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Liebe und ... was sonst noch zählt
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eBook383 Seiten5 Stunden

Liebe und ... was sonst noch zählt

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Über dieses E-Book

Nach einer durchfeierten Nacht wacht die angehende Modedesignerin Skylar Forrester im Apartment des Immobilienmoguls Colton Ferris auf – dem größten Widersacher ihres älteren Bruders. Schwer zu sagen, wer von ihnen mehr überrascht ist, als sie sich plötzlich morgens gegenüberstehen. Beide vermuten, dass ein hinterhältiger Plan sie zusammengebracht hat, und begegnen sich daher mit allergrößtem Misstrauen, ständig darauf bedacht, nichts Falsches zu sagen, um nicht womöglich in eine Falle zu geraten. Oder war es tatsächlich nur ein dummer Zufall, der dafür gesorgt hat, dass Skylar in Coltons Gästezimmer übernachtet hat?
Um das herauszufinden, begeben sich beide auf ein aufregendes Abenteuer. Nichts scheint wichtiger, als mehr über den jeweils anderen zu erfahren und das Geheimnis endlich aufzudecken. Dabei wird es immer schwerer, sich darauf zu besinnen, dass sie sich doch eigentlich vor dem anderen in Acht nehmen wollen, denn auf ganz und gar magische Art fühlen sie sich zunehmend stärker zueinander hingezogen.

SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum1. Sept. 2023
ISBN9783964151155
Liebe und ... was sonst noch zählt
Autor

Louisa Beele

Unter ihrem Pseudonym schreibt und veröffentlicht Louisa bereits seit 2015 erfolgreich ihre Bücher. Ihre Storys drehen sich immer um die große Liebe und spielen meist an Sehnsuchtsorten, vorrangig in den USA. Ohne Happy End geht es nicht, denn Louisa liebt das gute Gefühl, das bleibt, wenn man ein Buch nach der letzten Seite zuklappt. Zusammen mit ihrer Familie lebt sie in Nordrhein-Westfalen und ist ständig damit beschäftigt, Geschichten zu erschaffen, die das Herz berühren. Manchmal fällt es ihr schwer, an etwas anderes zu denken, bevor sie nicht selbst weiß, wie sie enden. Louisa hat zahlreiche Einzelbände und mehrere Reihen geschrieben, wie die „Forrest Plaza“-Reihe, in der es um die Schicksale mehrerer Geschwister geht, oder die „Touch of Darkness“-Reihe – eine düstere, aber auch leidenschaftliche Trilogie. Zuletzt verfasste Louisa die „Magnolia Springs“-Reihe – Cowboy Romance zum Verlieben. Man möchte sofort in den kleinen verschlafenen Ort in Georgia reisen, an dem die vier Jungs zu Hause sind, und dort vielleicht sein Herz verlieren.

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    Buchvorschau

    Liebe und ... was sonst noch zählt - Louisa Beele

    Kapitel 1

    Skylar

    Meine Kehle ist furchtbar trocken, und als ich mich räuspere, spüre ich ein unangenehmes Kratzen im Hals, sodass ich mich gar nicht erst zu schlucken traue. Am liebsten würde ich mich sofort wieder unter der Bettdecke verkriechen, so mies fühle ich mich, doch erstens ist das nicht mein Bett, in dem ich liege, und zweitens zwingt mich ein natürlicher Drang zum Aufstehen. Ich muss das Bad finden.

    Dafür ist es allerdings dringend erforderlich, dass ich in den nächsten Sekunden meine Augen öffne, was sich als weitere Schwierigkeit erweist. Denn schon der kleinste Lichtstrahl, der durch meine Lider dringt, gleicht vielen winzigen Nadelstichen, die mir jemand mit sadistischer Freude zufügt. Mit beiden Händen versuche ich, die Helligkeit abzuschirmen, was nur eingeschränkt möglich ist, denn irgendwie muss ich mich ja orientieren. Ich taste nach meiner Kleidung, streife das Shirt nachlässig über und zwänge mich in meine Röhrenjeans.

    Als ich die Zimmertür öffne, blicke ich hinaus in einen langen Flur mit scheinbar unzähligen Türen. Zumindest bin ich gerade nicht in der Verfassung, die genaue Anzahl auszumachen. Schon die Wahl, in welche Richtung ich mich wenden soll, überfordert mich.

    Wo bin ich hier eigentlich gelandet? Mit … wie heißt er doch gleich? O Mann! Ich überlege und runzele dabei die Stirn. Aua! Mein Kopf fühlt sich an, als würde er jeden Moment platzen und ich kann nicht nachdenken. Na ja, ist im Grunde auch egal, aber es sieht so aus, als hätte ich mir da einen richtig reichen Kerl ausgesucht.

    Erschrocken halte ich die Luft an. Habe ich etwa Mist gebaut? Muss ich heute etwas bereuen? Ich versuche nachzudenken, was wiederum zu einer deutlichen Verschlimmerung der Kopfschmerzen führt. Nein, daran könnte ich mich doch sicher erinnern, und Jay – ja genau, so ist sein Name – hat einen wirklich freundlichen Eindruck hinterlassen. Ich mochte ihn auf Anhieb.

    Jetzt fällt es mir auch wieder ein. Ich habe mich gestern Abend nicht nach Hause getraut, nachdem ich viel zu lange gefeiert und viel zu viel getrunken hatte. Die Freude über meine bevorstehende Unabhängigkeit war einfach zu groß, weshalb ich darauf mit ein paar Freunden anstoßen wollte. Schließlich bin ich einundzwanzig, damit erwachsen und somit niemandem mehr Rechenschaft schuldig. Das sollte allerdings dringend mal jemand meinem Bruder mitteilen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Kindermädchen für mich zu spielen, seit Dad vor einigen Jahren gestorben ist. Gerade weil ich im Begriff bin, endlich meinen Willen durchzusetzen und mein eigenes kleines Apartment einrichte, kann ich mir keine Eskapaden leisten. Sonst pfeift Ethan mich umgehend zurück und ich komme nie aus seinem Dunstkreis heraus.

    Nicht dass man das falsch versteht. Meine Brüder sind mein Ein und Alles, ich liebe sie und denke einfach – nein, ich weiß es –, sie empfinden dasselbe auch für mich. Ich kann mich in jeder Situation auf sie verlassen – konnte ich immer –, doch sie wollen nur mein Bestes und übertreiben es aus diesem Grund manchmal mit ihrer Fürsorge. Schließlich habe ich in ihren Augen alles, was ich brauche. Meine eigenen Wohnräume, genügend Geld, um zurechtzukommen, und ich kann es mir erlauben, meinen von mir favorisierten Beruf zu ergreifen. Nur meine Freiheit habe ich leider nicht. Das zu verstehen fällt ihnen unheimlich schwer.

    Pro forma und damit die beiden nicht beunruhigt sind, habe ich angeboten, meine Suite im Hotel weiter zu behalten, sodass ich jederzeit zurückkommen kann, was ich allerdings nicht vorhabe. Das Forrest Plaza, hier in New York, gehört unserer Familie, zusammen mit … hmm … zehn oder zwölf anderen Hotels, die über den ganzen Erdball verteilt sind. Die Geschäfte haben mich noch nie interessiert. Das ist Ethans Sache, selbst Jordan und Brady lassen unseren älteren Bruder schalten und walten, wie es ihm gefällt. Er hat durch jahrelange Zusammenarbeit mit unserem Vater einfach das bessere Händchen dafür und deshalb sämtliche die Hotels betreffenden Belange nach dessen Tod übernommen.

    Nun stelle man sich mal vor, ich wäre in der vergangenen Nacht daheim aufgeschlagen. Ethan hätte mein Erscheinen sofort mitbekommen – er wusste schließlich, dass ich feiern gehen wollte – und auch gleich, dass ich über meinen Durst hinaus getrunken hatte. Genau genommen war ich mehr als nur leicht angeheitert, als wir den Club gegen drei Uhr in der Früh verließen. Es könnte auch schon vier Uhr gewesen sein.

    Jay hatte mir angeboten, bei ihm zu übernachten. Im Grunde war ihm gar nichts anderes übrig geblieben, denn wie die meisten Männer kann er weinenden Frauen anscheinend nur schwer etwas abschlagen. Zumindest glaube ich, dass ich geweint habe. Ganz sicher bin ich mir nicht. Am Ende hatte er jedenfalls Mitleid mit mir und wollte mich nicht der Wut meiner bösen großen Brüder aussetzen. Aber wie gesagt, meine Brüder sind echt nett, nur eben sehr speziell, das konnte Jay allerdings nicht wissen.

    Man mag vielleicht der Meinung sein, ich hätte leichtsinnig gehandelt, indem ich mit einem mir bis dahin fremden Typen mitgegangen bin, aber bei Jay hatte ich einfach ein gutes Gefühl und wie gesagt: einundzwanzig! Ich bin erwachsen.

    ***

    Vollkommen orientierungslos entscheide ich mich schließlich für die zweite Tür rechts. Es hätte natürlich auch jede andere sein können, doch mit einer muss ich ja beginnen. Als ich den Fliesenspiegel neben der Tür ausmache, wähne ich mich auf der richtigen Spur. Perfekt! Gleich beim ersten Versuch habe ich getroffen. Und weil es langsam dringend wird, beeile ich mich und peile das WC an.

    Als ich fertig bin, wasche ich mir Hände und wenigstens das Gesicht. Den Blick in den Spiegel vermeide ich dabei aus gutem Grund. Irgendwas sagt mir, dass mich der Anblick nicht besonders aufbauen wird, und für erschütternde Tatsachen bin ich irgendwie noch nicht bereit.

    Mit Watte im Gehirn und immer noch im Halbschlaf verlasse ich das Badezimmer wieder, welches im Übrigen wirklich sehr schön ist. So einen edlen, beinahe spießigen Geschmack hätte ich bei Jay gar nicht vermutet.

    ***

    Schwarze, auf Hochglanz polierte Schuhe und ein soeben daneben abgestellter Aktenkoffer versperren mir die Sicht auf den Fußboden und den Weg zurück in das Zimmer. Stirnrunzelnd lasse ich meinen Blick langsam an den dazugehörigen Beinen hinaufwandern. Perfekt sitzende und makellos gebügelte Hosen in zweifellos hervorragender Qualität irritieren mich. Keine Spur von den abgewetzten Jeans des gestrigen Abends. Das ist doch nicht Jay! Was soll das? Kann dieser Steuerberatertyp nicht mal aus dem Weg gehen?

    Reichlich genervt hebe ich meinen Kopf noch ein Stück höher, was mir nicht ganz ohne schmerzhaftes Pochen in der Stirn gelingt. Könnte allerdings auch an meinen gerunzelten Brauen liegen. Der Anzug ist übrigens eindeutig von Prada, dafür habe ich ein Auge, auch wenn beide nur zur Hälfte geöffnet sind. Wäre traurig, wenn nicht, schließlich ist Mode mein Job und ich bin gut darin. Davon ist mittlerweile sogar meine Chefin überzeugt, bei der ich derzeit ein Praktikum absolviere.

    Respekt für den unbekannten Büromenschen! Es gibt nicht viele Männer mit derart gutem Geschmack. Wer auch immer er ist, gerade steigt er in meiner Skala der Personen, die meine Anerkennung verdienen, um einen dicken Punkt. Nicht umsonst finde ich, dass der Spruch ›Kleider machen Leute‹ durchaus etwas Wahres in sich birgt. Was ich momentan in meinem Aufzug für einen Eindruck hinterlasse, möchte ich allerdings lieber nicht wissen.

    Einen erlesenen Stil hat dieser Mensch auf jeden Fall, auch wenn ich immer noch nicht genau weiß, mit wem ich es zu tun habe. Aktuell bin ich an seiner Brust angelangt, die tatsächlich auch nicht zu verachten ist. Meine Güte, der Kerl treibt eindeutig Ausgleichssport – und zwar nicht zu wenig – zu seinem vermutlich sehr trockenen Bürojob. Na ja, ich kann es ihm nicht verdenken. Über diesen ganzen Zahlen und Bilanzen würde sonst wohl früher oder später jeder vor Langeweile eingehen.

    Der Kehlkopf ist, hm, sehr männlich über dem bis zum Anschlag zugeknöpften Hemd und einer tadellos gebundenen Krawatte. Eine ähnliche trägt Christian Grey übrigens auch, bemerke ich in Erinnerung an den Filmabend mit meiner Freundin letzte Woche. Jetzt muss ich lachen und fange seinen Blick auf, der geradezu entgeistert wirkt. Und das ist noch milde ausgedrückt.

    Wie auch immer, ich muss zugeben, er ist fantastisch gekleidet und außerdem, dass er ein wirklich gut aussehender Steuerberater ist, denn mir bleibt glatt der Atem weg. Ich habe nur selten so einen attraktiven Mann gesehen und er könnte durchaus als Model durchgehen. Bei Gelegenheit werde ich ihn mal fragen, ob wir ihn für eine Schau buchen können. Miss Brunswick wäre begeistert über meine Entdeckung.

    Sein Gesichtsausdruck bleibt während der nächsten paar Sekunden unverändert, was mir ein wenig Sorge bereitet. Könnte natürlich an meinem mehr als nachlässigen Aussehen liegen. Vielleicht ist er so etwas nicht gewohnt in den Kreisen, in denen er sonst verkehrt. Ich hatte ja keine Ahnung, dass Jay aus reichem Hause stammt. Obwohl sein Apartment schon der Hammer ist und bei näherem Hinsehen eine Menge Geld vermuten lässt.

    Langsam beschleicht mich ein unangenehmes Gefühl und ich lege fragend den Kopf schief. Als ich ihm direkt in die Augen sehe, wundere ich mich, dass ich überhaupt noch Worte finde. Er haut mich förmlich um, doch ich versuche jetzt, mich zusammenzureißen und räuspere mich kurz, weil ich nicht sicher bin, inwiefern ich meiner Stimme trauen kann. »Ehrlich? Hat er Sie etwa am Wochenende herbestellt?«, will ich mit einem Blick auf den Aktenkoffer in seiner Hand wissen. »Ihr Zahlenkünstler arbeitet wohl auch rund um die Uhr an allen sieben Tagen, was?« Meine Stimme klingt versoffen, anders kann man das beim besten Willen nicht ausdrücken, und kippt bei den hohen Tönen immer weg. Warum ich überzeugt bin, einen Steuerberater vor mir zu haben, weiß ich nicht genau, vermutlich aber, weil Ethan erst vor ein paar Tagen ebenfalls einen Termin mit einem Herrn dieser Berufsgattung wahrgenommen hat, und genau dieser kam mir soeben in den Sinn.

    Jetzt reißt er seine Lider noch ein bisschen weiter auf, während er mich unverwandt anstarrt. Der Mehrere-hundert-Dollar-Haarschnitt sitzt perfekt, da gibt es nichts zu meckern. Jedes Haar ist an Ort und Stelle, als käme er geradewegs aus dem Studio eines Star-Coiffeurs. Sie sind pechschwarz – genau wie seine Augen, die mich zu durchbohren scheinen – und unwillkürlich beschleicht mich der Wunsch, einmal hindurchzufahren, doch ich schätze, diesbezüglich versteht er keinen Spaß.

    »Was zum Teufel soll das?«, fragt er jetzt mit frostiger Stimme. »Du hast hier nicht das Geringste zu suchen!« Nach diesen Worten ist seine Miene genauso eisig wie sein Tonfall. Doch der schöne Schwung der Oberlippe und die volle Untere sind mir nicht entgangen. Ein männlicher, aber sinnlich geformter Mund, zum Küssen wie gemacht.

    Ich presse die Lider zusammen, versuche, den Faden zu finden, der mir irgendwie abhandengekommen ist.

    »Entschuldigung?«, entgegne ich schließlich entrüstet, doch ein Hickser verdirbt mir den gewünschten Effekt. »Ich wüsste nicht, was Sie das angeht. Packen Sie ruhig schon mal ihre Tabellen, Kalkulationen und den ganzen Kram aus. Ich bin sicher, Jay wird gleich da sein.« Schon bin ich im Begriff mich aus dem Staub zu machen, weil der Typ so dermaßen unverschämt rüberkommt, und ich deshalb keine große Lust verspüre, meine Zeit mit ihm zu verschwenden – Prada hin oder her –, da ruft er mir mit knappen Worten zu: »Bleib stehen!«, und hält mich am Oberarm fest, als ich mich an ihm vorbeischlängeln will. Sein Duft steigt mir in die Nase. Ein Hauch von kostspieligem Eau de Toilette mit einer leicht holzigen, männlichen Note. Er riecht gut, definitiv. Aber auch das kümmert mich gerade nicht und ich starre ungläubig auf seine Hand. »Hey, was soll denn das? Lassen Sie mich sofort los!«, fordere ich.

    »Halt den Mund!«, zischt er kalt. »Du kommst erst mal mit!« Aus lauter Verblüffung über sein bestimmendes Auftreten und auch, weil ich mich nicht anständig und sicher auf den Beinen halten kann, stolpere ich hinter ihm her, muss mich sogar an ihm abstützen.

    »Nein! Das kommt gar nicht infrage. Sind Sie verrückt geworden?«, rufe ich empört. Nun kann ich mich kaum noch beherrschen, als er mich in ein Büro schiebt und die Tür hinter uns schließt. Er scheint sich hier ja bestens auszukennen.

    »Setzen!«, fordert er und deutet mit einer knappen Kopfbewegung auf einen Ledersessel, der vor dem Schreibtisch steht.

    Und was mache ich? Ich tue genau das, was er sagt. Einfach unglaublich. Wo ist mein freier eigener Wille hin, den ich mir noch vor zehn Minuten stolz bescheinigt habe? Dann starre ich ihn mit offenem Mund an, beobachte, wie er in aller Seelenruhe auf der Tischkante, unmittelbar vor mir, Platz nimmt. Trotz unseres Gerangels atmet er ganz ruhig, während ich, beinahe am Ende meiner Kräfte, heftig schnaufe.

    Er beugt leicht seinen Kopf zu mir herab. Seine Augen sind nur noch schmale Schlitze und er sieht mich teils bewundernd, teils abfällig an. »Alle Achtung«, sagt er leise.

    Plötzlich wird mir ganz kalt … und heiß. Unwillkürlich halte ich den Atem an.

    »Damit habe ich nicht gerechnet.« Ein wenig amüsiertes Lachen ist zu hören. »Dass ich ausgerechnet dich hier vorfinde … Eins zu null für Ethan Forrester. Ich würde sagen, der Kampf ist eröffnet.«

    Verdammt noch mal, was hat mein kontrollsüchtiger Bruder denn mit der Sache zu tun? Auf seine Erklärung bin ich jetzt wirklich gespannt. Und so langsam dämmert mir, wen ich vor mir habe.

    Kapitel 2

    Colton

    Das kann nichts anderes als ein blöder Scherz sein. Eigentlich hatte ich diesen Termin am heutigen Sonntagmorgen nicht geplant, doch ich bin flexibel, wenn es die Umstände erfordern, und bereite mich in Gedanken gerade auf die anstehenden Verhandlungen vor, als mir ausgerechnet Ethan Forresters Schwester über den Weg läuft – in meinem eigenen Apartment. Kurz überlege ich, ob dieser Geschäftstermin heute ein Fake ist, um mich von hier wegzulocken, doch dann verwerfe ich diesen abstrusen Gedanken. Auf meinen derzeitigen Verhandlungspartner ist Verlass, ich kenne ihn schließlich seit Jahren.

    Nichtsdestotrotz steht sie jetzt hier. So viel Dreistigkeit macht selbst mich beinahe sprachlos und das soll schon was bedeuten. Ich muss zugeben, dass ich Forrester nicht zugetraut hätte, so weit zu gehen. Das Mädchen sieht, wie sie vor mir sitzt, kein Jahr älter als siebzehn aus, ich weiß jedoch mit Sicherheit, dass dem nicht so ist. Die Zwanzig hat sie bereits überschritten.

    Mit ihren hüftlangen platinblonden Haaren würde ich sie überall auf der Welt wiedererkennen, auch wenn sie momentan wirkt, als hätte sie im Rinnstein genächtigt und deshalb dringend eine Dusche und diverse Pflegeprodukte benötigt. Die Strähnen verdecken das meiste ihres blassen Gesichts, welches die Spuren einer durchzechten Nacht trägt. Ein Partygirl also, das mit den Massen an Geld, das ihre Familie in vielen Jahren angehäuft hat, in Saus und Braus lebt. Doch eigentlich habe ich sie an ihrer Stimme erkannt, auch wenn sie heute noch ein paar Nuancen heiserer und tiefer ist als bei unserer letzten Begegnung. Diesen ungewöhnlichen, immer etwas heiseren Klang, als wäre sie gerade aus dem Tiefschlaf erwacht, würde ich so schnell nicht wieder vergessen. Ich kann mir vorstellen, dass sich ein paar dreckige Worte aus ihrem Mund fantastisch anhören würden.

    Ethan kämpft also mit harten Bandagen, setzt seine jüngere Schwester auf meinen kleinen Bruder an, um so an mich zu gelangen. Hätte ich mich nicht so gut unter Kontrolle, wäre mir wohl jetzt übel oder ich würde auf irgendetwas einschlagen, aber wie immer beherrsche ich mich, lasse keine Gefühlsregung zu. Nur so erreicht man in geschäftlichen Belangen seine Ziele. Meine sind hoch gesteckt und längst noch nicht restlos verwirklicht.

    Mir wird klar, dass der Kerl zu allem fähig ist, wenn er sein eigen Fleisch und Blut für seine miesen Geschäftspraktiken missbraucht. Gut zu wissen! Zukünftig werde ich mich wohl vorsehen müssen, und effektivere Maßnahmen ergreifen, um den Forrester Clan ein für alle Mal loszuwerden und somit mein Eigentum zu schützen.

    Ohne sie aus den Augen zu lassen, greife ich schräg hinter mich und betätige einen Knopf auf der Telefonanlage. Ein Rauschen ertönt und dann: »Guten Morgen, Sir.« Wie immer klingt die Stimme meiner Sekretärin angenehm und gut gelaunt. Ob sie es ist? Interessiert mich nicht, ich nehme es aber an, denn sie verdient genug, um bester Laune zu sein.

    »Mabel, sag meinen Termin für heute Vormittag ab, danke.«

    »Jawohl, Sir«, sagt sie, doch ich habe schon den Knopf gedrückt, bevor sie zu Ende gesprochen hat.

    Mit großen blauen Kulleraugen sieht Miss Forrester in meine Richtung. Sie sind wirklich einmalig schön, doch ich sehe noch etwas anderes in ihnen. Kampfgeist? Hm, auf jeden Fall eine Menge Trotz, und wenn ich Glück habe einen Haufen Temperament. Ich kann mir ein Grinsen nur schwer verkneifen. Sie weiß es noch nicht, aber sie hat nicht die geringste Chance gegen mich.

    So sieht der jüngste Spross der Hotelkettendynastie also aus nächster Nähe aus. Sehr schön. Das einzige Mal, als ich sie sah, saß sie im Vorzimmer von Ethans Büro. Ich hatte nur aus den Augenwinkeln Notiz von ihr genommen, und keine Zeit mich mit ihr zu beschäftigen, da ein wichtiger Termin vor mir lag. Aber die Stimme ließ mich damals für ein paar Sekunden innehalten, weil mich der Klang so faszinierte, und es war eindeutig dieselbe. Allerdings schätze ich, dass sie an dem Tag ein wenig gepflegter aussah.

    Im Moment zieren schwarze Schatten der Reste ihres Augen-Make-ups und wahrscheinlich Müdigkeit ihre Wangen. Sie macht auf den ersten Blick einen kindlichen, beinahe verschreckten Eindruck, und ich vermute, dass sie in vielen Männern den Beschützerinstinkt weckt. Bei jemandem wie meinem Bruder ganz sicher. Er ist einfach zu gut für diese Welt und hat aus diesem Grund nichts mit mir gemeinsam. Die Vorstellung von den beiden allerdings … ich bin irritiert und merke, wie es in mir zu brodeln beginnt. Dafür habe ich jetzt keine Zeit.

    »Nun, Skylar …« Ihre Augen werden noch größer, als sie es sowieso schon sind, doch ansonsten lässt sie nicht erkennen, ob sie sich darüber wundert, dass ich ihren Namen kenne. Gar nicht schlecht. Wir sind uns nie offiziell vorgestellt worden, trotzdem wissen wir beide, mit wem wir es zu tun haben. »Sieht so aus, als müsstest du mir einiges erklären, und ich habe mir soeben etwas Zeit freigeschaufelt. Du kannst dich glücklich schätzen, Termine sind bei mir dünn gesät und normalerweise ist mit einer Wartezeit von mehreren Tagen zu rechnen, aber heute …« Ich breite die Arme aus. »… stehe ich zu deiner vollen Verfügung. Kein Problem, wirklich. Ich hoffe, du hast heute nichts mehr vor.« Mit diesen Worten stehe ich auf und umrunde den Schreibtisch in gemäßigtem Tempo, um in dem Sessel dahinter Platz zu nehmen. Dann warte ich, beobachte sie, wie sie sich windet und nach Worten sucht. Nicht für eine Sekunde wende ich den Blick von ihr ab.

    Ein paar Minuten vergehen, bis ich den rauchigen Klang ihrer Stimme vernehme. Zauberhaft. Ich halte sogar den Atem an, um ihr vollkommen lauschen zu können. »Wir haben nur gefeiert. Das wird doch wohl nicht verboten sein, und ehrlich gesagt verstehe ich die ganze Aufregung nicht.« Sie ist verärgert, stelle ich fest, mehr als nur ein bisschen. In ihren Augen sehe ich Wut aufglimmen, als sie ihre blonden Strähnen zur Seite streicht. Zweifelsfrei schlummert in ihr weit mehr Temperament, als ich es bisher zu sehen bekommen habe. Furchtlos hält sie meinem Blick stand, während die Sekunden verrinnen.

    »Nun …« Ich überlege und sehe aus dem Fenster, als müsste ich meine Worte mit Bedacht wählen und eine schwerwiegende Entscheidung treffen. »Ich weiß nicht, wie mir das gefallen würde, wenn meine kleine Schwester nachts zu einem Mann nach Hause geht, den sie kaum kennt. Du musst zugeben, auf diese Weise könntest du einen gewissen Eindruck vermitteln. Würde jemand erfahren, dass die kleine Miss Forrester einen derart lockeren Lebenswandel pflegt, könnten die Medien davon Wind bekommen. Hat dein Bruder daran denn tatsächlich nicht einen Gedanken verschwendet?« Mitleidig schüttele ich den Kopf. »Du verstehst sicher, was ich meine …«

    »Nein, ehrlich gesagt, verstehe ich gar nichts. Es gibt nichts, dessen ich mich schämen müsste. Mein Bruder würde das sicherlich genauso sehen. Aber wissen Sie was? Das alles geht Sie doch einen Scheißdreck an. Warum mischen Sie sich in Angelegenheiten, die nicht Ihre eigenen sind?« Sie kocht vor Wut, das sehe ich ihr an. Ihre Augen scheinen förmlich zu glühen und es fehlt nicht mehr viel, bevor sie komplett die Beherrschung verliert.

    Dennoch, sie ist eine kleine Lügnerin und ärgert sich lediglich, weil ich sie auf frischer Tat ertappte.

    Fast nehme ich ihr diese Unschuldsnummer ab, aber nur fast.

    Das wird ein Spaß!

    »Ich werde jetzt gehen«, verkündet sie entschlossen und springt vom Sessel auf.

    »Wirst du nicht«, sage ich völlig ruhig, was sie zu verwundern scheint.

    »Ach nein? Das werden wir ja sehen. Wollen Sie mich hier etwa mit Gewalt festhalten? Das kann ich mir nicht vorstellen, denn ich schätze, Sie können auf Schlagzeilen verzichten, wie: ›Berühmter New Yorker Geschäftsmann hält unschuldige junge Frau in seiner Gewalt‹ oder ›Colton Ferris – perverse Spiele mit hilflosem Mädchen in den eigenen vier Wänden‹«

    Es fällt mir schwer, nicht laut loszulachen, aber ein Schmunzeln kann ich mir dennoch nicht verkneifen, was mir wieder einen wütenden Blick von ihr einbringt. »Unschuldig? Ich wette, du bist nicht halb so unschuldig, wie du dich gibst, denn sonst wärst du gar nicht hier. Und: perverse Spiele? Ich bitte dich! Solche Anschuldigungen sind etwas geschmacklos angesichts deines derangierten Zustandes. So pervers kann ich gar nicht sein, egal wie viel Mühe ich mir geben würde.«

    »Sie sind ein arroganter Mistkerl, wissen Sie das?«, faucht sie.

    »Warum? Weil mir partout keine perverse Idee kommen will, was ich mit einem derart heruntergekommenen Mädchen anfangen soll?«

    Ihre Lippen sind zu einer schmalen Linie zusammengepresst und ihre Augen sprühen Funken. Sie ist wirklich wütend und in Wahrheit fallen mir unzählige Varianten dessen ein, was ich mit ihr gerne tun würde.

    Verblüfft hat sie sich wieder in ihren Sessel sinken lassen. »So einer wie Sie ist mir noch nie begegnet.«

    Langsam nicke ich. »Das glaube ich dir gern.«

    Kapitel 3

    Skylar

    Auf einmal fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Natürlich, ich habe den Kerl bereits mit Ethan gesehen. Warum ist mir das nicht gleich aufgefallen? Das muss am Restalkohol liegen, der immer noch durch meine Adern fließt und mein Hirn vernebelt, und daran, weil ich so bemüht war, seinen Blicken auszuweichen, anders kann ich mir das nicht erklären.

    Es ist höchstens ein paar Wochen her, seit er meinen Bruder in seinem Büro aufgesucht hat. Mr. Colton Ferris. In meiner Erinnerung sehe ich ihn vor mir, wie er mit festen Schritten an mir vorbeistolzierte und mir einen flüchtigen Blick zuwarf, bevor er für Stunden mit Ethan hinter verschlossenen Türen verhandelt hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man einen Mann wie ihn so schnell wieder vergisst. Er zog sämtliche Blicke der anwesenden Damen auf sich, die sich zu der Zeit im Vorzimmer aufhielten, einschließlich meinen, auch wenn ich das niemals zugeben würde. Eher beiße ich mir die Zunge ab. Während der Unterhaltung mit Ethans Sekretärin hatte ich auch kurzzeitig den Faden verloren, wenn ich mich richtig erinnere.

    Schon damals fragte ich mich, was die beiden so lange miteinander zu bequatschen haben. Kurz zuvor hatte ich meiner Familie die Pläne offenbart, künftig allein leben zu wollen, und die Stimmung war dementsprechend angespannt. Meine Mutter erwies sich dabei als wenig hilfreich, als ich sie telefonisch um Unterstützung bat, während sie auf Hawaii am Strand damit beschäftigt war, sich von allen Seiten gleichmäßig bräunen zu lassen – was sie in meinen Augen absolut verdient hat, denn sie hat immer hart an der Seite meines Vaters gearbeitet, solange er lebte.

    Sie tat das Gehabe von Ethan als Sorge um mein Wohlergehen ab, welches meinen Brüdern sehr am Herzen liegt, und wies mich darauf hin, wie glücklich ich mich doch darüber schätzen könne, dass die drei derart bemüht um mich seien.

    Danke, Mom.

    Plötzlich wird mir übel, viel mehr noch, als es mir sowieso schon war, und ich springe aus meinem Sessel. »Das ist doch kein Zufall, dass ich hier bin, oder?«, keife ich los, so weit meine Stimme das zulässt.

    »Ich schätze nicht«, antwortet er seelenruhig und lehnt sich völlig gelassen zurück, dabei starrt er mich weiterhin an. »Aber das müsstest du ja selbst viel besser wissen als ich.«

    »Was soll denn das heißen?«, frage ich und weiß nicht im Mindesten, was er meint. »Wem gehört dieses Apartment und wo ist Jay

    »Jay?« Kurz wirkt er irritiert und winkt dann lässig ab. »Der hat nichts damit zu tun.«

    »Ach nein? Aber wegen ihm bin ich hier.«

    »Ach, wirklich?«, fragt er mit hochgezogenen Augenbrauen und ironischem Tonfall. Ich sehe ihm an, dass er mir nicht glaubt. Aber was will er mir hier unterstellen? Ich bin ihm doch keine Erklärungen schuldig.

    »Ich kann nur noch mal sagen, es geht Sie nicht das Geringste an, was ich tue, wo ich es tue und vor allem mit wem

    Jetzt lacht er. Findet er das alles etwa witzig?

    »Das könnte man meinen. Tatsächlich interessiert es mich auch nicht, mit wem du es tust.« Sein Blick ist hart. »Solange du dich aus meinem Leben und meinen Belangen heraushältst. Sobald diese Grenze jedoch überschritten ist, kann ich dich nur warnen: Ich mache keinen Spaß, das ist mein voller Ernst und du wirst es bereuen, solltest du etwas im Schilde führen, was mir oder meinen Geschäften auf irgendeine Weise schaden könnte. Und wenn es nur ein Kugelschreiber ist, der mir abhandenkommt, kann ich dir versichern, dass ich dir die Hölle auf Erden bereiten werde.«

    Besagten Kugelschreiber hält er zwischen den Fingern und klappert provozierend damit herum, indem er die Miene immer wieder rein- und rausschnellen lässt. Zumindest ich fühle mich davon provoziert. Er sagt das alles im Plauderton, sodass ich kurz das Gefühl habe, mich verhört zu haben, doch dann schaue ich in seine Augen. Sie sind unglaublich dunkel, so tief, doch ich erkenne ein gefährliches Glitzern darin, das seine Worte noch einmal unterstreicht – mit einem dicken schwarzen Filzstift. Er meint das vollkommen ernst, und als mir das klar wird, überzieht eine Gänsehaut meinen ganzen Körper.

    »Drohen Sie mir etwa?«, frage ich keuchend.

    Die Sekunden verrinnen, während er mich mit starrem Blick fixiert. Ich höre mein Herz laut pochen und zwinge mich, ihm standzuhalten. Beinahe schmerzhaft hüpft es in meiner Brust herum und ich bete, dass er davon nichts mitbekommt. Aber natürlich kann er das nicht, wie denn auch? Anscheinend bin ich nicht ganz zurechnungsfähig, wenn ich ihm solche Talente zutraue.

    Als müsste er erst mal darüber nachdenken, runzelt er die Stirn. »Ich würde es eher einen gut gemeinten Ratschlag aus Sorge um dein Wohlbefinden nennen«, sagt er und trommelt dabei mit dem blöden Stift auf der Tischplatte herum – beiläufig wohlgemerkt.

    Zischend entweicht mir der Atem und ich setze schon zu einer passenden Antwort an, als er seine Hand hebt, um das zu unterbinden. Nur unter Zwang hindere ich mich daran, die Augen zu verdrehen, aber ich muss unbedingt wissen, was er mir zu sagen hat.

    »Ich habe dir einen Vorschlag zu unterbreiten: Ich bin bereit, über diese Sache kein Wort zu verlieren, unter einer Bedingung: Du wirst es genauso halten! Niemand wird von diesem Gespräch erfahren und auch nicht, dass ich dir auf die Schliche gekommen bin. Ich habe vor, deinen Bruder in Sicherheit zu wiegen, warum, das erfährst du zu einem späteren Zeitpunkt. Ich gebe dir aber mein Wort darauf, dass niemand zu Schaden kommen wird. Auch du nicht.« Er beugt sich vor. »Es liegt nicht in meinem Interesse, eure Familie zu ruinieren.«

    Na ja, diese Aussage halte ich dann doch für ein wenig übertrieben. Hat dieser Kerl einen leichten Hang zum Dramatischen?

    Als würde die Gefahr bestehen, unsere Familie könnte

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