Lieb mich noch einmal, Fremder
Von Isabel Sharpe
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Über dieses E-Book
Eine hemmungslose Liebesnacht verbringt Krista mit einem Fremden in einer verschneiten Berghütte. Sie ist überzeugt: Danach wird sie ihn nie wieder sehen. Irrtum! Denn zurück in Boston, erhält sie eine geheimnisvolle Einladung. Kaum betritt sie die Luxussuite, geht das Licht aus. Die erotische Verführung beginnt erneut...
Isabel Sharpe
Im Gegensatz zu ihren Autorenkollegen wurde Isabel Sharpe nicht mit einem Stift in der Hand geboren. Lange Zeit vor ihrer Karriere als Schriftstellerin erwarb sie ihren Abschluss in Musik auf der Yale Universität und einen Master in Gesangsdarbietung auf der Universität von Boston. Im Jahre 1994 rettet sie die Mutterschaft vor einer Hatz als Küken im harten Wettbewerb des Geldverdienens, für den sie eindeutig ungeeignet war. Auf der Suche danach sich selbst zu stimulieren, während sie Zuhause auf ihr anspruchsvolles Baby aufpasste, tauchte sie ein in die Welt des Roman Schreibens. Ihr erster Anlauf war ein unveröffentlichbares Durcheinander, aber da war sie schon längst Feuer und Flamme. Im Dezember 2000 wurde ihr erstes Buch veröffentlicht. Seitdem hat sie eine Vielzahl von Büchern an unterschiedliche Verlage verkauft. Isabel ist Mitglied der Romance Writers of America seit 1996. Mit ihren zwei Söhnen und Katzen lebt Isabel in Wisconsins. Ihre Freizeit verbringt sie mit lesen, kochen oder Training, so kann sie mehr von ihrem selbst gekochten Essen vertragen.
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Buchvorschau
Lieb mich noch einmal, Fremder - Isabel Sharpe
IMPRESSUM
Lieb mich noch einmal, Fremder erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2005 by Muna Shehadi Sill
Originaltitel: „All I Want …"
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANY SEXY
Band 26 - 2006 by CORA Verlag GmbH, Hamburg
Übersetzung: Christian Trautmann
Umschlagsmotive: ThinkstockPhotos_Marili Forastieri
Veröffentlicht im ePub Format in 05/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733777579
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY
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1. KAPITEL
Dienstag, 29. November
In dem Moment, in dem Aimee Wellington die Bühne in dem neuen Musical „Sweatshock" betritt, erlahmt jedes Interesse. Halt, nein! Nicht jedes Interesse. Da ist noch das faszinierte Entsetzen, das einen zwingt, hinzusehen, wie bei einem Zug, der auf einen Bus voller Nonnen und Waisenkinder zurast.
Hat diese Frau jemals etwas von Stimmtraining, Schauspielunterricht und Einfühlungsvermögen gehört? Selbst Pinocchio war nicht so hölzern. Konnte man in ganz Boston keine Schauspielerin finden, die imstande ist, einen Ton zu halten und ihren Text auf natürliche Art zu sprechen oder wenigstens so auszusehen, als gehöre sie zum Ensemble und sei kein zappeliges, überdrehtes Requisit?
Oh, Entschuldigung, es geht ja gar nicht um Talent. Bei Aimee Wellington hat es nie etwas mit Talent zu tun, sondern mit Warenhäusern, die ihrer Familie ein Vermögen eingebracht haben. Es hat mit der Entscheidung ihres Vaters zu tun, ihr dieses Vermögen zu überlassen, lange bevor sie die dafür nötige Reife erworben hat. Es geht letztlich darum, berühmt-berüchtigt zu sein.
Was ist mit der schauspielerischen Leistung? Zählt die nicht mehr? Ist das Publikum verrückt nach Prominenten?
Das ist traurig. Während der Vorstellung, bei der ich Aimees auf ganze zwei mimische Ausdrücke beschränkte Schauspielkunst verfolgte und ihrem falschen Gesang lauschte, war ich sehr versucht, sie mit einem Betäubungspfeil außer Gefecht zu setzen. Selbst die zweite Besetzung wäre besser gewesen. Ha, stellt mich auf die Bühne!
Und wacht auf!
Krista Marlowe las den Text der letzten Eintragung in ihr Internettagebuch und kaute dabei auf einem Kartoffelchip, auf den sie lieber verzichten sollte, falls sie ihr Gewicht halten wollte. Zuerst hatte sie nur eine kleine Portion in einer roten Plastikdose mitgenommen. Es war eine von diesen Dosen, in denen sie und ihre Schwester in ihrer Kindheit immer ihr Pausenbrot aufbewahrt hatten, und die ihre Mutter nicht wegwerfen durfte. Aber nach drei kleinen Portionen hatte sie keine Lust mehr gehabt, ständig aufzustehen, und sich daher gleich die ganze Tüte geholt.
Manchmal waren Kartoffelchips einfach nötig.
Aimee Wellington machte Krista verrückt. Nicht nur, weil Kristas Schwester Lucy, die Aimee schwindelig singen, schauspielern und tanzen konnte, sich ebenfalls um die Rolle der Bridget in Sweatshock beworben hatte. Sondern aus Prinzip. Es gab zu viele untalentierte Idioten im Showbusiness, deren Stimmen durch Effekte verstärkt wurden und deren Körper durch plastische Chirurgie in künstliche Idealbilder verwandelt worden waren. Ganz zu schweigen von Teenagern, die Sex verkauften, bevor sie selbst welchen haben sollten.
Na schön, vielleicht klang sie jetzt ein bisschen zu großmütterlich. Und, ja, sie selbst hatte ihre Jungfräulichkeit als Teenager verloren. Aber sie rieb diese Erfahrung auch nicht den Kindern anderer Leute unter die Nase. Es tat weh, mit ansehen zu müssen, wie das große Talent ihrer Schwester vergeudet wurde, indem Lucy einen öden Bürojob machte und nachts in Bars vor einer Handvoll älterer Herren auftrat, während diese völlig untalentierte Primadonna zum Star wurde.
Krista hatte sich auf die Fahne geschrieben, glänzende Fassaden einzureißen und in ihren Internetartikeln und Beiträgen für den Boston Sentinel oder sonstige Druckerzeugnisse, an die sie etwas verkaufen konnte, aufzuzeigen, wie das Publikum mit diesem Mist an der Nase herumgeführt wurde. Ihr Chefredakteur deutete ständig an, dass bald ein Redakteur in Rente gehen würde, doch Krista arbeitete lieber freiberuflich, um ihre Botschaft in alle Richtungen aussenden zu können.
Vielleicht war sie verrückt, unrealistisch oder besessen, aber sie wollte etwas bewirken, eine Bewegung zurück zu Qualität und einem natürlicheren Rhythmus der von Zeit und Geld regierten Existenz der Menschen.
Krista hatte ihr eigenes Internettagebuch „Wacht auf" begonnen, in dem sie regelmäßig Tricks aufspießte, die ihr begegneten. Ein neues, übermäßig verpacktes, überproduziertes, künstlich aufgeblähtes Lebensmittel oder der neue Star, der seinen Ruhm nicht verdient hatte, oder das neue, in den Himmel gelobte Ferienziel, das mehr einem Vergnügungspark denn einem Hotel glich. Die Weihnachtsfeiertage boten zusätzliche Möglichkeiten, sich über ungezügelten Kommerz, konsumbesessene Kids und rücksichtslose Erwachsene im Kaufrausch aufzuregen.
Jeff Sites, regelmäßiger Kolumnist beim Boston Sentinel hatte ihre Schimpfkanonaden in einer seiner Kolumnen erwähnt, und seither war die Zahl der Besucher auf ihrer Internetseite sprunghaft gestiegen. Das freute sie natürlich, denn je mehr Leute innehielten und darüber nachdachten, welchen Schwachsinn sie mit ihren hart verdienten Dollars unterstützten, desto eher würde sich wieder Qualität durchsetzen.
Sie stellte den Text in ihr Tagebuch und schaute gähnend zur Uhr in der rechten unteren Eckes ihres Computerbildschirms. Hoppla, schon fast Mitternacht. Sie brauchte ihren Schönheitsschlaf.
Krista sah sich in ihrer Einzimmerwohnung um und seufzte. Eine aufgeräumtere Umgebung brauchte sie auch.
Sie stand auf, streckte sich – sie war ständig verspannt, ganz egal, welche Entspannungstechniken sie probierte –, nahm die Chipstüte und ging in die Küche, wo ein Berg Abwasch auf sie wartete. Den erledigte sie immer vor dem Schlafengehen. Ein neuer Tag erforderte eine saubere, aufgeräumte Umgebung.
Na ja, aufgeräumt manchmal, in erster Linie sauber, und hygienisch auf jeden Fall.
Nachdem sie den Abwasch erledigt und sich eine Flasche Wasser aus dem quietschenden Kühlschrank – der ebenfalls gereinigt werden musste – genommen hatte, putzte sie sich die Zähne und ging ins Schlafzimmer. Der langflorige Teppich dort hatte dieselbe eklige orange-braune Farbe wie der in der Küche, die zugleich Wohn- und Esszimmer war. Eines Tages würde sie ein tolles Haus besitzen. Nachdem sie ihr erstes Buch geschrieben hätte und zu ihrem ersten Auftritt bei Oprah Winfrey …
Halt, ermahnte sie sich. Lebe im Hier und Jetzt.
Sie begann ihre abendlichen Übungen, indem sie sich darauf konzentrierte, ihre Gedanken auszulöschen, in ihren Körper zu horchen und ihre Muskeln, die sie aufrecht hielten, bewusst wahrzunehmen.
Sie könnte einen Artikel für eine Frauenzeitschrift schreiben über die Vorzüge täglicher Yogaübungen, humorvoll, mit besonderem Augenmerk auf spirituelle Befriedigung als einen Weg, weniger für Dinge auszugeben, die man nicht brauchte. Sie würde nicht predigend, aber …
Nichts mehr denken, Krista.
Einatmen, ausatmen. Ihr Körper nahm automatisch verschiedene Yogapositionen ein.
Morgen würde sie den Artikel recherchieren, den sie der Zeitschrift Budget Travel vorgeschlagen hatte, über unbekannte, erschwingliche Urlaubsziele. Romantische Fluchten vor dem Feiertagsstress. Dabei könnte sie auch ein paar Notizen zu dem Yoga-Artikel machen. Außerdem würde sie an dem Artikel für Food & Wine weiterarbeiten müssen, über den Hang der Verbraucher zu zu viel Salz und künstlichen Aromen. Sie dachte daran, ihm den Titel „Liebe zur Chemie" zu geben.
Verdammt, sie schaffte es einfach nie, ganz abzuschalten.
Ihr Telefon klingelte. Sie gab den Versuch, inneren Frieden zu finden, auf und meldete sich. Um diese Uhrzeit rief nur Lucy an, da sie von ihrem Dienstagabendauftritt bei Eddie’s nach Hause kam.
„Hallo, Krista."
Krista runzelte die Stirn. Ihre Schwester klang nicht gerade begeistert. Allerdings stand sie schon seit einer Weile neben sich. „Hattest du keinen guten Auftritt heute Abend?"
„Nein, er war nicht so toll. Normalerweise ist das Publikum ganz in Ordnung. Aber heute machte mich während ‚When I Fall In Love‘ ständig dieser Betrunkene an, und ein paar Gestalten zu viel benahmen sich, als wäre ich bloß ein Videoband bei ihnen zu Hause, das man beliebig kommentieren kann." Sie klang, als sei sie den Tränen nahe.
Bingo. Ein Artikel oder Internetbeitrag über die technikgesättigten Leute, die sich nicht benehmen konnten. Krista klemmte den Hörer zwischen Kinn und Schulter, um ihre Jogginghose auszuziehen, und wartete, dass ihre Schwester weitersprach. Glücklicherweise kannte Lucy die Tücken ihres Berufes und war schon mit schlimmerem Publikum fertig geworden.
„Dann fuhr ich nach Hause, und Linc und ich … wir reden nicht einmal richtig miteinander."
Das war es also. Lincoln Baxter war seit vier Jahren Lucys inoffizieller Verlobter. Vielleicht war Krista ein bisschen voreingenommen, aber sie fragte sich, warum man es nicht einfach tat, wenn man jemanden heiraten wollte. Die zwei waren jetzt seit sechs Jahren zusammen – seit der letzten Highschoolklasse –, und Kristas Ansicht nach knisterte es nicht mehr, und es wäre besser, sich jemand anderen zu suchen. Linc hatte es bis jetzt noch nicht einmal geschafft, einen Ring zu kaufen.
„Er verbringt jeden Abend vor dem Fernseher. Ich wünschte, er würde mehr Zeit mit mir verbringen. Er kommt nicht mehr, um mich singen zu hören. Ich kann es ihm nicht verdenken, aber es wäre doch nett, und außerdem habe ich ihn gefragt. Er bleibt bis spät in die Nacht wach, sodass wir fast nie zusammen ins Bett gehen, und falls doch, na ja, dann passiert nichts."
Krista warf ihre Jogginghose auf den Sessel neben dem Bett. Sie verstand. Kein Sex, keine Intimität. Da konnte Lucy sich ebenso gut eine aufblasbare männliche Puppe kaufen.
Hm, ein Artikel über die Falschheit der Männer beim Umwerben einer Frau. Und die Falschheit der Frauen, damit sie nicht als Männerhasserin dastünde, denn das war sie nicht, auch wenn sie wegen ihres unbefriedigenden Liebeslebens langsam zu einer wurde.
„Lucy, ich glaube, es ist an der Zeit, diese Beziehung einmal kritisch zu betrachten."
„Nein, nein. So schlimm ist es nicht."
„Du kannst doch nicht mit ihm zusammenbleiben, nur weil du Angst vor dem Alleinsein hast."
„Er ist der Richtige für mich. Das wusste ich vom ersten Moment an."
Krista tastete nach ihrem pinkfarbenen Flanellnachthemd unter ihrem Kopfkissen. Sie glaubte kein bisschen an Liebe auf den ersten Blick. Sie glaubte an spontane gegenseitige Anziehung. Aber Liebe brauchte Zeit. Liebe war das, was blieb, wenn der anfängliche Leidenschaft nachließ. Liebe war das, was sie in den Augen ihrer Eltern sah, wenn die einander ansahen.
Na, vielleicht nicht jedes Mal. Zum Beispiel, wenn Dad sich zu lange davor drückte, die Garage aufzuräumen, oder Mom drei Tage für eine einfache Entscheidung brauchte …
„Ihr habt euch beide verändert seit dem College, sagte Krista und hob erst den einen, dann den anderen Arm, um sich das Nachthemd über den Kopf zu ziehen. „Die Menschen verändern sich. Ihr habt euch auseinandergelebt.
„Wir stecken momentan nur in einer Krise. Wir brauchen etwas. Ich weiß nur nicht, was."
„Eine Partnerberatung?"
„Da wird er nicht hingehen."
„Lucy, du solltest wirklich …"
„Ich muss Schluss machen, er kommt ins Bett. Mittagessen am Donnerstag?"
„Klar." Krista legte auf. Ihre Schwester war lieb und talentiert, sie verdiente Ruhm und alles Glück dieser Erde. Stattdessen war sie von einem Flittchen ausgestochen worden und war mit einem Mann zusammen, dem völlig gleichgültig war, was Lucy auszeichnete – Treue, Talent, Intelligenz, Mitgefühl, Sex-Appeal, Schönheit, Schwung. Früher hatte sie jedenfalls Schwung besessen. Jetzt wirkte sie oft niedergeschlagen und enttäuscht.
Krista schob ihre Ohrstöpsel in die Ohren und legte sich ins Bett. Hätte Lucy die Rolle in Sweatshock bekommen, wäre sie viel stärker und hätte die Kraft gehabt, Linc zu verlassen, um sich jemanden zu suchen, der sie mehr verdiente.
Ein weiterer Grund für Kristas Groll gegen die – zum Glück – unnachahmliche Aimee Wellington.
Seth Wellington saß in seinem schwarzen Lieblingsledersessel vor dem riesigen Wohnzimmerfenster seiner Wohnung in South Boston. Die Aussicht auf den Hafen erinnerte ihn jeden Tag daran, dass es mehr auf der Welt gab als graue Vorstandszimmer. Ein