Es gibt immer einen Ausweg: Dr. Norden Bestseller 217 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration.
Die S-Bahn war wieder mal übervoll, als Franziska Rühl am Hauptbahnhof einstieg. Es war morgendlicher Berufsverkehr, und den hätte sie gern gemieden. Aber sie sollte um acht Uhr in Dr. Nordens Praxis sein, nüchtern, da er sie gründlich durchuntersuchen wollte. Ihr Magen war leer, ihr feines Gesicht sehr blass, und schwach auf den Beinen war sie ohnehin, da sie gerade erst eine schwere Grippe überstanden hatte. Aber das war nicht das Einzige, was dieses zierliche Mädchen in den letzten Monaten durchmachen musste. Franziska schien vom Pech verfolgt zu sein.
Jetzt stand sie zwischen kräftigen Männern und Burschen, eingeengt, wie auch eine ältere Dame, die ebenfalls keinen Sitzplatz bekommen hatte. Franziska wagte kaum zu atmen. Obgleich es noch so früh am Morgen war, schlug ihr schon Bierdunst ins Gesicht, und die lauten Stimmen dröhnten in ihren empfindlichen Ohren. Unflätige Ausdrücke erschreckten sie, und als dann auch noch eine Wolke von Knoblauchdunst sie umwehte, wurde ihr schwarz vor Augen. Sie sackte in sich zusammen. Auf den Boden fallen konnte sie nicht, dazu standen alle zu dicht gedrängt, und so wurde sie erst mal hin und her geschleudert.
»He, Fräulein«, sagte ein gewichtiger Mann, »wie haben wir es denn?«
»O Gott, o Gott«, flüsterte die ältere Dame, »sie ist ohnmächtig.«
Dann hielt die Bahn. Es fanden sich doch zwei Burschen bereit, Franziska hinauszutragen und den Zugbegleiter zu verständigen. Aber auch sie wollten weiterfahren, um nicht zu spät zu ihrer Arbeit zu kommen.
Franziska wurde auf eine Bank gebettet. »Man muss den Notarzt rufen«, sagte ein älterer Herr, der
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Buchvorschau
Es gibt immer einen Ausweg - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller
– 217 –
Es gibt immer einen Ausweg
Patricia Vandenberg
Die S-Bahn war wieder mal übervoll, als Franziska Rühl am Hauptbahnhof einstieg. Es war morgendlicher Berufsverkehr, und den hätte sie gern gemieden. Aber sie sollte um acht Uhr in Dr. Nordens Praxis sein, nüchtern, da er sie gründlich durchuntersuchen wollte. Ihr Magen war leer, ihr feines Gesicht sehr blass, und schwach auf den Beinen war sie ohnehin, da sie gerade erst eine schwere Grippe überstanden hatte. Aber das war nicht das Einzige, was dieses zierliche Mädchen in den letzten Monaten durchmachen musste. Franziska schien vom Pech verfolgt zu sein.
Jetzt stand sie zwischen kräftigen Männern und Burschen, eingeengt, wie auch eine ältere Dame, die ebenfalls keinen Sitzplatz bekommen hatte. Franziska wagte kaum zu atmen. Obgleich es noch so früh am Morgen war, schlug ihr schon Bierdunst ins Gesicht, und die lauten Stimmen dröhnten in ihren empfindlichen Ohren. Unflätige Ausdrücke erschreckten sie, und als dann auch noch eine Wolke von Knoblauchdunst sie umwehte, wurde ihr schwarz vor Augen. Sie sackte in sich zusammen. Auf den Boden fallen konnte sie nicht, dazu standen alle zu dicht gedrängt, und so wurde sie erst mal hin und her geschleudert.
»He, Fräulein«, sagte ein gewichtiger Mann, »wie haben wir es denn?«
»O Gott, o Gott«, flüsterte die ältere Dame, »sie ist ohnmächtig.«
Dann hielt die Bahn. Es fanden sich doch zwei Burschen bereit, Franziska hinauszutragen und den Zugbegleiter zu verständigen. Aber auch sie wollten weiterfahren, um nicht zu spät zu ihrer Arbeit zu kommen.
Franziska wurde auf eine Bank gebettet. »Man muss den Notarzt rufen«, sagte ein älterer Herr, der auf eine andere S-Bahn wartete.
»Ist sie tot?«, fragte jemand.
»Vielleicht so eine Drogensüchtige«, sagte eine gehässige Stimme.
Ein nicht sehr vertrauenerweckender Mann griff nach Franziskas Schultertasche, aber da war plötzlich ein junges Mädchen zur Stelle. Jeans trug sie und eine Pelzjacke.
»Lassen Sie das«, fauchte sie den Mann an.
»Wollte ja nur gucken, ob sie Papiere bei sich hat«, brummte der Mann, der sich dann aber gleich entfernte.
»Ruft jetzt jemand den Notarzt?«, fragte das junge Mädchen. »Ich bin MTA in der Behnisch-Klinik. Ich kümmere mich indessen um die Kranke.«
»MTA, was ist denn das?«, fragte jetzt einer von den Neugierigen.
»Medizinisch technische Assistentin«, erwiderte das junge Mädchen. »Ist das erbärmlich, wenn man so was mal erlebt.«
Aber der Notarzt, vom Zugpersonal herbeigerufen, kam nun doch schon, und zwei Sanitäter mit einer Trage.
»Ich heiße Anna Franke«, sagte das Mädchen. »Bringen Sie die Patientin in die Behnisch-Klinik. Ich bin dort Angestellte.«
Der Arzt war jung und jetzt ziemlich unsicher. »Nun machen Sie schon«, sagte Anna, »oder soll das Mädchen erfrieren? Es ist nämlich verdammt kalt.«
Ja, es war kalt, ein eisiger Wind fegte über den Bahnsteig. »Sie können dann ja gleich mitkommen«, meinte der Arzt stockend.
»Worauf Sie sich verlassen können«, erwiderte Anna ironisch. »Sie haben wohl gerade erst Ihren Doktor gemacht.«
Nun schien er sich gefangen zu haben. »Sieht man mir das an?«, fragte er spöttisch.
»Lassen wir das«, sagte Anna, »kümmern Sie sich um die Patientin.«
*
Dr. Norden war pünktlich in der Praxis. Loni, seine getreue Hilfe, natürlich auch. Und es war acht Uhr.
»Frau Rühl ist noch nicht da«, sagte Loni. »Sie ist doch immer so pünktlich.«
»Kann ja sein, dass sie die S-Bahn verpasst hat«, sagte Dr. Norden. »Aber Herr Basler wird auch gleich kommen.«
»Ein armes Hascherl ist sie«, sagte Loni gedankenvoll. »Ist ein bisschen viel, was sie alles hat mitmachen müssen. Mir ist ein bisserl bange, Chef.«
Wohl war es ihm auch nicht, aber dann kam der Herr Basler, der sich auch mit leerem Magen der Blutabnahme unterziehen musste. Aber das war schnell geschehen, und Franziska war noch immer nicht gekommen. Doch da läutete das Telefon.
»Dr. Behnisch, Chef«, sagte Loni.
»Na, was ist denn da wieder los«, murmelte Daniel Norden. Er erfuhr es sofort und ganz knapp. »Komm mal vorbei, Daniel«, sagte Dieter Behnisch. »Mir haben sie eine Patientin von dir gebracht, die in der S-Bahn zusammengebrochen ist.«
»Franziska Rühl?«, fragte Daniel.
»Genau. In ihrer Tasche war ein Terminzettel von dir.«
»Ich bin schon unterwegs«, erwiderte Daniel.
Loni sah ihn bestürzt an. »Was ist mit dem Dirndl?«, fragte sie.
»In der S-Bahn zusammengebrochen«, erwiderte Daniel Norden kurz. »Die Patienten müssen warten, und wer nicht warten kann, soll sich einen anderen Termin geben lassen. Dieter muss wissen, was mit dem Mädchen los ist.«
»Hoffentlich ist es nicht schlimm«, sagte Loni seufzend.
In der Behnisch-Klinik hatte man sich um das Mädchen bemüht. Der Notarzt hieß Dr. Dietz. Dr. Behnisch kannte ihn schon. Er war nicht voreingenommen, weil Volker Dietz noch so jungenhaft ausschaute. Er wusste bereits, wie ernst dieser junge Arzt seinen Beruf nahm.
Anna hatte ihrem Unwillen indessen bereits Ausdruck gegeben. »Das blöde Volk steht nur herum und schaut dumm aus der Wäsche«, hatte sie erbost geschimpft.
»Ist ja gut, dass Sie zur Stelle waren, Anna«, sagte Dr. Jenny Behnisch, die es dem Mädchen nicht übel nahm, wenn es sich drastisch äußerte. Anna gehörte zu der forschen jungen Generation, die auf freie Meinungsäußerung beharrte, aber sie war in ihrem Beruf zielbewusst und zuverlässig.
Und Anna schimpfte weiter. »Da wird immer getönt, dass man die Autos stehen lassen soll, aber ein paar Wagen mehr können sie nicht anhängen. Ich werde heilfroh sein, wenn ich einen eigenen fahrbaren Untersatz zusammengespart habe.«
Aber dann ging sie an die Arbeit, und die machte sie so gewissenhaft wie immer. Währenddessen sagte allerdings Dr. Dietz zu Jenny Behnisch, dass sie eine sehr resolute Mitarbeiterin hätten.
Jenny lächelte.
»Hat sie Sie auch eingeschüchtert, Kollege? Sie hält nichts von Männern. Sie ist emanzipiert, aber wir können nichts an ihr aussetzen. Ein tüchtiges Mädchen.«
Dann aber kam Dr. Norden. »Ach, der Volker war wieder mal im Einsatz«, sagte er atemlos. »Aber mir pressiert es leider. Wo ist die Patientin?«
Dr. Volker Dietz verabschiedete sich. Auf ihn warteten bestimmt noch mehr Einsätze an diesem Tag.
Dr. Daniel Norden wollte nun seine Patientin sehen, aber Dieter Behnisch sagte ihm, dass sie noch immer nicht bei Bewusstsein wäre.
»Erzähl mir was über sie, damit ich weiß, was ich schnell tun kann«, sagte Dieter.
»Franziska Rühl, einundzwanzig, Musikstudentin bislang«, erklärte Daniel hastig.
»Wieso bislang?«
»Sie studierte Violine. Vor drei Monaten rutschte sie in der Musikhochschule auf der Treppe aus und brach sich den rechten Arm. Studium adieu, wenigstens vorerst. Sie hatte keine Kraft mehr. Hinzu kamen die häuslichen Verhältnisse. Ihre Eltern leben in Scheidung. Dauernd Krach, sie ist ausgezogen. Jetzt kriegt sie kein Geld mehr von ihrem Vater, weil er eine anspruchsvolle Freundin hat. Die Mutter ist verbittert und jammert ihr nur die Ohren voll, wenn sie beisammen sind. Dann hat Franziska eine Grippe erwischt, und viel Abwehrkräfte hatte sie nicht mehr. Ich hatte sie heute nüchtern bestellt, um ihr Blut abzunehmen für eine gründliche Untersuchung. Die kannst du ja jetzt vornehmen. Ich kümmere mich natürlich auch um sie. Kann ich sie jetzt sehen?«
»Ist doch klar!«
Sie gingen gemeinsam zu Franziska. Und als spüre sie Dr. Nordens Nähe, schlug sie die Augen auf.
»Mir ist so schlecht«, murmelte sie. »Ich weiß nicht mehr, wie ich zu Ihnen gelangt bin, Dr. Norden.«
»Sind Sie nicht, Frau Rühl. Sie sind in der Behnisch-Klinik. Aber hier werden Sie gut versorgt.«
»Bezahlt das auch die Kasse?«, fragte sie leise.
»Natürlich bezahlt es die Kasse. Sie sind in der S-Bahn ohnmächtig geworden.«
»Es war so eng, und es hat so gestunken. Nach Bier und Knoblauch, ich darf gar nicht daran denken.«
»Sollen Sie auch nicht«, meinte Daniel Norden aufmunternd. »Mir ist es auch bedeutend lieber, dass Sie jetzt in der Behnisch-Klinik durchgecheckt und danach aufgepäppelt werden. Mit Gewalt kann man eben nicht gesund werden.«
»Aber ich muss mir doch eine Stellung suchen«, flüsterte sie.
»Jetzt müssen Sie mal ganz vernünftig sein, Mädchen«, sagte er fürsorglich. »Zuerst zu Kräften kommen, und dann eine Stellung.«
Und so einfach wird das gar nicht sein, dachte er für sich.
Bürokenntnisse hat sie nicht, da bekommt man jetzt noch am ehesten etwas. Und wenn man so zum Umblasen aussah, wurde es erst recht schwierig. Aber für ihn war es jetzt weitaus wichtiger, dass dem Mädchen wieder auf die Beine geholfen wurde.
»Das Zimmer