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ALICE MACHT SICH UNBELIEBT - EIN FALL FÜR MR. UND MRS. NORTH: Der Krimi-Klassiker!
ALICE MACHT SICH UNBELIEBT - EIN FALL FÜR MR. UND MRS. NORTH: Der Krimi-Klassiker!
ALICE MACHT SICH UNBELIEBT - EIN FALL FÜR MR. UND MRS. NORTH: Der Krimi-Klassiker!
eBook235 Seiten3 Stunden

ALICE MACHT SICH UNBELIEBT - EIN FALL FÜR MR. UND MRS. NORTH: Der Krimi-Klassiker!

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Über dieses E-Book

Eine Frau, die er noch nie gesehen hatte, lag auf dem von der Tür entfernteren Bett. In einem grauen Kostüm, dessen Jacke ordentlich zugeknöpft war, lag sie auf dem Rücken, den Kopf auf einem Kissen in dem aufgeschlagenen Bett. Lag da, als habe sie nur ausruhen wollen und sei sanft eingeschlafen, und Jerry hätte beinahe gerufen, was sie - so meinte er - wecken würde. Doch schon bevor er es tat, wusste er, dass sie es nicht hören würde. Ihre Augen waren offen, also schlief sie nicht. Sie lag, wie sich beim genaueren Hinsehen erkennen ließ, in merkwürdig steifer Haltung. Und das klar geschnittene Gesicht war sonderbar bläulich gefärbt...

 

Der Roman Alice macht sich unbeliebt von F. R. Lockridge (* 26. September 1898 in St. Joseph, Missouri; † 19. Juni 1982 in Tyron, North Carolina) erschien erstmals im Jahr 1958; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1961.

Der Signum-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum6. Feb. 2023
ISBN9783755431756
ALICE MACHT SICH UNBELIEBT - EIN FALL FÜR MR. UND MRS. NORTH: Der Krimi-Klassiker!

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    Buchvorschau

    ALICE MACHT SICH UNBELIEBT - EIN FALL FÜR MR. UND MRS. NORTH - F. R. Lockridge

    Das Buch

    Eine Frau, die er noch nie gesehen hatte, lag auf dem von der Tür entfernteren Bett. In einem grauen Kostüm, dessen Jacke ordentlich zugeknöpft war, lag sie auf dem Rücken, den Kopf auf einem Kissen in dem aufgeschlagenen Bett. Lag da, als habe sie nur ausruhen wollen und sei sanft eingeschlafen, und Jerry hätte beinahe gerufen, was sie - so meinte er - wecken würde. Doch schon bevor er es tat, wusste er, dass sie es nicht hören würde. Ihre Augen waren offen, also schlief sie nicht. Sie lag, wie sich beim genaueren Hinsehen erkennen ließ, in merkwürdig steifer Haltung. Und das klar geschnittene Gesicht war sonderbar bläulich gefärbt...

    Der Roman Alice macht sich unbeliebt von F. R. Lockridge (* 26. September 1898 in St. Joseph, Missouri; † 19. Juni 1982 in Tyron, North Carolina) erschien erstmals im Jahr 1958; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1961.

    Der Signum-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur.

    ALICE MACHT SICH UNBELIEBT

    Erstes Kapitel

    Der lange Sekundenzeiger der elektrischen Wanduhr trippelte zur 30 hinab und wieder nach oben. Ein Regieassistent hielt die rechte Hand hinters Ohr, den Zeigefinger senkrecht ausgestreckt. Alice Thorn blickte mit der Miene kummervoller Überraschung auf ihre winzige Armbanduhr und schüttelte leicht den Kopf. Sie wandte sich, das Kinn erhoben, der Großmutter des Jahres zu, die neben ihr auf dem Sofa saß, und für genau zwei Sekunden noch war auf beiden Gesichtern der Gedanke zu lesen, dass leider auch das Schönste im Leben ein Ende hat.

    Der Regieassistent klappte seinen Zeigefinger nach unten, wie ein Duellant die Pistole anschlägt. Alice Thorn wandte ihr Gesicht wieder nach vorn, die Kamera glitt etwas zur Seite und entzog die Großmutter des Jahres den Blicken.

    »Ist sie nicht wunderbar?«, fragte Alice Thorn in beschwingtem Ton und mit leisem Anklang an den Dialekt des heimatlichen Arkansas. »Ich weiß, dass Sie alle ihr wünschen, sie möge noch lange leben, lange, lange. Jedoch Sie ließ den Satz unvollendet, deutete den Schluss mit einer kleinen resignierten Bewegung ihrer graziösen Hände an und neigte sich ein wenig vor. Ihre Augen leuchteten, und ihre gleichmäßigen Zähne glänzten noch weißer auf den Bildschirmen im ganzen Lande. »Und jetzt hat Jimmy Ihnen noch etwas zu sagen über unsere nächsten Gäste und...« Wieder beendete sie den Satz nicht, ihr Lächeln schwebte für zwei Sekunden wohlwollend im Bild, dann war es vom Kontrollbildschirm verschwunden und an seine Stelle das väterliche von James Fergus getreten. »Wir danken Ihnen, Alice Thorn. Und jetzt noch, bevor ich etwas über die Sendung Unsere Nachbarn am nächsten Freitag erzähle, ein Wort über Fluff, die Seife...«

    Die Kamera war von Alice Thorn abgeschwenkt, das Mikrophon, das über ihrem Kopf und dem der Großmutter des Jahres gehangen hatte, kletterte an seinem Kabel in die Höhe. »Ich begann die Großmutter des Jahres, doch Alice legte einen Finger auf die Lippen.

    »...bis Freitag um dieselbe Zeit«, erklang eine weiche, tiefe Stimme, »wenn wir wieder mit Unseren Nachbarn zusammenkommen. Auf Wiedersehn und alles Gute! Es sprach James Fergus.«

    Alice Thorn nahm den Finger von den Lippen, und ihr Lächeln verging. »Sie haben’s fein gemacht, Mrs. Burney«, sagte sie. »Sehr fein sogar.«

    »Ich dachte...«, begann die Großmutter des Jahres.

    »Sehr fein«, wiederholte Alice Thorn energisch, »das Publikum war bestimmt begeistert von Ihnen.« Sie stand auf. »Mein Gott, Jimmy«, sagte sie, »musst du denn immer reden wie bei einer Beerdigung? Kannst du denn nicht mal ein bisschen...« Sie sprach wieder nicht zu Ende, sondern schloss achselzuckend: »Aber du kannst gewiss gar nicht anders, wie?« Damit wandte sie sich von James Fergus ab, dessen rundes Gesicht langsam rot und schlaff wurde.

    »Ich möchte bloß gern fing die Großmutter des Jahres wieder an.

    »Sie waren prächtig«, unterbrach Alice Thorn sie, und für einen Augenblick erschien wieder ihr Lächeln, ganz kurz. »Wir sind alle so zufrieden mit Ihnen - oh, da sind Sie ja.«

    Sie sprach über den Kopf von Oma Burney hinweg, deren sechzehn Enkelkinder alle so tüchtig waren. Ihre Worte galten einer kleinen, rundlichen Frau mit schwarzen Augen und noch schwärzerem Haar.

    »Nun?«, fragte Alice Thorn.      

    Die Schwarzhaarige nickte kurz. Sie ging auf die hagere, grauhaarige Mrs. Burney zu und sagte: »Wundervoll, meine Liebe. Ich gehe mit Ihnen zur Garderobe.« Sie schien die Großmutter des Jahres, als sie sie fortführte, förmlich in Wohlwollen einzuwickeln.

    »Puh!«, machte Alice Thorn und schaute sich, ohne zu lächeln, im Atelier um. »Tony!«, rief sie. »Tony Gray!«

    »Hier, Madam«, sagte Tony Gray, der hinter einer Kamera hervorkam. Ein sehniger junger Mann mit rotem Haar und einer fast penetrant unschuldigen Miene.

    »Na?«, fragte Alice ohne Sympathie. Er wollte sprechen, doch sie ließ ihn nicht dazu kommen. »Keine Ausrede. Du hattest doch mit ihr vorher gesprochen. Und?«

    »Na ja, Miss Thorn«, erwiderte Tony Gray, »sie wurde ein bisschen steif, muss ich sagen, Miss Thorn.«

    »Ja, Miss Thorn, nein, Miss Thorn, das stimmt wohl, Miss Thorn, ich wüsste wirklich nicht, Miss Thorn«, parodierte sie ihn.

    »Na, schon gut, Alice«, sagte Tony Gray. »Sie ist eingefroren. Kommt ja mal vor. Manchen geht’s so. War noch fidel wie ein Spatz, als ich mit ihr sprach.«

    »Wäre sie doch einer gewesen!«, gab sie zurück. »Einen Spatzen hätte ich lieber interviewt. Mit einem ganzen Schwarm Spatzenenkel.«

    »Na, so schlecht war’s ja nicht. Ist doch ’ne nette alte Frau«, sagte Tony Gray. »Und das Nette kam raus. Nicht ärgern, Alice. Einige frieren ja immer ein. Sogar bei Unseren Nachbarn heute. Ich...«

    »Habe sie in ein Taxi verfrachtet«, sagte die Schwarzhaarige, die wieder ins Atelier kam. »Regen Sie sich bloß nicht auf, Alice.«

    »Sie haben’s ja gehört«, sagte Alice Thorn. »Haben gesehen, dass ich ihr jedes Wort mit der Brechstange rausziehen musste. Und lächeln, bis mir die Zähne wehtaten. Und da redet mir der Tony vor, dass manche eben einfrieren, und Sie erzählen mir, ich soll mich nicht aufregen! Und...«

    »Nur Ruhe, Ruhe, Herzchen«, sagte Ada Fleming.

    »Beschmusen musste ich sie, besänftigen, ihr Honig um den Mund schmieren!«

    »Na schön, Alice«, sagte Ada Fleming, »die letzten zehn Minuten ging's vielleicht etwas stockend, aber sonst war’s glatt wie Seide. Sag’s ihr doch, Tony.«

    »Wie Seide«, wiederholte Tony Gray. »Hat genau hingehauen.« Er lächelte Alice Thorn an. »Pech ist nur, dass Sie am liebsten jeden Tag einen Richter Parkman bloßstellen möchten. Die Times brachte heute einen Artikel darüber.«

    »Gute Kritik?«

    »Och ja«, erwiderte Tony, »Populäres Nachmittagsprogramm für die Fernseher, schreiben sie. Und Eine Reporterin ersten Ranges. So sagt die Times. Der Mensch kann ja nicht alles haben.«

    Alice Thorn lachte kurz, aber es klang ehrlich erfreut. Dann seufzte sie, da sie endlich entspannte. Wenn sie bei ihrer Arbeit nicht ihre Nerven gebraucht hätte, wäre sie nicht Alice Thorn gewesen, die über alle Sender im Lande ging und über zwei Stationen in Kanada. Alice Thorn, die für mehr Firmen Reklame machte, als sich in eine Sendestunde pressen ließ. Nach der die Auftraggeber riefen, um Mixgetränke, Schlankheitskuren oder Seife mit fabelhaften Eigenschaften anpreisen zu lassen.

    »Er hat mich angerufen«, sagte sie. »Wollte wissen, ob ich denn gar nichts machen könnte. Und ich fragte ihn bloß Inwiefern denn, Mr. Parkman? Ganz harmlos. Stellt euch das vor!«

    Sie stellten es sich vor. Ada Fleming, Alice Thorns Sekretärin, und Tony Gray, der für Alice die Sendungen vorbereitete, stellten es sich vor, und dann lachten sie alle drei zufrieden.

    »Was der sich einbildet«, meinte Tony. »Als ob Sie je so etwas täten.«

    »Genau das habe ich ihm auch erklärt, ganz harmlos«, sagte Alice.

    Das klang noch komischer, und sie lachten wieder befriedigt.

    »Ist ja jetzt egal«, sagte dann Tony Gray, »der ist ausgebootet.«

    Alice Thorn blickte nachdenklich auf ein Schild mit der Aufschrift Rauchen strengstens untersagt und zündete sich eine Zigarette an. Sie tat einen tiefen Zug, und Ada seufzte wieder erleichtert, denn Alice kam jetzt entschieden wieder zu sich.

    »Um ganz ehrlich zu sein«, sagte Alice - wobei Tony Gray sich hütete, seine roten Augenbrauen deutlich hochzuziehen -, »ich war auch wirklich harmlos dabei. Wollte ihn nur ein bisschen zappeln lassen, diesen Wichtigtuer, aber...« Sie zuckte leicht die Schultern in ihrer tadellos atzenden Kostümjacke. »Und schließlich hat er ja nichts weiter gesagt als...«

    »Die Anspielung darin, Herzchen«, sagte Mrs. Fleming, »Sie und er zusammen gegen die vulgäre Welt. Und erzählen Sie mir bloß nicht, dass Sie ihm nicht den Gedanken nahegelegt hätten.«

    »Der kleine Finger, der berühmte kleine Finger der gefeierten Alice Thorn«, sagte Tony rasch und erntete ein Lächeln für seine Bemühung.

    »In Ordnung, ihr habt euren Teil getan, beide. Aber trotzdem, Tony, ich möchte nicht noch mal hören, dass du...« Sie unterbrach sich, und Tony Gray sagte gleich: »Ach, fas andere, worüber Sie nichts verraten wollen?«

    »Wir werden sehen«, entgegnete sie. »Das heißt: Ich werde sehen. Und - diesmal nicht harmlos, klar?«

    »Ja, Herzchen«, sagte Mrs. Ada Fleming. »Wünschen Ne, dass Bart und ich Ihnen dabei assistieren?«

    Sie bedauerte gleich, das gesagt zu haben, denn Alice Thorn kniff die blauen Augen zusammen und sagte, ein wenig kühler: »Das sollten Sie eigentlich auch allein fertigbringen, Verehrte.« Sie machte eine Pause. »Das - jedenfalls. Wenn man bedenkt...« .Eine längere Pause. »Wenn man alles in allem nimmt...«, begann sie wieder, legte sich eine Pelzstola um die Schultern und ging.

    Tony Gray und Ada Fleming schauten ihr nach.

    »Ist ja heute so gereizt«, sagte Tony. »Hübschen Nerz hat sie um.« Er zündete sich eine Zigarette an. »Man kriegt doch mit allerhand Typen zu tun, wenn man hier seine Brötchen verdient, sage ich immer.«

    »Würde ich aber nicht so laut ausposaunen, mein Söhnchen«, riet ihm Ada Fleming.

    »Und jetzt hat Jimmy Ihnen noch etwas zu sagen über...«, kam aus dem Fernsehgerät eindringlich und freundlich die klare Stimme, und Pamela North tat das Nächstliegende: Sie drehte am Schaltknopf. Das weißeste aller Lächeln verschwand zuerst, dann das strahlende Weiß der fehlerfreien Zähne, bis nur noch ein weißes Pünktchen im Mittelpunkt des Bildschirmes blieb, ein Punkt von so scharfem Weiß, dass man meinen konnte, er würde das Glas durchbrennen.

    Das also ist Alice Thorn, dachte Pam, und wenn man Enkel haben will, braucht man eigentlich nichts weiter zu tun als einen Anfang machen und dann abwarten, was geschieht, womit allerdings noch keine Garantie gegeben ist, dass ein Enkel Richter und der andere Schuldirektor wird. Die arme Alte hatte ja eine Heidenangst da im Fernsehen, dachte Pam weiter, und hoffentlich kommt Mr. Prentori nicht so spät.

    Mr. Prentori erschien so pünktlich, wie er versprochen hatte, um 3 Uhr nachmittags am Mittwoch, dem 13. November. Die Türglocke schlug zweimal kurz an, und Martini, die Letzte der Katzenschar bei Norths, verzog sich blitzschnell.

    Vermutet wohl, der Tierarzt käme, das arme Ding, dachte Pam, während sie zur Tür ging, wo Mr. Prentori mit Eimern wartete. »Sie sind ja ungewöhnlich pünktlich«, sagte sie, bemüht, sich ihr Erstaunen nicht anmerken zu lassen. Und Mr. Prentori erwiderte: »Klar. Wieso?« Worauf er keine Antwort bekam.

    Mr. Prentori trat ins Wohnzimmer und sah sich um. »Grundierung ist letztes Mal durchgekommen, wie?«, sagte er. Für Pamela war das ein böhmisches Dorf. »Sie wollen gewiss wieder dieselbe Farbe haben?«, fragte er in fast heiterem Ton, als sei ihm nichts lieber als das.  

    »Nein«, antwortete Pam, »leider nicht, Mr. Prentori.«

    »Oh.« Mr. Prentori seufzte, ziemlich eindeutig. »Nun. Die ganze Wohnung? Die anderen Räume in demselben Farbton, ja?«

    »Nein, leider nicht, Mr. Prentori«, sagte Pam auch jetzt. Mr. Prentori, der Malermeister, hatte große braune Augen, aus denen Kummer zu tropfen schien,

    »Alles verschieden?«, fragte er, und hoffte noch schwach auf ein Nein.

    »Leider ja«, sagte Pamela North.

    »Haben Sie bestimmte Wünsche?«

    Pam stählte sich für die harte Aufgabe, Mr. Prentori das Gewünschte beizubringen. »Ja«, sagte sie, und schwer hing das kleine Wort im Zimmer wie der letzte Klang eines Trauergeläuts.

    »Hier hatten wir«, erklärte Pam, »an - an ein warmes Grau gedacht. Mit einem ganz zarten Unterton von - von Grün vielleicht. Aber kein grünes Grün, Sie verstehen mich schon?«

    »Nein«, entgegnete Mr. Prentori. »Wie soll ich verstehen, was Sie meinen, Mrs. North? Ein warmes Grün?«

    Ach, es wird wieder genauso gehen wie sonst, wie alle zwei Jahre, dachte Pam. Wäre eine Sache für Alice Thorn, die bis oben hin mit nützlichen Winken für die Hausfrau voll ist und für fast jede Lebenslage den besten Weg weiß! Man brauchte das klare, strahlende Gesicht von Alice Thorn nur einmal auf dem Bildschirm gesehen zu haben - dann wusste man, dass sie auch Malermeister richtig zu behandeln verstand.

    »Müsste erst vorgestrichen werden, weil die Grundierung so durchgekommen ist«, meinte Mr. Prentori. »Grün ist übrigens keine warme Farbe, Mrs. North.« Er blickte wieder an den Wänden entlang. »Hat Ihr Gatte letztes Mal wohl selbst gemacht?«, fragte er, und seine Stimme hatte ebenso wenig Wärme wie die Farbe Grün.

    »Mein Mann«, sagte Pam, »kann gar keine Farbe riechen. Wird krank davon.«

    »Ich auch«, sagte Mr. Prentori. »Da haben Sie den Salat.«

    Welchen Salat, wusste Pamela North selbstverständlich nicht genau. Bei Malern kennt man sich nie so recht aus, dachte sie. Weil es für Farben keine rechten Worte gibt. Und weil...

    »Nun«, sagte Mr., Prentori, »wir können’s ja mal ausprobieren. Fangen mit Grau an, und dann sehen wir weiter.« Er breitete ein mit Farben bekleckstes Stück Segeltuch aus, ergriff Eimer und Kanister und sagte: »Wenn’s nach mir ginge, ich würde ein mattes Weiß nehmen. Das Zimmer ist ziemlich dunkel und...«   

    »Grau«, sagte Pamela. »Ein weiches Grau mit einem bisschen Grün, aber so warm wie...«

    »Sieht zu sehr wie Butter aus«, sagte sie, viel später, in einem anderen Zimmer.

    »Nein, nicht so rosa. Eigentlich überhaupt kein Rosa. Einen etwas anderen Farbton«, erklärte sie im letzten Zimmer, als ihr vom Geruch der Farben schon ein bisschen übel wurde und die Farbtöne vor ihren Augen undeutlich ineinander verschwammen - als das Grün ihr grau vorkam und das Rosa - richtig rosa war das sowieso nicht - zu sehr nach Anilinrot aussah, als sie ihr sicheres Urteil und zielbewusstes Auftreten verloren und sich, ohne es zu merken, einen Klecks Farbe - Rosa oder warmes Grau? - auf die Nasenspitze gesetzt hatte.

    Und so kauerte sie, mit Martini auf dem Schoß, in einem Sessel, als Jerry, um fünf bereits, vom Verlag nach Hause kam. Kaum hatte er die Tür geöffnet und den Kopf ins Zimmer gesteckt, da sagte er schon »Oh, Himmel, nein!« zog den Kopf wieder zurück, holte erst im Flur tief Luft - die auch nicht gerade von belebender Frische war - und hielt, als er eintrat, noch möglichst lange den Atem an. Martini sprang von Pamelas Schoß und begrüßte ihn in klagenden Tönen mit ihrer durchdringenden siamesischen Stimme. Pam starrte weiter auf die mit Pinselstrichen in den verschiedensten Farbabstufungen bedeckte Wand gegenüber und sagte leise, wie aus weiter Ferne: »Hallo, Jerry.« Er neigte sich über den Sessel, küsste sie und sagte: »Du schmeckst nach Farbe.«

    »Alles schmeckt danach«, ergänzte sie.

    »Ich hatte es ganz vergessen. Ja, ich weiß, du hattest es mir gesagt, aber...«

    »Es wurde Zeit«, sagte Pamela trostlos. »Ist schon zwei Jahre her. Mr. Prentori sagt, die hässlichen Flecken wären Grundierung. Keine Ahnung, was das bedeutet. Er meint, vielleicht geht es bis Samstagabend, aber dann müssten Überstunden gemacht werden, und das liegt an dem Mann, den er schickt, also würde es wahrscheinlich bis Montag dauern. Und ich kann keine Farben mehr unterscheiden. Möchtest du nicht mal sehen...«

    »Nein«, sagte Jerry. »Bin ganz mit deiner Wahl einverstanden. Wann?«

    »Acht Uhr morgen früh«, erwiderte Pamela. »Natürlich könnten wir - so wie voriges Mal - das hieße aber - weil wir doch nur noch Martini haben und sie ganz allein ist - und überhaupt - meinst du nicht, dass wir’s tun sollten?«

    Unerfahrene Leute haben zuweilen behauptet, Pamela North drücke sich nicht immer klar aus, und manche haben sie sogar der Sprachverstümmelung bezichtigt.

    »Hast du’s schon versucht?«, fragte Jerry.

    Sie nickte. »Die meisten möchten keine Katzen«, sagte sie. »Im Breckenridge geht’s nur, wenn wir ein ganzes Appartement nehmen und für Schäden an Sesseln und so weiter aufkommen.«

    »Und der Preis für die Zimmer?«

    »Hm - na ja«, sagte Pam, »fünfunddreißig, genau genommen.«

    »Autsch!«,

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