Delta des Lebens
Von Alfred Hein
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Delta des Lebens - Alfred Hein
www.egmont.com.
Vorwort
Die Novelle „Delta des Lebens wurde 1925 geschrieben, sie erschien 1926 in einer Zeitschrift („Der Oberschlesier
, Oppeln). Der Verfasser war damals 31/32 Jahre alt. – Wie in der Mitte der zwanziger Jahre, so besteht auch heute, in der Mitte der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts, eine große Unsicherheit über den Sinn des menschlichen Lebens. Die totale Bedrohung unserer Existenz durch Gewalt und Wirtschaftsnot, der Überdruß an der Betriebsamkeit in der Großstadt, die Kritik an der Zivilisation, die Wirbel des Denkens um die Existenz Gottes, die Fragen nach dem gerechten, dem gütigen Gott, die Erschütterung des kirchlich-christlichen Glaubens: all diese Vorgänge im geistigen Leben unserer Zeit waren bereits verursacht und offenkundig geworden durch den Ersten Weltkrieg und in den Jahren danach. Sie waren eine Folge der Verheerungen des menschlichen Lebens, der weitgehenden Zerstörung humanistischer Kultur, der Erschütterung der christlichen Ethik. In den Jahren des „Stellungskrieges konnte man nicht mehr „wegsehen
vom grauenvollen Tod des Kameraden, wie das noch Ernst Wurche, der junge, hochgesinnte Leutnant, zu Beginn des (Bewegungs-) Krieges in der Erzählung von Walter Flex „Der Wanderer zwischen beiden Welten" (1916) empfahl.
Der Westfront-Soldat Alfred Hein hatte den Stellungskrieg in vorderster Linie und an den schwerstumkämpften Stellen kennengelernt. So schrieb er schon 1917 als Soldat „Die Terzinen an die tote Isot, erschienen 1918. Nach Kriegsende sprach er seine Sehnsucht nach einer in Frieden lebenden und sich entfaltenden Menschheit aus in den Büchern „Die Lieder vom Frieden
(1919) und „Der Lindenfrieden (1920). Wie damals viele in der jungen und vom Krieg geprägten Generation, besonders in der Jugendbewegung, war auch Alfred Hein bewegt von der Hoffnung auf einen „neuen
Menschen, vom Glauben an das Gute im Menschen, vom Vertrauen auf die von Gott gegebene Ordnung der Natur. Hier treffen Heins Gedanken und die seiner Generation mit Gedanken, Wünschen und Sehnsüchten unserer Jahre zusammen. 1929 hat Alfred Hein sein bestes Werk veröffentlicht, die große Erzählung „Eine Kompanie Soldaten in der Hölle von Verdun (1931 Volksausgabe im 52. Tausend, 1930 Übersetzung ins Englische, 1978 Neuausgabe im Limes Verlag, München). Für den Schlesier ist die Novelle „Delta des Lebens
auch eine Begegnung mit der Heimat: mit der Landschaft des Riesengebirges.
Vielleicht können wir es heute nicht mehr so ganz mit der Leichtfüßigkeit des Erzählungsstils halten, wie das bei Lesern vor 60 Jahren noch der Fall gewesen sein mag: das Springen von einer Handlungsepisode zur anderen, die schnell hergestellte Bühne des Auftritts, die plötzlichen Veränderungen der Szene durch hilfreiche Gestalten (sozusagen dei ex machina). Auch die Überschwenglichkeit der Sprache liegt uns heute nicht mehr – es ist die Sprache des literarischen Expressionismus. – An jedem Kunstwerk haftet etwas von der geistigen Aura der Zeit seiner Entstehung; aber man kann die Patina des Altertums oder des Altertümlichen auch als einen reizvollen Wert empfinden. – Die meisten Kunstwerke, die zu ihrer Zeit Beifall fanden, weil sie dem Geist der Zeit entsprachen, sind in Vergessenheit geraten, sie schwanden mit dem Zeit-Geschmack. Auch Heins Dichtung ist zu einem großen Teil versunken. Aber „Delta des Lebens berührt Gedanken und Gefühle von Menschen am Ende des 20. Jahrhunderts. Die Stärke dieser Dichtung liegt in dem Ausdruck der Lebensfreude, der Liebesfähigkeit, dem Ringen um die „Mitte des Lebens
, um Gott. Sie ist Bekenntnis, ist Liebesgeschichte und Glaubensgeschichte in einem – Hoffnung auf das Einmünden der Ströme des persönlichen Lebens in das Meer der Unendlichkeit, der Wirklichkeit Gottes.
Alfred Hein wurde am 7. Oktober 1894 in Beuthen O/S geboren. Er wurde Journalist. Er starb am 30. Dezember 1945 in einem Lazarett in Halle a. d. Saale an den Folgen seines Einsatzes als Volkssturmmann im Zweiten Weltkrieg. Er war erst 51 Jahre alt.
Seinen literarischen Nachlaß verwaltet Frau Annke-Margarethe Knauer in Berlin.
München, im September 1984
Alois M. Kosler
Reise ins Ungewisse
Ich erwachte und brauchte nicht ins