den eisigen Hauch der Sinnlosigkeit nicht ausgehalten und hat wohl, wenn auch unbewusst, das Wort Kierkegaards bestätigt: »Gottes bedürfen, ist des Menschen höchste Vollkommenheit.«
Jean Paul Sartre
Zur Freiheit verurteilt
Der französische Dichter und Philosoph Jean Paul Sartre hat mit seinen Werken, besonders durch seine Romane und Dramen, die breite Masse des Volkes erreicht. Gegenüber den herkömmlichen Philosophen, deren Gedanken mehr im Lager der Intellektuellen »verhandelt« werden, hat Sartre durch seine Doppelbegabung – Philosoph und Dichter – die abstrakten philosophischen Gedanken mundgerecht und für jeden verständlich, in seinen zahlreichen Romanen und Theaterstücken verarbeitet.
Bevor wir auf seine Romane und Dramen eingehen, wenden wir uns kurz seinem rein philosophischen Denken zu. Der Dichter Sartre nennt sich ganz bewusst atheistischer Existentialist, also ein sogenannter Ungläubiger, für den es keinen Gott gibt.¹⁸ Allerdings, so bekennt er selbst, sei ihm der Unglaube nicht mit in die Wiege gelegt worden. In dem bereits angeführten Buch »Die Wörter« schreibt Sartre:
»Ich gelangte zum Unglauben nicht durch den Konflikt der