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Verdorbene reiche Jungs: Die reichen Jungs der Burberry-Akademie, #1
Verdorbene reiche Jungs: Die reichen Jungs der Burberry-Akademie, #1
Verdorbene reiche Jungs: Die reichen Jungs der Burberry-Akademie, #1
eBook426 Seiten6 Stunden

Verdorbene reiche Jungs: Die reichen Jungs der Burberry-Akademie, #1

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Über dieses E-Book

Das neue Mädchen brechen.

Das sollte einfach sein, nicht wahr?

Abschaum wie sie hat an der Burberry-Akademie nichts zu suchen.

Nein, Marnye Reed wird abstürzen, und wir haben vor, ein Schauspiel daraus zu machen.

Lasst uns herausfinden, wem es als Erstem gelingt, dass sie sich in ihn verliebt.

Die Wette gilt. Wer spielt mit?

***

Ich muss mich mit verdorbenen reichen Jungs auseinandersetzen.

Sie sind die Idole der Schule, wahre Götter auf Erden.

Alter Geldadel. Neureich. Ein aufsteigender Stern.

Diese Jungs haben nichts mit jenen an meiner alten Schule gemeinsam.

Ich bin zwar arm, aber entschlossen, etwas aus mir zu machen, und werde nicht zulassen, dass sie mir dabei im Weg stehen.

Sie sagen, dass sie mir das Leben zur Hölle machen wollen, und ich glaube, dass sie fest dazu entschlossen sind.

 

 

SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum17. Juni 2021
ISBN9781643662688
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    Buchvorschau

    Verdorbene reiche Jungs - C.M. Stunich

    KAPITEL EINS

    Die beeindruckende Steinfassade der Burberry-Akademie verbirgt eine ganze Reihe boshafter Seelen mit schönen Gesichtern. Das weiß ich aber noch nicht, als ich am unteren Absatz eines breiten Treppenaufganges mit ausgetretenen Stufen stehe und mein Herz mir bis an den Hals schlägt. In meiner rechten Hand halte ich meine Schuluniform an mich gedrückt. Sie ist zerknittert, und ich habe sie lieb gewonnen. Seit dem vierten Juli habe ich sie jeden Tag angestarrt.

    Tief einatmen, Marnye. Mein roter Faltenrock ist frisch gebügelt und flattert um meine Oberschenkel, während ich über den alten Pflastersteinweg in Richtung des Vordereingangs gehe. Laut dem Orientierungsschreiben soll ich meinen Paten im Innenhof der Schule treffen. Sehe ich arm aus? Ich muss wegen meiner eigenen Paranoia schlucken. Es ist aber nicht einfach. Der Dekan hat mir versichert, dass nicht verkündet wird, dass ich ein Stipendium gewonnen habe. Das bedeutet aber nicht, dass niemand davon weiß.

    Ich höre das Plätschern eines Springbrunnens, bevor ich ihn sehe. Ein helles Klimpern, das sich wie ein Windspiel anhört. Als ich die letzte Stufe erklimme, kann ich das Geräusch einer Bronzestatue eines Hirsches zuordnen. Das Wasser plätschert aus dem Felssockel, auf dem er steht. Am Rand des Brunnens sitzt ein Junge. Er trägt eine Uniform, die der meinen gleicht. Er ist also auch im ersten Jahr, denke ich und erinnere mich daran, dass die meisten Schüler die Akademie bereits seit dem Kindergarten besuchen. In einem anderen Gebäude, aber auf demselben Campus. Also ist ein Pate, der selbst im ersten Jahr ist, nicht außergewöhnlich. In der Tat ist es so, dass sich nur zwei Prozent der Schüler im ersten Jahr der Highschool neu an der Akademie anmelden.

    Gut für mich, sinniere ich, als der Junge aufsteht und ich einen Blick darauf erhasche, wie unglaublich gut er aussieht: Seidiges, kastanienbraunes Haar mit blonden Strähnen, blau strahlende Augen und volle, rosafarbene Lippen. Immer über den eigenen Tellerrand sehen. Ich muss darauf hoffen, dass die anderen Schüler nicht herausfinden werden, wie sehr ich in Wahrheit über meinen eigenen Tellerrand vom Armenviertel der Stadt aus zu ihnen blicke.

    »Tristan?«, frage ich hoffnungsvoll, während ich mit meinen neuen Slippern über den kompliziert geklinkerten Innenhof klappere. Ich strecke bereits einladend meine Hand aus und habe ein freundliches Lächeln auf den Lippen. Ich habe mich entschieden, dass ich nicht lügen werde, wenn jemand nach meiner Familie fragt. Nein, ich schäme mich wegen meiner Abstammung nicht. In Wahrheit bin ich stolz auf mich. Nicht nur, weil ich die Erste in unserer Familie sein werde, die einen Highschool-Abschluss erhalten wird, sondern auch, weil ich ihn an einer renommierten Akademie bekommen werde, die normalerweise stinkreichen Menschen vorbehalten ist.

    »Nein«, antwortet der Junge, als er mir mit einer weichen und trockenen Handfläche die Hand schüttelt. Er riecht nach Kokosnüssen und Sonnenschein. Sofern es überhaupt möglich ist, nach Sonnenschein zu riechen. »Ich bin Andrew Payson. Tristan sollte …« Andrew unterbricht sich einen Augenblick, und ich bemerke, wie er kurz in die Richtung einer Abstellkammer des Hausmeisters sieht. »Er sollte irgendwo hier sein.« Andrews Blick fällt wieder auf mich. Für den Bruchteil einer Sekunde sehe ich Interesse in seinen Augen aufflackern, bevor er blinzelt und der Ausdruck wieder verschwunden ist. Habe ich mir das nur eingebildet?, frage ich mich, als ich begreife, dass mein Liebesleben hier … wahrscheinlich ziemlich mager ausfallen wird.

    Einige der Jungen würden anfangs vielleicht ihr Interesse bekunden. Kein reicher Teenager will aber mit jemandem ausgehen, der keinen Cent in der Tasche hat.

    »Er ist dein Pate, nicht wahr?«, fügt Andrew hinzu, als er meine Hand loslässt. Er bedeutet mir mit einer Handbewegung, mich auf den Brunnen neben ihn zu setzen. Ich tue ihm den Gefallen und keuche leise auf, als ich die kalte Bronze an meinen Oberschenkeln spüre. Ich muss mich erst noch ernsthaft daran gewöhnen, einen Rock wie diesen zu tragen. Ich hatte gefragt, ob ich Hosen tragen kann, aber ein entschiedenes Nein als Antwort erhalten. Wie bei vielen anderen Unterfangen der Eliten gibt es auch hier einen vorherrschenden Sinn für Geschlechterrollen, was Schuluniformen angeht.

    »Ja«, antworte ich mit einem weiteren Lächeln und ziehe das Namensschild heraus, das um meinen Hals hängt. Auf einer Seite steht mein Name, der von Tristan auf der anderen. »Ich werde ihm den ganzen Tag folgen.« Andrew erwidert mein Lächeln, aber sein Gesicht sieht aus, als würde er eine Grimasse schneiden. Hoppla! Ich habe das Gefühl, dass Mr. Payson diesen Tristan nicht besonders mag. »Warum? Gibt es etwas, worüber ich mir Sorgen machen müsste?«

    »Du wirst schon sehen«, sagt Andrew und lehnt sich auf die Handflächen gestützt zurück, während er mich ansieht. Über uns landet ein Vogelschwarm in den Dachsparren und zerstreut Federn. Der Wind fängt sie ein, und sie tanzen um mein Gesicht und die braunen Locken meines Haars. »Er ist irgendwie ein eigenartiger Typ.« Andrew legt seinen Kopf etwas zur Seite und lacht leise. »Er hat aber verdammt viel Glück, dass er dir zugeteilt wurde.«

    »Na klar«, sage ich mit einem Lachen. In meiner Linken halte ich den neuen Rucksack aus Leder und gebe acht, dass er nicht in das Wasser fällt. Darin befinden sich mein neuer Laptop und mein Tablet-PC. Er hat die Stiftung, von der ich das Stipendium erhalten habe, auch ein kleines Vermögen gekostet. Um ehrlich zu sein, ist er mehr wert als das Auto meines Vaters. Ich nicke in Andrews Richtung. »Wie heißt dein Mädchen?«

    »Mädchen? Nein.« Andrew zuckt mit den Schultern. »So viel Glück habe ich nicht.« Er greift nach oben und dreht sein Namensschild um. Dort steht der Name Rob geschrieben. Ah. Ich grinse, als Sonnenstrahlen zwischen den vier Glockentürmen, von denen der Innenhof umgeben ist, hindurchscheinen und Andrews Haar golden aufleuchtet. »Außerdem bin ich auch nicht so schwul – leider. Ganz im Vertrauen: Die meisten Mädchen hier sind bereits verlobt.« Ich hebe eine Augenbraue, aber Andrew lächelt nur. »Du weißt schon. Geldadel.«

    Klar.

    »Was ist mit dir?«, frage ich. Obwohl ich das nicht vorhatte, flirte ich mit dem Jungen. Fantastisch. Wahrscheinlich ganz die Tochter meiner Mutter. »Bist du verlobt?«

    »Ich«, setzt Andrew mit einem Glitzern in den Augen an, »bin vollkommen Single.«

    Wir sagen beide nichts mehr, als ein Junge in den roten Hosen, dem schwarzen Sakko und dem weißen Hemd eines Schülers im ersten Jahr die Stufen erklimmt, unbeholfen stehen bleibt und seine Hand zum Gruß hebt. Nachdem er sich als Rob Whitney vorgestellt hat, trete ich zurück und lehne mich gegen die kühle Steinwand eines der Glockentürme. Ich bin begeistert, dass in diesen engen Gebäuden tatsächlich noch unterrichtet wird. Ich versuche, den beiden Jungen etwas Raum zu verschaffen. Also ziehe ich eines der Bücher aus meinem Rucksack, schlage es auf und warte darauf, dass mein Schulführer auftaucht. Normalerweise würde ich mich jetzt mit meinem Telefon beschäftigen. An der Akademie gibt es aber strikte Regeln, was elektronische Geräte angeht: Nur von der Schule ausgegebene Laptops und Tablet-PCs sind zugelassen.

    Bevor Andrew und Rob die Chance haben, mit ihrer eigenen Führung zu beginnen, fliegt die Tür der Abstellkammer auf, und ein Mädchen in der Uniform des vierten Jahres – schwarzer Rock, schwarzes Hemd und schwarzes Sakko – kommt heraus. Eine Schulter ihres Oberteiles ist verrutscht, und ihr Lippenstift verschmiert.

    Hinter ihr kommt ein Junge aus der Kammer. Er hat silberne Augen und ein furchtbar scheußliches Grinsen im Gesicht. Der Augenblick, in dem ich ihn sehe, verändert alles. Zum Teufel, er verändert mein ganzes Leben, ordnet meine Vergangenheit neu und diktiert meine Zukunft. Ich werde zu einem anderen Menschen, als ich Tristan Vanderbilt das erste Mal sehe.

    Wärme wallt in meinem Körper auf, der sich plötzlich so heiß anfühlt, dass ich mein Sakko ausziehen und meine Krawatte lockern will. Tristan knöpft sich das weiße Hemd eines Schülers im ersten Jahr zu, während er mit langen, selbstbewussten Schritten zu mir kommt. Sein Haar schimmert und ist pechschwarz, sein Mund zu gefährlich und verführerisch. Meine Finger krallen sich in die Seite meines Rucksacks, und mein Herz rast. Schweiß bricht auf meiner Stirn aus.

    Welche Reaktion!

    Was zum Teufel stimmt mit mir nicht?, frage ich mich zunehmend panisch, als Tristan direkt auf mich zukommt. Er ist einen guten Kopf größer als ich. Er greift sich das Sakko, das über seinem Arm liegt, und zieht es sich über. Dann schließt er die beiden mittleren Knöpfe, lehnt sich vor und stützt sich mit dem Arm an der Wand über meinem Kopf ab. Ich nehme auch seinen Geruch wahr. Pfefferminz und Zimt. Er wirkt fast berauschend.

    »Du bist der Sozialfall, nicht wahr?«, fragt er mich, und sein Grinsen wird noch breiter. Nichts Nettes ist darin auszumachen. Tristan sieht ausgesprochen bösartig aus. Ich öffne den Mund, um zu antworten, und wünsche mir, mir nicht vorgenommen zu haben, nicht zu lügen. Gerade jetzt würde es sich gut anfühlen, die Bezichtigung dieses Jungen zu leugnen. Es stimmt aber, nicht wahr? Ich bin der Sozialfall. Wie zum Teufel kann er das wissen?

    »Mein Name ist Marnye Reed, und ja, ich bin die Gewinnerin des Stipendiums.« Guter Gott. Ich höre mich wie ein Lehrer oder so was an. So viel zu dem Thema, cool zu bleiben. Nicht, dass das für diesen Jungen eine Rolle spielen würde: Er hat sich bereits seine Meinung über mich gebildet. Das steht ihm mit einem Hauch Verachtung, die in bösartiger Arroganz ertrinkt, ins Gesicht geschrieben.

    Tristan stößt höhnisch die Luft aus und schüttelt den Kopf, bevor er mich wieder ansieht. Ich bin mir nicht sicher, wie lange ich diesem starren Blick standhalten kann, ohne einen Teil meiner Seele zu verlieren. Er ist zugleich völlig furchteinflößend und … aufregend. Ich habe erst einen Jungen wie ihn kennengelernt, und das hat kein besonders gutes Ende gefunden.

    »Stipendium. Eine blödsinnige Bezeichnung für ein Almosen.« Sein Lächeln verwandelte sich in ein alptraumhaftes Grinsen. »Meine Familie hat diese Schule gegründet. Trotzdem zahlen wir dafür, hier zu sein. Was ist so Besonderes an dir, dass es dir ermöglicht, hier zu sein, ohne dafür bezahlen zu müssen?«

    Ich bin völlig unvorbereitet und habe diesen Angriff, der mich total überrumpelt, nicht erwartet. Mit offenstehendem Mund stehe ich da, als er nach mir greift und sich eine lose Strähne meines Haars um den Finger wickelt. Er zieht etwas an meinen braunen Locken und lehnt sich noch näher heran, bis er mit seinem Mund mein Ohr berührt.

    »Hübsch genug, für weißen Abschaum.« Ohne nachzudenken, hebe ich meine Arme und schiebe diesen Fremden mit den Handflächen und meiner ganzen Kraft weg. Ein Vorteil, im falschen Stadtviertel aufzuwachsen, ist, dass man lernt, sich selbst zu behaupten. Tristan rührt sich kaum vom Fleck, und sein Gesichtsausdruck verändert sich nicht. Es ist, als würde ich versuchen, einen Berg aus Ziegelsteinen zu bewegen. Ganz und gar unnachgiebig. »Was glaubst du, wie lange du es hier aushalten wirst?«, fährt er fort und legt dabei seinen Kopf etwas auf die Seite. Ich greife nach oben, um seine Hände von meinen Haaren zu entfernen. Er lehnt sich aber bereits zurück und lässt seinen Arm – und sein Lächeln – fallen. Der Ausdruck in seinem Gesicht verändert sich ansatzlos. Seine Augenlider schließen sich zur Hälfte, als er mich mustert. »Ich glaube, nicht lange.« Dieser wunderschöne Mund, den er hat, wird schmallippig. »Schade. Ich habe mich auf eine Herausforderung gefreut.«

    Tristan wendet sich von mir ab. Als wäre ich diejenige, die etwas falsch gemacht hat. Er ist zu spät gekommen, um mich zu begrüßen, und er hat … nun ja, in der Abstellkammer etwas mit einem älteren Mädchen getan. Was genau das war, wollte ich gar nicht wissen. Dennoch ist es genau das, wonach ein finsterer, völlig verdrehter Teil von mir sich sehnt. Zum Teufel.

    Obwohl ich es nicht will, renne ich meinem Schulführer für den Tag durch den offenen Innenhof hinterher, bis ich ihn einhole. Fantastisch. Mir ist der ungehobeltste – und wahrscheinlich reichste – Junge an dieser Schule zugeteilt worden. Und wahrscheinlich auch der Bestaussehendste. Mein Herz flattert in meiner Brust, aber ich schiebe dieses Gefühl beiseite. Ich versuche, nett zu jedem zu sein. Ich werde aber einen Kerl nicht anlächeln, nur weil er heiß ist.

    Er wartet nicht darauf, dass ich ihn einhole. Also muss ich rennen und keuche, als ich an seiner Seite ankomme. Tristan scheint es nicht zu bemerken, dass ich außer Atem bin. Oder es ist ihm egal. Außerdem scheint er sich nicht daran zu erinnern, dass er mir zeigen soll, wo die Schlafsäle – nein, die Apartments –, die Klassenzimmer und das Selbstbedienungsrestaurant sind.

    »Du bist heute mein Führer«, sage ich. Meine Wangen sind wegen der körperlichen Anstrengung rot angelaufen. Ich halte Tristan das Namensschild unter die Nase, auf dessen Rückseite sein Name steht. »Es spielt keine Rolle, ob du mich magst oder nicht. Du hast eine Aufgabe zu erfüllen.«

    Tristan bleibt vor einer Tür mit wunderschön gearbeiteten Glastafeln, die sich vom Boden bis an die Decke erstrecken, stehen. Instinktiv will ich sie anstarren und für meinen Vater ein Foto machen. Ich muss mich aber erst noch daran gewöhnen, dass ich kein Telefon habe. Außerdem sagt mir mein Bauchgefühl, dass es ein Fehler wäre, wenn ich zulasse, dass Tristan etwas über mich erfährt. Sogar so etwas Banales wie mein Interesse für historische Baukunst.

    »Eine Aufgabe?«, fragt er höhnisch. Er tritt einen Schritt zurück und inspiziert mich mit einem langsam von Kopf bis Fuß über meinen Körper streichenden Blick aus seinen silberfarbenen Augen. Er schneidet in mich wie eine Klinge und lässt mich bluten. Unbewusst verschränke ich meine Arme vor dem Brustkorb, und er stößt ein leises Lachen aus. Es ist kein angenehmes Geräusch. Kein bisschen angenehm. Tristans Lachen ist vielmehr höhnisch. So, als wäre er der Meinung, dass ich ein kosmischer Witz bin, der ihn von einem gefühllosen Universum auferlegt wird. »Hör zu, Sozialfall«, setzt er an, und ich öffne gerade meinen Mund, um ihn zurechtzuweisen, als er mit der Handfläche auf die gefärbten Glasscheiben hinter meinem Kopf schlägt. »Nein, sprich nicht mit mir. Es gibt nichts, was du sagen könntest, was mich auch nur im Geringsten interessieren könnte.« Tristan streckt die Hand aus und fährt mit seinen Fingern über meinen Kiefer, bevor ich seine Hand wegschlage. Er nimmt mein Handgelenk und hält es fest, als würde ich ihm gehören. Als ich mir den Kerl ansehe, bekomme ich den Eindruck, dass er glaubt, dass die ganze Schule ihm gehört. »Weißt du, wie mein Nachname lautet?«

    »Nach der Art und Weise, wie du mich behandelt hast«, sage ich aufbrausend und mit hoch erhobenem Haupt, »glaube ich nicht, dass ich es wissen will.«

    In meiner letzten Schule hat es Metalldetektoren, Drogenspürhunde und eine eigene Polizeitruppe für den Campus gegeben. Wenn Tristan glaubt, dass er mich einschüchtern kann, weiß er nicht, mit wem er es zu tun hat. Was ich in diesem Augenblick noch nicht weiß, ist, dass reiche Jungs viel gefährlicher sind als arme. Die armen schließen sich zu Banden zusammen, tragen Waffen und schlagen dich zusammen, wenn du durch den falschen Stadtteil gehst. Die reichen haben aber alle dieselben Instinkte, die sich hinter ihren hübschen Gesichtern, Designerschuhen, blitzend weißen Lächeln und ihrem vornehmen Auftreten verbergen. Was ich damit meine, ist, dass mit grenzenlosem Geld die Fähigkeit verbunden ist, grenzenlos Schmerzen zu erzeugen.

    »Wenn du auch nur einen Tag auf dem Campus überleben willst …«, setzt er an. Dabei kommt er mit seinem Mund meinem Ohr so nah, dass sein Atem über mein Haar streicht und ich Gänsehaut bekomme. Ich kann mich nicht entscheiden, ob mir seine Nähe gefällt, oder ob ich es hasse, dass er seinen durchtrainierten Körper vor mir mit einem Fuß zwischen meinen Beinen aufbaut. Meine Brüste berühren leicht seinen Brustkorb. Zwei frische, weiße Hemden necken einander mit jedem Atemzug. »Solltest du ihn lernen, und zwar schnell.«

    Tristan lässt mich los und tritt einen Schritt zurück. Die Arroganz, die er mit seinem gutaussehenden Gesicht ausstrahlt, ist unglaublich. Seine hohen Wangenknochen und sein voller Mund sind in einem solch überheblichen Gesicht pure Verschwendung. Er ist viel zu sehr von sich eingenommen, um hübsch zu sein. Lügnerin, flüstert mir mein Verstand zu, aber ich beachte ihn nicht. Der Kerl hat mich fast angegriffen. Wenn er der Meinung ist, dass ich das nicht melden werde, wird er sich wundern.

    »Das Mädchen in dem Abstellraum …«, stoße ich aus, bevor ich mich davon abhalten kann. In mir kocht eine krankhafte Faszination, von der ich weiß, dass ich sie unterdrücken sollte. Spiel mit dem Feuer, und du wirst dich verbrennen. Das ist eine harte Lektion des Lebens, die ich vor langer Zeit gelernt habe. Ich frage mich also, was zum Teufel ich gerade tue.

    Tristan streicht sich mit langen Fingern durch sein üppiges pechschwarzes Haar und sieht zu mir herunter, als wäre ich ein Kaugummi, der an seiner Schuhsohle klebt. Das überrascht mich nicht. Bis es Zeit zum Mittagessen ist, wird mich die ganze Schule Sozialfall nennen.

    »Willst du, dass ich dir erzähle, wie ich sie gefickt habe?«, fragt er mich, während Hitze über meinen Rücken aufsteigt und meine Wangen zu glühen beginnen. »Wenn du die Woche überstehst«, fährt er fort, als er nach oben greift und den Knoten seiner schwarzen Krawatte zurechtrückt, »verrate ich es dir vielleicht.«

    Dann dreht er sich um und lässt mich auf dem Fußweg stehen. Auf beiden Seiten des Vordachs fällt Regen.

    Das ist kein gutes Omen. Ganz und gar nicht.

    KAPITEL ZWEI

    Ohne jemanden, der mir alles zeigt, wirkt die Burberry-Akademie wie ein Labyrinth aus steinernen Korridoren und Wendeltreppen auf mich. Sie ist von einer melancholischen Schönheit heimgesucht, die dafür sorgt, dass sich die feinen Haare in meinem Nacken aufstellen. Es ist, als könnte ich die Geschichte fühlen, die in diesem Gebäude verborgen ist. Als würden mich längst vergangene Zeitalter aus den Schatten beobachten.

    »Hey«, erklingt hinter mir eine Stimme, und ich zucke zusammen. Ich unterdrücke einen spitzen Schrei, als ich herumwirbele und ein Mädchen mit goldenem Haar und einem breiten Lächeln sehe. Wäre da nicht dieser aufrichtig freundliche Ausdruck in dem Blick aus ihren blauen Augen, wäre ihre Schönheit, die in ihrer Perfektion fast kalt wirkt, einschüchternd. Sie ähnelt verblüffend der Marmorstatue in der Ecke. Gemeißelte Unfehlbarkeit und Haut so blass wie Gips. »Hast du dich verlaufen?«

    »Ist das so offensichtlich?«, frage ich und riskiere ein kleines Lächeln. Ich hoffe inbrünstig, dass sie nicht wie Tristan ist. »Ich wandere seit einer halben Stunde umher, bin aber zu verlegen, um jemand um Hilfe zu bitten.« Verlegen? Wahrscheinlich eher zu ängstlich. Die Blicke, die mir die anderen Schüler zugeworfen haben, waren nicht gerade einladend gewesen. Außerdem waren die Lehrer, die ich gesehen habe, alle mit der panischen Geschäftigkeit eines ersten Schultages durch die Gegend gerannt. Sie waren viel zu beschäftigt, den Unterricht vorzubereiten und Schüler zu begrüßen, die sie seit der Vorschule kennen. Noch nie habe ich mich mehr wie eine Ausgestoßene gefühlt – und ich war schon oft eine Aussätzige gewesen.

    »Du hast das Cabot-Stipendium gewonnen, stimmt’s?«, fragt mich das Mädchen mit einer glockenhellen Stimme. Wow! Ihre Stimme klingt so schön, wie sie selbst ist. Es sieht aber auch so aus, als würde die ganze Schule meine gesellschaftliche Situation kennen. »Oh, nein, nein«, fährt sie fort und winkt mit einer Hand in meine Richtung. »Es ist nicht das, was du jetzt denkst. Es ist nur … Meine Mutter ist Kathleen Cabot.«

    Ich sehe sie mit offenem Mund an und lehne mich, mit dem Lederrucksack fest in den Händen gehalten, vor.

    »Deine Mutter ist Kathleen?«, frage ich und fühle, dass ein wohltuend erleichterndes Gefühl wie eine Woge durch meinen Körper spült. Kathleen Cabot ist eine Selfmade-Milliardärin. Ja, genau. Eine Milliardärin. Sie stammt aus demselben Stadtteil wie ich, wurde von einer alleinstehenden Mutter in einem Einzimmerapartment aufgezogen und schließlich zu einer Technik-Milliardärin. Ich habe sie zweimal getroffen: Zum ersten Mal bei der Preisverleihung und dann später bei dem Festessen. Sie ist eine verdammte Heilige und der einzige Grund, warum ich jetzt hier in der Burberry-Akademie bin.

    »Ich gehe davon aus, dass sie Eindruck auf dich gemacht hat?«, fragt das Mädchen mit einem schiefen Lächeln. »Einen guten oder einen schlechten? Sie kann beides. Das hängt aber vom Wetter, der Stellung der Sterne und davon ob, ob gerade Vollmond ist …« Ein Grinsen breitet sich in meinem Gesicht aus.

    »Definitiv einen guten Eindruck. Ich habe die letzten drei Wochen damit verbracht, den perfekten Dankesbrief zu schreiben.« Das Mädchen erwidert mein Lächeln und streckt mir eine warme und trockene Hand entgegen.

    »Sie wird sich über alles freuen, was du ihr schickst«, sagt sie, als wir uns die Hände schütteln. »Miranda Cabot. Und du bist Marnye Reed.« Miranda tritt einen Schritt zurück und betrachtet mich. »Ich hoffe, du bist aus gutem Holz geschnitzt«, sagte sie. Es klingt aber nicht unfreundlich.

    »Warum?«, frage ich sie, als sich der Blick aus ihren blauen Augen auf mein Gesicht heftet. Eine blasse Augenbraue zuckt nach oben.

    »Weil die Burberry-Akademie ein mit Geld getünchtes Drecksloch ist.« Miranda schenkt mir ein großes, breites Lächeln und streckt mir dann eine Hand entgegen. »Gib mir deinen Stundenplan, und ich sage dir, vor welchen Dämonen du dich in Acht nehmen solltest. Sie macht eine Pause und wirft mir einen zweiten kritischen Blick zu. »Hauptsächlich solltest du dich aber von den Teufeln fernhalten.«

    »Den Teufeln?«, frage ich, als ich meinen zerknüllten Stundenplan aus der Tasche ziehe und Miranda gebe. Sie überfliegt ihn, kaut dabei auf ihrer vollen Unterlippe und verschmiert ihren funkelnden rosafarbenen Lippenstift. Als sie wieder zu mir aufsieht und nach mir greift, um mein Namensschild umzudrehen, presst sie die Lippen zusammen, und ihr Mund wird zu einem Strich.

    »Die Teufel«, seufzt Miranda. »Niemand außer mir nennt sie so. Es sieht so aus, als hättest du heute Morgen bereits einen von ihnen kennengelernt.« Jetzt sieht sie mich mitleidig an, als wäre sie mit Tristan und dem ganzen Quatsch bestens vertraut.

    »Wie werden sie von den anderen genannt?«, frage ich. Sie seufzt, hakt ihren Arm unter den meinen und zieht mich durch den langen und breiten Korridor mit sich. Er ist groß genug, dass ein LKW darin Platz hätte. Hier und da stehen Karaffen mit Gurken-Zitronen-Wasser und Becher bereit. Manchmal auch frische Früchte und Gebäck.

    »Mädchen, dir und mir steht eine lange Unterhaltung bevor. Halte dich an mich. Am Montag haben wir gemeinsam Unterricht. Bis wir fertig sind, wirst du alles wissen, was du über die Idole wissen musst.«

    Die Blaublütigen der Burberry-Akademie

    Eine Liste von Miranda Cabot

    Die Idole (Jungs): Tristan Vanderbilt (erstes Jahr), Zayd Kaiser (erstes Jahr), und Creed Cabot (erstes Jahr)

    Die Idole (Mädchen): Harper du Pont (erstes Jahr), Becky Platter (erstes Jahr) und Gena Whitley (viertes Jahr)

    Der Innere Zirkel: Andrew Payson, Anna Kirkpatrick, Myron Talbot, Ebony Peterson, Gregory van Horn, Abigail Fanning, John Hannibal, Valentina Pitt, Sai Patel, Mayleen Zhang, Jalen Donner … und ich, würde ich sagen!

    Plebs: Alle anderen, tut mir leid. XOXO

    »Warum habe ich eine Namensliste in der Hand?«, frage ich, als wir den Gang entlangschlendern und an einem der Beistelltische anhalten, um einen Kaffee zu trinken. An meiner alten Schule war den Schülern nie Kaffee serviert worden. Manchmal hatten sich einige von ihnen in das Lehrerzimmer geschlichen, um einen zu stehlen. Mehr war aber nicht möglich gewesen.

    »Du solltest dir diese Liste merken, als ob dein Leben davon abhängt«, sagt Miranda und hebt einen Becher mit schwarzen Kaffee an ihren Mund.

    »Miss Cabot«, erklingt eine strenge Stimme, und Miranda wird der weiße Becher aus den schlanken Fingern genommen. »Sie wissen, dass der Kaffee den Mitarbeitern vorbehalten ist.« Ich drehe mich um und sehe eine großgewachsene, dunkelhaarige Frau in einem Kostümrock, die uns mit gehobenen Augenbrauen und einem ironischen Lächeln auf den Lippen ansieht. Sie sieht aus, als würde sie eher nach Washington D. C. und nicht in eine ländliche Schul-Akademie in Zentralkalifornien gehören. »Das steht schließlich auch auf dem Schild. Außerdem weiß ich, dass Sie lesen können. Ihre Mutter hat uns versichert, Ihnen das selbst beigebracht zu haben.«

    Mein Mund zuckt, als Miranda ihr Haar in einer arroganten Geste nach hinten wirft, die nicht recht zu ihrem Charakter zu passen scheint. Und das ist das Gute daran. Ich habe in meinem Leben schon viele Haarwerferinnen kennengelernt, und keines dieser Mädchen war nett gewesen. Sie hatten mir die Mittelstufe zusammen mit einem Kerl namens Zack Brooks zur Hölle auf Erden gemacht. Zack … ich werde mir nicht erlauben, an ihn zu denken. Das hier ist meine Chance auf einen Neuanfang, auf neue und bessere Erinnerungen.

    »Miss Felton, ich stelle fest, dass der Krieg gegen das Koffein immer noch tobt«, brummt Miranda. Sie wartet, bis Miss Felton sich umdreht, und zeigt ihr dann den Mittelfinger. »Es ist ein Krieg, der nicht zu gewinnen ist. Wie der Krieg gegen Drogen.«

    »Warum warten Sie nicht bis morgen, damit wir im Unterricht über Politik sprechen können?« Miss Felton leert den Kaffee in den Ausguss eines Wasserspenders, und als wir weitergehen und eine Gangbiegung umrunden, verdreht Miranda an mich gewandt die blauen Augen.

    »Tut mir leid. So ist Miss Felton. Sie ist eine kleine Vorschriftenfanatikerin. Sie kommt damit auch durch, weil sie vor langer Zeit selbst ein Idol hier war. Es scheint, als würde dieser Scheiß nie in Vergessenheit geraten.« Miranda legt eine Pause ein und späht um die Ecke, als würde sie prüfen, ob Miss Felton uns folgt. Das tut sie nicht. Miranda grinst und deutet dann mit zwei Fingern vage auf meinen Bauch. »Roll ihn nach oben, oder du wirst ewig als eine Pleb gelten.«

    »Eine … was?«, frage ich, als Miranda ihr Hemd aus dem Bund ihres Rockes zieht und dann aufrollt, bis der Rock gefährlich kurz ist. Ich kann mich nicht bücken oder mich nach etwas auf einem Regal strecken. Bereits eine sanfte Brise könnte ihn völlig heben. »Pleb? Wie in … Plebejerin?«

    »Genau«, bestätigt Miranda und seufzt, als sie ihr Hemd wieder unter den Bund des Rockes schiebt und mich ansieht, als wäre ich wahnsinnig. Als ich keine Anstalten mache, es ihr gleichzutun, stöhnt sie, kommt zu mir und zieht die frisch gebügelte Bluse aus dem Rockbund. Ich bleibe stehen und lasse es zu, dass sie mit mir macht, was ihr gefällt. Es ist aufregend und auf eine unschuldige Weise anrüchig. »Ich weiß, dass es dumm ist. So ist es hier aber.«

    Sobald mein Rock angemessen, nun ja, unangemessen ist, lehnt sich Miranda zu mir und tippt auf das Blatt Papier, das sie für mich beschrieben hat. Ganz unten steht der Begriff Pleb, dem die Worte allen anderen folgen.

    »Ein Pleb ist ein gewöhnlicher Mensch oder Bauer«, führt Miranda schnaufend und keuchend aus, als sie sich lose Strähnen ihres platinblonden Haars hinter die Ohren streicht. Es ist so hell, dass es beinahe weiß wirkt. Als die Sonne aber durch die Buntglasfenster fällt und sie in Licht badet, wirkt es engelsgleich und glüht wie ein goldener Heiligenschein. »Wenn du kein Idol bist oder zum Inneren Zirkel gehörst, bist du ein Pleb. Bist du erst einmal einer, bleibt das ewig so.« Miranda legt eine Pause ein und sieht zur Decke hinauf, wobei sie mit den Augenlidern klimpert, die mit langen dunklen Wimpern besetzt sind. Ich glaube, dass sie künstliche Wimpern trägt, aber es wäre unhöflich, sie zu fragen. Vielleicht bin ich auch nur verdammt nochmal eifersüchtig und sie einfach nur hübsch. »Nun ja, mit Ausnahme dieses einen Mals, als Karen Evermeet mit dem Fußballtrainer gevögelt und das Video in der ganzen Schule verbreitet hat.« Miranda wirft mir ein Lächeln zu, das einem Fotomodell stehen würde. »In nur einem Tag wurde sie von einem Pleb zu einem Idol. Das geschieht aber nie.« Erneut unterbricht sich Miranda und greift in mein Haar, um es mit den Fingern etwas zu zerzausen und eine braune Strähne herauszuziehen, damit sie neben mein Gesicht fällt. »Es sei denn, dass du auf vierzigjährige verheiratete Sportler stehst.«

    »Tut mir leid, aber so abenteuerlustig bin ich nicht«, sage ich, als Miranda mir zunickt und ich das Papier erneut studiere. Aha, Tristan Vanderbilt. Als ich aufsehe, fällt mein Blick auf eine bronzene Tafel, auf der Vanderbilt Studiensaal geschrieben steht. Klar. »Meine Familie hat diese Schule gegründet. Trotzdem zahlen wir dafür, hier zu sein. Was ist so Besonderes an dir, dass es dir ermöglicht, ohne dafür zu bezahlen hier zu sein?« Ich schätze, dass zumindest der erste Teil seiner Aussage kein Witz war. Der Rest aber … Das Arschloch hat keine Ahnung, wie hart ich gearbeitet habe, um hier zu sein.

    »Hey, verkauf dich nicht unter Wert. Du hast andere, wichtigere Charaktereigenschaften und Talente. Meine Mutter und ich haben Tausende Aufsätze gelesen, bevor wir deinen ausgewählt haben.« Miranda studiert mich im Gehen. Der Regen klopft draußen rhythmisch auf die gepflasterten Fußwege. Obwohl dieses Gebäude groß und zugig ist, ist es hier aber warm und behaglich. »Du musst dir ein Bein ausgerissen und hart gearbeitet haben.« Miranda hört sich etwas abwesend an, als sie diese Worte ausspricht. So, als würde sie sich bereits mit etwas ganz anderem beschäftigen.

    Ich bin errötet, und meine Haut fühlt sich plötzlich sehr warm an. Ich bleibe stehen. Miranda tut es mir gleich, steht neben mir und blinzelt, um sich wieder auf mich zu konzentrieren. Ich hatte gewusst, dass mein Aufsatz von qualifizierten Schülerpreisrichtern gelesen werden würde, aber … Unsere Blicke begegnen sich, und sie sieht mich sanft an. Dieses Mädchen weiß alles, was es über mich zu wissen gibt. Sie kennt meine finstersten Erinnerungen und meine größten Ängste.

    »Ich habe geliebt, was du in deinem Aufsatz geschrieben hast«, sagt sie, nimmt sich meine Hand und drückt fest zu, »und ich werde niemand erzählen, was ich gelesen habe. Nicht nur, weil ich wirklich deine Freundin sein will, sondern auch, weil meine Mutter mich umbringen würde. Du hast sie kennengelernt. Sie ist furchteinflößend.«

    Meine Lippen verziehen sich zu einem sanften Lächeln, und ich erwidere ihren Händedruck, bevor ich loslasse.

    »Das ist nett von dir«, sage ich und spüre eine neue Art der Kameradschaft zwischen uns. In meinem Aufsatz stehen Dinge, die mich an der Burberry-Akademie alles kosten können.

    Wir umrunden eine weitere Gangbiegung, und ich frage mich, ob sie sich mit dem Papier in meiner Hand beschäftigen wird, bevor wir die Kapelle erreichen, um die Morgenankündigungen zu hören. Oder ob wir die Kapelle überhaupt erreichen. Wie weit sind wir schon gelaufen? Wie groß ist dieser Ort überhaupt?

    Was ich meine, ist, dass ich die Karte der Burberry-Akademie genau studiert habe, als ich mit einer Sonnenbrille auf der Nase und Kopfhörern in den Ohren auf dem von der glühenden Sommersonne verbrannten Rasen meines Vaters gelegen hatte. Ich habe mir den Grundriss gemerkt. Dennoch … Ich hatte mich derart verlaufen, dass ich mich noch nicht einmal an die Tür erinnere, durch die ich hereingekommen bin. Eine zweidimensionale Darstellung von etwas zu betrachten und selbst darin umherzugehen sind zwei völlig verschiedene Dinge.

    Als ich meinen Kopf hebe, sehe ich etwas, was mir den Atem raubt.

    Vielmehr … jemanden.

    »Wer zum Teufel ist das?«, stoße ich atemlos hervor, als mein Blick auf das strohblonde Haar des wunderschönsten Jungen fällt, den ich je gesehen habe. Er lungert sorglos unbekümmert auf einem Stuhl herum, und seine langen Gliedmaßen stellen seine aus Reichtum entspringende Faulheit deutlich zur Schau. Wegen der Art und Weise, wie er dort sitzt, haltlos, gelangweilt, aber mit einem durchdringenden Blick aus seinen hellen Augen, erinnert er mich an eine Katze. Eine faule und verwöhnte Hauskatze.

    Sein Haar schimmert in dem Licht der wenigen Sonnenstrahlen, die draußen durch die Wolken brechen. Über den Campus erstreckt sich im Freien ein Regenbogen, den ich durch die Fensterscheiben kaum sehen kann. Er ist aber nicht annähernd so schön wie der Junge mit der locker sitzenden Krawatte und dem nur zur Hälfte in der Hose steckenden Hemd. Trotzdem sieht er gut angezogen und herausgeputzt aus, aber mit einem lässigen Charme, den Tristan Vanderbilt nicht besitzt. Nein, der hat einen Besenstiel so tief im Hintern stecken, dass er niemals in der Lage wäre, sich wie dieser Junge in einem Stuhl zu aalen.

    »Das«, setzt Miranda an, als der eisfarbene Blick des Jungen in unserer Richtung schwenkt,

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