Parker badet den Big Boss: Butler Parker 225 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
In gemächlichem Tempo rollte Parkers hochbeiniges Monstrum Richtung Stadtmitte. Das gleichmäßige Summen des Motors ließ nicht ahnen, welche Kräfte unter der schwarzen, eckigen Haube schlummerten. Seine Herrin hatte den strahlenden Sommertag zu einem Ausflug ins Grüne genutzt. In einem gepflegten Landgasthof hatte Lady Agatha Simpson gut gespeist und noch besser getrunken. Ihre schlechte Laune hatte sich dadurch allerdings nicht gebessert. »Wenn dieser Zustand noch lange andauert, bin ich ein Nervenbündel«, klagte sie, während Parker das heimische Shepherd's Market ansteuerte. »Darf man sich höflichst erkundigen, welchen Zustand Mylady zu meinen belieben?« ließ der Butler sich vernehmen. »Diese elende Untätigkeit natürlich!« schimpfte die Detektivin. »Seit Wochen wirkt London wie ein verschlafenes Provinznest. Keine Bank wird überfallen, niemand wird entführt...« »Tatsächlich könnte man zur Zeit den Eindruck gewinnen, die Aktivitäten der Unterwelt beschränkten sich auf den Diebstahl von Fahrrädern«, pflichtete Parker ihr bei. »Die Ruhe in der Stadt ist außergewöhnlich, wenn man sich diese Bemerkung erlauben darf.« »Dabei ist es gerade für herausragende Talente immer wieder nötig, sich zu bewähren«, fuhr Lady Agatha fort und schob ein Stück von der Schokoladentorte in den Mund, die sie beim Verlassen des Gasthofs vom Büfett stibitzt hatte. »Mit anderen Worten, Mister Parker: Ich muß dringend eine Aufgabe haben, die alle meine Kräfte fordert! Schon der Volksmund sagt: Wer rüstet, der rastet.«
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Parker badet den Big Boss - Günter Dönges
Butler Parker
– 225 –
Parker badet den Big Boss
Günter Dönges
In gemächlichem Tempo rollte Parkers hochbeiniges Monstrum Richtung Stadtmitte. Das gleichmäßige Summen des Motors ließ nicht ahnen, welche Kräfte unter der schwarzen, eckigen Haube schlummerten.
Seine Herrin hatte den strahlenden Sommertag zu einem Ausflug ins Grüne genutzt. In einem gepflegten Landgasthof hatte Lady Agatha Simpson gut gespeist und noch besser getrunken. Ihre schlechte Laune hatte sich dadurch allerdings nicht gebessert.
»Wenn dieser Zustand noch lange andauert, bin ich ein Nervenbündel«, klagte sie, während Parker das heimische Shepherd’s Market ansteuerte. »Darf man sich höflichst erkundigen, welchen Zustand Mylady zu meinen belieben?« ließ der Butler sich vernehmen.
»Diese elende Untätigkeit natürlich!« schimpfte die Detektivin. »Seit Wochen wirkt London wie ein verschlafenes Provinznest. Keine Bank wird überfallen, niemand wird entführt...«
»Tatsächlich könnte man zur Zeit den Eindruck gewinnen, die Aktivitäten der Unterwelt beschränkten sich auf den Diebstahl von Fahrrädern«, pflichtete Parker ihr bei. »Die Ruhe in der Stadt ist außergewöhnlich, wenn man sich diese Bemerkung erlauben darf.«
»Dabei ist es gerade für herausragende Talente immer wieder nötig, sich zu bewähren«, fuhr Lady Agatha fort und schob ein Stück von der Schokoladentorte in den Mund, die sie beim Verlassen des Gasthofs vom Büfett stibitzt hatte. »Mit anderen Worten, Mister Parker: Ich muß dringend eine Aufgabe haben, die alle meine Kräfte fordert! Schon der Volksmund sagt: Wer rüstet, der rastet.«
»Mylady meinen vermutlich: Wer rastet, der rostet«, korrigierte Parker vorsichtig.
»Wie?« fragte die passionierte Detektivin irritiert und hätte sich fast an einem Stück Torte verschluckt. »Was rostet?«
»Das Sprichwort, das Mylady zu zitieren beabsichtigten, heißt: Wer rastet, der rostet«, erklärte der Butler.
»Aber das sagte ich doch, Mister Parker!« behauptete Agatha Simpson unwirsch. »Wer rüstet, der kostet! Ich verstehe wirklich nicht, warum Sie mir jeden Satz nachplappern wie ein Papagei.«
Ärgerlich wandte sie sich wieder der Torte zu und vertilgte auch noch das letzte Stück von ihren Fingerspitzen, bevor sie wieder zum Thema kam.
»Den Ganoven hierzulande geht es einfach viel zu gut«, stellte sie fest. »Wahrscheinlich sind sie allesamt an die Riviera gefahren und machen Urlaub. Ich werde noch eine Auslandsreise antreten müssen, wenn ich keine Spinnweben ansetzen will.«
»Zu dieser Befürchtung dürfte allerdings nicht der geringste Anlaß bestehen, Mylady«, meinte Parker. »In einer Millionenstadt vergehen meist nur wenige Tage ohne Verbrechen, wenn man sich diesen Hinweis erlauben darf.«
»Wenn sich wenigstens irgendein Verfolger blicken ließ«, jammerte sie unbeirrt weiter. »Dem würde ich eine ordentliche Lektion erteilen, um nicht ganz aus der Übung zu kommen.«
»Meine bescheidene Wenigkeit schätzt sich überglücklich, Mylady diesbezüglich eine erfreuliche Mitteilung machen zu können«, meldete Parker in diesem Moment. »Ein dunkelblauer Morris hat soeben Myladys Spur aufgenommen.«
»Das habe ich doch schon die ganze Zeit geahnt«, behauptete die ältere Dame ungeniert, und ihre mürrische Miene hellte sich prompt auf. »Mein geradezu hellseherischer Spürsinn hat mich eben noch nie im Stich gelassen. Wo und wie ich mir diese Burschen vornehme – das überlasse ich natürlich Ihnen, Mister Parker. Sie wissen ja, daß ich mich um solche Details nicht kümmere.«
»Man wird – wie üblich – bemüht sein, ganz nach Myladys Wünschen zu handeln«, versicherte der Butler. Ohne eine Miene zu verziehen, trat er das Gaspedal bis zum Anschlag durch.
Ein Beben lief durch die Karosserie, als Parker das Zusatztriebwerk aufröhren ließ. Wie ein leichtfüßiger Hirsch spurtete das schwerfällig wirkende Gefährt, das einst als braves Taxi durch Londons Straßen gerollt war, auf und davon.
Der Verfolger fiel deutlich zurück, aber er ließ sich nicht abschütteln.
»Was machen Sie denn, Mister Parker?« beschwerte sich Lady Agatha schon nach wenigen Sekunden. »Ich habe Ihnen doch erklärt, daß ich diese Burschen stellen und ihnen einen Denkzettel verpassen will. Sie ignorieren ja meine Anordnungen und treten die Flucht an.«
»Es war keineswegs die Absicht meiner Wenigkeit...« versuchte Parker sich zu rechtfertigen, doch die Detektivin unterbrach ihn wütend.
»Schämen Sie sich, Mister Parker!«
»Wie Mylady meinen«, gab der Butler in seiner höflichen Art zurück.
»Solch einen Hasenfuß kann ich als Diener nicht gebrauchen«, fügte sie hinzu. »Ich wünsche, daß Sie sofort halten, damit ich die Verfolger zur Rede stellen kann. Und falls Sie Angst vor den Kerlen haben – denken Sie daran, daß ich Sie noch aus jeder Klemme gerettet habe, Mister Parker...«
»Darf man Mylady darauf aufmerksam machen, daß sich in dem fraglichen Fahrzeug allem Anschein nach nur eine Person befindet?« versuchte Parker ihren Eifer zu dämpfen. Er hatte den Wagen und Fahrer längst im Rückspiegel erkannt.
»Nur einer?« fragte die ältere Dame enttäuscht. »Das ist bedauerlich, Mister Parker, denn dadurch werden die Möglichkeiten meiner Selbstentfaltung drastisch eingeschränkt. Aber dafür werde ich mich diesem Menschen umso intensiver widmen.«
In einer Parkbucht brachte der Butler sein schwarzes Gefährt abrupt zum Stehen. Mit quietschenden Bremsen stoppte der Morris unmittelbar dahinter.
»Mister Rander!« Mylady wußte nicht, ob sie sich freuen oder ärgern sollte. Der sympathische Anwalt, der seit Jahren ihr ansehnliches Vermögen verwaltete und nebenher ihrer attraktiven Gesellschafterin Kathy Porter schöne Augen machte, war in ihrem Haus stets ein gerngesehener Gast. Im Augenblick aber wäre Lady Agatha der frechste Gangster willkommener gewesen.
Schließlich hatte sie schon den Sitz ihrer sogenannten Hutnadel überprüft, die eher stählernen Grillspießen glichen und an der Spitze mit einem schnell wirkenden Betäubungsmittel präpariert waren. Auch Lady Simpsons Pompadour hatte sich schon auf seinen ersten Einsatz nach wochenlanger Zwangspause gefreut.
Der lederne Beutel, der für ein Damenhandtäschchen etwas zu wuchtig geraten war, enthielt neben anderen Utensilien Lady Simpsons Glücksbringer: ein echtes Pferdehufeisen, das in eine dünne Lage Schaumstoff gewickelt war.
»Ist etwas nicht in Ordnung?« fragte Mike Rander besorgt, als er Myladys frustrierte Miene bemerkte.
»Ich wünsche, es wäre so«, erwiderte die Detektivin. »Aber leider ist in London alles in bester Ordnung. Niemand raubt, niemand stiehlt – wie soll man das aushalten?«
»Zur Zeit ist es an der Themse wirklich verdächtig ruhig«, pflichtete der Anwalt ihr bei. »Aber ganz recht haben Sie doch nicht, Mylady. Gestohlen wird noch.«
»Fahrräder und Handtaschen vielleicht, mein lieber Junge«, spottete Agatha Simpson. »Nein, danke! Damit soll sich ruhig die Polizei befassen. Eine Detektivin meines Ranges gibt sich doch nicht mit Bagatelldelikten ab.«
»Das muß auch nicht sein, Mylady«, entgegnete Rander. »Wenn Sie hören, was meinem Kollegen Stokefield passiert ist, reden Sie wahrscheinlich nicht mehr von Bagatellen.«
»So?« Mylady schien mißtrauisch, aber neugierig.
»Dem guten Harry haben sie am hellen Tag sämtliche Antiquitäten aus dem Haus getragen, die er in den letzten zwanzig Jahren gesammelt hat«, berichtete der Anwalt. »Allein sein Lieblingsstück, eine österreichische Barockmadonna, soll einen Wert von zehntausend Pfund gehabt haben.«
»Zehntausend Pfund ?« Agatha Simpson wurde hellhörig. Das war eine Summe, die man wirklich nicht als Bagatelle abtun konnte.
»Zehntausend Pfund«, bestätigte Rander. »Und die Madonna war nicht das einzige wertvolle Stück. Harry war zwar versichert, aber seine geliebten Antiquitäten wird er vermutlich nie wiedersehen.«
»Es sei denn, ich würde die Ermittlungen in die Hand nehmen«, erklärte Agatha Simpson selbstbewußt. »Hätten Sie nicht Lust, nachher zum Tee zu kommen, mein lieber Junge? Dann werde ich Ihnen erklären, wie ich den Fall zu lösen gedenke.«
*
»Gerade habe ich Harry Stokefield angerufen und mir alles nochmal genau erzählen lassen«, berichtete Mike Rander, als er eine