Hüllenlos vor dir
Von Christy McKellen
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Über dieses E-Book
Er will Antworten! Jamie De Montford setzt alles daran, die rätselhaften Umstände um den Tod seines Vaters aufzuklären, in den ganz gewiss irgendwie die Familie Darlington-Hume verwickelt ist. Seine Vorgehensweise ist so genial wie elegant. Er macht der schönen April Darlington-Hume, seiner Ex, ein unwiderstehliches Angebot: Jamie beschert ihr im Bett unglaubliche Höhepunkte, dafür weiht April ihn in die Geheimnisse ihrer Familie ein. So weit, so einfach - wenn nur nicht jedes Mal Jamies Verstand aussetzen würde, sobald April die Hüllen fallenlässt!
Christy McKellen
Christy McKellen, ehemalige Video- und Radioproduzentin, verbringt ihre Zeit jetzt mit dem Schreiben von provokativ-leidenschaftlicher, verführerischer Romance. Wenn sie nicht gerade damit beschäftigt ist, genießt sie das Leben mit ihrem Ehemann und ihren drei Kindern. Sie liebt es, spazieren zu gehen und die tiefsten Geheimnisse und Gelüste anderer Menschen herauszufinden. Christy freut sich über jedes Feedback ihrer Leserschaft auf christymckellen.com.
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Hüllenlos vor dir - Christy McKellen
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Lieferbare Titel
MIRA® TASCHENBUCH
Copyright © 2020 by MIRA Taschenbuch
in der HarperCollins Germany GmbH
© 2019 by Christy McKellen
Originaltitel: „She Devil"
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
in der Reihe: DARE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V. / SARL
Übersetzung: Johannes Heitmann
Coverabbildung: shutterstock_kiuikson
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN E-Book 9783745752342
www.harpercollins.de
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1. KAPITEL
April
Beim Sex geht es nicht um Liebe und Zuneigung, sondern nur um Macht und Kontrolle.
Das ist mir in den letzten zehn Jahren klar geworden.
Okay, ich gebe zu, dass er auch der Fortpflanzung dient und der Erhaltung des Familiennamens – oder im Fall meines Vaters der Erzeugung eines Erben für sein riesiges Geschäftsimperium –, und ich weiß auch, dass einige Leute sogar glauben, sie würden es nur zum Spaß tun, aber glaubt es mir: Sex ist nichts als ein Werkzeug, mit dem wir uns gegenseitig manipulieren.
Ja, es stimmt, was die Leute über mich sagen, und damit meine ich in erster Linie Jamie De Montfort: Ich bin eine totale Bitch.
Ich musste so sein. Das war notwendig.
Hinter meinem Rücken bezeichnen mich die Leute als knallhart.
Das gefällt mir. Härte ist sehr nützlich und wichtig. Ohne Härte würde alles auseinanderfallen.
Kalt wie ein Eisbärarschloch, das höre ich weniger gern.
Aber ich wäre bei DH Worldwide, dem bereits erwähnten, multinationalen Imperium meines Vaters, nicht zur Geschäftsführerin aufgestiegen, wenn ich nicht gelernt hätte, das Gerede der Leute zu ignorieren.
Nur meine ich mit diesen Leuten in diesem Fall nicht Jamie De Montfort, denn mir ist leider immerzu äußerst bewusst, was er von mir hält. Durch den Tod meiner Mutter war ich gezwungen, ihre Rolle der Familienmatriarchin zu übernehmen, was meine Schwester Maya nicht ausstehen konnte. Und zwischen Jamie und mir herrscht seitdem alles andere als Freundschaft.
Das ließ sich nicht vermeiden.
Ich konnte ihm nie genau erklären, wieso ich im dritten Studienjahr auf der St. Andrew’s University unsere achtzehnmonatige Beziehung beendet habe. Deshalb hat er beschlossen, von mir immer nur das Allerschlimmste zu denken und dafür zu sorgen, dass alle anderen derselben Meinung sind.
Das ist schon okay. Es musste eben so sein. Uns beiden zuliebe.
Wenn ich ihm die Gründe für mein Verhalten verraten hätte, hätte ihn das seelisch vernichtet – und mich auch.
Denn ich habe ihn geliebt.
Das kann ich jetzt nicht mehr, so, wie er mich seit damals behandelt hat.
Leider kommt es jetzt immer häufiger vor, dass wir uns bei gesellschaftlichen Anlässen über den Weg laufen, und er versäumt keine Gelegenheit, mich wissen zu lassen, wie wenig er von mir hält.
Erst gestern Abend hat er das wieder getan.
Nur hat sich der gestrige Abend am Ende vollkommen von den anderen Begegnungen unterschieden. Wenn ich jetzt daran zurückdenke, kann ich im Grunde kaum fassen, dass es passiert ist. Es kommt mir eher wie ein Traum vor – oder wie ein Albtraum, je nachdem, wie man es sieht.
Ich bin zu einem Fundraiser gegangen, den die Ehefrau eines Geschäftspartners eingeladen hatte, um Geld für eine Hilfsorganisation für Kinder zu sammeln, die ihr sehr am Herzen liegt. Zur Teilnahme habe ich mich ganz kurzfristig entschlossen, weil ein Meeting in Rom geplatzt war und ich daher an jenem Abend unvorhergesehen Freizeit hatte.
Deshalb hatte ich keine Ahnung, dass Jamie De Montfort bei diesem Event als Moderator auftrat.
Ihn als weltberühmten ehemaligen Tennis-Champion für diesen Zweck zu gewinnen war ein echter Coup, und bei den Reaktionen auf sein bescheidenes, charmantes Auftreten war klar, dass an diesem Abend viel Geld in der Kasse der Hilfsorganisation landen würde.
Wenigstens konnte ich ihn von meinem Platz ganz hinten im Saal aus beobachten, ohne wie sonst den Drang zu verspüren, mich angewidert abwenden zu müssen.
Ich muss leider zugeben, dass er echt gut aussah. Sehr gut sogar. Seinen athletischen Körperbau konnte auch der Smoking nicht verbergen. Schon mit Anfang zwanzig, als ich ihn am besten kannte, hatte er einen tollen Körper gehabt. Mit „am besten kennen" meine ich, dass ich ihn damals regelmäßig nackt gesehen habe.
Ich musste mich daran hindern, körperlich auf diese Erinnerungen zu reagieren, während ich dasaß und versuchte, ihn ganz objektiv zu sehen. Das rotblonde Haar hatte er sich etwas länger wachsen lassen, seit ich ihn vor ein paar Monaten zuletzt gesehen hatte. Im Nacken reichte es wellig bis zum Kragen, und die zerzausten Strähnen fielen ihm in die Stirn. Ich musste daran denken, wie er sich früher, als wir zusammen waren, das Haar immer aus seinen umwerfend blauen Augen weggestrichen hatte, wenn er sich zu mir umgedreht hatte. Die schlichte Eigenart von ihm hat mich jedes Mal auf eine Art erregt, die ich nicht mit Worten erklären kann.
An diesem Abend konnte ich auch seinen kantigen Kiefer deutlich sehen, weil er sich zur Abwechslung rasiert hatte. Sonst ist er für seinen stylishen Dreitagebart berühmt. So kennt man ihn aus der Werbung für seine eigene Sportswear für Männer.
Er war sich schon immer dessen sehr bewusst gewesen, wie attraktiv er ist, daher überrascht es mich ganz und gar nicht, dass er keine Hemmungen hat, sein Aussehen einzusetzen, um daraus Gewinn zu ziehen.
Dieser selbstsüchtige Narzisst!
Wahrscheinlich konnte er es aus diesem Grund nicht fassen und hat so boshaft reagiert, als ich mit ihm Schluss gemacht habe. Er konnte nicht glauben, dass ich es wage, jemanden in die Wüste zu schicken, der so einzigartig ist wie er.
Aber ich habe mit ihm Schluss gemacht. Und diese Entscheidung bereue ich auch jetzt nach zehn Jahren noch nicht. Zumal ich deutlich sehe, wie schamlos er mit jeder einzelnen Frau im Saal flirtet, selbst mit den Frauen, von denen ich weiß, dass er sie schon ins Bett bekommen hat. Ich sollte hinzufügen, dass das auch einige meiner Freundinnen einschließt, obwohl er mich nach wie vor wie den letzten Dreck behandelt.
Doch das macht mir nichts mehr aus.
Wirklich nicht.
Es ist eine Ironie des Schicksals, dass mir genau dieser Gedanke durch den Kopf ging, als meine Sitznachbarin – eine gute Freundin der Organisatorin – sich zu mir beugte und flüsterte: „Haben Sie schon das von Jamie De Montforts Vater Cliff gehört?"
Schon bei der Erwähnung dieses Namens ist es mir kalt den Rücken hinuntergelaufen.
„Nein", habe ich herausgebracht, obwohl mein Mund sich anfühlte, als sei er mit Steinen gefüllt.
Meine Sitznachbarin schüttelte bedrückt den Kopf und sah mich aus großen Augen betroffen an. „Vor ein paar Tagen ist er nach einem weiteren schweren Herzinfarkt gestorben. Jamie war am Boden zerstört, aber er hat darauf bestanden, heute herzukommen und durch den Abend zu führen. Mit einem Nicken deutete sie zu Jamie, der stolz und aufrecht auf der Bühne stand und dem Direktor der Kinderhilfsorganisation die Hand schüttelte, während alle Gäste begeistert applaudierten. „Dieser Mann ist der Inbegriff eines echten Helden.
Bei dem tosenden Beifall musste meine Sitznachbarin fast schreien. Aus ihrem Blick sprach tiefe Bewunderung.
Zu mehr als einem angespannten Lächeln konnte ich mich nicht durchringen. Mir hämmerte das Blut in den Schläfen, und mein Magen war so verkrampft, dass mir fast übel wurde.
Cliff war also tot. Und Jamie war trotzdem zu diesem Event erschienen. Das ging mir nicht in den Kopf. Jamie hatte seinen Dad vergöttert, und auch wenn ich keinerlei Sympathie mehr für ihn hegte, war mir klar, wie sehr er im Moment leiden musste. Diese Neuigkeit löste in mir eine Welle schmerzhafter Erinnerungen an die Zeit aus, als meine Mutter nach einem Skiunfall gestorben war. Und erst vor einem Monat hatte ich unerträgliche seelische Qualen und Ängste ausgestanden, als ich erfahren hatte, dass mein Vater bei einem Autounfall nur knapp dem Tode entronnen war.
Ja, ich wusste sehr genau, wie Jamie sich jetzt fühlte.
Beängstigend einsam.
Für ihn musste es umso schlimmer sein, weil er jetzt der letzte De Montfort war. Der letzte seiner Art.
Mich durchfuhr ein Anflug von Nostalgie. Das hatte sicher mit meinen ganz eigenen, quälenden Erinnerungen zu tun. Ich musste mich entschuldigen und aus dem Saal raus, um wieder etwas Luft in meine Lungen zu bekommen. Eigentlich wollte ich direkt zu den Waschräumen gehen, doch dort standen bereits eine ganze Reihe von Frauen Schlange, deshalb bog ich in das nächstbeste Büro ab, das zum Glück leer war. Ohne das Licht einzuschalten, ging ich direkt zum Fenster hinüber und öffnete es, um mir die kühle Abendluft über das erhitzte Gesicht streichen zu lassen.
Mein Herz hämmerte, als sei ich gerade mit Höchsttempo eine ganze Meile gerannt. Vor Aufregung schien mein ganzer Körper zu vibrieren.
Cliff war tot.
Sofort fragte ich mich, ob mein Vater schon davon erfahren hatte. Falls ja, wieso hatte er es mir dann nicht erzählt?
Ich zuckte zusammen, als hinter mir die Tür aufging und aus dem Flur Licht ins Zimmer drang.
Blinzelnd betrachtete ich die Umrisse des großen, breitschultrigen Mannes, der in der Tür stand. Instinktiv wusste ich sofort, um wen es sich handelte, noch ehe meine Augen sich an das Licht gewöhnt hatten und ich die vertrauten Gesichtszüge ausmachen konnte.
„Guten Abend, Jamie", sagte ich so gleichgültig, wie ich nur konnte. Auf keinen Fall sollte er merken, wie aufgewühlt ich war. Wenn ich mir nur das Geringste anmerken ließ, würde er sofort darauf anspringen und meine Schwäche gnadenlos gegen mich nutzen. Ich konnte nur hoffen, dass er sofort wieder kehrtmachte und ging, wenn er erst erkannte, dass ich allein hier war.
Doch das war mir nicht vergönnt.
„April, witzig, dich hier anzutreffen. So allein und schmollend in der Dunkelheit."
Bei seinem abfälligen Tonfall kroch sofort die Wut in mir hoch.
„Ich nehme mir nur eine kurze Auszeit. Da drin ist es zu warm", erwiderte ich ausdruckslos und versuchte, jegliche Emotion aus meinem Tonfall zu bannen, damit Jamie nichts zum Kommentieren bekam. Nur so konnte ich hoffen, dass er sich langweilen und verschwinden würde.
Doch das tat er natürlich nicht. Schließlich war er Jamie. Dieser Mann hat noch keine Gelegenheit verstreichen lassen, um mich zu quälen.
Stattdessen schloss er die Tür hinter sich, und der Raum war wieder in Dunkelheit gehüllt. Langsam kam er zu mir herüber, wo ich nach wie vor reglos am Fenster stand.
Genau in diesem Moment war ich unglaublich dankbar für die Dunkelheit und die kühle Brise von draußen.
„Gibt es einen Grund, wieso du diese Auszeit ausgerechnet in dem Raum nimmst, den sie mir als Garderobe zugewiesen haben?" Im Schimmer der Straßenbeleuchtung von draußen konnte ich sein Gesicht im Profil sehen.
„Ich dachte, dies sei ein leeres Büro. Mir war nicht klar, dass es dein Zimmer ist", erwiderte ich und spürte, wie ich knallrot wurde, weil mir dieses Missgeschick so peinlich war.
„Ist das wahr?", fragte er, und ich konnte ihm den Unglauben anhören.
In der sich anschließenden peinlichen Stille versuchte ich hektisch, irgendetwas zu finden, womit ich seine Aufmerksamkeit davon ablenken konnte, dass ich mich gerade so unwohl fühlte.
„Ich habe vom Tod deines Vaters gehört. Das tut mir sehr leid." Ich war zu dem Schluss gekommen, dass ich dieses Thema auch genauso gut gleich hier und jetzt anschneiden konnte. Zweifellos würde es früher oder später ohnehin zur Sprache kommen. Jamie war ohnehin davon überzeugt, dass meine Familie an allem Unglück seines Vaters die Schuld trug. Zweifellos machte er uns auch für diesen Herzinfarkt verantwortlich.
Wenn er nur wüsste …
Die Luft schien im Raum zu stehen, und ich glaubte zu sehen, wie ein schmerzvoller Ausdruck über Jamies Züge glitt, doch in dem dämmrigen Zwielicht konnte ich mir da nicht sicher sein. Bei dem Gedanken daran zog sich mir immer noch der Magen zusammen. Schon seit Jahren hatte Jamie sich mir gegenüber keinerlei Gefühle mehr anmerken lassen, mal abgesehen von Zorn.
„Du hast also davon gehört?", stellte er schließlich fest.
„Ja, gerade vorhin beim Dinner. Es hat mich überrascht, dass ich nicht eher davon erfahren habe."
Er streifte sein Jackett ab und warf es über die Lehne eines Stuhls, der unter den Schreibtisch geschoben war. „Tja, also, mein Vater wollte nicht, dass über seinen Tod getratscht wird. Von all dem Gerede hatte er genug, dank deiner Familie."
Es fiel mir schwer, mir auf die Zunge zu beißen, aber irgendwie gelang es mir, obwohl in mir die allzu vertraute Abneigung hochstieg. Jamie würde sich mir gegenüber vollkommen anders verhalten, wenn er wüsste, was ich alles angestellt hatte, um Cliff und auch ihn vor dem allgemeinen Gerede zu bewahren. Und vor noch Schlimmerem.
„Da wir gerade beim Thema sind: Wie ich gehört habe, hat dein Vater kürzlich einige Zeit im Krankenhaus verbracht." Jamie löste sich die Fliege und öffnete den obersten Hemdsknopf.
„Ja, er war ungefähr eine Woche im Krankenhaus, aber mittlerweile ist er wieder zu Hause und erholt sich dort", erwiderte ich kühl und versuchte, nicht darauf zu achten, wie merkwürdig erregend ich es fand, dabei zuzusehen, wie er sich aus seinem formellen Aufzug schälte.
„Soll das heißen, dass er sich tatsächlich eine Auszeit von der Arbeit nimmt? Ich dachte, das würde nie passieren."
Es kostete mich große Mühe, nicht die Arme vor der Brust zu verschränken. „Es geht ihm noch nicht gut genug, um wieder ins Büro zu gehen. Das wird bestimmt auch noch ein paar Monate dauern. Er hat permanent Schmerzen, und die Schmerzmittel machen ihn zu benommen, um sich längere Zeit zu konzentrieren."
Jamie nickte, und eine Haarsträhne fiel ihm wieder in die Stirn. Ich beobachtete, wie er die Strähne zurückschob, und meine verräterische Pussy antwortete mit einem lustvollen Pochen.
„Dann macht er also mal Pause vom Terrorisieren seiner Angestellten? Das muss für alle Beteiligten eine große Erleichterung sein. Er neigte den Kopf zur Seite und sah mich durchdringend an. „Oder hast du dich vorgedrängt und diese Rolle übernommen?
Bei der Feindseligkeit, die er ausstrahlte, spannte sich mein gesamter Körper an.
„Im Moment bin ich die leitende Geschäftsführerin, falls du das meinst, aber ich halte mich für eine faire und zugängliche Chefin."
Er schnaubte. „Zugänglich? Du?"
Da war sie also, die unvermeidliche erste Beleidigung. Obwohl ich mich innerlich darauf vorbereitet hatte, tat es weh. Ich blinzelte schnell, um die brennenden Tränen zurückzudrängen. Auf keinen Fall