Dr. Norden Bestseller 60 – Arztroman: Ich kann jenen Tag nicht vergessen
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Über dieses E-Book
Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
Margot Gabriel kehrte aus der Narkose in die Wirklichkeit zurück. Ganz langsam vollzog sich dieses Erwachen. Zuerst wallten nur graue Schleier vor ihren Augen, dann schien ein Film vor ihren Augen abzurollen. Zwischen Traum und Tag sah sie Dr. Daniel Norden vor sich. »Sie wollen doch leben, Frau Gabriel«, sagte er. »Und Sie werden leben, wenn Sie sich zu dieser Operation entschließen.« »Ja, ich will leben«, sagte sie laut. Eine schmale, leichte kühle Hand legte sich auf ihre Stirn. Sie öffnete langsam die Augen, aber es war nicht Dr. Norden, der sich da zu ihr hinabbeugte, es war ein schmales feines Mädchengesicht, umgeben von blondem Haar. Dunkle feuchtschimmernde Augen blickten sie an. »Sie leben, Frau Gabriel«, sagte eine sanfte, samtweiche Stimme. »Wer sind Sie?« fragte die Kranke. »Schwester Vanessa.« »Vanessa«
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Dr. Norden Gold
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Rezensionen für Dr. Norden Bestseller 60 – Arztroman
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Buchvorschau
Dr. Norden Bestseller 60 – Arztroman - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller
– 60 –
Ich kann jenen Tag nicht vergessen
Patricia Vandenberg
Margot Gabriel kehrte aus der Narkose in die Wirklichkeit zurück. Ganz langsam vollzog sich dieses Erwachen. Zuerst wallten nur graue Schleier vor ihren Augen, dann schien ein Film vor ihren Augen abzurollen. Zwischen Traum und Tag sah sie Dr. Daniel Norden vor sich.
»Sie wollen doch leben, Frau Gabriel«, sagte er. »Und Sie werden leben, wenn Sie sich zu dieser Operation entschließen.«
»Ja, ich will leben«, sagte sie laut.
Eine schmale, leichte kühle Hand legte sich auf ihre Stirn. Sie öffnete langsam die Augen, aber es war nicht Dr. Norden, der sich da zu ihr hinabbeugte, es war ein schmales feines Mädchengesicht, umgeben von blondem Haar. Dunkle feuchtschimmernde Augen blickten sie an.
»Sie leben, Frau Gabriel«, sagte eine sanfte, samtweiche Stimme.
»Wer sind Sie?« fragte die Kranke.
»Schwester Vanessa.«
»Vanessa«, wiederholte Margot Gabriel, und rätselhaft fügte sie hinzu: »Ein Name aus vergangenen Tagen. Butterfly. Der Schmetterling.«
Vanessa zuckte zusammen. »Nicht zuviel sprechen, Frau Gabriel«, sagte sie bebend. »Sie dürfen ja noch nichts trinken.«
Und nun mußte die Patientin auch schleunigst eine Infusion bekommen. Schwester Vanessa läutete nach Dr. Behnisch.
Drei Tage hatte Margot Gabriel zwischen Leben und Tod geschwebt. Die Operation war an sich gut verlaufen, doch die Diagnose Brustkrebs hatte wie ein Damoklesschwert über ihnen geschwebt. Der Kreislauf hatte dann schlimmste Befürchtungen geweckt. Margot Gabriel war fünfzig und hatte in ihrem Leben schon manchen Schicksalsschlag erdulden müssen. Schon nach zehnjähriger Ehe hatte sie ihren Mann verloren, zwei Jahre später ihre Eltern durch einen Unglücksfall. Dadurch war sie dann finanziell wenigstens so abgesichert, daß sie ihrem einzigen Sohn das Studium ermöglichen konnte. Hanno Gabriel war Psychiater geworden, jetzt achtundzwanzig Jahre jung. Man mußte wirklich jung sagen, denn eigentlich traute man ihm einen so schwierigen Beruf nicht zu. Er hatte vor einem knappen Jahr seine Praxis eröffnet. Aller Anfang war schwer, das traf auch auf ihn zu, und vielleicht hatte seine Mutter deshalb ihrer eigenen Gesundheit wenig Beachtung beigemessen. Sie liebte ihren Sohn über alles und er sie nicht weniger.
Sich selbst hatte er in diesen schweren Tagen auch nicht helfen können. Vanessa hatte einen verzweifelten jungen Mann kennengelernt, der nur mit Dr. Behnisch sprach, sonst stundenlang stumm am Bett seiner Mutter saß.
In dieser Nacht, von der man eine Wende erhoffte, hatte ihn Dr. Behnisch ganz energisch in ein Bett gepackt, und nun schlief er glücklicherweise bis in den Tag hinein.
Während Dr. Behnisch Blutdruck und Puls der Patientin gewissenhaft maß, bereitete Schwester Vanessa alles für die Infusion vor.
»Sie sehen auch ziemlich mitgenommen aus«, stellte Dr. Behnisch fest. »Macht Ihnen das Wetter zu schaffen?«
Sie kam aus dem Norden und war ein anderes Klima gewohnt. Sie war erst seit drei Wochen an der Behnisch-Klinik, aber Dieter Behnisch und seine Frau Jenny schätzten ihr Fachwissen. Sie staunten sogar darüber, denn sie hatte sich ohne Referenzen bei ihnen eingeführt, und sie hatten sich nur aus persönlicher Sympathie für sie entschieden, allerdings auch, weil bei ihnen Personalmangel herrschte.
Jedenfalls brauchten sie es nicht zu bedauern, daß ihre Wahl auf Vanessa gefallen war. Sie ersetzte mit ihrer Umsicht und ihrem Können einen Arzt.
»Mir geht es ganz gut«, erwiderte Vanessa auf Dr. Behnischs Frage. »Ich hoffe, daß es mit Frau Gabriel jetzt aufwärts geht.«
»Wir können hoffen«, sagte er. »Waren Sie etwa auch die ganze Nacht auf?«
»Das macht doch nichts«, erwiderte Vanessa.
»Das macht sehr viel. Sie verschwinden schleunigst im Körbchen. Das ist ein Befehl.«
Der Blick, mit dem sie Margot Gabriel betrachtete, nachdem sie die Infusionsflasche angehängt hatte, gab ihm zu denken. Es war ein Ausdruck von Angst und Gedankenverlorenheit in ihren Augen.
Vanessa wäre gern geblieben, aber wenn der Chef sie zu Bett schickte, konnte sie nicht widersprechen. Und eine Begründung für ihr Interesse, das an diesem Morgen zu einem ganz persönlichen geworden war, wollte sie nicht geben.
Sie duschte und sank dann doch erschöpft auf ihr Bett. Auch vor ihren Augen wallten jetzt Nebelschleier.
Butterfly, Schmetterling, tönte Frau Gabriels Stimme in ihren Ohren, und das traurige Gesicht ihrer Mutter stand vor ihrem geistigen Auge, und sie sah sich als kleines Mädchen vor ihr.
»Mama, die Kinder sagen, daß Vanessa ein komischer Name ist. Was bedeutet er? Die Lehrerin hat gesagt, daß viele Namen eine Bedeutung haben.«
»Eine Schmetterlingsart nennt man Vanessa«, hatte ihre Mutter mit dieser wunderschönen, melodischen Stimme, die Vanessa über alles liebte, erwidert.
»Schmetterling, Butterfly«, flüsterte Vanessa im Schlaf. Sie weinte, ohne es zu merken. Sie weinte um ihre Mutter, die eines schrecklichen Todes gestorben war. Einbrecher waren in das schöne Haus eingedrungen, in dem Vanessa eine so glückliche Kindheit verlebt hatte, und hatten ihre Mutter umgebracht, während sie in ihrem Kinderzimmer schlief.
Auch ihre Mutter hieß Vanessa, und später dachte die erwachsen gewordene Vanessa viel darüber nach, ob mit diesem Namen, der doch eine frohe, beschwingte Bedeutung haben sollte, nicht auch ihr ein tragisches Schicksal aufgezwungen worden wäre.
Sie fand keinen erquickenden Schlaf. Sie wurde hin und her geworfen von quälenden Träumen.
Dann, nach Stunden, fuhr sie empor. »Tot?« schrie sie, »nein, er ist nicht tot. Sagt nicht, daß er tot ist. Nicht auch noch das. Warum, warum?«
Und dann war sie plötzlich hellwach und schweißgebadet. Sie sah, daß sie in diesem hübschen, wohnlichen Zimmer war, sie sah die Blumen am Fenster,
die Sonne, die vom Himmel, der azurblau war, herabschien.
Aber sie konnte sich nicht freuen. Schluchzend sank sie zurück.
»Wie soll ich nur leben, wie soll ich nur weiterleben?« flüsterte sie vor sich hin.
*
»Dürfte ich Sie mal einen Augenblick sprechen, Herr Doktor?« fragte Schwester Martha. Sie sah blaß und verstört aus.
Es scheint doch etwas in der Luft zu liegen, dachte Dr. Behnisch. Aber Schwester Martha hatte gerade erst ihren Dienst angetreten, und man konnte es bei ihr nicht auf Erschöpfung schieben. Außerdem war sie die robusteste von den Krankenschwestern. Aber an diesem Tage zeigte sie, daß sie auch Herz hatte und nicht nur Pflichtbewußtsein.
Sie wohnte neben Vanessa in dem Haus, in dem die Schwestern untergebracht waren. Ihre Appartements waren durch einen Balkon verbunden. Schwester Martha war nicht unkompliziert, und deshalb mußte man bei ihr immer Vorsicht walten lassen. Aber es war auch Verlaß auf sie, und sie gehörte nicht zu denen, die leichtfertig Klatsch verbreiteten. Deshalb schenkte ihr Dr. Behnisch auch große Aufmerksamkeit, als sie ihm stockend erklärte, daß sie sich Sorgen um Vanessa mache.
»Es war einfach nicht zu überhören, wie jammervoll sie geschrien hat«, sagte Schwester Martha. »Sie muß früher Schreckliches erlebt haben.«
»Haben Sie sich gemerkt, was sie sagte?« fragte Dr. Behnisch.
Schwester Martha nickte. »Tot, nein, er ist nicht tot. Sagt nicht, daß er tot ist. Warum, warum? Und dann, nach einer Pause, weinte sie. Wie soll ich nur leben, wie soll ich weiterleben. – Herr Doktor, ich habe Angst, daß sie sich was antun könnte. Sie ist so anders als wir. Sie ist was Besseres, wenn ich es so sagen darf. Sie ist wie eine Blume, die zuviel Schatten hat.«
Dr. Behnisch blickte Schwester Martha staunend an. Sie versetzte ihn mit diesem Vergleich in maßloses Staunen. Er hätte es nie für möglich gehalten, daß sie solcher Gedanken fähig sein könnte.
Sie sah ihn mit ihren hellen Augen, die leicht kalt wirken konnten, jetzt aber verschleiert blickten, an.
»Ich kann doch nicht einfach fragen«, murmelte sie. »Man kann sich doch nicht so in die Intimsphäre hineindrängen. Aber ich habe sie gern, Herr Doktor. Sie ist ein so feiner Mensch.«
»Ja, das ist sie«, sagte er gedankenvoll.
»Sie ist auch sehr gebildet. Sie hört immer nur klassische Musik. Eine Melodie kenne ich. Sie wird oft auf Beerdigungen gespielt. Von Beethoven ist es was, das weiß ich, aber ich bin halt nicht so gebildet.«
»Die Pathétique«, sagte er vor sich hin. Und unwillkürlich sang er ein paar Töne.
»Ja, genau das. Es macht so traurig«, flüsterte Schwester Martha. »Sie ist fast immer traurig.«
»Es ist sehr lieb, daß Sie sich Gedanken machen, Schwester Martha, aber fragen kann ich sie doch auch nicht«, sagte Dr. Behnisch.
»Vielleicht ergibt sich doch mal eine Gelegenheit«, meinte sie. »Sie können es bestimmt besser als ich.«
»Ja, vielleicht ergibt sich eine Gelegenheit«, sagte Dr. Behnisch. »Ich danke Ihnen sehr, daß Sie mir diesen Hinweis gegeben haben.«
»Ich konnte es einfach nicht für mich behalten«, sagte sie leise. »Es hat mich richtig aufgeregt. Jetzt ist mir wohler.«
»Dann schauen Sie bitte mal nach Frau Gabriel.«
»Jetzt ist ihr Sohn bei ihr. Es geht ihm anscheinend auch ein bißchen besser. Ich passe schon auf, Herr Doktor.«
Sie war eine gute Haut, das erkannte er mehr und mehr, wenn er anfangs auch ein wenig skeptisch gewesen war, weil sie so selten mal eine Gefühlsregung zeigte.
*
Dr. Hanno Gabriel spürte nun zu seiner eigenen Beruhigung selbst, daß es seiner Mutter besserging. Wenn es um die nächsten Angehörigen ging, waren selbst sehr erfahrene Ärzte verunsichert, und so erfahren war Hanno noch nicht, wenn man ihm auch nicht seine Qualifikation absprechen wollte.
Er verstand, was seine Mutter murmelte, aber er wußte es nicht zu deuten. »Butterfly, Schmetterling«, dann seufzte sie schwer und flüsterte: »Vanessa!«
Schwester Vanessa hatte