Parker spielt den Figaro: Butler Parker 212 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Über dieses E-Book
Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
Lady Agatha nickte wohlwollend. Sie hatte das kalte Büfett erspäht und blitzschnell zur Kenntnis genommen, welche Köstlichkeiten da angeboten wurden. Man hatte sich außerordentlich große Mühe gegeben und alles aufgeboten, was Küche und Keller anzubieten vermochten. »Ich werde diesen Verlockungen selbstverständlich widerstehen, Mister Parker«, sagte sie zu ihrem Butler, der in steif-korrekter Haltung hinter ihr stand. »Ich werde Ihnen wieder mal demonstrieren, was Selbstbeherrschung ist.« Agatha Simpson war eine majestätische Erscheinung, groß, füllig und strotzend vor Energie. Sie hatte das sechzigste Lebensjahr überschritten, war in der Londoner Society eine überaus bekannte Erscheinung und berühmtberüchtigt wegen ihrer unkonventionellen Art. Immens vermögend, konnte sie sich jede Extravaganz leisten. Sie trat grundsätzlich in jedes erreichbare Fettnäpfchen, sagte stets das, was sie gerade dachte und hielt sich für eine einmalige Detektivin. Die ältere Dame war zu einem Empfang erschienen, den eine amerikanische Handelsgesellschaft gab. Alles, was Rang und Namen in Wirtschaft und Politik hatte, war erschienen. Lady Agatha grüßte hoheitsvoll und auch wohlwollend, plauderte und musterte immer wieder die Köstlichkeiten auf dem meterlangen Büfett. Sie hatte sich seit geraumer Zeit einer strengen Diät unterzogen, wie sie behauptete. »Wann wird das Büfett endlich eröffnet?« fragte sie grollend ihren Butler. »Mister Parker, ich hoffe nicht, daß ich mir noch ein paar langweilige Reden anhören muß.« »Mylady werden fest damit rechnen müssen«, gab Josuah Parker zurück. »Auf der Einladung sind wenigstens sechs entsprechende Hinweise zu finden.«
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Parker spielt den Figaro - Günter Dönges
Butler Parker
– 212 –
Parker spielt den Figaro
Günter Dönges
Lady Agatha nickte wohlwollend.
Sie hatte das kalte Büfett erspäht und blitzschnell zur Kenntnis genommen, welche Köstlichkeiten da angeboten wurden. Man hatte sich außerordentlich große Mühe gegeben und alles aufgeboten, was Küche und Keller anzubieten vermochten.
»Ich werde diesen Verlockungen selbstverständlich widerstehen, Mister Parker«, sagte sie zu ihrem Butler, der in steif-korrekter Haltung hinter ihr stand. »Ich werde Ihnen wieder mal demonstrieren, was Selbstbeherrschung ist.«
Agatha Simpson war eine majestätische Erscheinung, groß, füllig und strotzend vor Energie. Sie hatte das sechzigste Lebensjahr überschritten, war in der Londoner Society eine überaus bekannte Erscheinung und berühmtberüchtigt wegen ihrer unkonventionellen Art. Immens vermögend, konnte sie sich jede Extravaganz leisten. Sie trat grundsätzlich in jedes erreichbare Fettnäpfchen, sagte stets das, was sie gerade dachte und hielt sich für eine einmalige Detektivin.
Die ältere Dame war zu einem Empfang erschienen, den eine amerikanische Handelsgesellschaft gab. Alles, was Rang und Namen in Wirtschaft und Politik hatte, war erschienen. Lady Agatha grüßte hoheitsvoll und auch wohlwollend, plauderte und musterte immer wieder die Köstlichkeiten auf dem meterlangen Büfett. Sie hatte sich seit geraumer Zeit einer strengen Diät unterzogen, wie sie behauptete.
»Wann wird das Büfett endlich eröffnet?« fragte sie grollend ihren Butler. »Mister Parker, ich hoffe nicht, daß ich mir noch ein paar langweilige Reden anhören muß.«
»Mylady werden fest damit rechnen müssen«, gab Josuah Parker zurück. »Auf der Einladung sind wenigstens sechs entsprechende Hinweise zu finden.«
Josuah Parker war eine alterslose Erscheinung, mehr als mittelgroß, fast schlank. Er hatte das glatte, ausdruckslose Gesicht eines ausgebufften Pokerspielers und bot das Bild eines hochherrschaftlichen Butlers.
Wie auf ein geheimes Kommando hin strebten die vielen Gäste in das Innere des Hauses, um die Reden über sich ergehen zu lassen. Lady Agatha und Butler Parker aber blieben auf der Terrasse. Die ältere Dame hatte sich wie zufällig immer näher an das Büfett herangeschoben und nahm eindeutig Maß.
»Was empfehlen Sie mir, Mister Parker?« erkundigte sie sich. »Aber denken Sie an meine Diät.«
»Mylady könnten vielleicht mit diversen Früchten des Meeres vorsichtig beginnen«, schlug Parker vor, »dann wäre ein zartes Roastbeef zu empfehlen, garniert mit einem Hauch der außerordentlich gutaussehenden Remouladensauce.«
»Das klingt nicht schlecht, Mister Parker.« Sie nickte wohlwollend.
»Anschließend könnten Mylady sich für ein Lammkotelett entscheiden«, zählte Josuah Parker weiter auf. »Diese Köstlichkeit wird von den Köchen gerade zubereitet.«
»Kaum Kalorien«, meinte sie zuversichtlich. »Weiter, Mister Parker. Ich will keinen Fehler machen.«
»Der Schweineschinken in Salzkruste sieht ungemein einladend aus, Mylady.«
»Ich werde ein wenig davon kosten«, entschied sie. Agatha Simpson wollte noch etwas hinzufügen, doch sie wurde abgelenkt. Sie musterte einige Neuankömmlinge, die durch den Park gekommen waren und der Terrasse zustrebten. Ein untersetzter Mann von etwa fünfzig Jahren war umgeben von einigen wesentlich jüngeren Herren, die durchweg einen sportlichen Eindruck machten.
»Wer ist denn das?« fragte sie. »Moment, sagen Sie nichts, Mister Parker, mir wird es gleich einfallen. Sie wissen, daß ich ein ausgezeichnetes Gedächtnis besitze.«
»Meine Wenigkeit muß bedauern«, entschuldigte sich der Butler. »Möglicherweise aber handelt es sich um Mister Robert Carnach.«
»Das sagte ich doch.« Sie nickte nachdrücklich. »Und wer ist das?«
»Ein Zeitungsverleger, Mylady, falls der Herr wirklich Mister Carnach sein sollte.«
»Und welche Blätter gibt er heraus?«
»Unter anderem die Morning Review, Mylady.«
»Ich wußte es doch, Mister Parker.« Der wohlwollende Ausdruck verschwand aus ihrem Gesicht. Der perlenbestickte Pompadour an ihrem linken Handgelenk geriet in leichte Pendelbewegung. Ihre Augen blitzten unternehmungslustig.
»Meine Wenigkeit möchte sich auf keinen Fall dafür verbürgen, Mylady, daß es sich um Mister Carnach handelt«, warnte der Butler, der das ungestüme Temperament seiner Herrin kannte.
»Es ist dieses Subjekt«, entschied sie und marschierte auf den untersetzten Mann zu, der höflich-abwesend lächelte.
»Sie sind das also«, sagte Lady Agatha, die sich jetzt vor ihm aufbaute.
»Ich bin es also«, antwortete der Mann ein wenig ironisch.
»So sehen Sie auch aus«, grollte Agatha Simpson leicht gereizt.
»Verzeihung, ich habe keine Ahnung, was Sie wollen, Madam«, erwiderte der Mann, während seine drei jungen Begleiter bereits ausschwärmten und einen wachsamen Eindruck machten.
»Sie behaupten also, ich hätte ein Verhältnis mit meinem Butler«, schickte Agatha Simpson voraus. »Dafür sollte ich Sie ohrfeigen.«
Sie holte aus, doch sie ohrfeigte nicht. Lady Agatha trat ungeniert und kraftvoll gegen das rechte Schienbein des völlig verdutzten Mannes, der aufheulte und anschließend auf dem noch intakten Bein herumhüpfte. Die drei jungen Begleiter reagierten und wollten eingreifen, doch sie hatten natürlich ihre Rechnung ohne einen gewissen Butler Parker gemacht, der sich für Lady Agatha selbstverständlich einsetzte.
*
»Ich habe natürlich mit einer Finte gearbeitet«, berichtete Lady Agatha stolz. »Dieses Subjekt rechnete mit einer Ohrfeige, aber nicht mit einem Fußtritt.«
»Wobei bemerkt werden sollte, daß es sich keineswegs um Mister Robert Carnach handelte«, warf Parker höflich ein.
»Wie war das?« Rander tauschte einen schnellen Blick mit Kathy Porter, die vor wenigen Minuten erst in das altehrwürdige Fachwerkhaus der Lady Simpson gekommen war.
»Mylady traten einen gewissen Ernest Lesbury«, präzisierte der Butler gemessen.
»Was macht das schon für einen Unterschied?« fragte die ältere Dame wegwerfend. »Es hätte aber auch dieser Zeitungsverleger sein können.«
»Und wer ist Ernest Lesbury?« wollte Kathy Porter wissen. Sie war die Gesellschafterin und Sekretärin der Lady Agatha.
»Ein vorerst noch Unbekannter, Miß Porter«, erwiderte der Butler. »Er wurde allerdings von drei Leibwächtern begleitet, die ohne Ausnahme Schußwaffen trugen, wie sich später zeigte.«
»Sie haben sich vergewissert, wie ich annehme«, stellte Mike Rander fest. Der vierzigjährige Anwalt war groß, schlank und erinnerte an einen bekannten James Bond-Darsteller. Er besaß in der nahen Curzon Street eine Anwaltskanzlei, verwaltete das immense Vermögen der älteren Dame und fand dabei die intensive Unterstützung Kathy Porters, die eine reizvoll-pikante Erscheinung war. Kathy war ebenfalls groß und schlank, hatte kastanienbraunes Haar mit einem kräftigen Rotstich und betonte Wangenknochen, die zusammen mit den ein wenig mandelförmig geschnittenen Augen ihr einen etwas exotischen Ausdruck verliehen.
»Meine Wenigkeit vergewisserte sich tatsächlich, Sir«, beantwortete der Butler die Frage des Anwalts. »Dazu kam es allerdings erst, als die drei Begleiter den Boden aufsuchten.«
»Es kam zu einem Kampf?« Kathy Porter lächelte wissend.
»Nun, ich mußte mit meinem Pompadour zulangen, meine Liebe«, erklärte Lady Agatha. »Ich traf diesen Mann, der kein Zeitungsverleger ist. Anschließend hatte Mister Parker kaum noch Mühe, die drei Lümmel auszuschalten. Ich hatte schließlich die Vorarbeit dazu geleistet.«
»Ernest Lesbury«, wiederholte Mike Rander leise, »irgendwie kommt der Name mir bekannt vor. Na, es wird mir schon noch einfallen. Sie haben anschließend diesen Zeitungsverleger erwischt, Mylady?«
»Er war gar nicht zur Party erschienen, mein Junge«, bedauerte die passionierte Detektivin. »Er hätte sein blaues Wunder erlebt. Eine Frechheit, mir ein Verhältnis mit Mister Parker zu unterstellen.«
»Eine Vorstellung, an die man sich erst noch gewöhnen müßte«, spöttelte Rander.
»Für private Affären habe ich keine Zeit«, machte Agatha Simpson klar, »vielleicht später mal, nicht wahr, Mister Parker?«
Sie schaute ihn fast kokett an, und Josuah Parker deutete eine knappe Verbeugung an. Auch jetzt blieb sein Gesichtsausdruck glatt und undurchdringlich. Er ließ nicht erkennen, was er dachte.
»Nun werden Sie nicht gleich verlegen«, stichelte sie dennoch munter. »Ich habe nur einen Scherz gemacht.«
»Was meine bescheidene Wenigkeit sofort unterstellte, Mylady.«
Mike Rander hätte sich liebend gern eingeschaltet, doch in diesem Augenblick führte der Zufall wieder mal Regie. Die Glocke an der Haustür meldete sich. Butler Parker entschuldigte sich, ging durch die große Wohnhalle des Hauses hinüber zum völlig verglasten Vorflur und öffnete einen rechts daneben angebrachten Einbauschrank. Er schaltete die Fernsehkamera über der Haustür ein und brauchte nur wenige Augenblicke zu warten, bis der Monitor ein gestochen scharfes Bild lieferte.
Draußen stand ein mittelgroßer, schlanker Mann von etwa vierzig Jahren, der einen gehetzten und ängstlichen Eindruck machte. Parker schaltete die Wechselsprechanlage ein und erkundigte sich nach den Wünschen des Mannes.
»Bitte, öffnen Sie ... schnell«, kam die Antwort. Der Mann wandte sich halb um, während er sprach. Er blickte zum Gittertor, das den Vorplatz zur Durchgangsstraße hin abschirmte.
»Darf man um Ihren geschätzten Namen bitten, Sir?« fragte