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Die Jagd nach dem Stern: Abenteuer
Die Jagd nach dem Stern: Abenteuer
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eBook441 Seiten5 Stunden

Die Jagd nach dem Stern: Abenteuer

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Über dieses E-Book

Felix Trötenpieper, Privatdetektiv im kleinen bayrischen Burgenstadt, hält sich Ende der Achtziger Jahre mit mehr oder weniger einträglichen Aufträ­gen mühsam über Wasser, bis er einen Auftrag bekommt, der ihn auf die Bahamas führt. Danach verläuft sein Leben wieder wie bis­her. Seine drei spät-pubertierenden Töchter tragen ebenfalls dazu bei, dass er, alleinerziehend, mit Neununddreißig bereits über ein reichlich lichtes Haupthaar verfügt. Dann aber erhält er genau zur Wendezeit einen Auftrag von höchster Stelle, eine aus dem Grünen Gewölbe gestohlene Kostbarkeit nach Deutschland zurückzubringen. Noch einmal führt ihn dieser Auftrag auf die Bahamas, der ihn aber auch an die Grenzen seiner Belastbarkeit bringt.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum5. Okt. 2020
ISBN9783748759737
Die Jagd nach dem Stern: Abenteuer

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    Buchvorschau

    Die Jagd nach dem Stern - H.-J. Dieter Schmidt

    Eins

    Rambo

    „Jule, mach die Tür auf! Ich muss ganz dringend!" Rebecca steht mit zusammengepressten Oberschenkeln vor der Badezimmertür und bearbeitet mit beiden Fäusten selbige.

    „Pa', sag ihr sie soll rauskommen, sonst mach ich mir in die Hosen", bettelt sie ihren Vater an, der im Wohnzimmer im Sessel sitzt und den neues­ten Tagesanzeiger studiert.

    Felix Trötenpieper denkt gar nicht daran, seine Zeitung abzusenken und wenigstens mit einem mitfühlendem Blick auf seine Tochter seine An­teilnahme an ihrem Schicksal auszudrücken. Stattdessen lässt er kleine Rauchwölkchen aus einer Tabakspfeife hinter der Zeitung aufsteigen und sagt nur: „Du weißt doch ganz genau, dass Jolantha mindestens eine halbe Stunde braucht, um sich schön zu machen. Und? Wie lange ist sie drin? Jetzt dreht Felix sein linkes Handgelenk und schaut auf die Uhr. „Zwanzig Minuten erst. Mach es doch wie Magda.

    Zwei Sekunden schaut Rebecca noch auf die Zeitung, hinter der sich immer noch ihr Vater versteckt, dann rennt sie los, hinter das Haus.

    Das Haus ist ein Erbe seiner Eltern, die ihn recht spät geboren haben und somit beide nur noch den nahegelegenen Friedhof beanspruchen.

    Sein Büro hat er in dem Zimmer eingerichtet, welches vorher als Schlafzimmer diente, als er noch mit seiner Frau zusammen lebte. Seitdem schläft er in der oberen Etage, in einer kleinen Kammer.

    Schäferhund Cäsar, der eigentliche Chef der Trötenpiepers, hat sich jetzt neben Felix positioniert, um sich seine morgendlichen Streicheleinhei­ten abzuholen, die er auch anstandslos bekommt.

    Als alleinerziehender Vater dreier pubertierender Mädchen kann man Felix weiß Gott nicht als den Glücklichen, so wie es sein Name eigentlich ausdrückt, bezeichnen. Gleich nach der Geburt des dritten Kindes hat sich seine Frau aus dem Staub gemacht.

    Dafür müsste man nun Felix wiederum sehr bedauern, wenn man nicht wüsste, dass er dasselbe vor hatte, nur sie war schneller. Seitdem hat Felix auch nichts mehr von ihr gehört und in einer Vermisstenanzeige sah Felix nur die Gefahr, dass man sie tatsächlich wieder findet.

    Mit seinem sehr lichten Haupthaar und einer Körpergröße von nicht einmal 170cm sieht Felix eher wie ein Bankangestellter von Fünfzig statt ein Privatdetektiv von Neununddreißig aus, was angesichts seiner allgemeinen Lebenssituation auch nicht verwundert.

    Aus dem Polizeidienst hat man ihn entlassen, nachdem ihm doch etwas sehr unglücklich Bruno Göbel, ein schwerer Junge, abhanden gekommen ist, den man auch nie wieder fand. Wenigstens hat man Felix beim Aufbau der Privatdetektei unter die Arme gegriffen und versorgt ihn mit kleinen Fällen, für die sich die Polizei nun doch nicht so recht zuständig fühlt.

    Gerade erst hat er einen Fall abschließen können und der enttäuschten Ehefrau mitteilen müssen, dass ihr Ehemann sie allenfalls mit dem Spielkasi­no betrügt.

    Jetzt wartet er sehnsüchtig auf den nächsten Auftrag, denn Cäsar, Haus und Töchter kosten Geld.

    Gut, man könnte ja nun der Meinung sein, dass die Töchter mit ihren Fünfzehn, Sechzehn und Siebzehn Jahren bald flügge sind und eine nach der anderen unter die Haube kommt, aber als der Herrgott die Schönheit verteil­te, hätten alle drei auch anwesend sein sollen, um sich ihren Anteil ab­zuholen; und so befürchtet Felix, dass sich die Männerwelt nicht unbedingt um seine drei Geschöpfe reißen wird.

    Endlich kommt Jule, die Älteste, aus dem Bad. Felix wagt einen kurzen Blick und ist schon wieder hinter seiner Zeitung verschwunden. Die Lippen knallrot, der Rock zu eng und zu kurz für ihre strammen Ober­schenkel, genauso wie das Oberteil, deren Inhalt nur mit Mühe hinein passt.

    Selbst Cäsar ist das zu viel und er legt eine Pfote auf seinen Kopf.

    Felix gibt schon lange keinen Kommentar mehr dazu ab. Für Jolantha ist er einfach nur zu alt, die Mode der 1980-er Jahre zu verstehen, auch wenn Burgenstadt, ganz in der Nähe zu Österreich, alles andere als die Modeme­tropole Bayerns ist.

    Jolantha hat einen Job mit viel Publikumsverkehr. Da muss sie sich einfach etwas mehr herrichten als üblich, sagt sie immer. Sie hat eine Ausbil­dungsstelle in einem Supermarkt, während Rebecca noch ein Jahr und Mag­dalena noch zwei Jahre die Schulbank drücken müssen.

    Rebecca verschwindet im Bad. Magda als Jüngste, muss bis zuletzt warten. Nach nicht einmal zehn Minuten ist Rebecca schon wieder aus dem Bad. Was Jule zu viel aufgetragen hat, hat Rebecca zu wenig, nämlich nichts. Ein bisschen Rouge und Make-Up hätten ihrem Gesicht nicht geschadet.

    Wenigstens war Rebecca als einzige anwesend, als der liebe Gott Figur verteilte, denn was Jule zu viel auf den Rippen hat, fehlt nun wiederum Mag­da, die eher einer Bohnenstange gleicht.

    Aber was nutzt das Rebecca, wenn das Gesicht nicht halten kann, was die Fi­gur verspricht.

    Nun müssen Felix und Cäsar noch auf Magdalena warten, damit sie endlich im Bad verschwindet. Sie zeigt allerdings keine große Eile beim Gang ins Bad. Cäsar bellt zwei Mal kräftig und schon erhöht Magda ihre Schrittzahl.

    Nach dem gemeinsamen Frühstück verschwinden die drei in Super­markt und Schule und Cäsar kann endlich mit Felix an der Leine Gassi ge­hen.

    Zwei

    Es sieht imposant aus, zumindest von Weitem. Ein Schloss auf einem Hügel, umgeben von Wald, nur durch einen holprigen Weg erreichbar.

    Keine Diebesbande würde auf die Idee kommen, diesem Schloss einen Besuch abzustatten. Wenn sie die 3km lange Holperpiste bewältigt haben, wartet die Polizei schon auf sie.

    Seit mehreren Generationen ist das Schloss schon im Besitz der Adels­familie von Zauselberg, jetzt geführt mit harter Hand von Gräfin Mathilde von Zauselberg. Ihre gesamte Familie wohnt mit auf dem Schloss. Angefan­gen von Bruder Gunnar, des weiteren ihr Sohn Rudolf mit Frau Veronika und ihr Enkel Max mit Freundin Felicitas.

    Mathilde gefällt das, denn jünger wird sie auch nicht, sagt sie sich. Und so versucht sie alle mit kleinen finanziellen Zuwendungen an sich zu binden, obwohl jeder, mehr oder weniger erfolgreich, einem bürgerlichen Beruf nachgeht.

    Dass das Schloss ebenfalls mal wieder eine größere finanzielle Zuwendung gebrauchen könnte, ignoriert sie.

    Verheiratet ist Mathilde immer noch mit August von Zauselberg, der aber 1978 für immer verschwand und nur hin und wieder mal von den Baha­mas Ansichtskarten schickt. Mathilde überwand den Schmerz recht schnell.

    Im Moment ist sie in großer Sorge. Deshalb klopft sie nun auch an Gunnars Tür. Ihr Bruder war nie verheiratet, ist Siebenundsiebzig und somit ein Jahr älter als seine Schwester.

    Gunnar sitzt an einem massiven Schreibtisch vor einem Berg von Pa­pieren. Er schaut über den Brillenrand auf Mathilde und deutet ihr an, in ei­nem Sessel Platz zu nehmen, denn wenn Mathilde ihn in seinem Zimmer aufsucht, muss es einen gewichtigen Grund haben.

    „Was soll ich tun, Gunnar?, beginnt Mathilde zu klagen; wenn sie auch sonst eine rigorose Frau ist, geht es um ihren Rambo wird sie zahm. „Die Polizei hat angeblich zwei Tage nach Rambo gesucht. Sie hätten schwe­rere Fälle aufzuklären, als nach einem entlaufenen Hund zu suchen. Mein Rambo läuft nicht weg. Der wurde entführt. Ich soll mal diese Nummer anru­fen. Ein Privatdetektiv. Mathilde reicht Gunnar einen Zettel.

    „Schau dir mal diesen Namen an. Wer so heißt findet doch meinen Rambo nicht."

    Gunnar versucht den Namen zu buchstabieren. „Was bleibt dir anderes übrig, Mathilde, sagt nun Gunnar. „Ruf ihn an, wenn du Rambo wiederha­ben willst, Außerdem, was sagt schon ein Name über den Menschen aus. Mach dir ein eigenes Bild von ihm.

    „Da hast du wohl recht. Ich werde ihn anrufen müssen." Gunnar ist der Ein­zige, dessen Rat Mathilde ernst nimmt.

    „Aber was das wieder kosten wird, Gunnar!", ist noch ihr Einwand, be­vor sie das Zimmer verlässt. Gunnar schaut ihr wortlos über den Brillenrand nach.

    Drei

    Felix ist gerade mit Cäsar zur Tür herein, als das Telefon klingelt. Seine Begeisterung hält sich in Grenzen, als er von dem Auftrag hört, aber ab­lehnen kommt nicht infrage. In der Not frisst der Teufel Fliegen.

    Er verspricht am Nachmittag Mathilde zu besuchen, um Näheres zu erfahren.

    Felix ist schon zigmal auf der Bundesstraße an diesem holprigen Weg, der zur Burg hoch führt, vorbei gefahren, aber noch nie zur Burg hinauf. Was soll man aber auch da oben, wenn es keinen Grund dafür gibt.

    Nachdem Felix den Weg in Augenschein genommen hat, entschließt er sich, ihn mit Cäsar zu Fuß zu bewältigen. Das will er seinem erst acht Jahre alten Opel nicht zumuten. Und Cäsar hat gleich seinen Auslauf.

    Er parkt seinen Wagen auf einem kleinen Parkplatz und macht sich mit Cäsar auf den Weg.

    Etwas außer Atem kommt Felix, nicht aber Cäsar, an der Hauptpforte an und klingelt. Es ist ein großes Tor mit einer zusätzlich eingebauten klei­nen Tür. Das Tor muss nur geöffnet werden, wenn Autos hinein oder heraus wollen.

    Gunnar öffnet. Die Zeiten von Dienstpersonal sind bei den von Zausel­bergs schon lange vorbei.

    Eine große Fläche bietet Platz für mehrere Autos und einem kleinen LKW. Der LKW steht vor einer Rampe, die ein bequemes Abladen von Ware ermöglicht, denn gegessen und getrunken wird bei Zauselbergs wie zu alten adligen Zeiten.

    Mathilde und Gunnar haben ihre Zimmer zur ruhigen Seite des Schlos­ses. Sie wollen nicht gestört werden, wenn am späten Abend oder schon am frühen Morgen die Autos von Sohn Rudolf oder Enkel Max ankommen oder abfahren.

    Auf der rechten Seite stehen zwei langgestreckte flache Gebäude, die früher wohl mal Stallungen für Pferde waren.

    Das ganze Schloss ist großzügig und weitläufig unterkellert. Mathilde und Gunnar haben dieses Kellergewölbe schon seit vielen Jahren nicht mehr betreten. Als Kinder sind sie mit Grausen in diesen Keller geschickt worden, nur mit einer Kerze in der Hand, um irgend etwas herauf zu holen. Jetzt gibt es wenigstens elektrisches Licht. Aber trotzdem bringt sie niemand mehr dazu, dort hinunter zu gehen.

    Felix und Cäsar werden in das Haupthaus zu Mathildes Gemach geführt. Mathilde macht in ihrem großen Sessel einen sehr adligen Eindruck. Felix deutet einen Handkuss an.

    „Gnädige Frau, Felix Trötenpieper, Privatdetektiv, und Cäsar", sagt Fe­lix und blickt ganz kurz zu Cäsar, der brav neben Felix Platz genommen hat und Mathilde anschaut.

    Mathilde ist begeistert über diese Höflichkeit alter Schule. „Sie glauben ja gar nicht, wie ich mich freue, Herr Krötenp..."

    „Trötenpieper, Gnädige Frau", unterbricht Felix schnell, bevor der Schaden noch größer wird.

    „Oh Entschuldigung, Herr Trötenschieber."

    „Nennen Sie mich doch einfach Felix, Gnädige Frau. Das vereinfacht die Sache ungemein", sagt Felix, denn er hat keine Hoffnung mehr, dass Gnädige Frau in ihren verbleibenden Lebensjahren den Namen noch unfall­frei über die Lippen bringt.

    „Danke, Herr... äh, Felix. Das ist sehr nett von Ihnen."

    „Also, Rambo Ihr Hund ist entlaufen. Darf ich davon ausgehen, dass Rambo ein größerer Hund ist? Welcher Rasse gehört er denn an?"

    Gunnar betritt wieder das Zimmer, mit einem Tablett, auf dem eine Teekanne, Zuckerdose und zwei Tassen stehen. In adligen Kreisen trinkt man Tee, keinen schnöden Kaffee. Felix wäre aber ein schöner starker Kaffee lie­ber gewesen.

    Gunnar gießt ein. Vor hundert Jahren hätte Gunnar den perfekten Die­ner abgegeben. Groß, drahtig; wie man sich halt einen Diener vorstellt.

    „Entlaufen!?, ruft Mathilde entsetzt. „Mein Rambo entläuft nicht. Der wur­de entführt. Er gehört zur Rasse der Zwergpinscher.

    „Zwergpinscher?!, ruft nun Felix seinerseits entsetzt und muss ein La­chen unterdrücken. „Und dann Rambo?

    „Wissen Sie, Felix. Mir hat dieser Film sehr gut gefallen, mit diesem... äh...diesem..., der heißt wie der letzte Tag im Jahr."

    „Sylvester Stallone", springt ihr Felix zur Seite.

    „Ja, genau. Sylvester Stallone. Seit ich Rambo so nenne, bellt er auch schon viel lauter."

    Felix muss sich beherrschen. Mit Mühe kann er die Tasse absetzen ohne etwas zu verschütten.

    „Wer könnte einen Grund haben, Rambo zu entführen?", fragt er, nachdem er sich etwas beruhigt hat.

    „Niemand! Meine ganze Familie wohnt mit auf dem Schloss und jeder der gerade Zeit hat, geht mit Rambo Gassi, weil alle Rambo lieb haben. Ich kann leider nicht mehr mit ihm Gassi gehen."

    „Aber jemand muss doch Rambo entführt haben, wenn er nicht selbst weggelaufen ist." Felix ist schon etwas verzweifelt.

    „Wenn ich wüsste wer Rambo entführt hat, müsste ich nicht Sie enga­gieren."

    „Da haben Sie natürlich auch recht, Gnädige Frau."

    Gunnar steht wieder im Zimmer. Felix ist froh den letzten Schluck Tee geschafft zu haben, aber Gunnar hat schon nachgegossen. Felix schaut in die wieder volle Tasse und bedankt sich bei Gunnar dafür. Zum Glück sieht er jetzt die Zuckerdose und wirft ein paar Löffel davon ein.

    „Könnte jemand Rambo einfach laufen gelassen haben, weil er absolut keine Lust mehr aufs Gassi gehen hat?", fragt nun Felix und nimmt einen kleinen Schluck von seinem stark gezuckertem Tee. Anerkennend wiegt er den Kopf.

    „Auf gar keinen Fall. Das würde sich keiner trauen und Rambo wäre nach einer Stunde von selbst wieder da", protestiert Mathilde.

    „Können Sie mir zeigen, wo Rambo untergebracht ist? Ich muss mir natürlich über alles ein Bild machen, das verstehen Sie doch."

    „Natürlich", antwortet Mathilde und versucht aus ihrem Sessel zu kommen. Felix hilft ihr dabei.

    Sie laufen an der Seite des Haupthauses entlang und da steht auch schon Rambos Hundehütte, oder besser gesagt, Hundehaus. Mindestens zehn Zwergpinscher würden da hinein passen. Auch Auslauf, wenn niemand Zeit hätte mit ihm Gassi zu gehen, hätte er genügend.

    Felix muss sich nicht einmal sehr bücken, um hineinschauen zu kön­nen. Er hat nun auch alle Mühe Cäsar von einer eingehenden Inspektion ab­zuhalten, der, wenn er Mensch wäre, jetzt gelb vor Neid werden würde.

    In seine Hundehütte würden nur drei Zwergpinscher passen, aber dafür ist Cäsar auch mindestens vier mal so groß wie ein Zwergpinscher.

    Nein, dieses Hundeleben gibt kein Hund freiwillig auf, muss sich nun auch Felix eingestehen.

    „Alle Achtung, Gnädige Frau, kann da Felix nur sagen. „Wenn ich noch einmal geboren werde, dann nur als Rambo bei Gnädiger Frau.

    „Oh, danke Herr...Felix." Das schmeichelt Mathilde doch sehr und Fe­lix hat dabei auch an sein Honorar gedacht.

    „Ich würde mich gern zu jeder Zeit auf Ihrem Anwesen frei bewegen können, wegen der Spuren, die Rambo mit Sicherheit hinterlassen hat. Viel­leicht kann Cäsar mir dabei sogar helfen. Wäre das möglich, Gnädige Frau?"

    „Aber natürlich, Felix. Alles was zur Auffindung von Rambo beiträgt, ist Ihnen erlaubt. Ich werde meinen Bruder davon in Kenntnis setzen, dass er Sie empfangen soll, wann immer Sie erscheinen."

    Das gefällt Felix.

    „Ich gehe doch einmal davon aus, dass Rambo ein ER ist, ist das rich­tig? Felix sieht jetzt Mathilde fragend an. Sie blickt selbst etwas ratlos drein und sagt nur: „Ich denke schon. Auf jeden Fall hebt er immer dabei sein Bein.

    Felix schmunzelt.

    „Nun müssen wir aber auch noch das finanzielle klären, Gnädige Frau.

    Bis zu welcher Summe würden Sie denn gehen, um Rambo wieder zu be­kommen?" Diese Frage hat Felix schon lange stellen wollen, aber jetzt erst den richtigen Zeitpunkt gefunden.

    „Sie bekommen heute die ersten fünfhundert DM. Bei spätestens fünf­tausend müssen wir Schluss machen. Ich hoffe, Sie finden ihn vorher."

    Fünftausend, der Auftrag ist doch nicht so schlecht, wie ich dachte, denkt Felix.

    „Das hoffe ich auch, Gnädige Frau. Aber Sie wissen, dass es nicht ein­fach wird, einen Hund wiederzufinden. Wir wollen hoffen, dass er sich noch hier in der Nähe befindet und nicht womöglich schon irgendwo in Öster­reich."

    „Geben Sie sich die allergrößte Mühe, Felix. Rambo ist mit Sicherheit nicht in Österreich und nun kommen Sie noch einmal mit herein."

    Das macht Felix gern, sein erstes Honorar abholen. „Und du wartest schön hier, sagt Felix zu Cäsar. „Und...!, Felix blickt Cäsar mit erhobenen Zeigefinger an, wackelt mit diesem und blickt zum Hundepalast.

    Cäsar hat verstanden.

    Felix holt sein erstes Geld und Cäsar wirft noch einmal von Weitem einen neidischen Blick auf die Traumhütte.

    Vier

    Die Wohneinheit von Rudolf und seiner Frau Veronika besteht aus einem großen Wohnzimmer mit sich direkt anschließendem Schlafzimmer. Ebenso ist die Wohneinheit von Max mit Freundin Felicitas aufgebaut. Küche und zwei Bäder teilen sich alle im Schloss Wohnenden.

    Die Einschränkungen in Sachen Luxus nehmen alle gern in Kauf, woh­nen sie doch hier mietfrei.

    Rudolf hat seinen Sohn Max und Felicitas in seine Wohnung gebeten, um mit ihnen die neueste Situation zu besprechen.

    Max läuft mit geballten Fäusten in den Hosentaschen im Zimmer auf und ab.

    „Setz dich endlich hin. Du nimmst mir die Ruhe", sagt aufgebracht Rudolf, der das Auf und Ab nicht mehr erträgt.

    Widerwillig setzt sich Max auf einen Stuhl.

    „Jetzt haben wir diesen Schnüffler auf dem Hals. Wo ist dieser ver­dammte Köter hin?", platzt es nun aus ihm heraus.

    „Reiß dich zusammen Max, du sprichst von Rambo", muss ihn nun Rudolf in die Schranken weisen.

    „Wir müssen ihn gewähren lassen, wenn er oder Mathilde keinen Ver­dacht schöpfen sollen. Wenn er das nächste Mal hier auftaucht, werde ich mit ihm reden. Wir haben genau so Interesse daran, dass Rambo so schnell wie möglich wiedergefunden wird, aber in den Keller darf er nicht. Ich will nicht, dass er mit seinem Hund da unten herum schnüffelt, wo Lebensmittel lagern. Das wird er hoffentlich verstehen."

    Rudolf schaut sich in der Runde um, ob jemand dazu etwas zu sagen hat.

    Veronika, seine Frau, meldet sich zu Wort: „Hoffentlich bringt ihn nicht genau das auf die Idee, im Keller zu schnüffeln. Du weißt doch, was verboten ist, macht man gerade gern."

    „Wir müssen eben aufpassen. Wir werden ihn so gut es geht bei der Su­che unterstützen. Je eher Rambo gefunden wird, umso besser."

    „Hoffentlich wird er überhaupt noch gefunden, wirft Max' Freundin Felicitas ein, die gerade dabei ist ihre Fingernägel mit einer Feile zu bearbei­ten. „Ansonsten kann die Schnüffelei noch sehr lange dauern.

    „Wir wollen mal nicht vom Schlimmsten ausgehen. Egal ob tot oder le­bendig, Rambo muss gefunden werden. Ich rede mit dem Schnüffler. Über­lasst das getrost mir."

    Keiner der anderen hat etwas dagegen, wenn Rudolf diese Sache über­nehmen will.

    Felix versucht sein weiteres Vorgehen im Fall Rambo auszuarbeiten. Gleich am nächsten Tag will er wieder zum Schloss. Er setzt große Hoffnung in Cäsars Spürnase. Rambo hat auf jeden Fall Spuren hinterlassen, die Cäsar finden wird.

    Felix ist über diesen Gedanken so glücklich, als ob Cäsar schon gelie­fert hätte.

    Er geht in die Küche, wo Magda am Tisch sitzt und einen Salat in sich hineinstopft.

    „Willst du nicht auch mal etwas Festes zu dir nehmen?", fragt er.

    Magda kann nur mit dem Kopf schütteln, weil sie gerade wieder ein Salat­blatt nachschiebt.

    „Du musst ja nicht die Figur von Jule annehmen, das sehe ich ja ein. Aber wenigstens von Rebecca", sagt Felix, obwohl er genau weiß, dass alles reden sinnlos ist.

    Magda hat ihren Mund leer und kann nun antworten: „Zu dick für eine Modelkarriere."

    „Du willst Model werden?, fragt Felix erstaunt. „Vorige Woche war es doch noch Moderatorin im Fernsehen.

    „Alle Mädchen in meiner Klasse wollen Model werden", sagt Magda gelangweilt und spießt das nächste Salatblatt auf.

    „Aha! Alle! Und wie viel werden es schaffen?"

    „Nur eine. Ich!"

    Darauf fällt Felix nichts mehr ein. An mangelndem Selbstbewusstsein wird meine Tochter auf jeden Fall nicht zugrunde gehen, denkt Felix und er verlässt die Küche, in der Hoffnung, dass vielleicht schon morgen ein neuer Berufswunsch in Magdas Kopf reift.

    Felix hat sich entschlossen seine weiteren Nachforschungen mit dem Auto durchzuführen. Er hat keine Lust die 3km zum Schloss mit Cäsar wie­der zu laufen.

    Im Schritttempo, mitunter noch langsamer, quält er sich den Berg hin­auf, immer auf der Hut, mit dem Unterboden seines Autos nicht aufzusetzen. Nach der Hälfte der Strecke hat er diese Idee schon bereut. Zu Fuß wäre er schon oben. Und dann die Strecke wieder hinunter, denkt Felix. Wie machen die das nur mit dem LKW?, fragt sich Felix. Aber auch ein LKW kann im Schritttempo, oder langsamer, fahren.

    Endlich ist er oben und klingelt. Gunnar öffnet die kleine Tür und gleich darauf das Tor, damit Felix auf den Hof fahren kann.

    Felix steigt aus und auch Cäsar springt aus dem Auto.

    Gunnar begrüßt ihn, ohne ihn beim Namen zu nennen. Sicher ist sicher, sagt sich Gunnar.

    „Herr von Zauselberg, können Sie mir einen Gegenstand von Rambo geben, mit dem er viel gespielt hat?", fragt Felix.

    „Aber natürlich, kommen Sie mit."

    Alle drei gehen zu Rambos Hundepalast. Gunnar verschwindet darin und Cäsar knurrt nur leise. Sicher ein Zeichen, dass er Gunnar gern gefolgt wäre.

    Gunnar kommt wieder heraus, in der Hand einen großen Knochen aus Plastik.

    „Da kaute Rambo gern darauf herum", sagt Gunnar und übergibt ihn Felix. Der streift sich schnell einen Handschuh über.

    „Wir wollen doch mal sehen, ob Cäsar auch als Fährtenhund was taugt."

    Felix hält den Knochen Cäsar unter die Nase.

    „Deutscher Schäferhund"?, fragt Gunnar.

    Felix nickt stolz.

    „Sie kommen sicher jetzt allein zurecht. Den Knochen können Sie be­halten, bis Rambo gefunden ist. Ich lasse das Tor auf, bis Sie fertig sind."

    „Danke, Herr von Zauselberg. Ich denke schon, dass ich jetzt zurecht komme."

    Gunnar geht wieder in das Haus.

    Das ist der Moment, auf den Rudolf gewartet hat. Er tritt auf Felix zu und begrüßt ihn.

    „Guten Tag, Herr Trötenpieper. Ich bin Rudolf von Zauselberg, der Sohn der Gräfin. Ich freue mich, dass Sie den Auftrag angenommen haben, unseren Rambo wiederzufinden."

    Felix ist begeistert, dass der erste seinen Namen unfallfrei ausgespro­chen hat.

    „Freut mich Sie kennenzulernen, Herr von Zauselberg. Ich hoffe, dass Cäsar eine Spur aufnehmen kann." Felix schüttelt dabei kräftig Rudolf die Hand.

    „Wissen Sie was?, nennen Sie mich einfach Rudolf. Der Name ist doch etwas zu lang", sagt Rudolf mit einem Lächeln, in der Hoffnung, Felix' Ver­trauen zu gewinnen.

    „Danke, sehr gern. Und mich nennen Sie Felix. Meinem Namen geht es nämlich nicht viel besser", sagt Felix lächelnd.

    Rudolf beugt sich etwas zu Felix und deutet einen Flüsterton an.

    „Soll ich Ihnen etwas verraten? Ich habe eine Weile geübt, bei Ihrem Namen."

    Felix sagt lachend: „Das kann ich gut verstehen."

    „Ein Prachtstück, Ihr Cäsar, sagt Rudolf und streicht ihm vorsichtig über den Kopf. „Wir sind alle sehr daran interessiert, dass Rambo so schnell wie möglich gefunden wird, fährt er fort und das ist nicht einmal gelogen.

    „Meine Mutter ist mit Rambo keine einfache Person, da können Sie sich vorstellen, wie sie ohne Rambo ist."

    „Ihre Mutter ist doch eine liebenswerte Person, Rudolf. Ich habe sie nicht anders kennengelernt."

    „Ja!, lacht Rudolf. „Sie sollen ja auch Rambo wiederfinden und auch wir sind daran interessiert, dass er schnell wieder gefunden wird. Aber um eins muss ich Sie bitten, das Sie nicht mit Cäsar in den Keller gehen. Wir ha­ben da unsere gesamten Lebensmittel liegen und ich möchte nicht, dass Cä­sar an den Lebensmitteln herumschnüffelt. Ich hoffe, Sie verstehen das.

    Felix überlegt einen Moment und bevor er dazu etwas sagen kann fährt Rudolf schon fort: „Ich kann Ihnen versichern, dass Rambo noch nie in die­sem Keller war und auch nicht dort ist."

    Felix ist etwas überrascht. Es kommt ihm schon eher als Verlangen, denn als Bitte vor.

    „Wenn Rambo noch nie in dem Keller war, wird Cäsar auch keine Spur in den Keller finden. Also gibt es dann auch keinen Grund für mich, diesen Keller zu besuchen."

    Rudolf hört das mit Wohlwollen. „Das sehe ich auch so, Felix. Und nun möchte ich Sie nicht länger von Ihrer Arbeit abhalten."

    Rudolf verabschiedet sich freundlich und geht wieder ins Haus.

    Felix' Interesse an dem Keller ist geweckt. Aber den will er sich für später vornehmen. Auch muss er erst einmal einen Plan machen, wie er da überhaupt unbemerkt hinunter kommt. Dass Rambo nicht da unten ist, glaubt auch er, und wenn, dann nur tot.

    Im Moment interessiert ihn nur, ob Cäsar eine Spur aufnehmen kann. Er lässt ihn noch einmal kräftig an dem Knochen schnüffeln, dann lässt Felix ihn an der langen Leine laufen.

    Cäsar dreht sich auf dem Hof ein paar mal im Kreis, bevor er zum Tor hinaus läuft. Ein Stück geht es den Weg hinunter, bis Cäsar die Spur verliert. Hier scheint sich Rambo beim Gassi gehen regelmäßig nach links oder rechts in die Büsche zu schlagen.

    Felix muss diese Spur abbrechen und geht mit Cäsar wieder zurück. Auf dem Hof wieder angekommen, verlangt Cäsar noch einmal nach dem Knochen. Nun hat er eine neue Spur aufgenommen. Er läuft auf dem Hof hin und her, aber die Kellertreppe interessiert ihn nicht, bis er endlich hinter dem Lastwagen steht. Die Klappe ist noch unten und die Plane nach oben ge­schlagen. Mit einem Sprung ist Cäsar oben und bellt einmal.

    „Cäsar, runter!, ruft Felix und Cäsar ist schon wieder unten. Anerken­nend streicht Felix ihm über den Kopf. „Gut gemacht, Cäsar!

    Und Cäsar blickt stolz zu Felix hoch.

    Was wollte Rambo auf dem Lastwagen, fragt sich Felix. Wurde er ir­gendwo hin gebracht? Oder ist er freiwillig mitgefahren? Auf jeden Fall ist sich Felix sicher, dass mit diesem Lastwagen nicht nur Lebensmittel trans­portiert werden.

    Fünf

    Max von Zauselberg hat seinen Koffer gepackt. Eine Woche Bahamas mit Felicitas, seiner Freundin, stehen an. Auch sie hat ihren Koffer fertig, der aber doppelt so groß wie der von Max ist.

    Morgen in aller Frühe soll es los gehen, aber heute schon will er sich von seinem Vater und der Mutter verabschieden, denn es gibt noch etwas zu besprechen.

    Auch bei seiner Oma Mathilde will er noch einmal vorbei schauen, und sich noch ein paar Scheine Urlaubsgeld abholen. Die will er auf keinen Fall liegen lassen.

    Rudolf sitzt am Tisch und schreibt. Veronika sitzt in einem Sessel. Er scheint sich sehr große Mühe beim Schreiben zu geben. Jetzt ist er fertig und betrachtet sein Werk. Mit einem Blatt Löschpapier geht er noch einmal über das Geschriebene, dann hält er die Karte Max hin, der ebenfalls in einem Sessel Platz genommen hat. Max steht auf und holt sich die Karte ab. Eine schöne Stadtansicht von Nassau auf den Bahamas, ist auf der Vorderseite zu sehen. Die Rückseite eng beschrieben, in schöner altdeutscher Schreibschrift.

    „Exzellent, wie du das immer hinbekommst", kann Max darauf nur sa­gen und wiegt anerkennend mit dem Kopf.

    „Habe genügend schlechte Klassenarbeiten mit seinem Namen unter­schrieben, antwortet Rudolf lächelnd. „Ich hoffe doch, dass du das nicht machen musstest, aber etwas besser als ich warst du wohl in der Schule.

    „Ich wäre sofort aufgeflogen. Deine Schrift kann keiner kopieren." Max betrachtet weiter die Karte.

    „Vergiss sie nicht bei der Post aufzugeben. Und wenn du noch einmal zu deiner Oma gehst, euer Reiseziel ist Mallorca und nicht Bahamas. Sie soll ruhig weiter daran glauben, dass August ihr die Karten schickt."

    „Nein, nein. Ich passe da schon auf!"

    „Viel Spaß im Urlaub", sagt Veronika und nimmt ihren Sohn noch ein­mal in den Arm. Dann geht Max zu Mathilde.

    „Mein Junge!", freut sich Mathilde und streckt ihm beide Arme entge­gen, als Max zur Tür herein tritt. Schon von Weitem kann Max ein paar große Scheine auf dem Tisch erkennen und seine Begrüßung fällt dement­sprechend freundlich aus. Er beugt sich zu Mathilde hinunter, die im Sessel sitzt, und will sie gar nicht mehr loslassen.

    Endlich nimmt er im anderen Sessel Platz.

    „Das ist aber auch schön, dass es diesmal mit eurem Urlaub so gut ge­klappt hat. Es passiert ja nicht so oft, dass ihr beide zusammen Urlaub be­kommt."

    Mathilde strahlt Max an.

    „Das stimmt leider, Oma. Aber damit müssen wir leben", kann Max darauf nur antworten.

    Max arbeitet als Pfleger im städtischen Krankenhaus und ebenso Feli­citas als Krankenschwester, wo sie sich auch vor zehn Jahren kennengelernt haben. Ihr vollkommen systemloser Schichtdienst ermöglicht ihnen aber auch ein Kommen und Gehen auf dem Schloss, das an keine Regeln gebun­den ist. Selbst wenn Max mitten in der Nacht mit dem Lastwagen noch ein­mal unterwegs sein müsste, könnte er berufliche Gründe dafür angeben. Aber da Mathilde und Gunnar zur anderen Seite des Schlosses ihre Wohnungen haben, würden sie davon nichts mitbekommen.

    „Aber, Max, pass' auf, ich habe gehört, es soll immer schlimmer wer­den, mit dieser Trinkerei auf Mallorca."

    „Oma, ich bin Achtundzwanzig und fast schon raus aus diesem Alter", kann Max darauf nur lachend antworten.

    „Mein August war mit Achtundzwanzig noch lange nicht aus diesem Alter. Dieses langweilige Schlossleben war wohl nichts für ihn. Wenigstens schickt er hin und wieder mal eine schöne Ansichtskarte", sagt Mathilde und blickt in Gedanken viele Jahre zurück.

    „Hauptsache es geht ihm gut", fügt Mathilde noch hinzu und blickt nun auch wieder Max an, der es aber vorzieht, seine Oma dabei nicht anzuschau­en.

    „Da, Max, kannst du einstecken", sagt Mathilde und zeigt auf den Tisch.

    „Dankeschön, liebe Oma", antwortet Max und drückt Mathilde noch einen dicken Kuss auf die Wange. Dann steht er auf, packt die Zweihundert DM ein und verabschiedet sich noch einmal bei Mathilde.

    Jolantha hat gekocht. Heute gibt es einen großen Topf mit Spaghetti und Tomatensoße. Wenn Jolantha kocht, gibt es immer einen großen Topf mit Spaghetti und Tomatensoße.

    In Burgenstadt ist heute Feiertag und da braucht Jolantha nicht in den Supermarkt und die anderen beiden auch nicht in die Schule.

    Deshalb mag Felix keine Feiertage und auch keine Sonntage. Ihm sind diese Tage ein Gräuel.

    Seine Detektivarbeit an diesen Tagen fortzusetzen würde ihm aber auch nicht einfallen. Schließlich leben sie in Burgenstadt, im erzkonservati­vem Bayern; da hat der Herrgott an diesen Tagen jegliche Arbeit verboten. Für Schulen und Supermärkte hätte er schon eine Ausnahme machen können.

    Felix hat sich wieder hinter seinem Stadtanzeiger verschanzt, den er gestern schon gelesen hat, und wartet bis Jule zum Essen ruft.

    Endlich ist es soweit und Felix nimmt am Tisch Platz. Jule hat sich ih­ren tiefen Teller voll gepackt und auch ein paar Spaghetti bei Magda auf den Teller gelegt, damit sie überhaupt etwas isst.

    Von den zehn Spaghetti bleiben bestimmt wieder fünf auf dem Teller zurück, denkt Felix und beobachtet, wie Magda angewidert auf den Teller starrt. Sie sieht schon wieder ihre angestrebte Modelkarriere den städtischen Bach runter gehen.

    Rebecca packt sich selbst Spaghetti auf den Teller, so wie es sich für eine Sechzehnjährige gehört.

    Warum müssen alle drei so unterschiedlich geworden sein, denkt Felix, während er sich nun auch bedient.

    Nur an den Gesichtern sieht man, dass sie Schwestern sind, aber die hält Felix auch für weniger gelungen.

    Jule zieht genüsslich ihre Spaghetti ein. Soßenspritzer, die nicht auf ih­rer Serviette landen, befinden sich dann auf dem Tisch oder in ihrem Gesicht.

    Magda ist schon fertig. Es sind nur vier Spaghetti übrig geblieben. Fe­lix schöpft Hoffnung.

    Jetzt noch ein schönes Nickerchen, dann eine große Runde mit Cäsar und schon ist dieser schreckliche Tag wieder Geschichte, denkt Felix und begibt sich in sein Zimmer. Den Abwasch erledigen seine drei Schönheiten, darauf kann sich Felix verlassen.

    *

    Mathilde hat Felix telefonisch gebeten, sie doch wieder einmal besu­chen zu kommen, zum Tee. Sie ist neugierig, ob Felix schon neueste Er­kenntnisse hat.

    Felix hat zugesagt, aber nur unter der Bedingung, dass er einen schö­nen starken Kaffee bekommt. Das hat er ihr so diplomatisch wie möglich versucht klarzumachen. Mathilde hat es ihm lachend versprochen.

    Seit ein paar Tagen ist Max mit Felicitas im Urlaub und auf dem Schloss ist es nun noch ruhiger geworden.

    Rudolf ist tagsüber in einer Spedition beschäftigt und seine Frau Vero­nika ebenfalls, sie in der Buchhaltung.

    Mathilde braucht etwas Unterhaltung, gerade jetzt, wo ihr Rambo schon eine gefühlte Ewigkeit verschwunden ist. Mit ihrem Bruder Gunnar werden die Gesprächsthemen auch immer weniger.

    Felix hat Platz genommen und bekommt von Gunnar seinen geliebten Kaffee serviert. Mathilde freut sich, dass sie Felix damit

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