Dr. Norden Bestseller 75 – Arztroman: Angst um Miriam
()
Über dieses E-Book
Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
Miriam träumte. Sie warf sich hin und her und schrie. Sie sah immer die gleichen Gesichter, die beiden Männer, ihr früheres Kindermädchen Paula, und dann Flammen, die immer näher auf sie zukamen. Gellend schrie sie, und dann erwachte sie schweißgebadet und angstbebend. Sie vernahm Geräusche und bekam noch mehr Angst. Leise verließ sie das kleine Zimmer und tastete sich durch die Dunkelheit, die auch nicht beängstigender sein konnte als ihre Träume, zur Treppe. Sie vernahm die Stimmen von Jesko und Elvira Salomon, zu denen sie Onkel und Tante sagen sollte und die sie doch wie eine Hausangestellte behandelten. Miriam lauschte, als sie ihren Namen hörte. Elvira hatte eine schrille Stimme, die sie nur mäßig dämpfen konnte. »Hast du es gehört? Das war wieder Miriam. Sie hat wieder geschrien. Wir sollten sie in eine Nervenklinik bringen.« Bei diesem Wort erschrak Miriam und begann zu zittern. Aber sie wollte nun hören, was Jesko darauf erwiderte. »Das können wir nicht. Dr. Henkel würde sich einmischen, und du weißt, dass wir nur dann Geld bekommen, wenn Miriam in unserem Hause lebt.« »Sie wird ohnehin bald mündig«, sagte Elvira, »und was dann?«
Mehr von Patricia Vandenberg lesen
Dr. Norden
Ähnlich wie Dr. Norden Bestseller 75 – Arztroman
Titel in dieser Serie (100)
Dr. Norden Bestseller 1 – Arztroman: Dr. Daniel Norden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 6 – Arztroman: Saskia und der Fremde Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 17 – Arztroman: Wenn Dr. Norden Urlaub macht Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 4 – Arztroman: Fast wäre es zu spät gewesen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 2 – Arztroman: Hat das Leben seinen Sinn verloren? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 4 – Arztroman: Fast wäre es zu spät gewesen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 5 – Arztroman: Der schwierige Patient Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 11 – Arztroman: Du darfst nicht verzweifeln Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 23 – Arztroman: Schwester Claudia – eine tapfere Frau Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 18 – Arztroman: Ein gewagtes Spiel Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 27 – Arztroman: Fee Norden in höchster Gefahr Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 22 – Arztroman: Ein Glück in Gefahr Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 7 – Arztroman: Wer ist Vanessa Hunter? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 8 – Arztroman: Erkenne die Wahrheit, Christina Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 21 – Arztroman: Seine rätselhafte Kollegin Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 12 – Arztroman: Mit der Vergangenheit leben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 3 – Arztroman: Eine gefährliche Verwechslung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 9 – Arztroman: Begegnung im Unfallkrankenhaus Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 15 – Arztroman: Über allem steht die Liebe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 1 – Arztroman: Dr. Daniel Norden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 2 – Arztroman: Hat das Leben seinen Sinn verloren? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 13 – Arztroman: Hilferuf an Dr. Norden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 16 – Arztroman: Wie es das Schicksal will Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 26 – Arztroman: Ein falscher Kollege Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 30 – Arztroman: So muss ich dich wiedersehen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 28 – Arztroman: Dieser Fall macht uns Sorgen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 20 – Arztroman: Angst um Almut Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 10 – Arztroman: Man nahm ihr das Kind Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 37 – Arztroman: Warum hilft mir niemand? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 25 – Arztroman: Ein Stunde wird zur Ewigkeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnliche E-Books
Amabilia: Das vergiftete Erbe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWer heiratet Papi und mich?: Mami 1875 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSehnsucht in meinem Herzen: Liebesroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer geheime Garten - Ungekürzte Ausgabe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Nackte Warheit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDiskriminierung der Farbe: Kiburi si maungwana Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDu bist die Sonne meines Lebens: Fürstenkinder 99 – Adelsroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin hoffnungsloser Fall Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTwin Flames Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Blutschein Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGeh nicht am Glück vorbei, Sybill: Fürstenkrone 144 – Adelsroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin beinahe hoffnungsloser Fall Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKrank vor Sehnsucht: Kinderärztin Dr. Martens Classic 41 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWinter-Novellen: Liebe zwischen Eis und Schnee Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer neue Landdoktor 13 – Arztroman: Kims Überraschungs-Hochzeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFrau Maier wirbelt Staub auf Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Irinas Weg ins Glück: Chefarzt Dr. Norden 1226 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAviva und die Stimme aus der Wüste: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Drei Hirschen Eiche: Das Märchen aus Baden-Baden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTamieh: Licht und Schatten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGetrennte Wege: Emily & Amelie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWenn tote Kinder niemals schweigen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFeuriges Spiel der Leidenschaft Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEndlich ein Brüderchen für Rosa: Notarzt Dr. Winter 38 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLiebe für einen Tag: Notarzt Dr. Winter 64 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMiss Goldsleigh´s Geheimnis: Die Geheimnis Serie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIrrlicht 15 – Mystikroman: Grauen über Darkshore Manor Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEndlich ein Brüderchen für Rosa: Kurfürstenklinik 44 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenP.A.W.S. (German edition) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAachener Abgründe: Der fünfte Fall für Britta Sander Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Allgemeine Belletristik für Sie
Grimms Märchen: Mit hochauflösenden, vollfarbigen Bildern Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Ilias & Odyssee Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Struwwelpeter - ungekürzte Fassung: Der Kinderbuch Klassiker zum Lesen und Vorlesen Bewertung: 4 von 5 Sternen4/51984 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Gilgamesch-Epos: Die älteste epische Dichtung der Menschheit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Tod in Venedig Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenItalienisch lernen durch das Lesen von Kurzgeschichten: 12 Spannende Geschichten auf Italienisch und Deutsch mit Vokabellisten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer kleine Hobbit von J. R. R. Tolkien (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnnas Tagebuch: A Short Story for German Learners, Level Elementary (A2): German Reader Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchneewittchen und die sieben Zwerge: Ein Märchenbuch für Kinder Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Dienstanweisung für einen Unterteufel Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Sämtliche Creative Writing Ratgeber: 5 x Kreatives Schreiben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHarry Potter und der Stein der Weisen von J K. Rowling (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDenke (nach) und werde reich: Die 13 Erfolgsgesetze - Vollständige Ebook-Ausgabe Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Walter Benjamin: Gesamtausgabe - Sämtliche Werke: Neue überarbeitete Auflage Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGerman Reader, Level 1 Beginners (A1): Eine Begegnung im Zug: German Reader, #4 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGermanische Mythologie: Vollständige Ausgabe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGriechische Mythologie: Theogonie + Die Götter + Die Heroen: Heldensagen und Heldendichtungen (Herkules + Der Trojanische Krieg + Theseus + Die Argonauten) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenImmanuel Kant: Gesammelte Werke: Andhofs große Literaturbibliothek Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHeinrich Heine: Gesammelte Werke: Anhofs große Literaturbibliothek Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Die Frau ohne Schatten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Fremde von Albert Camus (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenStefan Zweig: Gesamtausgabe (43 Werke, chronologisch) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJames Bond 01 - Casino Royale Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Die Edda - Nordische Mythologie und Heldengedichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen80 Afrikanische Märchen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für Dr. Norden Bestseller 75 – Arztroman
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Dr. Norden Bestseller 75 – Arztroman - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller
– 75–
Angst um Miriam
Ein junges Mädchen sucht eine Zuflucht
Patricia Vandenberg
Miriam träumte. Sie warf sich hin und her und schrie. Sie sah immer die gleichen Gesichter, die beiden Männer, ihr früheres Kindermädchen Paula, und dann Flammen, die immer näher auf sie zukamen. Gellend schrie sie, und dann erwachte sie schweißgebadet und angstbebend.
Sie vernahm Geräusche und bekam noch mehr Angst. Leise verließ sie das kleine Zimmer und tastete sich durch die Dunkelheit, die auch nicht beängstigender sein konnte als ihre Träume, zur Treppe.
Sie vernahm die Stimmen von Jesko und Elvira Salomon, zu denen sie Onkel und Tante sagen sollte und die sie doch wie eine Hausangestellte behandelten.
Miriam lauschte, als sie ihren Namen hörte. Elvira hatte eine schrille Stimme, die sie nur mäßig dämpfen konnte.
»Hast du es gehört? Das war wieder Miriam. Sie hat wieder geschrien. Wir sollten sie in eine Nervenklinik bringen.«
Bei diesem Wort erschrak Miriam und begann zu zittern. Aber sie wollte nun hören, was Jesko darauf erwiderte.
»Das können wir nicht. Dr. Henkel würde sich einmischen, und du weißt, dass wir nur dann Geld bekommen, wenn Miriam in unserem Hause lebt.«
»Sie wird ohnehin bald mündig«, sagte Elvira, »und was dann?«
»Das lass mich nur machen. Sie ist nicht fähig, auf eigenen Füßen zu stehen. Ich habe da schon meine Pläne. Darüber reden wir ein andermal.«
Miriam hastete die Treppe empor. Zitternd lag sie dann in ihrem Bett, und die Angst in ihr war riesengroß. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Nervenklinik, das Wort ging ihr nicht mehr aus dem Sinn, und Jesko hatte auch etwas mit ihr vor. Vielleicht noch Schlimmeres. Sie hatte Angst vor ihm, mehr noch als vor Elvira. Sie hatte vor allem Angst, wenn er sie tätschelte, oder gar den Arm um ihre Taille legte.
Sie hasste dieses Haus, in dem sie leben musste, obgleich es kein hässliches Haus war. Sie mochte die Menschen nicht, die darin lebten, auch die beiden Kinder Alf und Vera mochte sie nicht, die sie dauernd hänselten und oft auch hässliche Ausdrücke sagten.
Niemand hatte etwas getan, um die schrecklichen Erinnerungen auszulöschen, die sie seit ihrem zehnten Lebensjahr begleiteten. Sie hatte immer nur Angst, aber sie konnte nicht mehr weinen. In drei Monaten wurde sie achtzehn Jahre. Sie wunderte sich selbst, dass sie es nicht vergessen hatte, denn ihr Geburtstag war nie gefeiert worden, seit sie in diesem Hause lebte.
Plötzlich regte sich in ihr ein heftiger Widerwillen, noch länger in diesem Hause zu bleiben. Sie wollte diesen Leuten zeigen, dass sie nicht mit ihr machen konnten, was sie wollten. Zum ersten Male hatte sie gehört, dass sie Geld bekamen. Niemals hatte sie auch nur einen Euro Taschengeld bekommen, während Alf und Vera damit reichlich bedacht wurden. Elvira betonte immer, dass sie eine arme Verwandte sei und froh sein dürfe, ein Dach über dem Kopf zu haben und genügend zu essen zu bekommen.
Nun wusste sie, dass es anders war, dass man sie um jeden Preis im Hause behalten wollte, um an das Geld zu kommen.
Miriam wurde ruhiger. Ganz mechanisch begann sie, sich anzukleiden. Sie zog die besten Sachen an, obgleich es auch nur abgelegte Kleider von Vera waren, die mit ihren sechzehn Jahren größer und dicker war als sie. Sie nahm ihre alte Schultasche, die sie behütete wie einen kostbaren Schatz und in der sich einige Gegenstände befanden, die sie niemals hergegeben hätte.
Wieder schlich sie die Treppe hinunter. Alf und Vera waren nicht im Haus. Sie machten mit Freunden Urlaub auf Ibiza. Vorgestern erst waren sie dorthin geflogen.
Dass Elvira und Jesko einen festen Schlaf hatten, wusste Miriam. Sie musste die beiden jeden Morgen wecken, wenn sie schon für das Frühstück gesorgt hatte.
Aus dem Haus zu kommen, fiel Miriam nicht schwer. Die Schlüssel hingen am Brett. Sie schloss von außen sogar sorgfältig ab. Dann auch die Gartentür. Den Schlüssel warf sie in den Briefkasten. Es klirrte. Sie schrak zusammen und begann zu laufen.
Es war stockdunkel. In dieser Straße gab es noch keine Laternen, aber bald erreichte sie, keuchend von dem schnellen Lauf, die Hauptstraße, die jetzt auch wie ausgestorben dalag. Und sie war schon ein ganzes Stück gegangen, bis ein Auto nahte.
Schnell sprang Miriam in den Schatten zurück. Das Auto fuhr vorbei. Sie überlegte. Ob jemand sie mitnehmen wurde, wenn sie winkte? Aber mochte das gut sein? Brachte sie sich dadurch nicht in eine noch größere Gefahr?
Was macht es schon aus, dachte sie für sich. Ob ich lebe oder tot bin, wen kümmert es.
Sie ging wieder ein ganzes Stück weiter, und dann kam wieder ein Auto. Miriam blieb stehen und hob die Hand.
Das Auto fuhr vorbei, blieb dann aber doch stehen, und ein Mann stieg aus. Miriam begann wieder zu zittern, als er auf sie zukam.
»Finden Sie es richtig, zu so später Stunde hier herumzuwandern?«, fragte er vorwurfsvoll.
»Ich wandere nicht«, flüsterte Miriam, und dann, sie konnte es selbst nicht begreifen warum, begannen plötzlich Tränen über ihr Gesicht zu strömen.
»Nicht gleich weinen«, sagte der junge Mann. »Haben Sie sich verlaufen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich will weg, nur weg«, stieß sie hervor.
»Und wohin?«
Miriam überlegte, was sie sagen sollte. Es gab ja niemanden, bei dem sie Zuflucht suchen konnte. Da kam ihr blitzartig ein Gedanke. Vor Kurzem hatte sie in einer Zeitung von einer Insel gelesen. Sie hatte sich Träumen hingegeben, wie schön es dort sein müsste.
»Zur Insel der Hoffnung möchte ich«, erwiderte sie stockend.
»Zur Insel der Hoffnung?«, wiederholte der junge Mann. »Zu Dr. Cornelius? Sie kennen ihn?«
»Ja, ich kenne ihn«, schwindelte Miriam tapfer.
»Und warum marschieren Sie mitten in der Nacht los? Es sind ungefähr hundert Kilometer bis dahin.«
»Das sage ich nur Dr. Cornelius.« Sie klammerte sich jetzt an diesen Namen, der ihr irgendwie vertraut vorkam.
»Steigen Sie ein«, sagte der junge Mann. »Mein Name ist Götz Kassen, darf ich Ihren auch wissen?«
Er ist misstrauisch, dachte Miriam. Doch seltsamerweise hatte sie vor ihm keine Angst.
»Ich heiße Miriam Bernardi«, sagte sie.
»Und Sie sind ausgerissen. Sie sind doch höchstens sechzehn.«
Er wollte mehr aus ihr herausbekommen, denn er war im Augenblick noch fest entschlossen, sie dorthin zurückzubringen, wo sie hergekommen war.
»Ich bin achtzehn, fast achtzehn«, widersprach sie. Ihr Gesicht bekam einen trotzigen Zug. »Ich musste weggehen. Ich kann Ihnen dafür keine Erklärung geben, aber Dr. Cornelius wird mich verstehen. Kennen Sie die Insel der Hoffnung?«
»Ja, ich kenne sie«, erwiderte Götz. »Mein Chef macht dort jedes Jahr eine Kur.«
»Es ist schön dort, nicht wahr?«
»Ja, wunderschön. Woher kennen Sie Dr. Cornelius?«
»Er war mit meinen Eltern bekannt«, erwiderte sie aufs Geratewohl. »Meine Eltern sind tot.«
Unwillkürlich erfasste ihn ein tiefes Mitleid mit diesem armseligen kleinen Wesen, denn als solches musste er Miriam betrachten. Verkümmert sah sie aus, wie ein richtiges Waisenkind.
Götz Kassen war auch eines gewesen, aber ihm war es dennoch gut gegangen. Ein guter Mensch, der anonym bleiben wollte, hatte sich seiner angenommen, ohne je selbst in Erscheinung zu treten. Nie hatte Götz erfahren, wer solches Interesse an ihm zeigte und warum. Fünf Jahre alt war er gewesen, als man ihn in ein Heim gebracht hatte, in ein privates, sehr gut geführtes. Zu der Leiterin, die er heute noch Tante Maria nannte, hatte er eine tiefe Zuneigung gefasst. Er war glücklich dort. Er durfte später auch das Gymnasium besuchen und war immer ein guter Schüler gewesen. Tante Maria hatte ihm dann geraten, ins Hotelfach zu gehen, und er war ihrem Rat gern gefolgt. Jetzt war er fünfundzwanzig und hatte es schon zum Geschäftsführer gebracht. Ihm gefiel der Beruf. Er beherrschte vier Sprachen, er konnte gut mit den Gästen umgehen und auch mit dem Personal. Aber Götz wusste auch, dass nicht jedes Waisenkind so viel Glück hatte. Diese kleine Miriam hatte bisher bestimmt keines gehabt.
»Wir können jetzt nicht mitten in der Nacht zur Insel der Hoffnung fahren«, sagte er zu ihr. »Ich werde Sie jetzt mit zu mir nehmen, und morgen früh um sieben Uhr starten wir.«
Miriam starrte zum Fenster hinaus, und dann sagte sie etwas, was ihm eisige Schauer über den Rücken jagte.
»Meinetwegen können Sie mich auch umbringen. Mir ist alles egal.«
Er musste erst ein paarmal tief durchatmen, bevor er etwas darauf erwidern konnte.
»Es hätte ja sein können, dass Sie an einen solchen Kerl geraten wären, Miriam«, erklärte er. »Aber ich werde Ihnen nichts tun. Ich vertraue Ihnen, obgleich ich nichts von Ihnen weiß.«
Sie fuhren noch etwa zehn Minuten, dann hielten sie vor einem Mehrfamilienhaus.
»Wenn wir jemanden treffen sollten, werde ich einfach sagen, dass Sie meine Cousine sind«, erklärte er. »Ich bin nämlich auch Waise.«
Sie sah ihn an, als sie die Treppe hinaufstiegen. Sie konnte