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Das Geheimnis des Prinzen
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eBook270 Seiten3 Stunden

Das Geheimnis des Prinzen

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Über dieses E-Book

Alles, was Prinz Hendrick of St. Ives benötigt, ist eine Ehefrau und einen Erben. Denn sein Vater droht ihm, den Besitz an seinen jüngeren Bruder zu überschreiben, wenn er nicht beides innerhalb eines Jahres vorweisen kann. Keine leichte Aufgabe für einen Mann, der in der feinen Gesellschaft geächtet wird wie kein anderer. Da sein Ruf vollkommen ruiniert ist, wird er auch von den heiratswilligen Mädchen gemieden. Als er Lady Isabel of Sussex vor einem Gemälde kennenlernt und ihre Schwäche für den Maler bemerkt, kommt ihm eine Idee, wie er sie von einer Eheschließung mit ihm überzeugen könnte. Sein Plan gelingt und nur wenige Wochen später ist ihm Isabel angetraut. Doch anstatt ihr eigenes Leben weiterzuleben, so wie sie es vereinbart hatten, mischt sich Isabel immer mehr in seine Angelegenheiten ein. Allerdings kommt eine emotionale Annäherung zu seiner Frau für den Prinzen nicht in Frage. Das schreckliche Geheimnis, das er vor aller Welt zu verbergen wünscht, scheint sonst nicht länger sicher zu sein.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum14. Nov. 2019
ISBN9783750252585
Das Geheimnis des Prinzen
Autor

Junia Swan

Junia Swan lässt sich gerne überraschen, meidet in ihrem Leben alt eingefahrene Wege, findet überstrapazierte Klischees langweilig und liebt es, zwischen den Zeilen zu lesen. Für sie bedeutet Liebe kein flüchtiges Gefühl, sondern eine alles verändernde Kraft, deswegen hat sie keine Angst davor, sich jeglichen Facetten des Menschseins zu stellen. Sie ist der festen Überzeugung, dass diese Welt starke Charaktere mit Prinzipien und Ehrgefühl als Vorbilder benötigt und Kulissen dazu da sind, um dahinter zu schauen. Da sie fest daran glaubt, dass eines Tages alles gut wird, ist ein Happy End für sie obligat. Gemeinsam mit ihrer Familie lebt die gebürtige Salzburgerin ein Leben abseits der Norm, das sie bis nach Bolivien geführt hat. Sie öffnet ihr Haus nicht nur für Menschen sondern auch für Tiere und ist innerhalb kürzester Zeit die Besitzerin eines Hunderudels geworden, deren Mitglieder sie von der Straße gerettet hat. Erfahrungen aus ihrem abwechslungsreichen Alltag fließen stets in ihre Bücher mit ein, von denen sie mittlerweile mehr als dreißig geschrieben hat. Obwohl zwei ihrer Bücher bei Verlagen erschienen sind, sieht sie sich doch als Selfpublisherin mit Leib und Seele. In jedem ihrer Bücher steckt ihr Herzblut und sie liebt es, dies in unzähligen kleinen Details zu zeigen. Über mehrere Monate hinweg war sie Amazon-Bestsellerautorin und zählte zu der Riege der All-Star-Autoren. Ihr Buch „Die venezianische Schwester“, erschienen bei dp, wurde 2022 für den Lovelybooks Leserpreis nominiert.

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    Buchvorschau

    Das Geheimnis des Prinzen - Junia Swan

    EB Das Geheimnis des Prinzen 20191114

    Das Geheimnis des Prinzen

    Junia Swan

    Roman

    Copyright © 2018 Junia Swan, Salzburg

    Titelbild: trueLOVErlag

    Independently published. Alle Rechte vorbehalten.

    Für Christine (P.T.)

    Über dieses Buch:

    Alles, was Prinz Hendrick of St. Ives benötigt, ist eine Ehefrau und einen Erben. Denn sein Vater droht ihm, den Besitz an seinen jüngeren Bruder zu überschreiben, wenn er nicht beides innerhalb eines Jahres vorweisen kann. Keine leichte Aufgabe für einen Mann, der in der feinen Gesellschaft geächtet wird wie kein anderer. Da sein Ruf vollkommen ruiniert ist, wird er auch von den heiratswilligen Mädchen gemieden. Als er Lady Isabel of Sussex vor einem Gemälde kennenlernt und ihre Schwäche für den Maler bemerkt, kommt ihm eine Idee, wie er sie von einer Eheschließung mit ihm überzeugen könnte. Sein Plan gelingt und nur wenige Wochen später ist ihm Isabel angetraut. Doch anstatt ihr eigenes Leben weiterzuleben, so wie sie es vereinbart hatten, mischt sich Isabel immer mehr in seine Angelegenheiten ein. Allerdings kommt eine emotionale Annäherung zu seiner Frau für den Prinzen nicht in Frage. Das schreckliche Geheimnis, das er vor aller Welt zu verbergen wünscht, scheint sonst nicht länger sicher zu sein.

    Über die Autorin:

    Junia Swan schreibt seit ihrer Jugend leidenschaftlich gern Romane. Besonders das Genre der Liebesgeschichten hat es ihr angetan. Allerdings bevorzugt sie Charaktere mit Ecken und Kanten und begleitet diese gerne auf ihrem oftmals sehr steinigen Weg. Mit ihren Romanen möchte sie den Lesern Mut machen, niemals aufzugeben und auch in schweren Zeiten durchzuhalten. Sie selbst ist mit der Liebe ihres Lebens verheiratet und lebt in Österreich.

    Prolog

    Das Ticken der Uhr teilte die Stille mit ihrem Stakkato, einer Gewehrsalve gleich, in gleichmäßige Einheiten. Sie standen einander gegenüber, ihre Brustkörbe hoben und senkten sich in schneller Folge, so als hätten sie gerade einen anstrengenden Lauf hinter sich.

    „Bitte, lass es mich versuchen!"

    Ronald trat einen Schritt auf seinen Freund Rick zu.

    „Ich weiß nicht. Ich denke nicht, dass wir es tun sollten."

    „Ein Mal, bitte. Ein einziges Mal, ich muss es einfach wissen!"

    Rick schüttelte unentschlossen den Kopf.

    „Wenn es jemand sieht?"

    „Alle schlafen. Kein Mensch ist mehr unterwegs. Du musst keine Sorge haben, dass uns jemand entdeckt. Es wird unser Geheimnis sein."

    „Aber es ist falsch", insistierte Rick und trat einen Schritt zurück.

    Da packte Ronald seinen besten Freund am Oberarm und zerrte ihn zu sich heran. Mit der anderen Hand griff er nach dessen Kopf, zog Ricks Gesicht näher und presste seine Lippen auf den Mund des anderen. Es waren nur Sekunden, während denen sich ihre Münder berührten, denn im nächsten Moment wurde die Tür aufgestoßen und die jungen Männer fuhren auseinander.

    „Ich habe doch gewusst, dass es sich lohnt, vor eurer Tür auf der Lauer zu liegen!, stieß Ken hervor und blickte seine Mitschüler geringschätzig an. „Ihr seid widerwärtig!

    Ronald verlor alle Farbe und Rick wich vor ihm zurück, bis er die Wand in seinem Rücken fühlte.

    „Es ist überhaupt nichts geschehen, versuchte Ronald zu erklären. „Es hat nichts zu bedeuten, ziehe keine voreiligen Schlüsse!

    Hinter Ken traten noch zwei weitere Burschen in den Raum und blickten die beiden Freunde angewidert an.

    „Nichts soll das gewesen sein?, höhnte einer von ihnen. „Ein Mann küsst einen anderen. Das ist eine Todsünde! Es ist wider die Natur! Ihr werdet von der Schule fliegen!

    „Nicht, wenn ihr uns nicht verratet!"

    In Ronalds Blick trat ein Ausdruck nackter Pein. Rick schloss die Augen und schluckte schwer. Ach, hätte er doch nicht zugestimmt! Hätte er Ron nur klar und deutlich erklärt, was er von seiner dummen Idee hielt! Jetzt war es zu spät! Sie beide würden von der Gesellschaft gemieden werden und Schlimmeres. Gänsehaut ließ Rick unwillkürlich schaudern.

    Schwere Schritte näherten sich über den Flur des Eliteinternats und die nun einkehrende Ruhe ließ Unheil erahnen. Ronald wandte sich zu Rick und blickte ihm entschuldigend in die Augen, doch dieser schüttelte nur den Kopf und drehte sich von ihm fort. Wenn er daran dachte, welche Konsequenzen dieser lächerliche Versuch eines Kusses haben würde, wurde ihm bereits übel.

    Es dauerte nicht lange und der Direktor stand mitten im Zimmer und lauschte den Ausführungen der jungen Ankläger. Sein Gesicht verdüsterte sich sekündlich, schließlich lief es vor Wut rot an. Als er sich zu den beiden Schuldigen drehte, wussten diese, dass es keine Möglichkeit geben würde, den Skandal abzuwenden. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ihre Eltern informiert wären und sie ihre Väter zur Rede stellen, während die Mütter vor Enttäuschung schluchzen würden. In diesem Moment hasste Rick seinen besten Freund aus Kindheitstagen. So sehr, dass er vor ihm ausspuckte, als Ron als erster an ihm vorbei aus dem Zimmer geführt wurde. Bis zu der Stunde, in der ihre Väter sie abholen würden, wurden sie in den Kerker gesperrt, jeder in eine eigene Zelle. Während Ronald ihm durch die verschlossenen Türen beteuerte, dass es ihm leidtäte, schwieg Rick beharrlich. Er wollte mit Ron niemals mehr ein Wort wechseln.

    1. Kapitel

    15 Jahre später

    Der Landsitz des Dukes of St. Ives lag eingebettet in eine wundervoll angelegte Gartenanlage, in der üppige Blütenköpfe ihren Duft großzügig verströmten. Lady Isabel of Sussex warf einen nervösen Blick durch das Kutschenfenster und strich eine dunkle Haarlocke hinter ihr Ohr.

    „Wie ich bereits sagte, setzte ihre Mutter, die Countess of Sussex, an, „möchte ich, dass du den jungen Prinzen meidest. Seine Gesellschaft ist das letzte, was ich für dich möchte. Leider sind die St. Ives so einflussreich, dass wir ihre Einladung nicht ablehnen können, ohne einen Affront zu riskieren.

    „Liebe Mutter, seufzte Sir Daniel, Isabels Bruder, „jedes Jahr die gleiche Rede. Seit ich denken kann. Wäre es möglich, die Geschehnisse, die sich vor langer Zeit zugetragen haben, endlich zu vergessen?

    „Niemals! Die Countess hob eine Hand empört über ihr Herz. „Der junge Prinz ist vollkommen verdorben und Isabel wird heute das erste Mal an einem Empfang in diesem schrecklichen Haus teilnehmen. Ihr Ruf darf darunter unter keinen Umständen leiden!

    In dem Moment hielt die Kutsche und die Tür wurde geöffnet. Während der Earl und die Countess ausstiegen, zwinkerte Daniel seiner Schwester aufmunternd zu.

    „Lass dich von ihr nicht verunsichern! Es gibt niemanden hier, den du fürchten müsstest."

    Isabel nickte scheu und entstieg der Kutsche als letzte. Sie atmete tief durch. Prinz Hendrick war an diesem Abend ihre geringste Sorge, viel mehr fürchtete sie die Menschenmasse, die hier im Laufe der Nacht zusammenfinden würde. Seit Jahren gab es wenige Situationen, die sie so stark ängstigten wie Menschenansammlungen. Ein einzelner Prinz mit ruiniertem Ruf war wirklich harmlos. Im Foyer wurden sie vom Duke und der Duchess sowie ihren zwei ältesten Söhnen, überaus stattlichen Männern, und einer Tochter begrüßt. Isabel fragte sich insgeheim, welcher der beiden jener mit dem verwerflichen Hang zum gleichen Geschlecht war. Um ihre Mutter nicht zu brüskieren, beschloss sie, mit keinem von beiden zu tanzen. Sicher war sicher.

    Im riesigen Ballsaal drückte sie sich unbehaglich gegen die Wand und stellte sich nahe neben eine große Zimmerpalme, in der Hoffnung, übersehen zu werden. Sie langweilte sich fürchterlich, während ihr Herz gleichzeitig nervös pochte. Irgendwann hielt sie es nicht mehr aus und sie stahl sich aus dem Saal und in die nun fast leere Halle hinaus. Auf der Suche nach einem ruhigen Ort schlenderte sie einen Gang entlang. Doch jede der Türen war geöffnet und in den dahinterliegenden Salons drängten sich Gäste um Spieltische. Isabel kehrte seufzend um und erklomm die Stufen in den ersten Stock. Hoffentlich war es hier ruhiger! Tatsächlich war in diesem Stockwerk um einiges weniger Zugang. Nur vereinzelt drang ein Lachen aus einem der Zimmer. Isabel öffnete erwartungsvoll eine weitere Tür und hielt staunend inne. Der Raum war zwar beleuchtet, jedoch wirkte das Licht gedämpft. Trotzdem entdeckte Isabel die Gemälde an der Wand und hielt unwillkürlich den Atem an. Schnell schloss sie die Tür hinter sich und trat auf eines der Portraits zu. Noch bevor sie sich der näheren Betrachtung hingab, beugte sie sich zur Signatur des Künstlers: Luca Romano. Andächtig hielt sie den Atem an. Er war der Haus- und Hofmaler der königlichen Familie. Der Einfluss der St. Ives, auf deren Empfang sie sich soeben befand, wurde ihr in diesem Moment umso deutlicher bewusst. Wenn Luca Romano die Mitglieder der Familie St. Ives malte, mussten sie dem König sehr nahestehen. Atemlos trat sie zwei Schritte zurück, um das Bild eingehender zu betrachten.

    „Gefällt es Euch?"

    Eine tiefe Stimme wenige Meter hinter ihr riss sie aus ihrer eingehenden Musterung und sie fuhr herum. Etwas weiter hinten im Raum saß auf einem schweren Armsessel ein Mann, in der Hand ein halbvolles Glas.

    „Verzeihen Sie, murmelte Isabel und senkte den Blick. „Ich wollte nicht stören. Ich dachte, dieses Zimmer wäre leer.

    „Ihr stört mich nicht", erwiderte er und erhob sich.

    Als sie zögernd aufsah, bemerkte sie, dass er außergewöhnlich groß war. Langsam kam er näher, blieb jedoch einige Schritte von ihr entfernt stehen. Mit der Hand deutete er wieder auf das Portrait.

    „Es ist umwerfend", schwärmte Isabel und blickte träumerisch darauf.

    „Mir scheint, Ihr kennt den Maler."

    „Nicht persönlich, aber seine Werke. Ich würde alles dafür tun, um einmal von ihm gemalt zu werden."

    Der Mann hinter ihr nickte nachdenklich und nahm einen Schluck. Verstohlen ließ er seine Augen über ihr feingeschnittenes Profil wandern. Ihre Nase war fast zierlich, mit einem kleinen störrischen Höcker, der auf eine gewitzte Persönlichkeit schließen ließ. Die hellblauen Augen der jungen Frau blickten klar und versunken und wandten ihre Aufmerksamkeit nicht für einen Moment von dem Gemälde fort. Sie schien sogar vergessen zu haben, dass er neben ihr stand. Diese Tatsache setzte in ihm eine Gedankenkette in Gang.

    „Es kommt selten vor, dass eine junge Frau die Gesellschaft von Portraits den Vergnügungen eines Festes vorzieht. Was sucht Ihr hier?"

    Als hätte er sie erschreckt, zuckte sie ein kleines bisschen zusammen, dann drehte sich Isabel verlegen in seine Richtung und legte den Kopf ein wenig in den Nacken, um ihn ansehen zu können.

    „Ich bin nicht gerne unter Menschen, gestand sie und als sie sah, dass sich seine Augenbrauen hoben, fuhr sie schnell fort, „ich meine, wenn es derart viele sind. Es ist so überwältigend.

    Er nickte. „Ich verstehe."

    Schüchtern lächelte sie ihn an, doch er blieb ernst und studierte ihr junges Gesicht. „Trotzdem solltet Ihr in den Saal zurückkehren. Es schickt sich nicht für eine junge Frau, allein durch die Zimmer zu streichen."

    Bei seiner Rüge errötete Isabel, während ihr Lächeln erlosch. Hastig wandte sie sich in Richtung Tür.

    „Ihr habt recht, bitte verzeiht mein Eindringen", murmelte sie und eilte aus dem Raum.

    Ihr Fehlverhalten war ihr überaus peinlich und sie hoffte, dem Mann im Laufe des Abends nicht mehr zu begegnen. Sie fühlte sich wieder wie ein kleines Mädchen, das von seiner Gouvernante gescholten worden war. Meine Güte, er hatte im ersten Moment so freundlich gewirkt, sie hätte nicht erwartet, dass er sie nur Augenblicke später derart vor den Kopf stoßen würde!

    Im Ballsaal begab sie sich erneut an jenen Ort, der ihr am ruhigsten schien und verfolgte mit den Augen die Paare auf der Tanzfläche.

    Sie wusste nicht, wie lange sie hier gestanden war, als sie ein Gähnen nicht unterdrücken konnte. Gerade als sie sich dem Stamm der Palme zuwenden wollte, um diesen näher zu betrachten (die Holzmaserung verfügte über ein kompliziertes Muster), änderte sich die Stimmung innerhalb des Raumes. Die Tänzer verhielten ihre Schritte und starrten in Richtung Tür, während ein Raunen durch die Menge ging, Fächer gezückt wurden und Getuschel ein anschwellendes Hintergrundgeräusch bildete. Isabel reckte sich neugierig, um zu erkennen, was diesen Stimmungsumschwung bewirkt haben mochte und entdeckte jenen Mann wieder, dem sie vor dem Gemälde begegnet war. Er hatte den Kopf hoch erhoben, wodurch er noch größer wirkte und durchquerte den Raum, als würde er nicht bemerken, was um ihn herum vor sich ging. Durch die Reaktion der Leute konnte Isabel ableiten, dass es sich um Prinz Hendrick handeln musste. Kein anderer Mann rief in der Gesellschaft dieses Verhalten hervor. Erneut schoss Röte in ihre Wangen und sie wandte sich beklommen ab. Wenn ihre Mutter wüsste, dass sie mit ihm gesprochen hatte! Allein! Mit dem Mann, den man mied, ohne es offen zeigen zu können! Ihr Puls beschleunigte sich. Himmel, wenn irgendjemand erführe, dass sie mit ihm allein in einem Raum gewesen war! Alles hätte passieren können! Vollkommen außer sich atmete sie ein. Wieso war sie nur so dumm gewesen, ausgerechnet an einem Ort wie diesem allein durch die Räume zu wandeln? Immer schlimmer wurden die Selbstvorwürfe, die sie sich machte, als jemand sie plötzlich auf die Schulter tippte und sie überrascht herumwirbelte. Daniel stand direkt vor ihr und hinter ihm konnte sie Prinz Hendrick aufragen sehen. Der einschüchternde Mann blickte überaus ernst und das fand Isabel geradezu beängstigend.

    „Isabel, ich möchte dir Prinz Hendrick vorstellen", meinte Daniel und grinste schelmisch.

    Während Isabels Wangen vor Scham brannten, meinte sie, jeder im Raum würde ihr Unbehagen bemerken.

    „Das ist meine Schwester, Lady Isabel."

    Endlich erinnerte sie sich ihrer guten Manieren und sank in einen höflichen Knicks, während er ihre Hand nahm und sich darüber beugte. Isabel meinte, eine Welle unterdrückter Empörung durch den Raum branden zu hören und sie richtete sich wieder auf.

    „Es freut mich sehr, Euch kennenzulernen", sagte er und Isabel nickte sprachlos.

    Kurz musterte er sie, dann drehte er sich ein wenig und ließ seinen Blick durch den Saal schweifen. Augenblicklich wandte sich jeder der anwesenden Gäste ab und tat so, als wäre er mit anderen Dingen beschäftigt.

    „Ich bitte um diesen Tanz, Lady Isabel", sprach er wieder in ihre Richtung und streckte ihr eine Hand entgegen. Sekundenlang starrte sie unschlüssig darauf. Was sollte sie tun? Es wäre vollkommen skandalös, wenn sie mit ihm tanzte! Und war sein Laster nicht ansteckend? Andererseits verbot es die Konvention abzulehnen. Zögernd reichte sie ihm ihre Hand.

    „Euer Gnaden, ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit."

    Er lächelte, als er auf sie hinabsah und sie zur Tanzfläche geleitete.

    „Somit haben wir etwas gemeinsam. Ich ebenfalls nicht."

    Vorsichtig zog er sie in seine Arme und führte sie zwischen den anderen Paaren hindurch. Sie stellte fest, dass er ein guter Tänzer war. Seine Augen ruhten auf ihr, doch verrieten sie nichts darüber, was er dachte oder empfand. Es fühlte sich an, als wäre es nur sein Körper, der sich mit ihr drehte – sein Geist, seine Gedanken schienen weit weg zu sein. Mehrere Tänze lang hielt er sie an seiner Seite und als er sie schließlich zu Daniel zurückbrachte, glühte ihr Antlitz und sie hoffte, dass er nicht bemerkte, wie unangenehm es ihr war, sich an seiner Seite zu befinden. Galant verbeugte er sich vor ihr und die Menge teilte sich, als er den Raum verließ.

    „Wie konntest du nur?", zischte Isabel ihrem Bruder zu, der noch immer lächelte.

    In diesem Moment stieg in ihr der ungute Gedanke auf, ihr Bruder könnte sich zu dem Prinzen hingezogen fühlen.

    „Meine Güte, Isabel, sei doch nicht genauso oberflächlich wie der Rest in diesem Raum! Immerhin ist es der Ball, den seine Familie ausrichtet. Weshalb soll er nicht tanzen dürfen?"

    „Das verbietet ihm auch keiner! Aber ausgerechnet mit mir! Ich bin … ich … ich hasse solche Veranstaltungen! Und er wirkt wie ein Magnet auf alle Augenpaare eines Raumes!"

    Daniel lachte amüsiert.

    „Du hast es überstanden, wie man sieht, meinte er ungerührt und sah über ihre Schulter. „Ah, unsere Mutter steuert geradewegs auf uns zu. Ihrem Gesicht nach zu urteilen, ist sie außer sich.

    Das war sie auch. Sie bohrte ihrer Tochter unauffällig einen Finger zwischen die Rippen und dirigierte sie mit einem starren Lächeln aus dem Saal. Sie kämpfte sehr darum, ihre Haltung zu bewahren.

    „So befolgst du meine Anweisungen, Kind?", fuhr sie Isabel an.

    „Mutter, ich konnte nicht anders. Er forderte mich auf und ich durfte ihn nicht ablehnen!"

    „Gleich vier Tänze!"

    „Er ließ mich nicht gehen!"

    „Dieser Mann ist krank, Isabel! Krank! Du solltest ihn meiden wie die Pest!"

    Isabel befreite sich aus dem Griff der Mutter.

    „Der Prinz war sehr höflich und freundlich. Aber es tut mir leid, wenn ich Euch Schande bereitet habe."

    Die Mutter seufzte schwer.

    „Lass dir deinen Mantel bringen! Wir werden gehen. Ich muss nur den Rest unserer Familie davon in Kenntnis setzen."

    Daniel machte keine Anstalten, den Ball zu verlassen.

    „Ich werde später heimkehren. Voraussichtlich bleibe ich über Nacht."

    Die Countess erblasste.

    „Tu mir das nicht an, Daniel! Bedenke, dass wir eine Ächtung nicht von unserer Familie abhalten können, so, wie es dem Duke möglich war!"

    „Schon gut, Mutter. Ich werde in einem der Gästezimmer schlafen, nicht im Bett des Prinzen."

    Die Countess und Isabel keuchten gleichzeitig auf und erröteten, während sich der Earl räusperte. Er warf seinem Sohn einen warnenden Blick zu, bevor er die Eingangshalle verließ.

    „Was hältst du von ihr?", wollte Daniel nicht einmal eine halbe Stunde später von seinem Gegenüber wissen. Hendricks Interesse an seiner Schwester war offensichtlich. Daniel konnte sich nicht erinnern, ihn jemals tanzen gesehen zu haben. Aber dass er für sein Debüt ausgerechnet Isabel gewählt hatte, war ihm äußerst rätselhaft.

    „Überaus reizend, doch sehr scheu. Vielleicht wäre sie wirklich eine geeignete Kandidatin."

    Daniel goss sich einen weiteren Whiskey in sein Glas und dachte ein paar Minuten nach. Eine interessante Entwicklung!

    „Allerdings ist sie sehr tugendhaft. Meine Mutter würde eine Verbindung mit dir niemals gestatten und mein Vater Isabel, nach allem was sie durchgemacht hat, unter keinen Umständen zu einer Ehe zwingen."

    „Das heißt, ich muss deine Schwester höchstselbst von einer Verbindung mit mir überzeugen?"

    Daniel nickte. „Ich denke, das ist der einzige Weg, um an dein Ziel zu kommen. Allerdings wüsste ich nicht, womit du sie locken könntest."

    Rick trank einen Schluck, dann starrte er ein paar Minuten lang in sein Getränk, als würde dort eine Antwort auf ihn warten.

    „Ich vielleicht schon. Zumindest ist es einen Versuch wert."

    Am Vormittag war es in der Tate-Gallery sehr ruhig und Isabel liebte es, zu dieser Zeit durch die menschenleeren Räume zu wandeln. Niemand störte sie, wenn sie in der Betrachtung eines Bildes versank. Ihre Zofe ließ sie meistens beim Eingang zurück. Diese setzte sich dann geduldig in eine nahegelegene Teestube, um dort auf sie zu warten. So unbeobachtet wie zwischen den Bildern fühlte sich Isabel sonst selten. Deswegen waren die ausgestellten Gemälde für sie wie Türen in eine andere Welt. Stundenlang

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