Alles verloren?: Moonlight Romance 43 – Romantic Thriller
Von Anne Karen
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Über dieses E-Book
Moonlight Romance bietet wohlige Schaudergefühle mit Gänsehauteffekt, geeignet, begeisternd für alle, deren Herz für Spannung, Spuk und Liebe schlägt. Immer wieder stellt sich die bange Frage: Gibt es für diese Phänomene eine natürliche Erklärung? Oder haben wir es wirklich mit Geistern und Gespenstern zu tun? Die Antworten darauf sind von Roman zu Roman unterschiedlich, manchmal auch mehrdeutig. Eben das macht die Lektüre so fantastisch...
»Sie brauchen sich nicht zu verstecken!«, rief Gillian. »Ich weiß, dass Sie da sind. Ich habe Sie gehört.« Nichts passierte. Gillian Collins verlangte schneidend: »Ich will Sie sehen!« Hinter Zweigen und Blättern raschelte es in diesem Augenblick verdächtig. Verdrückt sich da jemand?, fragte sich die junge Frau. Das Gegenteil war der Fall. Es kam jemand zum Vorschein. Gillians Finger umschlossen den schweren Stein ganz fest. Ich bin keine leichte Beute!, dachte sie vibrierend. Ich weiß mich zu wehren. Schwärze tauchte zwischen den grünen Blättern auf. Jemand, der von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet war, kam auf Gillian zu. Sie kniff die Augen zusammen, schluckte nervös und verbarg den scharfkantigen Stein hinter sich, damit man nicht gleich sehen konnte, dass sie bewaffnet war. Die Zweige zitterten immer stärker und wurden nach links und rechts zur Seite gedrückt. Gillians Spannung wuchs.
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Buchvorschau
Alles verloren? - Anne Karen
Leseprobe:
Intime Geschichten Nr. 23
LeseprobeLiebe nach Noten
Roman 1: Liebe nach Noten
Roman 2: Total peinlich
Roman 3: Völlig Hemmungslos
Moonlight Romance
– 43 –
Alles verloren?
Anne Karen
»Sie brauchen sich nicht zu verstecken!«, rief Gillian. »Ich weiß, dass Sie da sind. Ich habe Sie gehört.« Nichts passierte. Gillian Collins verlangte schneidend: »Ich will Sie sehen!« Hinter Zweigen und Blättern raschelte es in diesem Augenblick verdächtig. Verdrückt sich da jemand?, fragte sich die junge Frau. Das Gegenteil war der Fall. Es kam jemand zum Vorschein. Gillians Finger umschlossen den schweren Stein ganz fest. Ich bin keine leichte Beute!, dachte sie vibrierend. Ich weiß mich zu wehren. Schwärze tauchte zwischen den grünen Blättern auf. Jemand, der von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet war, kam auf Gillian zu. Sie kniff die Augen zusammen, schluckte nervös und verbarg den scharfkantigen Stein hinter sich, damit man nicht gleich sehen konnte, dass sie bewaffnet war. Die Zweige zitterten immer stärker und wurden nach links und rechts zur Seite gedrückt. Gillians Spannung wuchs. Mit wem werde ich es gleich zu tun kriegen?, ging es ihr durch den Kopf. Mit der Person, die schuld an Samuels derzeitigem Zustand ist? Plötzlich ging es sehr schnell. Zwei Schritte noch, und dann spie das Gebüsch eine schmale, hochgewachsene Gestalt aus. Gillian blickte in ein altes, faltenübersätes, verwittertes Gesicht.
»Wie können Menschen nur so grausam sein?«, sagte Gillian Collins mit belegter Stimme, während sie die üppige Hüftgold-Patientin, die einmal in der Woche in ihr kleines Massagestudio kam, versiert durchknetete. »Ich verstehe das nicht.«
»Das war damals ganz normal«, erklärte Diondra Flynn, eine stattliche Mittvierzigerin, der man ansah, wie sehr sie edle Pralinen, süße Sahnetorten und niedliche Marzipanfigürchen liebte.
Sie lag bäuchlings auf dem bequemen Massagebett und genoss Gillians fachkundige Behandlung. Herrlich war das. Angenehm und wunderbar entspannend. Wie immer plauderten sie dabei. Irgendein interessantes Thema fand sich jedes Mal.
»Jemanden lebendig einzumauern war normal?«, fragte die schlanke Masseurin.
Sie hatte ihr langes, dunkles Haar hochgesteckt und trug einen weißen Hosenanzug, in dem sie trotz seines schlichten Schnitts höchst attraktiv aussah.
»Die schöne Boglarka, die aus Ungarn nach Schottland gekommen war, war immerhin eine Hexe«, sagte die Patientin.
Gillian träufelte etwas muskelentspannendes Mandarinenöl in ihre Hand und verteilte es auf Diondra Flynns Rücken. »Das wurde behauptet«, erwiderte sie. »Aber gibt es denn Hexen?«
»Vor mehr als dreihundert Jahren war man davon überzeugt.«
»Boglarka hat doch nur geholfen.« Gillian attackierte gezielt die verhärteten Muskeln der Patientin.
»Und genau das wurde der hübschen Ungarin zum Verhängnis«, sagte Diondra Flynn, die recht erfolgreich mit Immobilien handelte. »Boglarka war eine weise Frau. Sie hatte ein umfassendes Wissen über Heilpflanzen und andere Gewächse. Ihr Rat war begehrt und geschätzt. Sie half bei Geburten, beriet Frauen in Fragen von Fruchtbarkeit und Empfängnisverhütung, kannte Kräuter, mit denen sich Geburten verhindern ließen, was den Herrschern, die gerne über mehr Untertanen regiert hätten, natürlich nicht gefiel.«
»Also ließen sie sie verhaften, grausam foltern und einmauern«, sagte die 25-jährige Masseurin angewidert.
»Man unterstellte ihr, mit dem Teufel im Bunde zu sein, weil sie sonst – nach damaliger Ansicht – unmöglich so vielfältige Fähigkeiten hätte besitzen können, und machte sie für schlechtes Wetter und die Missernten vergangener Jahre verantwortlich.«
»Die arme Frau.« Gillian knetete etwas fester und entlockte Diondra damit ein leises Stöhnen.
»Boglarka beteuerte bis zuletzt ihre Unschuld«, sagte die Patientin, »doch man glaubte ihr nicht. In dieser Zeit durfte sich keiner sicher fühlen. Es konnte jeden treffen. Die meisten Menschen waren ungebildet und dumm. Sie hatten Angst vor Geistern, Teufeln und Dämonen. Denen konnte man vieles einreden. Wollte man jemanden loswerden, brauchte man ihn nur der Hexerei zu bezichtigen – schon war er weg. Wenn eine Frau rote Haare hatte, besonders schön oder besonders hässlich war, war sie sofort verdächtig.«
»Entsetzlich.« Gillian beendete die Massage und Diondra ging unter die Dusche.
Als sie zurückkam, sagte sie, während sie sich anzog: »Diese Hexenverfolgungen forderten mehr Opfer als alle zur damaligen Zeit geführten Kriege zusammen.«
Gillian schüttelte den Kopf. »Unvorstellbar.« Sie seufzte. Es klang irgendwie erleichtert. »Was bin ich froh, nicht damals gelebt zu haben.«
Diondra Flynn zog die linke Augenbraue hoch. »Vielleicht haben Sie.«
Gillian sah sie irritiert an. »Wie meinen Sie das?«
Die Immobilienmaklerin zuckte mit den Achseln. »Na ja, Sie könnten ja schon einmal auf der Welt gewesen sein.«
»Das glaube ich nicht.« Für Gillian war so etwas absolut undenkbar.
»Schon mal was von Rückführung gehört?«, fragte die Patientin.
Gillian nickte. »Ja. Aber ich halte nichts davon.«
Diondra Flynn lächelte. »Sie glauben nicht an Reinkarnation?«
»Nein.«
»Eineinhalb Milliarden Menschen tun es«, sagte die Maklerin. »Ich habe mich schon mal einer Rückführungstherapie unterzogen.«
Gillian Collins musterte sie, nun doch ein wenig neugierig. »Und? Was ist dabei herausgekommen?«
Diondra Flynn rümpfte die Nase. »Nichts Erfreuliches.« Sie senkte verlegen den Blick, als müsste sie sich für ihr früheres Leben schämen. »Ich habe schon mal als Trickbetrügerin gelebt und starb in einem irischen Kerker an der Ruhr.«
»Und das glauben Sie?«
Diondra Flynn legte ihrer Masseurin sanft die Hand auf den Arm und sagte lächelnd: »Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als unsere Schulweisheit sich träumen lässt, mein Kind.«
Gillian widersprach nicht, aber sie dachte: Das mag schon stimmen, ist sogar ziemlich sicher richtig, aber diese Rückführungen sind in meinen Augen esoterischer Humbug. Nachdem sich Diondra Flynn verabschiedet hatte, verließ Gillian ihr kleines Massagestudio, das zu einer gemütlichen Vier-Zimmer-Wohnung gehörte, die sie sich mit ihrem Bruder Samuel teilte. Sie nahm die Spangen aus ihrem Haar, schüttelte es mit einer anmutigen Kopfbewegung aus und zog sich um.
Samuel Collins war freier Journalist. Er schrieb für mehrere schottische Magazine, war ein Jahr älter als Gillian und passionierter Junggeselle.
»Es gibt Menschen, die taugen nicht für die Ehe«, pflegte er zu sagen. »Ich bin einer davon. Ewige Liebe. Ewige Treue. Immer mit derselben Frau zusammen sein. Das ist nichts für mich. Ich brauche Abwechslung, kann auf meine Freiheit nicht verzichten, will mich nicht bis an mein Lebensende an jemanden binden, für den ich im Grunde genommen vielleicht schon nach kurzer Zeit nichts mehr empfinde.«
Man kannte ihn in allen Kneipen, Pubs und Bars von Edinburgh, und da er ziemlich gut aussah, fiel es ihm nie schwer, einen hübschen Engel für die Nacht, aber nicht fürs Herz und schon gar nicht für alle Zeiten zu finden.
Am Abend dieses Tages brachte ihn Bernard Teepano nach Hause. Die beiden waren seit Jahren befreundet, und Bernard wäre auch gern Gillians Freund (und wenn möglich auch noch sehr viel mehr) gewesen, doch er war nicht so ganz ihr Fall, obwohl sie ihn fast noch hübscher fand als ihren Bruder, aber irgendetwas in ihr sperrte sich gegen ihn, ohne dass sie einen Grund dafür hätte nennen können.
Er war stets tipptopp gekleidet, hatte männlich-markante Züge, ein hübsches Grübchen am Kinn, und die Vokuhila-Frisur seines sandfarbenen Haares passte hervorragend zu ihm. Natürlich war Gillian freundlich und nett zu ihm, weil er ja Samuels Freund war, aber sie ermunterte ihn nie zu irgendwas und hielt ihn stets leicht unterkühlt auf Distanz.
Die beiden Männer rochen ziemlich intensiv nach Bier und Schnaps, hatten einiges geladen. Samuel allem Anschein nach um etliches mehr als Bernard.
Deshalb grinste er auch unentwegt und ließ einen dummen Spruch nach dem andern ab. Er plumpste schwer in einen Ledersessel und streckte die Beine weit von sich. »Mann, habe ich einen in der Krone.«
»Du darfst ihm seinen Zustand nicht übel nehmen, Gillian«, sagte Bernard Teepano, um sie milde zu stimmen.
»Tut sie nicht«, versicherte Samuel seinem Freund. Er richtete seine glasigen Augen auf Gillian. »Stimmt’s, Schwesterherz? Das tust du nicht.« Er sah wieder Bernard an. »Meine liebe Gillian hat nämlich ein Herz aus purem Gold. Jawohl. Sie ist ein echter Schatz. Verständnisvoll, tolerant, großzügig. Jede Wette, dass sie irgendwann mal heiliggesprochen wird. Das kann gar nicht ausbleiben.«
»Ihr seid hoffentlich nicht selbst mit dem Auto gefahren«, sagte Gillian streng.
»Natürlich nicht«, erwiderte Samuel. »Wo denkst du hin?«
»Wir haben ein Taxi genommen«, sagte Bernard.
Samuel griente. »Weil wir verantwortungsbewusst und vernünftig sind.«
»Vernünftig.« Gillian wackelte zweifelnd mit dem Kopf.
Ihr Bruder nickte. »Ja. Und verantwortungsbewusst.« Er legte die Handflächen aufeinander, als wollte er beten, und wünschte sich von seiner Schwester eine Tasse Kaffee – schwarz wie die Nacht, süß wie die Liebe und heiß wie die Hölle.
Gillian richtete ihren fragenden Blick auf Bernard. Der hob abwehrend die Hände, schüttelte den Kopf und sagte: »Für mich nicht. Vielen Dank.« Er schaute auf seine Armbanduhr. »Schon spät. Ich mache