Der Bhikku: Vom Suchen und Finden
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Über dieses E-Book
Von dem Weg, der über das bewusste Ein- und Ausatmen zum gegenwärtigen Gewahrsein führt und von dem viele Weisheitsströmungen in Ost und West berichten, handelt diese Parabel. In archetypischer Weise werden die Stationen des kleinen hässlichen Mannes auf seiner Reise zum heiligen Bhikku, was so viel wie Mönch heißt, erzählt, der als eine eigenständige Instanz des inneren Kosmos des Menschen aufgefasst werden kann.
Die märchenhafte Erzählung ist die Frucht des eigenen Weges des Autors sowie eine Hommage an die heiligen Frauen und Männer, denen er auf seinen zahlreichen Reisen in Südostasien begegnet ist.
Clemens Maria Heymkind
Der Autor Clemens Maria Heymkind wurde 1965 im Allgäu geboren. Bereits vom Säuglingsalter an wurde er, zusammen mit seiner Zwillingsschwester, zwischen Kinderkrippen und Kinderheimen hin und hergeschoben, wie ein Stück Ware. Schließlich landete er im Alter von vier Jahren in einem von Franziskanernonnen geführten Kinderheim in einer bayerischen Kleinstadt. Dort erlitt er über Jahre hinweg sexuellen und seelischen Missbrauch, sowie folterähnliche, schwere körperliche Misshandlungen. Nach acht schrecklichen Jahren verließ er im Alter von 12 Jahren das katholische Kinderheim „St. Niemandsland“ und zog ins Pestalozzi-Kinderdorf Wahlwies a.B. - „ins Paradies“, wie er es nennt. Dieses verließ er im Alter von 19 Jahren als ausgebildeter Möbelschreiner. Später holte er über den zweiten Bildungsweg die Mittlere Reife, sowie die Fachhochschulreife nach. Er machte eine Ausbildung zum Versicherungsfachmann (BWV), absolvierte anschließend ein Studium zum Diplom Finanzwirt (FH) und arbeitet hauptberuflich erfolgreich im Bereich Steuerberatung in Südbaden. Clemens Maria Heymkind ist verheiratet und Vater von drei Kindern.
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Buchvorschau
Der Bhikku - Clemens Maria Heymkind
Der Ruf des Herzens
Es war einmal vor gar nicht allzu langer Zeit, da lebte ein kleiner hässlicher Mann in einem Dorf im fernen Osten, dort also, wo die Sonne aufgeht. Ich selbst bin viele Jahre später als Reisender dort gewesen, rein zufällig, als mir seine Geschichte zu Ohren kam. Mehr wollte ich von ihr hören, nicht etwa, weil ich neugierig geworden war. Nein, mich hatte die Kraft erfasst, die von ihr ausging: Reisbauer war er viele Jahre gewesen, der kleine hässliche Mann. Er hatte bei Wind und Wetter etliche Tage auf den Äckern zugebracht, um sie zu bestellen. Hart war seine Arbeit, zerfurcht die Hände, und geschunden der Körper von der täglichen Mühsal, die Haut verbrannt von der Sonne Kraft.
Nun aber war er alt geworden. Seine Kräfte hatten nachgelassen, sodass es immer mühsamer wurde, die Äcker zu bestellen. Deshalb lagen sie nun größtenteils brach. Sein Leben lang hatte er sich Frau und Kinder gewünscht, so, wie die anderen im Dorf welche hatten. Dieser Wunsch aber war ihm verwehrt geblieben. Oft war der kleine hässliche Mann daher einsam, zog sich in seine kleine Bambushütte zurück, die am Rande des Dorfes lag, und mied die Menschen. Er ließ es sich jedoch nach getaner Arbeit nicht nehmen, die wenigen Dorfkinder, die ihn bei der Feldarbeit besuchten, auf dem Rücken seines Wasserbüffels nach Hause zu führen. Und so genossen sie gemeinsam die zauberhaften Sonnenuntergänge und die lauen Abendwinde, die aufkamen. In diesen Momenten der Unbeschwertheit öffnete der kleine hässliche Mann seine Herzenstür einen kleinen Spalt weit und ließ ein wenig Freude hinein in sein ansonsten verschlossenes Herz. Dadurch berührte er auch die Herzen der Kinder, die er auf dem Rücken seines Büffels reiten ließ.
Während solcher abendlichen Rückkehr also erzählte er ihnen seine Geschichte, jedes Mal ein bisschen mehr. Sie begann so: Der kleine hässliche Mann war vor ganz langer Zeit Befehlshaber der Armee eines Königs gewesen. Viele Krieger hatte er für ihn in den Kampf geführt. In fremden Ländern hatte er gekämpft, bis er irgendwann selbst schwer verwundet wurde und den Kriegsdienst quittieren musste. Immer wieder fragten ihn neugierig die Kinder, wie er verletzt worden sei. Der kleine hässliche Mann aber schwieg, zu schmerzhaft waren die Erinnerungen an jene Kriegsereignisse, die so viel sinnloses Leid verursacht und die die Seelen der Menschen erschüttert hatten. Doch in seinen Träumen blieben jene dunklen Tage des Schreckens lebendig und rüttelten ihn aus dem Schlaf. Oft lag er Nächte lang wach und dachte über die grausamen Geschehnisse auf den Schlachtfeldern nach …
Er berichtete den Kindern aber auch von den imposanten Städten, in die es ihn damals verschlagen und in denen das Leben so kraftvoll pulsiert hatte: Straßenmusikanten spielten an großen Plätzen auf, Tänzer und Jongleure nahmen die Zuschauer in ihren Bann. Er genoss die Nächte mit seinen Kameraden, in denen der Wein in Strömen floss. Auch erzählte er von majestätischen Palästen, die aus weißem Marmor erbaut waren.
Feinste Ornamente zierten die Innenräume an Wänden und Decken, und die Böden waren mit kunstvollen Intarsien aus Eben- und Zedernholz belegt. Die Kuppeln, die jene Paläste krönten, waren vergoldet. Nicht zu vergessen auch die Fontänen, deren Wasserstrahlen kraftvoll aus dem Boden in den Himmel schossen. Oft erholte er sich in den farbenprächtigen Gärten, die sich großzügig hinter den Palästen erstreckten. Dort gab es kleine Seen, an deren Ufern hohe Zypressen wohltuenden Schatten spendeten.
Die Kinder hörten aufmerksam zu. Und fast schien es ihnen, als ob sie selbst dort gewesen wären. Der kleine hässliche Mann hielt inne, um die Bruchstücke seiner Erinnerung zu sortieren, dann fuhr er fort: Einmal begegnete er einer Prinzessin, die einen purpurroten Sari aus Seide trug. In ihn waren feinste Goldfäden eingewoben, die mit zart leuchtenden Halbedelsteinen besetzt und von erlesener Schönheit waren. Goldene Armreifen, Ohrringe und Halsketten mit edlen Saphiren hoben sich von ihrer dunklen Haut ab. Die Prinzessin hatte ihren geliebten Vater, den König,