Dr. Norden Bestseller 156 – Arztroman: Ihr Gewissen ließ es nicht zu
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Über dieses E-Book
Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
Erst vor drei Monaten hatte die junge Kinderärztin Dr. Katja Höller ihre Praxis eröffnet, aber schon jetzt konnte sie sich über Zulauf nicht beklagen. Zum Glück hatte sie bald eine tüchtige Sprechstundenhilfe in der jungen Abiturientin Anke Braun gefunden, die Medizin studieren wollte und auf einen Studienplatz warten mußte.
Anke hatte die Gelegenheit beim Schopfe gefaßt und sich bei Katja vorgestellt, um die Zeit zu nutzen und erst einmal praktische Kenntnisse zu erwerben. Anke war knapp neunzehn und die älteste von fünf Geschwistern, ein sehr vernünftiges Mädchen, das ein Ziel hatte. So war Katja auch gewesen, und deshalb verstanden sie sich auf Anhieb.
Es gab viel zu tun in diesen Tagen. Die Windpocken gingen um, und auch einige Keuchhustenfälle traten auf. Dr. Katja Höller gewann wieder einmal die Erkenntnis, daß auch Impfungen nicht der Weisheit letzter Schluß waren.
Ein turbulenter Vormittag sollte einen aufregenden Abschluß bringen. Noch ahnte Katja nichts davon, denn Rosmarie Ebling war mit ihrem kleinen Sohn gekommen, und der war genauso temperamentvoll wie seine hübsche Mutter. Man mußte ihn ständig beschäftigen, um ihn untersuchen zu können.
»Gott sei Dank habe ich gute Nerven«, sagte die junge Mutter, »aber wenn unser zweites Kind da ist, werde ich Maxi wohl anbinden müssen.«
Der kleine, knapp zwei Jahre junge Maximilian Ebling schien das nicht lustig zu finden, er begann zu schreien. Katja beruhigte ihn mit einem Keks und der Spieluhr, die auf ihrem Schreibtisch stand.
»Was ich Sie schon immer mal fragen wollte, Frau Doktor«, sagte Rosmarie Ebling, als Maxi sich beruhigt hatte, »sind Sie eigentlich
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Dr. Norden Bestseller 156 – Arztroman - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller
– 156 –
Ihr Gewissen ließ es nicht zu
Patricia Vandenberg
Erst vor drei Monaten hatte die junge Kinderärztin Dr. Katja Höller ihre Praxis eröffnet, aber schon jetzt konnte sie sich über Zulauf nicht beklagen. Zum Glück hatte sie bald eine tüchtige Sprechstundenhilfe in der jungen Abiturientin Anke Braun gefunden, die Medizin studieren wollte und auf einen Studienplatz warten mußte.
Anke hatte die Gelegenheit beim Schopfe gefaßt und sich bei Katja vorgestellt, um die Zeit zu nutzen und erst einmal praktische Kenntnisse zu erwerben. Anke war knapp neunzehn und die älteste von fünf Geschwistern, ein sehr vernünftiges Mädchen, das ein Ziel hatte. So war Katja auch gewesen, und deshalb verstanden sie sich auf Anhieb.
Es gab viel zu tun in diesen Tagen. Die Windpocken gingen um, und auch einige Keuchhustenfälle traten auf. Dr. Katja Höller gewann wieder einmal die Erkenntnis, daß auch Impfungen nicht der Weisheit letzter Schluß waren.
Ein turbulenter Vormittag sollte einen aufregenden Abschluß bringen. Noch ahnte Katja nichts davon, denn Rosmarie Ebling war mit ihrem kleinen Sohn gekommen, und der war genauso temperamentvoll wie seine hübsche Mutter. Man mußte ihn ständig beschäftigen, um ihn untersuchen zu können.
»Gott sei Dank habe ich gute Nerven«, sagte die junge Mutter, »aber wenn unser zweites Kind da ist, werde ich Maxi wohl anbinden müssen.«
Der kleine, knapp zwei Jahre junge Maximilian Ebling schien das nicht lustig zu finden, er begann zu schreien. Katja beruhigte ihn mit einem Keks und der Spieluhr, die auf ihrem Schreibtisch stand.
»Was ich Sie schon immer mal fragen wollte, Frau Doktor«, sagte Rosmarie Ebling, als Maxi sich beruhigt hatte, »sind Sie eigentlich mit Marian Höller verwandt?«
Diese Frage war Katja schon einmal gestellt worden. Sie verneinte diese lächelnd.
»Scheint ein bekannter Mann zu sein«, erwiderte sie. »Ich bin schon mal danach gefragt worden.«
»Ein sehr bekannter Architekt, und er wohnt ja auch nicht weit entfernt. Deshalb bin ich darauf gekommen. Mein Mann hat jetzt geschäftlich mit ihm zu tun.«
»Nur eine Namensgleichheit«, sagte Katja, ohne die leiseste Ahnung zu haben, in welche Schwierigkeiten sie dadurch noch geraten sollte – und dies schon bald.
Anke war ins Wartezimmer gegangen. Dort hatte noch eine junge Frau mit einem Baby gewartet. Aber als sie nun die Tür geöffnet hatte, wurden Ankes Augen starr. Die Frau war verschwunden, die Tragetasche mit dem Baby jedoch stand am Boden.
Auch Anke hatte gute Nerven, aber jetzt begann sie doch zu zittern. Man ließ doch ein Baby nicht allein und sagte doch wenigstens Bescheid, wenn man schnell noch etwas erledigen mußte. Und das schlimmste war, daß sie in all dem Trubel, der an diesem Morgen herrschte, die Personalien der Mutter noch gar nicht aufgenommen hatte.
Das Kind schlummerte friedlich. Es mochte wohl drei oder vier Monate alt sein. Anke betrachtete es und überlegte. Sie wartete, bis Frau Ebling mit ihrem protestierenden Sohn ging, denn Maxi wollte jetzt noch nicht gehen. Ihn hatte die Spieldose fasziniert.
Sie war allerdings auch ganz besonders hübsch. Katja hatte sie zu ihrem dritten Geburtstag geschenkt bekommen und hütete sie als eine kostbare Erinnerung an ihre geliebte Mutter, die vor einem Jahr nach langer, schwerer Krankheit gestorben war.
Sie lauschte noch den letzten Klängen des Schlafliedchens »Guten Abend, gute Nacht« nach, als Anke mit der Tragetasche ins Sprechzimmer trat.
»Die Mutter ist nicht da«, stammelte Anke. »Es stand allein im Wartezimmer.«
»Du liebe Güte«, staunte Katja, »aber vielleicht hat sie nur schnell noch eine Besorgung gemacht, bevor die Geschäfte schließen. Es ist Mittwoch, Anke«, beruhigte sich Katja selbst, obgleich sie schon eine bange Ahnung hatte, daß es sich anders verhielt, als sie den Zipfel eines weißen Kuverts unter dem Deckchen hervorlugen sah.
Sie nahm das Baby heraus. Es war gut genährt und auch gut gekleidet. Es schlug die Augen auf und verzog den Mund zu einem Lächeln.
»Süß«, sagte Anke. »So was läßt man doch nicht im Stich.«
»Krank sieht es nicht aus«, sagte Katja und blickte auf den Umschlag. »Nehmen Sie den Kleinen mal, Anke.«
»Vielleicht ist es ein Mädchen«, meinte Anke.
»Das werden wir feststellen, aber ich glaube, daß es ein Bub ist«, sagte Katja.
»Dr. Höller«, stand auf dem Umschlag. Also war er an sie gerichtet. Hastig riß sie ihn auf, während Anke mit dem Baby scherzte, das jetzt richtig lachte.
Riesengroß wurden Katjas Augen, als sie die wenigen Zeilen las. Der Vater heißt Marian Höller. Er hat Geld genug, ich habe keines. Er soll sich an Anita erinnern.
Das war alles. »Ein starkes Stück«, sagte Katja tonlos, »anscheinend hat sie mich für Marian Höllers Frau gehalten!«
Anke schüttelte den Kopf. »Sie meinen den Architekten gleichen Namens? Das ist doch so ein Playboy.«
»Sie kennen ihn?« fragte Katja.
»Wie man so manchen kennt. Schicker Mann, flotter Wagen, dufte Bienen umschwirrren ihn.«
Anke war bei aller Ernsthaftigkeit ein Kind ihrer Zeit. Katja mußte jetzt, trotz des Ernstes der Situation, lä-cheln.
»Nun, das erklärt manches«, sagte sie. »Ich bin gespannt, was er sagt, wenn ich ihm das Kind bringe.«
»Sie wollen es ihm bringen?« staunte Anke.
»Zuerst werden wir ihn untersuchen, und dann werde ich mit Dr. Norden telefonieren. In Zweifelsfragen, Norden fragen. Er ist der netteste Kollege, den man sich wünschen kann, Anke.«
Anke nickte. »Er ist unser Hausarzt. Er war es ja auch, der mir Mut gemacht hat, mich bei Ihnen vorzustellen. Ich habe Ihnen das nur nicht gesagt, weil Ärzte untereinander ja manchmal distanziert sind.«
»Er war auch der einzige, der mir herzlich einen guten Beginn wünschte, auch seine Frau. Sie hat übrigens eine Schwester, die auch Katja heißt. Zweimal Katja, zweimal Höller, aber die beiden Namen sind ja noch öfter vertreten, ohne daß es Beziehungen gibt.«
Sie war jetzt ganz bei der Sache. Sie untersuchte das Baby. Es war sehr wund, weil es wohl lange in nassen Windeln gelegen hatte. Aber es war ein geduldiges Baby, das allerhand gewöhnt zu sein schien. Es schien sich unter diesen behutsamen Händen sehr wohl zu fühlen und gab lustige kleine Laute von sich.
»Können Sie solche Mütter verstehen?« fragte Anke leise.
»Nein, Anke. Manche Frauen wünschen sich sehnlichst Kinder und bekommen keine, manche verlieren das Kind, das sie sich ersehnt haben und kommen darüber nicht hinweg. Und dann gibt es solche, die sich eines hübschen, gesunden Kindes einfach entledigen.«
»Warum hat sie es nicht dem angeblichen Vater vor die Tür gestellt?« sagte Anke nachdenklich.
»Es muß wohl der Name Höller sein, der mich in diese Situation brachte, aber deshalb kann ich mich doch nicht umtaufen lassen.«
Anke blickte auf das Baby. »Vielleicht wäre er jetzt froh, nicht Höller zu heißen«, sagte sie. »Muß ein schöner Schock sein für einen lebenslustigen Junggesellen, plötzlich Vater zu werden.«
Das Baby verzog sein Mündchen jetzt weinerlich. »Er wird Hunger haben«, sagte Katja. »Holen Sie doch bitte Kindernahrung und ein Fläschchen aus der Apotheke. Sie werden zwar schon geschlossen haben, aber Frau Sternberg wird noch da sein. Sagen Sie aber nicht, worum es geht.«
*
Eine Stunde später läutete in Dr. Nordens Privatwohnung das Telefon. Man war gerade mit dem Mittagessen fertig, das an diesem Tag erst ziemlich spät eingenommen werden konnte. Fee Norden nahm den Hörer ab.
»Katja? Ach, Katja Höller«, sagte sie erstaunt. Und dann lauschte sie. »Natürlich können Sie zu uns kommen. Das ist ja ein Ding. Was man so alles erlebt.«
»Was ist ein Ding?« fragte Daniel.
»Jemand hat bei Katja Höller ein Baby ausgesetzt.«
»Das ist wirklich ein Ding«, sagte Daniel.
»Sie wollte sich einen Rat holen. Sie weiß nicht, wie sie sich verhalten soll.«
»Dann werden wir mal gemeinsam überlegen«, sagte Dr. Norden. Lange brauchten sie nicht zu warten. Katja kam und trug behutsam die Babytasche.
»Er schläft gerade«, sagte sie leise. »So ein liebes Kerlchen.«
Fee betrachtete das schlafende Kind.
»Und so ein süßes Kind wird ausgesetzt?« staunte sie empört.
»Es war ein Brief dabei mit dem Namen des Vaters, der zufällig auch Höller heißt«, sagte Katja.
»Jemine, doch nicht Marian Höller?« fragte Dr. Norden.
»Sie kennen ihn auch? Ich bin schon ein paarmal darauf angesprochen worden, ob ich mit ihm verwandt bin.«
»So selten ist der Name ja nicht«, warf Fee ein. »Es verwirrt vielleicht nur ein bißchen, weil er in der gleichen Gegend wohnt.«
Katja reichte Dr. Norden den Brief. Der runzelte die Stirn. »Sagt nicht viel aus. Könnte auch ein Racheakt sein«, meinte er.
»Wie meinen Sie das?« fragte Katja bestürzt.
»Nun, Marian Höller ist ein gefragter Mann, sehr beliebt bei Frauen. Vielleicht hat er eine mal nicht so gewürdigt, wie sie es sich vorstellte, und dann bekam sie ein Kind von einem anderen, der sie sitzenließ. Immerhin hat sie das Kind