Seewölfe - Piraten der Weltmeere 185: Gefangen auf Rarotonga
Von Fred McMason
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Rezensionen für Seewölfe - Piraten der Weltmeere 185
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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 185 - Fred McMason
9
1.
Bevor das Boot auf den Strand lief, waren die restlichen Spanier verschwunden.
Sie hatten mit angesehen, was da an Bord der „Isabella" passiert war und daß sich das Blatt ganz überraschend gewendet hatte.
Die meisten begriffen nicht, warum sich die eigenen Landsleute gegenseitig an den Kragen gingen, aber sie wußten auch nicht, daß sie den berühmt-berüchtigten Lobo del Mar vor sich hatten.
Der einzige, der es bisher erfahren hatte, war der Kapitän der gestrandeten spanischen Galeone, und den hatte das Entsetzen fast wahnsinnig werden lassen.
Sinona mußte sich selbst in die Riemen legen und pullen, während der Profos gelangweilt auf der Ducht hockte und an seinen Fingernägeln kaute.
„Nicht so lahmarschig, du verlaustes Rübenschwein", sagte Ed ab und zu, und jedesmal litt Sinona an plötzlich auftretender Übelkeit. Noch kein Engländer hatte so je mit ihm gesprochen, aber das nahm er gern hin, was dieser narbengesichtige Profos von sich gab. Triefäugige, verlauste spanische Kakerlake hatte er ihn genannt und noch vieles andere mehr.
Sinona pullte, bis ihm der Schweiß in Strömen über das Gesicht lief und er heftig nach Atem rang.
Besser wie ein Verrückter pullen, dachte er, als an der Rahnock der „Isabella" zu hängen, denn wie er Gerüchten nach wußte, machte der Seewolf kurzen Prozeß mit Spaniern, wenn sie aufmüpfig waren oder ihm nicht paßten. Die Rahen an seinem Schiff sollten nur so strotzen von Gehenkten.
Allerdings hatte Sinona bei dieser Begegnung keinen gesehen, und der Seewolf hatte ihm versprochen, keinen von ihnen zu hängen.
„Schlaf nicht ein, du Kastanienfresser! rief Ed. „Und denke gefälligst nicht so dummes Zeug!
Konnte der Narbenmann etwa seine Gedanken lesen, dachte Sinona erstaunt. Diesen Burschen traute er alles zu, über sie waren die wildesten Gerüchte in Umlauf.
„Bis wir den Strand erreichen, ist mir ein langer, grauer Bart gewachsen", nörgelte Ed und hielt gleichzeitig Ausschau nach weiteren Spaniern.
Obwohl ein Großteil von ihnen noch bewaffnet war, fiel kein Schuß. Auch vorhin war keiner gefallen.
Jetzt war für Sinona die Plackerei mit dem Pullen zu Ende. Ziemlich erschöpft stand er am Strand und sah sich um.
Carberry warf ihm einen Spaten zu.
„Wo stehen die Brotfruchtbäume?" fragte er grob.
„Links von den Hütten, Sen … Sir, verbesserte sich der Kapitän der „Kap Hoorn
, die jetzt als Wrack weiter hinten am Strand lag.
„Hoffentlich bist du bald da, du abgewrackte Riesenwanze", brummte der Profos.
Noch einmal sah er sich um, aber er konnte niemanden entdecken. Für ihn selbst war kein Risiko dabei, mit diesem großmäuligen Burschen an den Ort zu fahren, wo sie die Brotfruchtbäume ausgegraben hatten. Keiner würde die Hand gegen ihn erheben, denn immerhin hatten sie auf der „Isabella" fast zwanzig Spanier in der Vorpiek eingesperrt, und die konnte der Seewolf getrost so lange als Geiseln nehmen, bis diese Kerle alle auf einer der Nebeninseln ausgesetzt waren.
Sie gingen an den Hütten vorbei, die von den Insulanern verlassen waren, seit die Spanier hier hausten. Die Polynesier hatten sich irgendwo in den Bergen der Insel Tahiti versteckt und trauten sich nicht mehr hinunter, seit diese Horde gelandet war und die Brotfrüchte plünderten – das Grundnahrungsmittel der Eingeborenen.
Sinona führte Ed noch ein Stück weiter, bis dorthin, wo das Dickicht begann und aus den Hügeln langsam große, bewaldete Berge wurden.
„Hier ist es!"
Es war eine Art Plantage, die die Insulaner hier angelegt hatten. In schnurgeraden Reihen hatten sie kleine Bäume gepflanzt, um sie großzuziehen.
Ed sah zum ersten Male in seinem Leben den Brotfruchtbaum, und er war leicht enttäuscht. Er wußte nicht genau, was er erwartet hatte, aber diese Bäumchen trugen noch keine Früchte, und sie sahen eigentlich gar nicht bemerkenswert aus, fand er.
Eine stattliche Anzahl dieser Jungbäume war ausgegraben worden und sollte verschifft werden – zu den anderen Inseln, auf denen sie noch nicht wuchsen. Sie sollten den Spaniern, die sich in dieser Ecke einzunisten begannen, das Leben erleichtern.
„Daß ihr Lausekerle immer den anderen alles klauen müßt, schimpfte der Profos. „Den einen das Gold und Silber, den anderen sogar die Lebensmittel. Ah, Señor, am liebsten würde ich dir die Haut in Streifen von deinem verdammten Affenarsch abziehen, sie grün anstreichen und Flögel daraus herstellen. Auf eurem eigenen Mist wächst wohl überhaupt nichts, was, wie?
„Was – äh, nein, Sir", stammelte Sinona, der bei den Worten des Profos’ immer mehr zusammenschrumpfte.
„Na los, du andalusischer Hurenbock! befahl Ed. „Nicht mehr lange, und es wird dunkel. Hier habe ich eine kleine Sanduhr. Wenn ich sie umdrehe, heißt es schwupp, und die erste Reihe von den Bäumen sitzt wieder da, wo sie vorher war.
„Si, Sir, ich werde mich beeilen, so schnell es geht."
„Du wirst dich noch viel schneller beeilen", versprach Ed.
Die Spanier hatten die Bäumchen nur ausgegraben und dann in einen kleinen Wall von Erde eingeschlagen, damit die Wurzeln nicht austrocknen konnten.
Ed blinzelte noch einmal in die Gegend, dann legte er sich auf den Boden und stützte sich auf einen Ellenbogen. Er hatte nicht die geringste Angst, daß Sinonas Landsleute hier aufkreuzten. Denen saß der Schreck viel zu sehr in den Knochen.
Sinona begann zu graben. Er mußte die Löcher wieder sauber ausheben, die teilweise schon zugeschüttet waren, die Bäumchen hineinsetzen, zuschaufeln, andrücken und festklopfen.
Sein Gesicht sah aus wie fließendes Wasser, er war körperliche Arbeit bei sengender Hitze nicht gewohnt, und immer wenn er einmal tief Luft holen wollte, dann fing er von dem Narbenmann einen so wilden und drohenden Blick auf, daß er noch schneller weiterarbeitete.
Und der Profos der „Isabella" hatte ständig etwas zu meckern, dem tat es keiner recht, mit dem war nicht gut Salz lecken.
Mal saß das Bäumchen nicht tief genug in der Erde, mal schaute es zu weit aus dem Boden heraus, mal war es schief eingesetzt worden.
Sinona versuchte, seine Wut zu unterdrücken, so gut es ging. Am liebsten hätte er diesem narbigen Profos einmal den Spaten über den Schädel geschlagen. Mit jedem Spatenstich blätterte sein Stolz ab, wurde er degradiert, gedemütigt und entehrt. Seine Haare klebten wie festgeleimt in der Stirn, in seinen Augen juckte es, und seine Klamotten waren vom Schweiß so durchtränkt, als hätte er ein Bad im Meer genommen.
Am meisten ärgerte ihn der Kerl, der faul und träge aufgestützt im Schatten lag und sich langweilte.
Wenn er jetzt mit dem Spaten zuschlug und in die Berge zu dem Rest seiner Mannschaft flüchtete …
Die „Patria" und noch einige andere Spanier würden bald hier eintreffen, und dann hatte Lobo del Mar keine Zeit, sich um die Geflüchteten zu kümmern, dann hatte er genug zu tun, und sie konnten ihm die Hölle anheizen.
Immer mehr begann er sich mit dem Gedanken anzufreunden und starrte verbissen auf die Löcher, die er grub. Einmal hielt er den Spaten unschlüssig in der Hand, als Carberrys Stimme ertönte.
„Falls du dumme Gedanken hast, Don Philipp, dann denke an deinen Affenarsch oder an die Rahnock! Ich werde dich höchst eigenhändig daran aufknüpfen und bei deiner anschließenden Beerdigung einen Brotfruchtbaum darauf pflanzen."
„Verzeihung, Sir, ich dachte an zu Hause, ich hatte nicht vor …"
„Quatsch nicht. Du dachtest gerade daran, wie du mir mit dem Spaten den Schädel einschlagen und zu deinen restlichen Leuten flüchten kannst."
Das war eine ganz logische und einfache Schlußfolgerung, doch Sinona war so verwirrt und durcheinander, daß ihm dieser Profos immer unheimlicher wurde. Der ahnte jeden Gedanken schon lange, bevor man ihn in die Tat umsetzte.
Erschöpft grub er weiter und verfluchte sich insgeheim selbst, daß sie mit dem Ausgraben der Bäume nicht noch etwas länger gewartet hatten, bis die anderen da waren. Aber nein, er mußte ja immer alles genau, schnell und pedantisch tun.
Das hatte er jetzt davon.
Den größten Teil hatte er geschafft, als der Profos ihn schon wieder zu nerven