Geliebtes Glückskind Florian: Fürstenkinder 20 – Adelsroman
Von Regine König
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Über dieses E-Book
Ihre Lebensschicksale gehen zu Herzen, ihre erstaunliche Jugend, ihre erste Liebe – ein Leben in Reichtum, in Saus und Braus, aber oft auch in großer, verletzender Einsamkeit.
Große Gefühle, zauberhafte Prinzessinnen, edle Prinzen begeistern die Leserinnen dieser einzigartigen Romane und ziehen sie in ihren Bann.
»Wenn daraus nichts wird, Karl, dann kenne ich mich nicht mehr auf dieser Erde aus!« Die grauhaarige Anna, langjährige Beschließerin bei der Gräfin Birkenbach, wiegte den Kopf bedächtig hin und her. »Es wäre ein Segen, ein Gottesgeschenk!« Sie faltete ganz fromm die Hände. »Der liebe Gott macht auch manchmal wieder etwas gut.« »Pst, Frau Anna!« Karl flüsterte es beinahe erschrocken. Er war der Meinung, man solle den lieben Gott nicht gleich ins Gespräch bringen. ER führte so seltsame Wege. Und manchmal – ja, manchmal war man als so ein ganz einfacher Diener, wie es Karl war, nicht ganz zufrieden mit Ihm. Weshalb zum Beispiel ließ ER es zu, daß vor Jahren die Eltern der kleinen Komteß Marianne von Birkenbach bei einem Flugzeugunglück ums Leben kamen? Gewiß, das Mariannchen besaß eine Großmutter, wie es selten Großmütter gab. Aber – darauf versteifte sich Karl immer wieder – Eltern waren noch besser als die besten Großmütter. Mochten die Leute sagen, was sie wollten. »Na«, erklärte in diesem Augenblick Frau Anna, »man wird doch noch sagen dürfen, was man meint. Und es wäre wirklich ein Glück für unser Mariannchen, wenn es sich glücklich verheiratete.« Sie ist erst siebzehn Jahre. Sie ist noch ein Kind, wollte Karl sagen. Sieh sie dir an, wie sie tanzt, lacht und singt.
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Fürstenkinder
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Geliebtes Glückskind Florian - Regine König
Fürstenkinder
– 20 –
Geliebtes Glückskind Florian
Er sucht sich seinen neuen Papi selbst aus
Regine König
»Wenn daraus nichts wird, Karl, dann kenne ich mich nicht mehr auf dieser Erde aus!«
Die grauhaarige Anna, langjährige Beschließerin bei der Gräfin Birkenbach, wiegte den Kopf bedächtig hin und her.
»Es wäre ein Segen, ein Gottesgeschenk!« Sie faltete ganz fromm die Hände.
»Der liebe Gott macht auch manchmal wieder etwas gut.«
»Pst, Frau Anna!«
Karl flüsterte es beinahe erschrocken. Er war der Meinung, man solle den lieben Gott nicht gleich ins Gespräch bringen. ER führte so seltsame Wege. Und manchmal – ja, manchmal war man als so ein ganz einfacher Diener, wie es Karl war, nicht ganz zufrieden mit Ihm. Weshalb zum Beispiel ließ ER es zu, daß vor Jahren die Eltern der kleinen Komteß Marianne von Birkenbach bei einem Flugzeugunglück ums Leben kamen? Gewiß, das Mariannchen besaß eine Großmutter, wie es selten Großmütter gab. Aber – darauf versteifte sich Karl immer wieder – Eltern waren noch besser als die besten Großmütter. Mochten die Leute sagen, was sie wollten.
»Na«, erklärte in diesem Augenblick Frau Anna, »man wird doch noch sagen dürfen, was man meint. Und es wäre wirklich ein Glück für unser Mariannchen, wenn es sich glücklich verheiratete.«
Sie ist erst siebzehn Jahre. Sie ist noch ein Kind, wollte Karl sagen. Sieh sie dir an, wie sie tanzt, lacht und singt. Ein süßes Geschöpf, gewiß! Jeder Mann könnte ihr nachschauen. Aber zum Heiraten ist sie zu jung, ganz einfach zu jung!
Marianne von Birkenbach feierte ihren Geburtstag. Und die alte Gräfin Birkenbach, ihre Großmutter, bei der sie aufgewachsen war, gab der kleinen Enkelin zu Ehren ein Fest.
Ein Zufall mochte es sein, daß der Wiener Vetter Ludolf Graf von Tarzky anwesend war. Oder glaubte die alte Gräfin Birkenbach, daß sie ein wenig schützend die Hand legen müßte über diese Kinderfreundschaft, die Marianne und Ludolf verband? Manches Frühjahr hatte Marianne in Wien verbracht. Manchen Sommer der heranwachsende Ludolf am Niederrhein im Haus der Großtante.
Sie hatten miteinander gespielt, sie hatten in einem Winter gemeinsam Tanzstunde genommen. Auch Ludolf war Waise wie Marianne. Sie hatten sich geneckt, sie hatten gemeinsame Streiche ausgeheckt. Und niemand war ihnen je gram gewesen. Man respektierte die kleine, zarte Marianne, und vor dem charmanten Lachen des jungen Ludolf wurden alle Herzen weich.
Glückskinder! urteilten die Bedächtigen in der international versippten Familie.
Man muß das Glück hegen und pflegen bis zum richtigen Zeitpunkt. Alles muß reifen! dachte in diesen Jahren, in denen aus der kindlichen Marianne ein junges Mädchen wurde, die alte Gräfin Birkenbach.
Oder war sie noch immer ein Kind geblieben?
»Luderl, los, fang mich!« Marianne schlug dem Vetter herausfordernd auf die Schultern.
Sie hatte mit ihm schon den vierten Tanz nacheinander getanzt. Er tanzte gut, verstand auch zu führen. In seinem Arm glitt man dahin, als gehörte man für immer zusammen. Es gab keine Hindernisse.
»Langweilt’s dich auch hier, Spatzerl? Was die sich nur alle denken! Und wie sie gucken!«
»Weshalb gucken sie nur?« Mariannes große blaue Augen hefteten sich auf den lausbübischen Vetter, der sie ganz dicht an sich zog. Ihr sehr schmales und zartes Gesichtchen färbte sich ein wenig rot.
»Weißt du’s nicht, Schatzerl?« Ludolf neigte sein heißes Gesicht zu der kleinen Base. »Die erwarten doch alle etwas von uns!«
»Was denn?« Marianne schaute völlig unschuldig in das Gesicht über ihr. Es war nicht das Gesicht eines erwachsenen Mannes, sondern das eines Lausbuben, mit dem man Streiche bestehen konnte, aber kein Leben.
»Das sag ich dir draußen, drunten am Strom!«
Ludolf von Tarzky fühlte sich plötzlich erhaben über die unschuldige Base, deren rechte Hand nur wie die einer kleinen Tanzstundenfreundin in seinen Fingern lag.
»Mariandl – etwas sagen möchte ich dir. Nur nicht hier auf der Terrasse, wo alle tanzen und wo jeder uns sieht. Mariandl, kommst du mit mir? Es ist auch so heiß hier. Drunten in den Wiesen am Strom ist’s kühler. Vom Strom steigt immer ein wenig Kühle auf.«
»Kühle?« Marianne lachte. Ihr kleines Gesicht war lebendig in einem kindlichen Übermut.
»Fang mich, Luderl! Ich bin doch schneller unten am Strom als du.«
Bei diesen Worten nahm sie die hochhackigen winzigen Goldbrokatschuhe in die Hand. O je über diese Hacken! Marianne trug sie nur, weil Großmama gepredigt hatte, daß man mit 17 endlich einmal loskommen mußte von den flachen Sandaletten. Aber sie drücken mich, diese Schuhe! dachte Marianne, während sie davonlief.
Die schloßähnliche Villa der Gräfin Birkenbach öffnete den riesigen gepflegten Garten zu den Wiesen am Strom. Zweimal klappte das Törchen, das den Garten von den Wiesen trennte.
»Fang mich!« Kindlich klang die Stimme der kleinen Marianne.
Ludolf von Tarzky begann zu keuchen. Nicht, weil er nicht Schritt halten konnte mit der kindlich Entfliehenden, sondern weil etwas in ihm aufbegehrte, das über Jugendfreundschaft hinauswuchs.
Der kleine, blondlockenschopfige Graf aus Österreich wuchs in diesen Minuten, in denen er Marianne nachlief, zum Mann.
Nur, daß die kindliche Marianne es nicht wußte, auch nicht wahrnahm, als er jetzt endlich keuchend neben ihr in den Rheinwiesen niedersank, sie neben sich zog.
»Mariandl – lieb hab ich dich! Und ich kann nicht ohne dich leben.«
»Kannst du nicht?!« wollte sie kindlich spotten. Aber Ludolf küßte ihr jedes Wort von den Lippen.
»Schatzerl, Süßes! Mach keine Sperenzien!«
»Sperenzien? Welche?« Mariannes große blaue, noch so kindliche Augen waren auf den Vetter gerichtet. Sie verstand dies alles nicht. Weshalb nur streichelte der Lui, der Luderl, sie plötzlich?«
»Du, so darf man das nicht machen!« wehrte sie sich.
»Doch, man macht’s, wenn man sich liebt!« antwortete Ludolf. »Weißt du, Schatzerl, ich hab dich so lieb. Und, nicht wahr, du heiratest mich? Wir haben doch seit eh und je zusammengehört.«
Marianne nickte. Ein Leben ohne den Vetter aus Wien konnte sie sich wirklich nicht vorstellen.
»Schatzerl, Süßes!«
Marianne fühlte jäh, wie ihr der Atem ausging. Oh, sie konnte erneut laufen! Aber da war dies andere. Eine ganz verrückte, herzklopfende Angst.
Oder war es nicht Angst?
War es etwas anderes? Etwas, das plötzlich erregte, etwas, das noch keinen Namen besaß?
»Luderl!« Marianne sank vorn am Strom auf einem großen Stein zusammen. »Luderl, ich muß Atem schöpfen!«
»Schöpf nicht Atem, Mariandl. Mariandl, süßes Mariandl!«
Ludolf kannte sich selbst nicht mehr. Er hatte viele Mädchen geküßt. Oh, er war kein Heiliger! Sein Blut war heiß. Niemals aber hatte er ein Mädchen geliebt wie diese kleine Base vom Niederrhein, mit der er die schönsten Kinder- und Jugendtage verlebt hatte.
»Mariandl, ich liebe dich. Immer wollen wir zusammengehören!«
Das Mädchen fühlte die Worte über sich hinauswachsen. Sie wußte selber nicht, wie ihr geschah. Alles schien wie ein Spiel. War nicht das ganze Leben ein Spiel?
»Luderl!« flüsterte die kleine Marianne in den Wiesen des Niederrheins. »Wir gehören zusammen!«
»Für ewig!« sagte der Mann mit dem blonden Lockenschopf, während er sich über das Mädchen mit dem kindlich auf die Schultern fallenden Goldhaar neigte.
Später wußte Marianne nicht zu sagen, wie das Unglück geschah. Sie wußte nur, daß drunten in den Rheinwiesen ein Fischerboot lag. Und es war Vollmond.
»Bei Vollmond muß man aufs Wasser fahren!« hatte Luderl gesagt. »Auf dem Wasser ist es schön. Auf dem Wasser leben noch die Märchen!«
Marianne war wie betäubt gewesen. Sie war in den schweren Nachen eingestiegen, den ein Fischer am steinigen Ufer vertäut hatte.
Und dann war die Strömung gekommen, diese unbekannte Strömung. Der Kahn war umgeschlagen. Und der kleine Graf aus Wien war untergetaucht in dem gewaltigen Strom des Rheins.
Marianne konnte schwimmen.
Hatte man die Kunst des Schwimmens einem Wiener nicht beigebracht?
»Luderl!« flüsterte Marianne nur, als sie, am Ufer hockend, endlich den Körper des Vetters auftauchen sah. »Luderl!«
Sie dachte dabei an des blondlockigen Vetters Umarmung. Es war so zauberhaft gewesen. Ein Spiel! Spiel galt für Kinder. Nichts Böses konnte daraus entstehen.
Oh, Luderl!
Die kleine Komteß Birkenbach weinte, als man den ertrunkenen Vetter bestattete. Sie trug