Bad Cops - Gefangen in der Bronx
Von Carla Miles
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Über dieses E-Book
Sie sind böse und sie sind heiß: Bad Cops!
Detective Vince DeMucci: Auf Caroline bin ich schon seit der Highschool scharf. Als ich sie in einem gestohlenen Wagen erwische, habe ich keine andere Wahl, als sie mit aller Härte des Gesetzes zu bestrafen!
Caroline Lombardi: Ich habe nur eine Chance, um meinem brutalen Ehemann zu entkommen, ich muss seinen besten Kumpel überzeugen, mich laufen zu lassen. Doch Vince ist ein Cop, der sich immer an die Regeln hält. Aber ich habe schon einen Plan …
Dark Romance. Alle Titel dieser Reihe sind in sich abgeschlossen. Band 3 von 3.
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Buchvorschau
Bad Cops - Gefangen in der Bronx - Carla Miles
1
Estefania
Ohne mich umzusehen, eile ich mit meinen Einkäufen die Grand Avenue hinunter. Ausgerechnet heute habe ich nicht das Rad genommen. So spät noch unterwegs zu sein, ist keine gute Idee in dieser Gegend. Sich so zu verhalten, als hätte man Angst, noch viel weniger.
Nur noch anderthalb Blocks, dann bin ich da. Ich kann bereits den flackernden Lichtschein der defekten Reklame von Juanitas Bäckerei erkennen. Das Geschäft liegt direkt neben der Änderungsschneiderei meiner Großmutter und wenn die Ladentüren offen stehen, steigt mir der verlockende der Duft von süßen Chipas und Pandeyucas in die Nase. Dieser Duft begleitet mich seit meiner Kindheit durch den Sommer und ich liebe ihn.
Doch damit wird bald Schluss sein, wenn es nach dem Willen der Leffler Group geht. Sechs Geschäftsinhaber haben bereits aufgegeben und weitere denken über das Angebot nach, das ihnen von den Investoren unterbreitet wurde. Meine geliebte Abuela will hier nicht weg. Ihren Laden schließen zu müssen, würde ihr das Herz brechen, das weiß ich ganz genau.
Und deshalb gibt es für mich nur eine Lösung: Ich muss verhindern, dass die Investoren ihre Pläne umsetzen und Morris Heights ein weiteres Stück von seiner Ursprünglichkeit verliert. Denn ich weiß, wie es dann weitergehen wird: Wenn die letzten Mieter aus den Läden vertrieben worden sind und die Wohnungen in den alten Backsteinhäusern der Featherbed Lane in Luxusapartments umgewandelt wurden, wird der nächste Straßenzug an der Reihe sein.
Gentrifizierung. Sie werden wie die Heuschrecken einfallen und alle verdrängen.
Nie zuvor habe ich mich so hilflos und zornig gefühlt – und ich hasse dieses Gefühl. Noch weiß ich nicht, wie ich das Unheil aufhalten soll, ich, eine kleine Aushilfslehrerin. Aber ich werde nicht tatenlos zusehen, wie diese Geier unsere Straße und unser Viertel übernehmen, so viel ist sicher.
Aus den Augenwinkeln bemerke ich eine Bewegung in einem Hauseingang und halte unwillkürlich die Luft an. Meine Hand schließt sich fester um die Griffe meiner Tasche.
»Guten Abend, Ms. Ruiz«, sagt eine Stimme, nicht mehr ganz Kind, aber auch noch nicht ganz Mann.
Der älteste der drei Sanchez-Jungs.
»Guten Abend, Carlos.« Ich bleibe kurz stehen. »Dein kleiner Bruder war heute nicht in meiner Klasse. Ist alles in Ordnung bei euch?«
»Alles okay«, sagt er lässig.
Er will gerade die schwere Haustür aufziehen, als ich ihm hinterherrufe: »Er muss morgen eine Entschuldigung mitbringen. Ihr kennt die Regeln.«
»Ich werd’s ausrichten.«
Ich stoße einen lautlosen Seufzer aus. Maria Sanchez bringt ihre Jungs allein durch, oder besser gesagt, sie versucht es. Ich habe gehört, dass sie im Bronx Care als Pflegekraft arbeitet. Juanito, ihr Jüngster, ist ein aufgeweckter Bursche und ein kleiner Unruhestifter. Allerdings ist es eher ungewöhnlich, dass er die Schule schwänzt, denn er ist sehr wissbegierig. Wenn er morgen wieder nicht in die Klasse kommt, werde ich das Gespräch mit ihr suchen müssen.
Das Wohnhaus, in dem die Sanchez’ leben, besteht aus Sozialwohnungen, die allesamt sanierungsbedürftig sind. Es gibt Gemeinschaftsbäder auf den Etagen und die Wohnverhältnisse sind beengt. Die Familie Sanchez verfügt über den Luxus von zwei Schlafzimmern, wovon eines untervermietet ist und die Jungs sich den anderen Raum teilen, während Mutter Maria auf der Ausziehcouch im Wohnzimmer schläft.
Stadtrat Hernandez hat allen Bewohnern vollmundig versprochen, dass sie bleiben können. Ich glaube ihm kein Wort. Er hat die Augen eines Lügners. Die Menschen, die in diesem Viertel verwurzelt sind, die sich hier ein Leben aufgebaut haben sind ihm gleichgültig.
»Du kommst spät, Kindchen.« Abuelas Ton ist liebevoll und ohne vorwurfsvollen Anklang.
»Und du solltest doch schon längst zugesperrt haben«, sage ich und setze die Tasche mit den Einkäufen ab. »Lass uns nach Hause gehen und zu Abend essen.«
»Das geht jetzt nicht. Mrs. Gonzales kommt morgen, um das Kleid abzuholen.«
Sie sieht nicht von ihrer alten Singer auf, während sie den Stoff zurechtlegt und unter den Nähfuß klemmt. Ruhig und gleichmäßig tritt sie auf das Pedal und bewegt damit die Nadel ratternd auf und ab.
»Die Prinzipalin wollte mich noch sprechen, deshalb habe ich mich verspätet«, setze ich ungefragt zu einer Erklärung an. Und als meine Großmutter mich alarmiert ansieht, füge ich schnell hinzu: »Mein Vertrag soll bis zum Winter verlängert werden und ich darf die Klasse von Mrs. Lopez mit allen Pflichten übernehmen.«
Dass ich die höhere Tagespauschale einer Aushilfslehrkraft dann nicht mehr bekomme, verschweige ich ihr. Obwohl unsere angespannte finanzielle Situation immer wie ein ungebetener Gast im Raum steht, reden wir nicht darüber, so als würden die Probleme erst real werden, wenn man sie ausspricht.
»Das ist doch gut, oder?«
»Ja, das ist sehr gut«, sage ich und das Lächeln auf meinem Gesicht fühlt sich verkrampft an. Hoffentlich schlägt sie nicht gleich wieder vor, dass ich eine Ausbildung zur Lehrerin machen soll.
Doch sie sagt: »Mr. Leffler höchstpersönlich war heute hier.«
»Was wollte er?«
»Er hat sein Angebot wiederholt.« Sie presst verärgert die Lippen zusammen. »Warum kann er uns nicht einfach in Ruhe lassen?«
»Solche Leute lassen nie locker«, sage ich verbittert. »Er will die Featherbed Lane zu einem profitablen Straßenzug mit Yuppie Wohnungen und Yuppie Läden machen. Er wird keine Ruhe geben. Niemals.«
Ich schlage bekräftigend mit der Handfläche auf den Tisch und die flache Kristallschale mit den Stecknadeln hüpft klirrend über die glatte Platte.
Abuela wischt sich verstohlen die Augen, sie denkt, ich bemerke es nicht. Diese herzensgute Frau hat mich aufgenommen und großgezogen, nachdem meine Mutter auf dem Heimweg von einer verirrten Kugel aus einer Waffe der Latin Kings getroffen wurde und noch am Tatort starb. Sie hat mich davor bewahrt, von einer Pflegefamilie zur nächsten gereicht zu werden, und mir ein liebevolles Zuhause gegeben, mich gekleidet und jeden Tag eine warme Mahlzeit auf den Tisch gebracht. Ich bin ihr unendlich dankbar. Wir sind nicht blutsverwandt, aber sie ist mehr meine Großmutter, meine Abuela, als es meine richtige Großmutter jemals war, und ich werde nicht zulassen, dass ihr ein Leid geschieht.
Sanft nehme ich ihr den Stoff aus den Händen und sage: »Es war ein langer Tag. Ich habe Empanadas gekauft. Die magst du doch so gern.«
»Das ist dann alles?«, fragt mich der Verkäufer bei Home Depot, während ich meine Einkäufe auf das Band lege.
»Ich denke schon«, sage ich zögernd. Ich kann ihn ja schließlich nicht fragen, was man heutzutage für eine zünftige Revoluzzer-Grundausrüstung braucht.
Er hebt fragend die Augenbrauen und mir wird bewusst, dass ich noch einige unverfängliche Dinge hätte kaufen sollen. Nägel, Malerpinsel … Jetzt ist es dafür zu spät. Schnell lege ich noch ein Päckchen Kaugummi aufs Band. Ich hasse Kaugummi, aber der Angestellte zieht endlich meine Einkäufe über den Scanner. Ping, Ping, zwei Dosen schwarze Sprühfarbe, Ping, eine Packung Einmalhandschuhe, Ping, fünf abgepackte Staubmasken.
»Haben Sie eine Kundenkarte, Ma’am?«
Ich schüttle den Kopf und halte meine Kreditkarte vor das Lesegerät. Zu spät fällt mir ein, dass ich besser in bar hätte zahlen sollen. Oder hätte ich mich damit erst recht verdächtig gemacht?
Mit zitternden Fingern stecke ich mein Portmonee ein, raffe meine Einkäufe zusammen und laufe zur Tür. Ich höre noch, wie mir der Kassierer etwas hinterherruft und hoffe, er hat mir nur das übliche ›haben Sie einen schönen Tag‹ mit auf den Weg gegeben.
Eine halbe Stunde später schließe ich die Tür zu dem kleinen Haus in der Nelson Avenue auf, in dem ich mit meiner Abuela lebe. Meine Einkäufe habe ich in dem Schuppen versteckt, in dem auch mein Fahrrad untergestellt ist. Sobald wir zu Abend gegessen haben und die Vorbereitungen für den morgigen Unterrichtstag erledigt sind, werde ich im Schutz der Dunkelheit in den Kampf ziehen.
Ich weiß, was ich damit riskiere, aber es steht einfach zu viel auf dem Spiel, als dass ich tatenlos zusehen könnte.
Als ich vor einigen Tagen das Out-of-Business-Schild im Schaufenster meines Lieblingsbuchladens entdeckt habe, wusste ich, dass jetzt die Zeit gekommen war, um endlich etwas gegen diese Heuschrecken zu unternehmen, die die Featherbed Lane übernehmen wollen.
Ich war so zuversichtlich, dass ich etwas bewirken könnte. Ich weiß, wie man ein Problem anschaulich vorträgt, und vor einer kleineren Gruppe von Menschen zu reden, bereitet mir keine Schwierigkeiten. Das habe ich während meiner Arbeit als Aushilfslehrerin gelernt. Eine Nachbarschaftsinitiative wollte ich gründen, Flugblätter an die Mieter in den Wohnblocks verteilen. Als Erstes habe ich mit den verbliebenen Geschäftsleuten geredet.
Aber sie waren alle so entmutigt und schienen innerlich bereits aufgegeben zu haben, auch wenn sie es nicht laut sagten. Sie hatten Ausreden, machten Ausflüchte. In mir begann ein stiller Zorn zu brodeln, der mich von innen auffraß und ein Ventil brauchte.
Und dann traf ich eine Entscheidung. Zwei Dosen Sprühfarbe würden meine Waffe sein – und die unbeirrbare Hoffnung, dass andere meinem Vorbild folgen würden. Die Leffler Group würde die Botschaft verstehen. Denn in einer Gegend, in der Vandalismus an der Tagesordnung war, würde sich keiner dieser reichen Yuppies eine Eigentumswohnung kaufen und die Ketten mit ihren teuren Klamotten und Lifestyle Produkten würden sich hier auch nicht niederlassen.
2
Jackson
Das Handy klingelt zum dritten Mal an diesem Abend und zum dritten Mal ignoriere ich es. Aber ich weiß auch, Vince wird nicht lockerlassen. Heute treffen sich die Jungs in der alten Werkstatt zu Poker und Bier. Noch vor wenigen Wochen wäre ich dort mit stolzgeschwellter Brust und mit drei Sixpacks beladen reinspaziert, weil ich endlich zu den Auserwählten gehörte, zum inneren Kreis. So wie Noah Brooks, Vince’ bester Kumpel und Detective im 17th. Noah hat sogar mal einige Zeit in der Werkstatt in der Clay Street gewohnt, weil er vorübergehend aus seiner Wohnung rausmusste.
Und dann war da noch Danny Lombardi, er war der Partner von Vince, bevor er aus dem Polizeidienst entlassen wurde – und bevor ich ihn abgeknallt habe wie einen tollwütigen Hund. Ja, so ein guter Detective bin ich. Erschieße einen Ex-Cop.
Schon wieder klingelt es. Entnervt nehme ich das Gespräch an.
»Ja …?«
»Beweg deinen armseligen Arsch hierher, Jax. Wir warten auf dich«, poltert Vince. »Und keine Ausreden.«
»Lass mich einfach in Ruhe, Mann«, sage ich, drücke das Gespräch weg und schalte das Handy aus.
Aber so einfach lässt sich nicht alles wegdrücken. Oder doch …? Ich schnappe mir meine Lederjacke und verlasse meine Wohnung. Zwei Straßen weiter ist ein Pub, in dem ich noch nie Kollegen aus dem 18th, oder Midtown North, wie das Revier jetzt offiziell heißt, gesehen habe. Niemand wird mich da blöd anquatschen, wenn ich mir ein paar Bier hinter die Binde kippe. Und wenn ich Glück habe, sind das Gelächter und die Stimmen der anderen Gäste laut genug, um die dröhnende Stille in meinem Kopf zu übertönen.
Die Stille, bevor die Kugel die Kammer meiner SIG Sauer durch den Lauf verlässt und sich in Danny Lombardis Schädel bohrt.
Wieder und wieder spielt sich diese