Das Diamanten-Dreieck
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Über dieses E-Book
Pereira hat mich auf einen Stuhl gedrückt und mir hinter der Lehne die Hände gefesselt. Jetzt zieht er einen Revolver und lässt die Trommel rotieren. Dabei sieht er mich mit einem Grinsen an und sagt: „Du kennst doch das Spiel 'Russisch Roulette'!“
Mir wird schlecht vor Angst. Er kann mich nicht erschießen, denke ich. Nicht, solange er nicht weiß, wo die beiden sind.
Pereira schiebt eine Patrone in die Trommel und hält mir den Lauf an die Schläfe. Ich spüre, dass es zwischen meinen Beinen warm wird...
Durch Zufall kommt John Whithead in den Besitz eines Aktenkoffers mit drei Diamanten und Rechnungen über Kauf und Verkauf von größeren Diamanten-Sendungen. Er kann die Besitzerin des Koffers ausfindig machen und will ihr bei der Suche nach ihrer Schwester helfen, die in dem Diamantenhandel tätig ist, aber spurlos verschwand. Die Suche führt sie bis nach Angola, wo sie um ihr Leben bangen müssen, denn die Flucht mit der Schwester, die sie dort finden, und einem einheimischen Jungen scheint fast unmöglich. Als sie doch gelingt, endet sie in einem Albtraum.
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Buchvorschau
Das Diamanten-Dreieck - H.-J. Dieter Schmidt
Prolog
Wie wäre mein Leben wohl verlaufen, wenn ich damals, vor fast einem Jahr, gleich beim ersten Weckerklingeln mein Bett verlassen hätte und nicht noch einmal eingeschlafen wäre. Oder ich mich nicht noch einmal hätte vor dem Haus bücken müssen, um einen losen Schnürsenkel neu zu binden, nachdem ich mein Frühstück in höchster Eile in den Jackentaschen verstaut habe. Mit ziemlicher Sicherheit wäre es anders verlaufen.
Aber da sind sie wieder, die vielen Konjunktive, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen, wenn Sekunden für den Fortgang eines Lebens entscheidend sein können.
So sitze ich nun hier seit bereits einer halben Stunde an der Kreuzung im Zentrum Londons in meinem Rollstuhl und beobachte das Treiben auf dem Fußgängerüberweg, der damals mein weiteres Leben in eine vollkommen neue Richtung lenken sollte. Ich würde gern diesen Übergang überqueren, denn deshalb bin ich eigentlich hier, aber ich schaffe es nicht. Ich bin eben kein Held, auch wenn es in meinem Umfeld Leute gibt, die mich gern so sehen.
Ein paar Sekunden damals langsamer oder schneller und ich müsste nicht hier sitzen, aber könnte auch nicht diese Geschichte erzählen.
Eins
Verdammt! Schon wieder verschlafen.
Ich springe aus dem Bett, während meine Frau sich weiter genüsslich in den Laken rekelt und meine Seite gleich mit in Beschlag nimmt.
Cathy, meine Frau seit neun Jahren, muss erst um acht Uhr in dem großen Schuhgeschäft in der Wilburry-Street erscheinen. Eine Strecke, die sie bequem zu Fuß zurücklegen kann, und ich die U-Bahn nehmen muss, denn mit dem Auto ist um diese Uhrzeit kein Durchkommen.
Unsere Ehe blieb bisher kinderlos, aus welchen Gründen auch immer, sehr zum Leidwesen meiner Mutter, aber vor allem meinen Schwiegereltern gegenüber. Mein Schwiegervater, Direktor einer großen Bank, hatte immer auf eine bessere Partie für seine Tochter gehofft. Stattdessen bekam sie einen kleinen Journalisten, der sich jede Woche ein wenig Klatsch und neue Kochrezepte aus den Fingern saugen muss. Das Schlimme aber daran ist, er vergisst, dass seine Tochter auch nur Schuhe verkauft.
Ich stecke mir noch schnell zwei Brötchen in die Jackentaschen, die ich dann in der U-Bahn in Ruhe essen kann. Noch ein Griff in die Wurstbüchse und meinen Aktenkoffer unter den Arm geklemmt und schon stehe ich vor dem Haus. Hier muss ich aber noch einmal einen Schuh neu binden. Hätte ich das doch in der U-Bahn getan. Vielleicht waren das die entscheidenden zehn Sekunden. Bis zur U-Bahn brauche ich nur ein paar Minuten, aber wenn ich schnell bin schaffe ich es in der halben Zeit. Ich bin an der Kreuzung angelangt, die Fußgängerampel springt auf Rot, aber ich sprinte noch über sie hinweg und bin auch schon fast auf der anderen Seite, da stoße ich mit einem anderen Mann zusammen, der mir sein gerade gekauftes Speiseeis auf die Jacke drückt.
„Shit!, kommt es aus mir nur heraus. Auch der Mann schaut nicht begeistert, muss er doch jetzt auf seine Erfrischung verzichten. Ich rette mich auf die andere Seite und besehe mir das Malheur. Ein großer Fettfleck ziert mein Jackett. So kann ich auf keinen Fall in der morgendlichen Besprechung erscheinen. Ich entschließe mich, die U-Bahn sausen zu lassen und im nächsten Lokal auf der Toilette das Schlimmste zu bereinigen. Endlich habe ich ein Lokal gefunden, dass um diese Zeit auch schon offen ist. Am Waschbecken versuche ich mit warmen Wasser den Fleck so gut es geht zu entfernen, da höre ich aus einer Toilettenkabine leises Gewimmer. Ich schleiche mich vor die Toilettentür und frage vorsichtig. „Hallo, was ist mit Ihnen?
Das Wimmern hört schlagartig auf. Die Tür ist von innen verriegelt. Ich schaue unter die Toilettentür und sehe zwei Füße. Aber das sind doch Frauenfüße, denke ich.
„Kann ich Ihnen irgendwie helfen?"
Keine Reaktion. Ich gehe in die nebenan liegende Toilette und ziehe mich an der Wand hoch, um in die Kabine blicken zu können, denn eine Frau wird sich nicht grundlos auf eine Herrentoilette verirrt haben.
Eine junge Frau von etwa Mitte Dreißig hockt auf der Toilette und schaut verängstigt und mit verweinten Augen zu mir hoch. Sie drückt einen kleinen schwarzen Aktenkoffer an sich. Da wird die Eingangstür zur Toilette aufgestoßen und mehrere Personen stürmen herein. Ich lasse mich schnell wieder hinunter und setzte mich mit angezogenen Beinen auf die Toilette. Die Tür verriegele ich nicht, um nicht den Anschein zu erwecken, dass außer dieser Frau sich noch jemand in dem Raum befindet. Der kleine Aktenkoffer kommt unter der Wand in meine Kabine gerutscht. Ich nehme ihn schnell hoch und wage kaum zu atmen. Nun kann ich nur noch hoffen, dass sie meine Tür nicht aufstoßen.
„Soll die tatsächlich auf die Männertoilette gerannt sein?", höre ich einen Mann rufen.
„Wo denn sonst, auf dem Frauenklo ist sie nicht, sagt ein zweiter und fügt gleich noch hinzu: „Du bleibst draußen.
Ein paar Schritte entfernen sich wieder. Also zwei Männer und wahrscheinlich eine Frau, denke ich.
Zwei Toilettentüren werden aufgestoßen, an der dritten rüttelt einer der Männer. „Hier ist sie drin."
Ich kann die Frau atmen hören, oder ich meine, sie atmen zu hören. Der Mann bückt sich und schaut unter der Tür durch. Der zweite geht in eine Toilette und drückt die Spülung, während sich der andere einmal kurz gegen die Tür wirft. Ein leiser Schrei ist nur zu hören, dann wird die Frau aus der Toilette gezerrt und es ist wieder Ruhe. Ich zittere am ganzen Leib und warte noch ein paar Minuten. Dann endlich wage ich mich hinaus. Den kleinen Aktenkoffer der Frau habe ich in meinen größeren Koffer gepackt. Vor der Tür sehe ich das Auto mit allen vier Personen. Wie ich schon annahm, zwei Männer und eine Frau. Die beiden Frauen sitzen hinten, während die eine Frau auf die junge Frau immer noch wild einredet. Ich laufe in die andere Richtung. Man hat mich scheinbar gar nicht wahrgenommen.
Zwei
Ellen Hunt wird von den beiden Männern in das bereitstehende Auto auf den Rücksitz gestoßen. Dort wird sie schon von Olga Schaporowa erwartet.
Olga hat vor zwanzig Jahren Russland in Richtung England verlassen, um in dieser Immobilienkanzlei anzuheuern. Dass die Kanzlei kaum mit Immobilien, dafür umso mehr mit Diamanten handelt, stört sie nicht, im Gegenteil. Mit Diamanten kann man das Vielfache verdienen.
Immer wenn es droht schmutzig zu werden, wird Olga eingesetzt. Sie ist dafür bekannt, keine Samthandschuhe anzuziehen.
Kaum ist Ellen neben Olga unsanft zum Sitzen gekommen, wird ihr Kopf auch schon mit einem Ruck nach unten gedrückt, während Olgas Knie nach oben fährt. Ein leises Knacken ist zu hören und dann ein Winseln von Ellen. Roger und Robert, haben inzwischen vorn Platz genommen und verziehen etwas angewidert ihr Gesicht. Olga reißt Ellens Kopf wieder an den Haaren nach oben und schreit sie an: „Wo sind die Diamanten?"
Ellen hält sich ihre blutende Nase und kann nur wimmern: „Ich habe sie nicht mehr. Sie sind noch auf der Toilette."
Olga sieht sie mit großen Augen an und sieht nun auch mit Entsetzen den Blutfleck auf ihrer Hose. „Du hast mir meine Hose versaut, schreit sie Ellen an und schlägt ihr noch mal ins Gesicht. Das wird Robert, der am Steuer sitzt, doch zu viel. „Lass das, Du versaust mir noch mein Auto
, ruft er erbost nach hinten.
„Roger, geh noch mal rein. Um diese Zeit sind noch keine Gäste da, die die Diamanten schon gefunden hätten."
Roger Cullham steigt aus dem Wagen und geht noch einmal in das Lokal. Die Toiletten sind vor der Tür des Restaurants, so dass er nicht durch das Restaurant muss. Nach fünf Minuten ist er wieder im Wagen. „Nichts. Ich habe alles abgesucht."
Olga schaut Ellen nur an.
„Ich habe sie wirklich auf der Toilette verloren, als die mich da raus gezerrt haben", sagt Ellen, immer mit einem Taschentuch in der Hand an der Nase.
„Seit Ihr sicher, dass niemand weiter drin war, als Ihr sie raus geholt habt?", fragt Olga.
„Ja, ganz sicher, erwidert Robert genervt und fügt hinzu: „Keine Toilettentür war verriegelt.
„Aber durchgesehen habt Ihr sie nicht."
„Kein Mensch setzt sich auf die Toilette ohne zu verriegeln", kommt es von Robert.
Olga ist unzufrieden.
„Fahr endlich los", herrscht sie Robert an. Der Wagen setzt sich in Bewegung. Es sind etwa zwanzig Minuten bis zu ihrer Kanzlei.
„Was machen wir nun mit ihr?, fragt Olga, mehr sich selbst, als ihre beiden Leute und gibt auch gleich selbst die Antwort: „Am besten, wir schmeißen sie gleich in die Themse.
Ellen schaut Olga entsetzt an.
„Das wird der Chef entscheiden, was mit ihr passiert", sagt Roger, dem es schon lange gegen den Strich geht, dass Olga sich ständig in den Vordergrund spielen will. Robert lenkt währenddessen den Wagen bis nahe an den Stadtrand von London. Ein flaches, altes Backsteingebäude wird sichtbar, an dem sofort die neuen schneeweißen Fenster und die Eingangstür auffallen. Ein großer holpriger Vorplatz bietet genügend Parkmöglichkeiten, auch für Lastwagen.
Robert hält direkt vor der Eingangstür. Beide Männer steigen aus und nehmen Ellen in ihre Mitte. Auch Olga steigt aus und folgt ihnen. Das Innere des Gebäudes ist hochmodern eingerichtet. Ein großes Büro, von dem man in zwei weitere, etwas kleinere Büros, gelangen kann. Alle Wände bestehen nur aus Glas, so dass man in sämtliche Büros blicken kann.
Peter Brown, der Chef, ein korpulenter Mittfünfziger, erwartet sie schon und führt Ellen in sein Büro. Nachdem er sie aufgefordert hat Platz zu nehmen, kommt er gleich zur Sache.
„Bist Du wirklich so dumm anzunehmen, wir bekommen den Diebstahl nicht mit?, fragt Peter, nachdem auch er sich in einen Sessel hat fallen gelassen. „Wo sind die drei Diamanten?
„Ich habe sie auf der Toilette verloren, als Roger und Robert mich gefunden haben, flüstert Ellen kaum hörbar. „Roger ist etwas später noch mal rein, aber da waren sie schon weg.
„Um diese Uhrzeit gibt es doch noch keine Gäste im Lokal, stellt Peter fest und bemerkt nun auch Ellens blutende Nase. „Wer war das?
, fragt er und deutet auf ihre Nase.
„Olga", sagt Ellen.
„Die hast Du Dir auch redlich verdient", kann Peter darauf nur lakonisch antworten und wirft ihr ein sauberes Taschentuch zu.
„Die ist wahrscheinlich gebrochen. Ich muss zum Arzt", wimmert Ellen.
„Du wirst nicht zum Arzt gehen. Die wächst von alleine wieder zusammen."
Im anderen Büro versucht unterdessen Olga an einem Waschbecken den Blutfleck