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Zwei Klare auf den Weg: Alles auf Null
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eBook149 Seiten2 Stunden

Zwei Klare auf den Weg: Alles auf Null

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Über dieses E-Book

Als ich fertig war, sammelte ich die Brocken auf meinem Tablett auf, warf sie in den Schlucker und stellte mein Tablett daneben. Ich ging. Ich legte meine Hand verständig auf seine schwarze Bomberjacke. "Ich muss gehen." Er wünschte mir einen schönen Abend. Ich musste mich beeilen, damit ich erst draußen auf meine Schuhe kotzen konnte. Keine gute Werbung für meine Imbisskette....
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum5. März 2017
ISBN9783742794635
Zwei Klare auf den Weg: Alles auf Null

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    Buchvorschau

    Zwei Klare auf den Weg - Gregor Kohl

    Zwei Klare für den Weg

    Ich stehe auf. Schalte ab. Dschungelcamp. Schaue ich mir seit 15 Jahren an, oder seit 10? Wie kannst Du Dir das nur anschauen? Vom Menschen lernen, in dieser Sendung ist alles zu finden. Jetzt reden sogar Psychologen darüber. Ja, ich war meiner Zeit voraus. Wollt ihr, nachdem ihr diese Hyänen gesehen habt, nochmal Hungern? Kommt nicht mit Afrika. Lasst Afrika zu Hause. Ich habe eine Patenschaft. Ich kümmere mich. Ich sorge mich. Um andere. Eigentlich um mich selbst. Ja, ja, ich esse die Pizza mit Salami und Schinken. Esse Fleisch, morde das Klima, lasse Rinder für mich schlachten unter menschenunwürdigen Bedingungen für Schlachter und Rind. Für das Schwein, die Ente, die massengehaltene Pute, das Huhn legt für mich ein Ei und Sonntags auch mal zwei. Ich trinke Kaffee, gepresst aus Aluminiumkapseln. Ich bin der Grund für ertrinkende Eisbären, für ertrinkende Bengalen, Senegalesen, Oderansässige. Ich hab sie alle auf dem Gewissen. Das erzählen mir die Rundschau, die Allgemeine, die Bild, der Gong, die Aktuelle, das Goldene Blatt, Prinz Harry, Prinz William, Prinz Charles, die AfD, die Grünen. Alle. Die Chinesen sind daran Schuld. Die sollen wieder Fahrrad fahren und aufhören über unsere Flughäfen zu schlurfen, zu schlürfen, zu schmatzen, zu qualmen. Fliegen mit Airbus, Boing, können nix selbst, kupfern alles ab. Die Türken auch, der Döner ist gar nicht von denen. Rindswurst auch nicht. Kommt vom Gräffölsing. Original. Frankfurter Original, nix Frankfurter Würstchen.

    Der Fernseher ist ausgeschaltet, das Sparschwein auf dem Fernseher schaut mich an. Ja, kein Flachbildschirm, Sparschwein und Sandmännchen stehen dort einträchtig auf dem Häkeldeckchen. Der Weihnachtsstern steht dazwischen. Die Pflanze. Gestern hatte ich fernsehfreien Abend. Ich hatte den Stern gegossen, das Wasser lief in die Abluftschlitze. Der Fernseher blieb aus, bis das Wasser getrocknet war. Trocknet Wasser? Der Fernseher wieder trocken war. Dann konnte er wieder angeschaltet werden. Nichts passiert. Ich habe nichts sinnvolles aus dem Abend gemacht. Beim Hähnchenpaul habe ich mir ein halbes geholt. Was macht der eigentlich mit dem letzten halben? Oder der Hähnchenmann vom Wagen abends mit den ganzen unverkauften? Ich hatte sie mir immer am Wagen geholt, zweifuffzig das Stück. Das halbe. Irgendwann fragte ich mich, wo der eigentlich hingeht, wenn er mal muss, ich fand keine anständige Antwort, ich konnte es mir denken. Ob er sich dann die Hände waschen würde? Und damit war es aus. Auch die Erdbeerfrau kann ich nicht mehr aufsuchen, neben ihrem Büdchen steht ein Dixie-Clo. Ich weiß also wo sie hin geht, ich weiß auch, was sie dann nicht tut. Erdbeeren, handverlesen. Nichts für mich. Was Hähnchenpaul mit seinen Händen macht, weiß ich nicht. Mir egal. Den kenne ich schon so lange. Nach dem halben ging ich zu Bett, legte mich schlafen. Ich ging schlafen.

    Ein wirkliches Pech, denn ich wollte eine Sendung schauen, die ich zwar nicht besonders oft sehe, weil ich meist vergesse, dass sie kommt, ich möchte sie aber sehen, damit ich sie immer wieder schauen kann, und sie also immer eine anständige Quote hat, damit sie nicht abgesetzt wird und ich sie dann immer wieder mal schauen kann. Das ist mir wichtig, ich möchte flexibel bleiben, sein.

    Ich lebe alleine. Meistens bin ich alleine, eigentlich bin ich oft sehr einsam. Das gewählte Alleinsein macht mir nichts aus. Doch ich kann mittlerweile nicht mehr unter diesem Alleinsein und meiner Einsamkeit unterscheiden, denn meistens bin ich beides. Oder mir bleibt keine Wahl und bin doch zufrieden mit meinem Alleinsein, doch dann schließt sich die Einsamkeit an und alles wird diffus. In dieser Einsamkeit nützt es nichts, auszugehen. Damit wird es nur schlimmer. Vor ein paar Wochen saß ich beim Hamburgergrill. Ich war einsam, wollte nicht zu Hause sitzen und kam auf diese Idee. Ich saß da bei kalten faden Pommes, der Burger hatte einen altkrustigen Rand, die Cola war mit Chlor aromatisiert. Ich saß da und es setzte sich dieser Einsame zu mir. Er war krank, oder er sprach eine andere Sprache, oder beides. Ich verstand ihn nicht. Er redete und redete, schaute mich durch Brillengläser mit großen Augen an, schaute mit dicken Lippen auf mein Essen, auf den Bauchfüller.

    ...damit sie unter ihnen austeilten, und die zwei Fische teilte er unter sie alle. Und sie aßen alle und wurden satt. Und sie sammelten die Brocken auf, zwölf Körbe voll, und von den Fischen. Und die die Brote gegessen hatten, waren fünftausend Mann.

    Er redete weiter, ich wurde nicht satt. Als ich fertig war, sammelte ich die Brocken auf meinem Tablett auf, warf sie in den Schlucker und stellte mein Tablet daneben. Ich ging. Ich legte meine Hand verständig auf seine schwarze Bomberjacke. Ich muss gehen. Er wünschte mir einen schönen Abend. Ich musste mich beeilen, damit ich erst draußen auf meine Schuhe kotzen konnte. Keine gute Werbung für meine Imbisskette. Ich ging nach Hause, jedenfalls in meine Wohnung. Ich wälzte mich in dieser Einsamkeit bis es nicht mehr auszuhalten war. Beten hilft mir dann, bringt mich auf falsche Gedanken. Ich konnte einschlafen. Damit war ich gerettet. Für diesen Tag.

    Durch das Dunkel gegangen. Alleine. Von meinen Gedanken befremdet. Schwermut trägt mich, ich möchte nicht mehr zurück kehren. Ich weiß aber jetzt schon, dass genau das passieren wird. Lebt man denn für die anderen! Ja. Denn nur durch die anderen wird das eigene Ich erst wahrnehmbar. Diese Exklusion, die mich erst definiert, die mich den Schritt nach außen tun lässt. Was hindert aber mich? Wie komme ich aus diesem Schlamassel heraus? Ich bin zu feige. Tod wird wohl schmerzhaft sein, sonst würde sich der Körper nicht so dagegen wehren. Das Leben möchte sich durchsetzen. Selbst bei mir. Selbst für mich.

    Ich höre Schritte hinter mir. Nicht vor mir. Hörte ich sie vor mir, würde ich den Menschen längst gesehen haben. Hört man Schritte überhaupt vor sich, oder überdecken die Augen den Gehörsinn? Ein Jogger ist hinter mir. Er kommt näher.

    Langsam gehe ich weiter. Überlege mir Alternativen, ins Wasser gehen. Nicht wirklich; der vorbeifahrende Zug, geht auch nicht. Vor Jahren fuhr ich mit dem Zug. Wir hielten auf offener Strecke. Es gab einen Selbstmord, an einem anderen Zug, gegenüber. Wir standen eine Stunde. Dann fuhren wir weiter. Männer waren auf der anderen Seite zu sehen, sie räumten auf. Was war das Runde in der Tüte? Ein Fußball sicher nicht. Ob sie in die Tüte oder den Sack noch andere Sachen steckten, konnte ich nicht mehr sehen. Wir fuhren weiter. Gift wäre doch was. Welches? Schneckengift, da kommt man leicht ran. Das wirkt aber nicht. Er wurde gefunden, den Mund verschmiert, die Packung mit den photographierten Kriechtieren daneben. Magen ausgepumpt. Ist jetzt nicht mehr ganz richtig im Kopf. Was noch? Reicht! Die Gedanken reichen nicht, als dass ich eine Idee hätte.

    Mein Weg ins Exil endet hier. Ich drehe herum. Gehe nach Hause. Was wohl im Fernsehen kommt?

    Fliegen. Die Phantasie lässt dich fliegen. Doch nicht, wenn die Taschen voller Geld sind. Einmal um die ganze Welt. Ich konnte mich durch Welten träumen, konnte mich von tausend Dingen begeistern lassen, mich dafür begeistern. Meine Phantasie ließ mir tausend Wege. Jetzt stecke ich in der Sicherheit meiner aufgeklärten Gedanken. Drehe mich in kleineren Kreisen, kann meine Ideen nicht mehr fliegen lassen, Girokonto, Sicherheiten, Versicherungen stecken in Rock und Mantel, verstopfen die Hosentaschen und stecken in meinen Schuhen. Am Boden bleiben, auf dem Teppich, das Machbare zählt. Das, was messbar, eindeutig, festzuhalten ist. Festgehalten werden will, und nicht anders mehr greifbar als mit gichtiger Hand.

    Brausetaler kauften wir als Kinder immer am Bahnhofskiosk. Der Kiosk war immer unfreundlich. Der Mann, der Laden, die Farbe. Alles sagte uns, wir sollten gar nicht erst hin gehen. Man belästigte den Menschen damit, dass man für 30 Pfennige Talerchen kaufte. Ob er sich darüber ärgerte, dass ich mir den Appetit für das Mittagessen verderben würde? Kannte er meine Mutter und verriet er mich bei ihr? Aber er verdiente doch Geld damit. Oder vermasselte ich ihm dasselbe, denn ich störte die ganzen Penner, die um das Büdchen herum standen, in die Hecken pissten und ihren behaarten Arsch uns Grundschülern zeigten. Wir überlegten uns immer, ob wir nicht mit ein paar Haselnussruten vorbei gehen sollten und ein paar Striemen über diese ungewaschenen Typen ziehen. Wir hatten aber zu viel Angst, denn wir mussten jeden Tag dort vorbei, wollten unsere Brausetaler ab und zu haben, besonders wenn wir wussten, dass es zu Hause Gulasch gab, und wir hatten keine Lust vor diesen Kerlen davon zu laufen. Und wo blieb der Respekt vor ihnen? Wie sollten wir ihn haben, wenn alle beim Vornamen genannt wurden? Nicht Herr Müller und Herr Schmidt, sondern Hacki und Günni. Was sollten wir davon denken? Wir waren doch Sparbuch und Samstagsshow gewöhnt, andere Lebenseinstellungen kannten wir nicht. Was, wenn wir sie mal nüchtern treffen würden, oder wir wären alleine und sie würden einen von uns umzingeln? Was, wenn wir ihnen irgendwann zugehört hätten? Was, wenn wir irgendwann neben ihnen stehen sollten? Wir waren vorsichtig.

    Heute wäre es gleichgültig, das Büdchen ist nicht mehr da, aber jetzt wird im Warmen im Bahnhofssgeschäft weiter gesoffen. Wo die das Geld her nehmen? Her bekamen? Wir fragten uns das schon damals, heute wollen wir es gar nicht mehr wissen. Wir, das waren Klaus, Peter, ich. Der Bahnhof zieht auch heute noch alle an. Der Bahnhof ist die Drehscheibe meines Lebens. Hier bewegt sich mein Leben. Dunkle Kastanienbäume, Minigolfplatz, Schwimmbad. Alles dort. Durch die verpisste Unterführung nur selten mal gegangen, meistens über die Schienen oder die große Unterführung. Wer wollte schon in diesem vermüllten Untergang irgendwen treffen. Ganz egal wen.

    Wer immer glücklich sein möchte, muss sich oft verändern

    Wir würden unsere Zeit damit verschwenden unglücklich zu sein. Die Muster seien die gleichen. Die Freundschaft hält das trotzdem aus, kontere ich. Sie hält das aus, wie lange noch? Beim stetigen Wiederholen des Wortes, das unser Verhältnis beschreibt, geht immer wieder das „n spazieren, geht verloren im Dialog, kommt nicht zurück. Der Schnaps schmeckt damit besser. Der Korn, Zinn 40, der die Kehlen kühlt und in heftiges Brennen wechselt. Das muffige Nuscheln des Nachbarn, Fensterputzer in Pension, den Putzlappen hat er immer dabei. Erklärt uns den Schwung von links nach rechts. Was ein Fenster so ausmacht, welcher Schaum zu nehmen ist. Wir hören nicht mehr zu, hören weg, drehen die Köpfe und töten das Herrengedeck. Gib mir eine Zigarette. Nix Gauloise. Zuviel Baguette und Pyjama und Eifelturm. Reval, hat der Opa geraucht, rauchen auch wir. Ihn hat es schon weiter gebracht, da wird es bei uns auch hilfreich sein. Krümel auf den Lippen, auf den feuchten Lippen bilden die Krümel einen braunen Kreis, sie färben ab, der Tabaksaft ist bitter, leicht süßlich vielleicht. Nachher doch lieber wieder Filter. „Uns küsst sowieso keiner. „Keine!" Gelächter. Gibt es hier noch die Brausetaler wie früher. Mit dem Kioskbesitzer ausgewandert. Jetzt nur noch Stängchen. Geht auch. Dann doch immer die Cola-Stängchen bevorzugt, jetzt die grünen und gelben. Die bitzeln aber gut. Nicht lutschen, zerbeißen. War ein Fehler. Ein Aufstoßen, bringt die letzten zwei Stunden wieder in Erinnerung. Zum Glück keine Bohnen. Ob ich mich übergeben muss, kann ich jetzt noch nicht so genau sagen. Geht schon. Ich muss mal pinkeln. Nee, nicht ins Gebüsch. Ich erklär's dir.

    Gibt es hier noch eine Kneipe. Nein, jetzt ist es vorbei. Erstmal. Katja kommt vorbei. Jetzt geht der Charme mit ihm durch. Hey, wie toll, dass ich dich sehe. Ja, Mensch du hast aber abgenommen. Sieht super aus. Was machen deine Kinder usw. Ich kann es nicht mehr hören. Noch etwas Brause, die mich auf andere Gedanken bringt, es bitzelt im Gehirn, jetzt

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