Ein verlockender Antrag
Von Jessica Steele
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Über dieses E-Book
Die hübsche Lydia braucht 50.000 Pfund - schnell! Denn nur so kann sie verhindern, dass ihre verzweifelten Eltern ihren Landsitz aufgeben müssen. Sie sucht den erfolgreichen Unternehmer Jonah Marriott auf, der ihrem Vater angeblich genau diese Summe schuldet ...
Jessica Steele
Jessica Steele stammt aus der eleganten Stadt Royal Leamington Spa in England. Sie war ein zerbrechliches Kind und verließ die Schule bereits mit 14 Jahren als man Tuberkulose bei ihr diagnostizierte. 1967 zog sie mit ihrem Mann Peter auf jenen bezaubernden Flecken Erde, wo sie bis heute mit ihrer Hündin leben: Eng schmiegt sich ihr Haus an einen Hügel, von dem man eine wunderbare Aussicht auf noch mehr Hügel genießt. Ihr Mann war es auch, der Jessica ermutigte, eine Karriere als Autorin einzuschlagen. Nach fünf “Lehrjahren”, wie sie es nennt, veröffentlichte Jessica 1979 ihr erstes Buch. Sie hat versucht, eine Schreibmaschine zu benutzen, viel lieber aber schreibt sie mit dem Füllhalter. Davon hat sie ständig ein Dutzend griffbereit – nur für den Fall der Fälle. Hintergrundwissen und Inspiration gewinnt Jessica auf ihren Reisen in Europa, Asien, Südamerika oder Afrika.
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Ein verlockender Antrag - Jessica Steele
IMPRESSUM
Ein verlockender Antrag erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2003 by Jessica Steel
Originaltitel: „A Paper Marriage"
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA
Band 1605 - 2004 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Johannes Martin
Umschlagsmotive: GettyImages_artisteer
Veröffentlicht im ePub Format in 09/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733759285
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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1. KAPITEL
Lydia machte sich ernsthafte Sorgen, während sie nach Buckinghamshire zu ihrem Elternhaus fuhr. Irgendetwas stimmte nicht, das wusste sie, seit sie mit ihrer Mutter telefoniert hatte.
Hilary Pearson rief ihre Tochter sonst niemals an, aber heute hatte sie eine Ausnahme gemacht und kurz und knapp erklärt: „Komm bitte sofort nach Hause!"
„Ich komme doch am Dienstag, wandte Lydia ein. „Schließlich heiratet Oliver am Samstag.
„Ich möchte, dass du vorher kommst", erklärte ihre Mutter entschieden.
„Brauchst du meine Hilfe, Mum?"
„Allerdings!"
„Hat Oliver …?"
„Es geht weder um deinen Bruder noch um seine Hochzeit. Hilary Pearsons Stimme klang immer schärfer. „Die Ward-Watsons sind durchaus in der Lage, für eine stilvolle Hochzeit ihrer Tochter zu sorgen.
„Machst du dir Sorgen wegen Dad?, fragte Lydia ängstlich. „Ist er krank?
Sie liebte ihren Vater über alles und haderte manchmal mit dem Schicksal, weil es diesem sanften, gutmütigen Mann eine so scharfzüngige Frau beschert hatte.
„Körperlich geht es ihm gut."
Lydia erschrak. „Willst du damit sagen, dass er seelisch krank ist?"
„Nein, natürlich nicht. Er macht sich Sorgen und schläft schlecht, aber sonst …"
„Was für Sorgen, Mum?"
Eine Weile herrschte Schweigen, dann antwortete ihre Mutter: „Das sage ich dir, wenn du hier bist."
„Dann rufe ich Dad in seinem Büro an", drohte Lydia.
„Untersteh dich, deinen Vater zu stören. Er weiß nicht, dass ich mich an dich gewandt habe. Außerdem …"
„Ja, Mum?"
„Außerdem hat er kein Büro mehr."
„Wie bitte?"
„Komm nach Hause, dann erkläre ich dir alles", sagte ihre Mutter und hängte ein.
Trotz des strengen „Untersteh dich!" wählte Lydia die Geschäftsnummer ihres Vaters. Sie brauchte den Anruf ihrer Mutter ja nicht zu erwähnen und konnte so tun, als wollte sie ihm nur schnell Guten Tag sagen.
Einige Minuten später grenzten Lydias Sorgen schon an Panik. In Wilmot Pearsons Büro hatte sich niemand gemeldet. Die Nummer existierte nicht mehr. Schweren Herzens machte sie sich auf die Suche nach Donna, von der sie sich in der nächsten Woche trennen sollte.
Donna Cooper, mehr Freundin als Arbeitgeberin, saß mit der einjährigen Sofia und dem dreijährigen Thomas im Wohnzimmer. Sie waren das Sinnbild einer glücklichen Familie, die Lydia schmerzlich vermissen würde, nachdem sie dort drei Jahre Kindermädchen gewesen war.
Donna sah lächelnd auf. „Hat eben nicht das Telefon geklingelt?"
„Meine Mutter hat angerufen."
„Ist zu Hause alles in Ordnung?"
Lydia zögerte. „Wäre es schlimm, wenn ich eine Woche früher kündigen würde?"
„Etwa schon heute? Donnas Lächeln verschwand. „Das wäre eine Katastrophe.
„Du wirst auch ohne mich zurechtkommen, versicherte Lydia. „Das weiß ich genau.
Lydia erinnerte sich an dieses Gespräch, als sie sich dem Dorf näherte, zu dem ihr geliebtes „Beamhurst Court" gehörte. Seit sie vor fünf Jahren, gerade achtzehn geworden, von zu Hause fortgegangen war, um Kindermädchen zu werden, war sie ein immer seltenerer Gast in dem alten Gutshaus gewesen, aber ihr Herz hing noch daran wie zur Zeit ihrer Kindheit.
Ihre erste Stellung war ein Reinfall gewesen, weil der Ehemann nicht die richtige Vorstellung von den Aufgaben eines Kindermädchens gehabt hatte und zudringlich geworden war. Danach war sie zu den Coopers gekommen, um für den kleinen Thomas zu sorgen, während Donna und Nick weiter ihren Berufen nachgingen.
Nach der Geburt des zweiten Kindes hatte Donna schwere Depressionen bekommen und sich in dieser Zeit ganz auf Lydia verlassen. Die Vorstellung, wieder arbeiten zu müssen, hatte sie zunehmend abgeschreckt, und eines Tages war Nick gezwungen gewesen, sie vor die Entscheidung zu stellen. „Entweder du oder Lydia, hatte er gesagt. „Zwei Frauen im Haus können wir uns nicht leisten.
Donna hatte nicht lange nachdenken müssen. „Ich habe immer bedauert, Tommys erste Jahre verpasst zu haben", hatte sie geantwortet und die Frage damit entschieden.
Lydia passierte das breite, von massiven Pfeilern gesäumte Tor und hielt kurz an, um „Beamhurst Court" in Ruhe betrachten zu können. Es würde einmal ihrem Bruder gehören, aber das hinderte sie nicht, der Stätte ihrer Kindheit ihre ganze Liebe entgegenzubringen. Doch jetzt war nicht die Zeit für schwärmerische Erinnerungen. Ihre Mutter wartete, deshalb setzte sie das Auto wieder in Gang und fuhr langsam die Auffahrt hinauf. Welche Sorgen mochten ihren Vater bedrücken, und warum war sein Telefonanschluss stillgelegt worden?
Lydia parkte vor der Haustür und öffnete mit ihrem eigenen Schlüssel. Sie brauchte nicht lange nach ihrer Mutter zu suchen, denn sie stand in dem weitläufigen Eingangsflur und unterhielt sich mit Mrs. Ross, der Haushälterin.
„Du hast dir wirklich Zeit gelassen, sagte sie vorwurfsvoll, ohne Lydias Begrüßungskuss zu beachten. „Komm mit ins Wohnzimmer. Danke, Mrs. Ross … das ist alles.
„Ich musste erst packen, erklärte Lydia, nachdem ihre Mutter die Tür geschlossen hatte. „Da ich nächste Woche ohnehin bei den Coopers aufgehört hätte, wäre es sinnlos gewesen, noch einmal zurückzufahren, um meine Sachen zu holen. Was ist los? Ich habe in Dads Büro angerufen, aber …
„Das hatte ich dir ausdrücklich verboten", unterbrach ihre Mutter sie scharf.
„Ich hätte nichts von deinem Anruf erwähnt, aber die Nummer ist stillgelegt worden. Du hast gesagt, Dad hätte kein Büro mehr. Wie ist das möglich? Seit Jahren …"
„Dein Vater hat kein Büro mehr, weil er kein Geschäft mehr hat", erklärte Hilary Pearson kurz und bündig.
Ein ungläubiger Ausdruck trat in Lydias große grüne Augen. „Er hat kein … Sie konnte nicht weitersprechen. Hielt ihre Mutter sie vielleicht zum Narren? Nein, dann hätte sie ein anderes Gesicht gemacht und die Lippen nicht so fest zusammengepresst. „Hat er das Geschäft verkauft?
„Verkauft? Man hat es ihm weggenommen!"
„Du meinst … gestohlen?"
Hilary Pearson nickte grimmig. „Mehr oder weniger. Die Leute von der Bank wollten nicht länger warten und haben alles beschlagnahmt. Sogar auf dieses Haus haben sie es abgesehen."
„Auf ‚Beamhurst‘?", flüsterte Lydia entsetzt.
Ihre Mutter machte eine verächtliche Handbewegung. „Ich weiß, du hast immer viel Theater um dieses Haus gemacht, aber wenn dir jetzt nichts einfällt, werden sie uns zum Verkauf zwingen, damit wir unsere Schulden bezahlen können."
„Wenn mir nichts einfällt?"
„Dein Vater hat viel Geld in deine Ausbildung gesteckt … völlig umsonst, wie ich kaum hinzufügen muss. Es wird Zeit, dass du dich dafür revanchierst!"
Lydia wusste seit Langem, dass sie eine herbe Enttäuschung für ihre Mutter war. Trotz ihres glänzenden Schulabschlusses hatte sie sich wegen ihrer Schüchternheit entschlossen, Kindermädchen zu werden – in Hilary Pearsons Augen eine peinliche Erniedrigung. Inzwischen hatte Lydia ihre Scheu weitgehend überwunden, ohne dafür mehr Respekt von ihrer Mutter zu ernten.
„Du weißt, dass Grandma mir mehrere Tausend Pfund hinterlassen hat …"
„Über die du erst verfügen darfst, wenn du fünfundzwanzig bist, unterbrach Hilary Pearson ihre Tochter unwillig. „Und was sind einige Tausend Pfund? Wir brauchen weit mehr, wenn wir nicht auf der Straße landen wollen. Sollte ‚Beamhurst Court‘ verkauft werden, gehe ich auch. Das habe ich deinem Vater bereits gesagt.
„Aber Mum!" Hilary Pearsons Drohung, ihren Mann im Augenblick höchster Bedrängnis zu verlassen, traf Lydia wie ein zusätzlicher Schlag. Sie wollte heftig widersprechen, aber Mrs. Ross erschien mit dem Tee und unterbrach damit vorübergehend das Gespräch.
Während Lydias Mutter die hauchdünnen Tassen zurechtrückte und auch das Einschenken übernahm, gewann Lydia ihre Ruhe zurück. Sie machte sich klar, dass sie seit über vier Monaten nicht zu Hause gewesen war und daher nichts von den wachsenden finanziellen Schwierigkeiten ihres Vaters mitbekommen hatte.
Sie setzte sich ihrer Mutter gegenüber, nahm die Tasse, die sie ihr hinhielt, und fragte: „Wie konnte es so weit kommen, Mum? Bei meinem letzten Besuch schien noch alles in Ordnung zu sein."
„Das war vor einem halben Jahr, antwortete Hilary Pearson, wobei sie bedenkenlos zwei Monate dazurechnete. „Und in Ordnung war damals gar nichts.
„Warum ist mir das nicht aufgefallen?"
„Weil dein Vater es so wollte. Er meinte, man müsse dich nicht unnötig beunruhigen und ihm würde schon etwas einfallen."
Lydias Gewissen meldete sich. Vier lange Monate, und sie hatte nichts von den Sorgen ihres Vaters gewusst! „Aber ihm ist nichts eingefallen?"
Hilary Pearson lachte bitter. „Das Geschäft ist ruiniert, und die Leute von der Bank wollen ihr Geld."
Es war nicht leicht für Lydia, das alles zu verkraften. Sie hatten immer genug Geld gehabt, und auf einmal sollte nichts mehr da sein? Sie konnte verstehen, dass ihr Vater aus Stolz geschwiegen hatte, aber ihre Mutter?
„Kannst du mir sagen, wo das ganze Geld geblieben ist?, fragte sie. „Und warum hat Oliver …?
„Dass Oliver für sein Geschäft etwas Rückendeckung brauchte, wirst du wohl nicht beanstanden, erklärte Hilary Pearson in einem Ton, als hätte Lydia ihren Bruder unrechtmäßig verurteilt. „Und warum sollte dein Vater ihn nicht unterstützen? Kein aufstrebendes Geschäft kommt ohne finanzielle Hilfe aus. Abgesehen davon, sind die Ward-Watsons eine begüterte Familie. Wie hätte Oliver ohne den nötigen Hintergrund vor Madeline bestehen können?
Mit anderen Worten – Oliver hatte seine Verlobte in die teuersten Clubs und Restaurants eingeladen, ohne an die Kosten zu denken. Sein Geschäft bestand jetzt seit fünf Jahren. Damals war es Wilmot Pearson noch so gut gegangen, dass er keine Bedenken gehabt hatte, einen großen Teil seines Kapitals in Olivers Geschäft einzubringen.
„Ich wollte nicht andeuten, dass Oliver Dad das Geld weggenommen hat, erwiderte Lydia ruhig. „Ich wundere mich nur, dass er mir nichts gesagt hat.
„Wie du dich vielleicht erinnerst, machten Oliver und Madeline gerade Urlaub in Südamerika, als du das letzte Mal zu Hause warst, antwortete ihre Mutter mit unüberhörbarem Vorwurf. „Der arme Oliver arbeitet so viel. Er brauchte die vier Wochen dringend, um sich zu erholen.
„Aber geschäftlich geht es ihm doch gut?", fragte Lydia misstrauisch, was ihr einen noch vorwurfsvolleren Blick eintrug.
„Da du danach fragst … Dein Bruder hat sich entschlossen, sein Geschäft aufzugeben."
„Dann ist er ebenfalls pleite?"
„Drück dich bitte nicht so vulgär aus, mein Kind. Hat deine teure Erziehung denn gar nichts bewirkt? Aber um deine Frage zu beantworten … Alle Firmen arbeiten heute mit geliehenem Kapital, und die Last wurde Oliver einfach zu schwer. Wenn Madeline und er von der Hochzeitsreise zurückkommen, wird er in die Firma der Ward-Watsons eintreten. Hilary Pearson lächelte – zum ersten Mal, seit Lydia angekommen war. „Es würde mich nicht wundern, wenn er sich schnell zum leitenden Direktor hinaufarbeitet.
„Aber von dem Gründungskapital seiner Firma kann er Dad nichts zurückzahlen?"
„Oliver wird sein ganzes Geld brauchen, um Madeline den Lebensstil zu ermöglichen, den sie gewohnt ist."
Lydia seufzte resigniert. „Wo ist Dad jetzt? In der Fabrik?"
„Was soll er da?, fragte ihre Mutter giftig. „Die Fabrik wurde bereits verkauft, um einen Teil der Schulden zu bezahlen.
„Dann befindet er sich irgendwo auf dem Grundstück?"
„Auf welchem Grundstück? Alles verfügbare Land wurde verkauft … übrigens nicht sehr gewinnbringend, denn es handelt sich nur um Ackerland. Bis auf das Haus, das jetzt ebenfalls auf dem Spiel