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Schlachthaus
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eBook241 Seiten3 Stunden

Schlachthaus

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Über dieses E-Book

Vampyre schlürfen in Hamburg Blut und feiern makabere Orgien. Als es aus ihren Reihen einen Toten gibt, der mit skelettierter Hand im Schanzenpark gefunden wird, werden Bo und Robin ausgerechnet von dem Truppenführer Patrick Reinhold angeheuert, um den Täter zu ermitteln. Unter den Verdächtigen befindet sich Daan van Basten, der charismatische Anführer der Vampyre.
Und Robin muss nicht nur einen Mörder ermitteln, sondern auch seine wahre Liebe.
SpracheDeutsch
Herausgeberdead soft verlag
Erscheinungsdatum20. Jan. 2015
ISBN9783944737881
Schlachthaus

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    Buchvorschau

    Schlachthaus - Sandra Busch

    Sandra Busch

    Schlachthaus

    Inhalt:

    Vampyre schlürfen in Hamburg Blut und feiern makabere Orgien. Als es aus ihren Reihen einen Toten gibt, der mit skelettierter Hand im Schanzenpark gefunden wird, werden Bo und Robin ausgerechnet von dem Truppenführer Patrick Reinhold angeheuert, um den Täter zu ermitteln.

    Unter den Verdächtigen befindet sich Daan van Basten, der charismatische Anführer der Vampyre.  Und Robin muss nicht nur einen Mörder ermitteln, sondern auch seine wahre Liebe.

    Der zweite Band um die Privatermittler Bo und Robin.

    Impressum

    © dead soft verlag, Mettingen 2015

    http://www.deadsoft.de

    © the auhor

    Cover:

    Irene Repp

    http://www.daylinart.webnode.com/

    Bildrechte

    © Inna Felker – fotolia.com

    © kristina rütte – fotolia.com

    1. Auflage

    ISBN 978-3-944737-87-4

    ISBN 978-3-944737-88-1 (epub)

    Prolog

    Donnerstag, 02. Dezember

    02:11 Uhr

    Mit Kohle zeichnet er einen Kreis auf die weißen Fliesen. Um diesen Kreis zieht er einen zweiten und achtet dabei akribisch darauf, dass der schwere zerlegbare Käfig mit dem darin gefangenen Opfer genau zwischen diesen beiden Kreisen steht. Damit befindet sich die speziell angefertigte Metallkonstruktion direkt an der Außenlinie des ersten Kreises, was er beabsichtigt, denn nicht der Käfig soll das Zentrum seiner Beschwörung darstellen.

    Das Opfer ist von dem Hieb, den er ihm im Schanzenpark gegen den Kopf verpasst hat, noch ziemlich benommen. Es scheint aber langsam das Bewusstsein zurückzuerlangen. Das stört ihn nicht, denn es wird ihn nicht daran hindern, die Zeremonie zu beenden.

    In den inneren Kreis skizziert er ein Kreuz, an dessen Enden er jeweils ein Auge anfügt. Die Pupillen malt er mit der Kohle aus, bis er den Eindruck gewinnt, von seinem künstlerischen Werk angestarrt zu werden. Schließlich kramt er aus seinem unauffälligen Rucksack eine Puppe aus Leinen und legt sie behutsam in die Mitte des Kreuzes. Danach stellt er zwischen den beiden Kreisen vier Kerzen auf, die er anzündet. Der Käfig und die Kerzen bilden nun zusammen einen weiteren Kreis. Nun kann er das grelle Licht der Neonröhren ausschalten. Zufrieden schaut er sich um. Ja, genau diese düstere Kerzenlicht-Atmosphäre braucht er.

    Innerhalb des Käfigs stöhnt sein Opfer und richtet sich halb auf. Weit aufgerissene Augen wandern unruhig und orientierungslos umher.

    „Wo bin ich?"

    Mit dieser Frage hat er gerechnet. Er wird allerdings nicht antworten. Eine Diskussion würde ihm die Konzentration für das folgende Ritual rauben. Schnell prüft er, ob die Hand seines Opfers noch durch die schmale Aussparung aus dem Käfig ragt. Eine Eisenfessel soll eigentlich verhindern, dass sein Opfer die Gliedmaße zurück in den Käfig ziehen kann. Er ist sich zwar sicher, dass er sie ordentlich geschlossen hat, trotzdem kontrolliert er seine Arbeit ständig. Fehler konnten katastrophal enden.

    „Was soll das?" Sein Opfer starrt erst ihn, dann die Kerzen an. Es ruckt an der eisernen Schelle und versucht, sein Gelenk daraus zu befreien.

    „Lass mich sofort hier raus! He! Hast du mich nicht gehört? Ich will raus!"

    Er ignoriert das Geschrei und sucht nun aus seinem Rucksack Mehl und schwarzen Pfeffer hervor, beides bringt er in ein bestimmtes Mischungsverhältnis und schüttet es auf seine linke Handfläche.

    „Was soll der Schwachsinn? Lass mich raus!"

    Jetzt schließt er die Lider und öffnet seinen Geist für den notwendigen Zauber, so wie es ihm einst sein Großvater beigebracht hatte, der ein großer Bokor gewesen war. Tief holt er Atem und …

    „Hey! Ich will raus!" Heftiges Gerüttel am Käfig folgt.

    … bläst die Mehl-Pfeffer-Mischung in die Luft. Während seine kleine Gabe für den Mittler zwischen Bokor und Loas langsam zu Boden rieselt, singsangt er:

    „Ago Elleggua!

    Ikaika braucht Papa Legbas Hilfe!

    Ago Elleggua!

    Ikaika ist dein Untertan!

    Ago Elleggua!

    Öffne mir das Tor!"

    Fühlt er da einen kühlen Hauch? Die Kerzen flackern jedenfalls. Ein breites Lächeln erscheint in seinem Gesicht.

    „Was tust du da? Bist du total bekloppt?", schreit es ihm entgegen. Noch ist sein Opfer überwiegend wütend. Erfahrungsgemäß wird die Wut jedoch bald in reine Panik umschlagen. Das Gerüttel am Käfig wird heftiger. Er ist nicht bekloppt. Vielmehr spürt er inzwischen deutlich, dass Papa Legba das Tor zur Anderwelt geöffnet und eine Verbindung zu den Loas hergestellt hat. Denn Papa Legba ist der Hüter der Wegkreuzungen. Ohne seine Vermittlung könnte kein Bokor Hilfe bei den Geistern, den Loa, finden. Zufrieden mit seinem bisherigen Erfolg starrt er sein Opfer an und glaubt dunkle Schweißflecke auf dessen weißem Rüschenhemd zu erkennen. Na klar, es hat Angst. Es muss ebenfalls die Anderwelt und die lauernden Loas bemerken.

    „Du Scheißkerl! Was hast du mit mir vor?" Der junge Mann zerrt, zieht und bemüht sich, die Hand möglichst klein zu machen, damit er sie durch die Schelle bekommt. Doch er schabt sich bloß die Haut auf.

    Ikaika lächelt schmal. Es wird Zeit den Samedi le mo auszusprechen, den tödlichen Fluch, und Baron Samedi, den Herrn der Friedhöfe und der Toten, anzurufen. Mit einer fünften Kerze, von der er Wachs herabtröpfelt, befestigt er einige blonde Haarsträhnen am Kopf der Puppe, die mitten im Zentrum seines Zaubers liegt. Die Haare hat er in den letzten Wochen mühselig und unauffällig gesammelt.

    „O kwa, o Jibile!

    Ich nenne dich Daan.

    Mesye la kwa avanse pou i we yo!

    Ou pa we m inosan!"

    Aus dem Rucksack holt er jetzt ein Messer hervor und schneidet sich damit in den Daumen. Unter den ungläubigen Blicken seines momentan sehr stillen Opfers beschmiert er die Puppe mit seinem Blut. Als Nächstes streut er aus einer Blechdose Asche über die komplette Leinenpuppe, wobei er in seinem Zauber fortfährt:

    „Bowon zamedi, si koko te gen, dan li

    Tap manje mayi griye!"

    „Du bist ja völlig durchgeknallt", flüstert sein Opfer, als er mit viel Gefühl eine lange Nadel in die Brust der Puppe bohrt.

    „O kwa, o Jibile! …" Ungerührt wiederholt er den Zauberspruch. Das Tor der Anderwelt ist noch offen. Er kann den eisigen Hauch der mächtigen Loas spüren. Und aufs Neue singt er seinen Zauber, wiegt sich im Rhythmus seiner eigenen, etwas rauen Stimme. Schließlich erhebt er sich und tritt rückwärts aus dem flackernden Kerzenlicht, bis er an einer gefliesten Wand steht.

    „Wo bist du? Komm zurück!", brüllt sein Opfer voller Angst und versucht abermals, sich von der Handschelle und aus dem Käfig zu befreien. Zu spät! Baron Samedi kommt. Er kann ein Fiepen hören. Und ein leises Klackern. Angestrengt spitzt er die Ohren und hält den Atem an, um sich ja kein Geräusch entgehen zu lassen.

    „Was habe ich dir getan? WAS?"

    Das hohe Fiepen wird lauter. Nein, es ist eher ein Pfeifen, wie von einer … Ratte!

    Sein Opfer zuckt zurück, als der Nager plötzlich vor dem Käfig auftaucht. Ikaika lässt sich auf die Knie sinken. Sein Herz klopft vor freudiger Aufregung wie wild. Baron Samedi muss in Gestalt dieses Tieres aus dem Abfluss gekrochen sein, der sich ganz in der Nähe des Käfigs befindet.

    Barthaare vibrieren aufgeregt, als die Ratte in seine Richtung wittert und sich dann seinem sichtlich angeekelten Opfer zuwendet. Flink huscht sie näher, klettert an dem Käfig empor, um von oben auf seine Gabe niederzustarren. Mit der freien Hand schlägt das Opfer gegen den Maschendraht.

    „Hau ab!", zischt es.

    Die Ratte springt zu Boden und faucht böse.

    „Ekliges Vieh!"

    Auf einmal kriecht noch eine Ratte aus dem Abfluss, eine zweite, dritte folgt.

    „O kwa, o Jibile …", summt Ikaika zufrieden und wie hypnotisiert von dem, was sich direkt vor ihm abspielt.

    „Verdammt!", kreischt das Opfer für Baron Samedi erschrocken, denn unversehens quillt ein ganzer Strom haariger, pelziger Leiber aus dem schwarzen Loch im Boden und fließt einer Flutwelle gleich auf ihn zu. Im Nu sitzen sie dicht an dicht auf dem Käfig, hängen an den Maschen und schlagen ihre scharfen Zähne in den zum Glück stabilen Draht. Der junge Mann schreit auf, als die ersten Tiere in seine gefesselte Hand beißen. Mit der freien Faust hämmert er immer wieder und wieder gegen den Draht, um die Ratten abzuschrecken. Aber die scheinen zu wissen, dass er ihnen nichts anhaben kann. Innerhalb weniger Sekunden verschwinden seine zuckenden Finger unter den warmen Leibern, und während sein Körper in dem schützenden Käfig vor Schmerz zuckt und sich windet, brüllt er gegen die Qual und das pure Entsetzen an, lebendig gefressen zu werden.

    Sonntag, 05. Dezember

    07:41 Uhr

    „Schweinemörder!"

    Köpfe rucken in die Höhe und Gesichter verziehen sich zu einem Grinsen. Die Leute bleiben erwartungsvoll stehen.

    „Du elender Schweinemörder!", röhrt es lautstark über den Platz.

    „Wollt ihr etwa dessen matschiges Fallobst kaufen? Der dreht euch doch krumme Bananen an, diese linke Bazille!", brüllt es mit ein paar Dezibel mehr zurück. Bo und ich wechseln einen belustigten Blick. Heinz und Friedhelm geben sich auf ihren Wagen alles. Als die ersten krummen Bananen zu fliegen beginnen und uns aus der anderen Richtung Wiener Würstchen bedrohen, drängen wir uns durch die gierigen Touristen, die auf ein Gratisobjekt lauern. Im nächsten Moment klatscht ein Aal gegen Bos Brust.

    „Wer will schon deinen stinkenden Aal? Wo bleibt der Hering?", ruft Bo empört, schmeißt den Aal zurück und trifft den Fischbudenbesitzer beinahe am Scheitel.

    „Mein Fisch stinkt nicht!", schreit Gunter mit puterrotem Kopf und ähnelt damit dermaßen dem Verleihnix aus den Asterix-Comics, als hätte er ihm Modell gestanden. Er ist genauso blond und genauso dick wie einer der berühmten Gallier.

    „Und wie der stinkt!" Wenn Bo so weiter macht, ist er am Nachmittag heiser. Aber er und Gunter gönnen sich öfter einen lautstarken Schlagabtausch dieser Art. Die Touris sind jedes Mal völlig hingerissen.

    „Du kriegst den Aal gleich links und rechts um die Ohren, Liebelein." Gunter wirft mir eine Packung Hering zu und ich ihm eine Kusshand.

    „Nimm dir ein Beispiel an deinem Freund, Liebelein. Der weiß sich zu benehmen." Der Aal findet mit einer doppelten Schraube seinen Weg in Bos Arme zurück. Die Touris lachen, sind amüsiert. Bo drückt dem neben ihm stehenden Mann den Aal in die Hand.

    „Mahlzeit. Gleich darauf zerrt er mich weiter. „Was brauchen wir noch, Dot?

    Ich prüfe den Inhalt des Einkaufskorbes. Neben dem Gratis-Hering und der Gratis-Tüte Obst von Heinz, haben wir bereits ein Gratis-Brot von Irma darin liegen.

    „Wir müssen noch zu Geflügel-Otto. Die Eier fehlen uns. Ich hoffe bloß, dass die nicht auch geflogen kommen." Fröstelnd ziehe ich die Schultern hoch und blicke auf, als mich ein Finger sanft an der Wange berührt, gleich unter einer verkrusteten Schnittwunde. Ich schaue in Bos weintraubengrüne Augen, in denen für eine Sekunde die pure Wut aufblitzt. Wut, die dem Verursacher dieser Verletzung gilt.

    „Es ist alles in Ordnung, Tweety, versichere ich ihm hastig. „Es heilt doch.

    Bos Lächeln wirkt etwas gezwungen. Er ist eben mein Beschützer, mein Held und mein Lebensretter. Ohne ihn wäre ich das Opfer eines Psychopathen geworden.

    Mein Mann zieht mich an sich, um mich inmitten einer weiteren Busladung Touristen zu küssen. Hamburgs Fischmarkt ist auch in der Vorweihnachtszeit sehr beliebt.

    „Lust auf ein Matjesbrötchen?", fragt mich Bo nach dem Kuss, der mir wacklige Knie verursacht hat.

    „Ich will gar nicht wissen, wie du vom Küssen auf Matjes kommst", knurre ich. Das Brötchen lehne ich trotzdem nicht ab.

    Wenig später lehnen wir kauend an der Hafenmauer und lauschen der Live-Musik, die aus der Fischauktionshalle dringt. Ich kaufe hier mit Vorliebe ein. Die Ware ist frisch, die Händler kennen mich und stecken mir vieles umsonst zu. Zum einen weil ich regelmäßig den Fischmarkt besuche, zum anderen habe ich vor einiger Zeit der Bäcker-Irma eine gestohlene Brosche wiederbeschaffen können. Ein Erbstück ihrer Oma und die Irma hängt wie verrückt an dem Ding. Seitdem habe ich bei den Marktschreiern einen dicken Stein im Brett.

    „Dot, du frierst. Wir gehen jetzt nach Hause und du wärmst dich gepflegt auf. Gib mir den Korb."

    Ja, bin ich denn ein Kleinkind?

    Mir klappern tatsächlich die Zähne, das Matjesbrötchen kaut sich damit von alleine. Aber den Korb gebe ich ohne Protest ab. Mein linker Arm ist schon ganz lahm und der andere schmerzt ab und an noch. Die Schusswunde, die ich dort erhalten habe, braucht zum Abheilen etwas länger als die vielen Schnittverletzungen.

    Aus der Auktionshalle ertönt nun fetzige Rockmusik. Eigentlich wäre ich gerne noch geblieben, um eine Runde mit Bo zu tanzen. Dabei wäre mir sicherlich warm geworden. Sein Blick hält mich allerdings davon ab und brav trotte ich neben ihm her in Richtung Heimat. Gelegentlich ist beschützt und behütet zu werden extrem anstrengend.

    10:37 Uhr

    Wie eine Diva liege ich auf dem Sofa. Kissen stützen meinen Rücken, eine Kuscheldecke bedeckt meine Beine und in den Händen halte ich einen dampfenden Pott Tee. Ein wenig entmündigt fühle ich mich schon und ich bin nicht sicher, ob ich protestieren soll, dass mich Bo derzeit wie einen alten Mann behandelt, oder ob ich es einfach genießen darf. Mich wohlig räkelnd rutsche ich etwas tiefer in den Kissenberg.

    Aus dem Treppenhaus dringt fieses Kreischen und ein nicht weniger fieses Fluchen. Bo befindet sich auf seiner wöchentlichen Katerjagd. Ein Grinsen schleicht sich in mein Gesicht. Sicherlich muss ich meinen Tweety gleich wieder ein bisschen trösten. Und vielleicht sollte ich vorsorglich den Erste-Hilfe-Kasten bereithalten, weil diese Jagd nie ohne Schmarren ausgeht. Nach einem letzten vorsichtigen Schluck aus dem heißen Pott wühle ich mich zusammen mit meinen guten Absichten aus der Decke. Das Kreischen wird lauter und schriller.

    Herrje!

    Was stellt dieser Mann mit Oma Jansens Sniggle an? Neugierig reiße ich die Wohnungstür auf und trete ins Treppenhaus. Bo befindet sich auf der Treppe zum Dachboden. Er liegt halb auf den Stufen und versucht mit seinen dicken Lederhandschuhen den sich windenden Kater auf eine Art und Weise zu packen, dass Sniggle nicht erneut entkommen kann.

    „Flohsack! Teppichratte!", höre ich ihn dabei aufgebracht keuchen. In dieser Sekunde klingelt es an der Haustür. Da ich ohnehin schon hier bin, gehe ich öffnen.

    „Autsch!, schreit es hinter mir, doch ich achte gar nicht darauf. Stattdessen starre ich überrascht den breitschultrigen Besucher vor mir an. Patrick Reinhold reicht mir mit einem lässigen „Hallo die Hand und schaut verwundert an mir vorbei in das Treppenhaus. Ich trete einen Schritt beiseite, um ihm freie Sicht auf Bo zu gewähren, wegen dem er sicherlich gekommen ist. Ein längst fälliger Besuch zwischen ehemaligen Bundeswehrkameraden. Mein Mann erstarrt mitten in der Bewegung, als er Patrick entdeckt. Immer noch leicht geduckt, mit zerzauster blonder Lockenmähne steht er da und hält dabei den Kater am Nackenfell weit von sich, um den spitzen Krallen fern zu bleiben. Sniggle hängt plötzlich wie ein haariger Sack regungslos in seinem Griff und funkelt mit gefletschten Zähnen Patrick Reinhold an.

    „Du hast Besuch, Bo", sage ich, um die Stille zu unterbrechen. Langsam und unsicher, wie ich ihn noch nie erlebt habe, richtet sich Bo auf. Sniggle scheint er dabei zu vergessen, weil er die ausgestreckte Hand senkt, die den Kater hält. Diese Chance nutzt der Teppichtiger und schlägt zu. Erbarmungslos!

    „AU!"

    Fauchend und spuckend gräbt Sniggle alle vier Pranken in Bos Fleisch, kurz oberhalb seines Gürtels. Hastig komme ich meinem Tweety zu Hilfe und nehme ihm Sniggle ab, der sich mit gesträubtem Fell und einem hasserfüllten Zischen in Bos Richtung an mich schmiegt.

    „Diese Schlacht geht wohl an die Katze, sagt Patrick beeindruckt. „Komme ich ungelegen?

    „Ach was. Das ist bloß Bos Frühsport", sage ich und läute bei Oma Jansen.

    „Was … was machst du hier?" Endlich findet Bo seine Sprache wieder. Er presst eine Hand gegen seine Leibesmitte. Patrick antwortet nicht gleich, da Oma Jansen die Tür öffnet.

    „Da ist ja mein Liebling", begrüßt sie Sniggle, gibt mir einen dankenden Kuss auf die Wange und verschwindet mitsamt dem Kater in ihre Wohnung. Empört sieht mich Bo an. Nicht zum ersten Mal heimse ich den Lohn seiner Jagd ein.

    „Möchtest du Patrick nicht hereinbitten?, frage ich und zupfe gleich darauf Bos Shirt aus dessen Hose. „Und sicherlich muss ich dich verarzten.

    Patrick und Bo mustern sich über meinen Kopf hinweg. Seit Bos Abschied von der Bundeswehr hatten sie keinen Kontakt mehr. Und inzwischen weiß Patrick dank meiner großen Klappe, dass Bo schwul ist und bei seinem ebenso schwulen Lebensgefährten wohnt. Nämlich bei mir.

    „Natürlich … Tut mir leid, Pat. Komm doch rein." Mein Mann erinnert sich an seine Manieren und winkt seinen einstigen Truppenführer in unsere Wohnung.

    10:59 Uhr

    Wenig später sitzen wir mit frisch gebrühtem Kaffee im Wohnzimmer und Bo zieht sein Shirt aus, weil ich ihm die sniggleverursachten Kratzer auf dem Bauch desinfizieren will. In diesem Moment bieten wir Patrick schwules Leben live und in Farbe. Ich verkneife mir ein Grinsen, denn in Bos Gesicht kann ich genau diese Überlegung ablesen. Er rupft mir den Tupfer

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