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KÜHLER JAZZ UND HEISSE SPUREN: Der Krimi-Klassiker!
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KÜHLER JAZZ UND HEISSE SPUREN: Der Krimi-Klassiker!
eBook296 Seiten4 Stunden

KÜHLER JAZZ UND HEISSE SPUREN: Der Krimi-Klassiker!

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Über dieses E-Book

Der Bandleader war ein Halunke: Er spielte zu viel Sweet für die Frauen und zu viel Beat für ihre Männer.

Eines Nachts hatte er zu viele Gäste, und einer von ihnen brachte ihn um. Von da an spielte Privatdetektiv Max Hale die erste Geige...

Der Roman Kühler Jazz und heiße Spuren von George H. Coxe (* 23. April 1901 in Olean/New York; † 31. Januar 1984 in Old Lyme/Connecticut) erschien erstmals im Jahr 1940; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1965.

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum7. Aug. 2020
ISBN9783748752837
KÜHLER JAZZ UND HEISSE SPUREN: Der Krimi-Klassiker!

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    Buchvorschau

    KÜHLER JAZZ UND HEISSE SPUREN - George H. Coxe

    Das Buch

    Der Bandleader war ein Halunke: Er spielte zu viel Sweet für die Frauen und zu viel Beat für ihre Männer.

    Eines Nachts hatte er zu viele Gäste, und einer von ihnen brachte ihn um. Von da an spielte Privatdetektiv Max Hale die erste Geige...

    Der Roman Kühler Jazz und heiße Spuren von George H. Coxe (* 23. April 1901 in Olean/New York; † 31. Januar 1984 in Old Lyme/Connecticut) erschien erstmals im Jahr 1940; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1965.

    Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

    KÜHLER JAZZ UND HEISSE SPUREN

    Erstes Kapitel

    Sue Marshall schloss die Bürotür hinter sich und lehnte sich, eine Hand auf dem Knauf, dagegen. So stand sie, bis Max Hale von seinem Buch hochsah, in dem er las.

    »Ein Herr ist draußen«, verkündete sie.

    »Was verkauft er?«

    »Er sagt, es handle sich um eine persönliche Angelegenheit.«

    Hale beäugte sie skeptisch. »Sie wollen doch nicht etwa andeuten, es könnte ein Klient sein?«

    »Nur eine vage Hoffnung«, erklärte sie spitz. »Er fragte, ob die Buchstaben M. C. an unserer Eingangstür Maxfield Chauncy bedeuten.«

    Ein Grinsen wischte einen Teil der Skepsis aus Hales Blick. Sein zweiter Vorname war ein streng gehütetes Geheimnis, und in seiner Jugend hatte er unzählige Kämpfe ausgetragen, um zu beweisen, dass er nichts zu bedeuten hatte. Nur ein paar engste Freunde - und ein oder zwei von diesen unmöglichen Individuen, die solche Informationen für Kundenlisten zusammentragen, wussten, dass C. Chauncy bedeutete.

    »Bitten Sie ihn herein«, sagte er. »Ich werde ihm vermutlich einen Drink anbieten müssen.«

    »Das dachte ich auch«, entgegnete Sue. »Er sieht wie einer vom Jet-Set aus.«

    Sie öffnete die Tür und trat beiseite, schlank und rank und außerordentlich tüchtig aussehend.

    Eine Stimme ließ sich vom Vorzimmer her vernehmen, die »Vielen Dank«, sagte, und dann betrat ein junger, etwas untersetzter Mann in einem teuer aussehenden Tweedmantel das Büro. Seine braunen Augen blickten ernsthaft hinter der randlosen Brille, und Hale zog bei seinem Anblick im Geiste den Hut vor Sues rascher und völlig richtiger Beurteilung. Alan Proctor personifizierte so exakt ihre Bezeichnung, wie es nur jemand kann, der hundertfünfzig Jahre Familientradition und ein paar Millionen im Rücken hat.

    »Alan«, sagte er, sich erhebend.

    »Hallo, Max.« Proctor ergriff lächelnd seine Hand. »Schön, dich wiederzusehen.« Er sah sich um und umfasste mit einem Blick die komfortable Nussbaum- und Lederausstattung samt der eindrucksvollen Bibliothek über Kriminalistik in den Regalen an der einen Wand. »Repräsentiert das nun Kapital oder Einkommen?«

    »Kapital. Setz dich.«

    Proctor ließ sich in einem Sessel gegenüber dem Schreibtisch nieder und warf seinen Hut in einen Briefablagekorb.

    »Dann stimmt es also, dass du tatsächlich etwas mit dieser Detektei zu tun hast?«

    Hale sagte, dass dem so sei, vorausgesetzt es biete sich ihm eine Chance dazu.

    »Ausgezeichnet.«

    Proctor steckte sich eine Zigarette an, zog lässig daran und fuhr fort, sich umzuschauen, offensichtlich keineswegs in Eile, den Grund seines Besuches bekanntzugeben. Hale beschäftigte sich ebenfalls mit dem Anzünden seiner Zigarette und ließ seine Gedanken zu einem bestimmten Jahr zurückwandern, als Proctor noch ein spindeldürrer Steuermann in der Rudermannschaft des Colleges war. Proctor hatte sich inzwischen offenbar genug umgesehen, denn nun richtete er sich ein wenig in seinem Sessel auf.

    »Ich kam«, begann er, »weil ich ein bisschen Beistand von dir brauche. Und, weil es sich um etwas handelt, womit ich nicht zu einem der üblichen Privatdetektive gehen will. Nicht nach allem, was man so von diesen Burschen hört.«

    Er schwieg und blies eine Rauchwolke zur Decke, offenbar bemüht, die richtigen Worte zu finden.

    »Es geht um Gail«, sagte er schließlich.

    »Ach, um Gail mit ihren Zopf eben.«

    »Die hatte sie damals noch, als du sie am Cape draußen kanntest, nicht wahr? Nun, inzwischen ist sie einundzwanzig.« Ein Lächeln streifte flüchtig seinen Mund, aber die Augen blieben ernst. »Kennst du einen Bandleader namens Don Washburn?«

    »Ja, ich kenne ihn, wenn auch nicht persönlich. Er spielt im Ambler

    »Nun, Gail zieht mit ihm herum.«

    »So?«

    »Ich denke ja nicht, dass es etwas Ernstes ist.«

    Hale wollte schon reden, überlegte es sich aber anders und beschloss, Proctor Zeit zu lassen, es auf seine Weise darzulegen.

    »Was natürlich nichts nützen würde, wenn sie durch seine Schuld in Schwierigkeiten geriete. Das ist das Blöde an der Geschichte. Und in ihrem Alter kann man ihr nichts mehr sagen. Ich habe versucht, eine Erklärung zu finden.« Ein Aschenstäubchen fiel auf seinen Ärmel, und er schnippte es weg. »Mutter starb vor zwei Jahren, wie du vermutlich weißt. Seither hat sich Gail völlig verändert. Sie fühlt sich wohl sehr allein, nehme ich an. Nun, jedenfalls so etwa ein halbes Jahr nach Mutters Tod schien sie sich wieder zu fangen. Aber dann heiratete Onkel Lathrop diese Frau. Er ist, bis wir unseren Vermögensanteil ausbezahlt bekommen, das offizielle Familienoberhaupt. Ja, was ich wegen Gail sagen wollte - sie konnte seine Frau vom ersten Moment an nicht ausstehen. Dann kam Johnny Trenholm, und ich glaube, sie hat sich ziemlich heftig in ihn verknallt. Was ganz in Ordnung war, bis Ethel - so heißt Onkels Frau - anfing, ihm schöne Augen zu machen.«

    Proctors Mund wurde schmal, als wäre seine Beziehung zu Ethel kein bisschen besser als die seiner Schwester. »Daraufhin kam es zwischen Gail und Johnny zum Krach, und nun steckt sie dauernd mit diesem Washburn zusammen. Nicht, dass sie es gerade wild treibt - obwohl sie zu viel trinkt. Sie ist bloß aufsässig und besteht eben darauf, ihr eigenes Leben zu leben.«

    »Wer ist Johnny Trenholm?«, fragte Hale.

    »Er ging mit uns aufs College. Du müsstest dich eigentlich an ihn erinnern. Er hat ein paar Drehbücher verfasst und ein mäßiges Theaterstück. Ich hatte mich übrigens ebenfalls mit Schriftstellerei versucht. Und als ich Johnny vergangenen Sommer zufällig wiedertraf, überredete ich ihn, bei uns zu wohnen und mit mir zusammen an einer Sache zu arbeiten.«

    Hale drückte seine Zigarette aus. Sein Gesicht hatte einen abweisenden Ausdruck angenommen. Er ahnte bereits, worauf Proctor hinauswollte.

    »Was ist nun deine Idee?«

    »Ich dachte, du könntest sie in meinem Auftrag beobachten.«

    »Du meinst, sie bewachen?«

    »Natürlich nicht die ganze Zeit.«

    »Auch nachts?«

    »Nun - ja. Sie ist praktisch zu jeder Tages- und Nachtzeit unterwegs. Ich bin ziemlich sicher, dass sie sogar zu ihm in seine Wohnung geht...«

    »Und du möchtest, dass ich die Affäre beende.«

    »So kann man es ungefähr nennen.«

    »Wie?«

    »Woher soll ich das wissen?« Proctor machte eine fahrige Bewegung. »Dazu kam ich ja hierher.«

    »Moment mal«, sagte Hale und lächelte, um seine Bereitschaft zu zeigen, sein Problem zu verstehen. »Angenommen, ich folge ihr und stelle fest, dass sie Washburn in seiner Wohnung aufsucht. Was dann? Soll ich etwa ebenfalls hingehen, an die Tür klopfen und...«

    »Hör zu, Max, ich finde die ganze Angelegenheit keineswegs witzig.«

    »Angenommen, ich verständige dich«, fuhr Hale unbeirrt durch die Unterbrechung fort. »Schön, du gehst hin und versuchst sie dort rauszuholen. Meiner Meinung nach machst du damit die Sache nur noch schlimmer. Außerdem ist sie volljährig, und nach dem, was du sagst...«

    »Aber ich möchte wissen, wo sie sich aufhält«, widersprach Proctor.

    »Kennst du Washburn?«

    »Leider ja. Das ist auch etwas, das wir Ethel zu verdanken haben. Sie war vor ein paar Jahren noch Barsängerin. Letzten Sommer spielte Washburn hier und ging die ganze Zeit in unserem Haus ein und aus, wie es ihm passte. Auf diese Weise hat ihn auch Gail kennengelernt. Es kam so weit, dass er praktisch jede Frau in der Runde mit Anträgen verfolgte. Es ist wahrscheinlich ein Wunder, dass ihm noch niemand die Kehle durchgeschnitten hat. Vor etwa einem Monat oder so hat ihm Onkel Lathrop schließlich das Haus verboten.«

    »Ich kann gut begreifen, Alan, warum du dir Sorgen machst. Aber ganz offen gesagt, ich weiß nicht, wie ich dir helfen könnte. Du kannst natürlich Gail beobachten und gleichzeitig Erkundigungen über Washburn einziehen lassen. Vielleicht hilft dir das Resultat, Gail zu überzeugen, dass er nicht der richtige Umgang für sie ist.«

    »Genau das ist es, was ich wünsche.«

    »Fein. Dann solltest du dich an jemanden wenden, der sich beruflich mit solchen Dingen befasst. Ich glaube, ich kenne da einen, der...«

    »Einen Privatdetektiv?«

    »Ja.«

    »Ich verstehe«, sagte Proctor steif, und Hale fiel wieder ein, dass Proctor immer schon dazu neigte, leicht einzuschnappen. »Es ist also durchaus eine Aufgabe für einen Privatdetektiv, wie ich sehe. Nur, dass du keine Lust hast, dich damit zu befassen. Ist es so?«

    »Ich bin für solche Fälle nicht direkt eingerichtet, Alan. Weiter nichts. Es ist eine Routinesache, die...«

    Proctor stand auf und nahm seinen Hut. »Nun, ich dachte, ich könnte dich darum bitten. Obwohl ich mir freilich nicht vorstellen konnte, dass du in dieser Richtung etwas anderes als ein Dilettant sein könntest.«

    Der Angriff brachte eine leichte Röte in Hales Wangen, aber er unterdrückte seinen Ärger und warf nur beiläufig hin: »Was willst du damit sagen?«

    »Nicht mehr, als dass es für dich weiter nichts als ein Hobby zu sein scheint. Warum solltest du schließlich etwas tun, was dich nicht amüsiert?« Er begleitete seine Worte mit einer lässigen Geste.

    Das Telefon klingelte, bevor Hale etwas entgegnen konnte. Er hob ab, aus den Augenwinkeln Proctor anschauend, der inzwischen auf dem Weg zur Tür war, und sagte: »Warte noch einen Augenblick.«

    »Worauf«, fragte die Stimme am Telefon, »warten Sie eigentlich? Auf den Kriminalfall des Jahres?«

    Ein Grinsen breitete sich auf Hales Gesicht aus, als er Sue Marshalls Stimme erkannte und sah, dass der Hebel der Sprechanlage nicht umgelegt war, so dass sie sein Gespräch mit Proctor mithören konnte.

    »In den drei Jahren, seit Sie dieses Büro haben, erhielten Sie drei oder vier Aufträge. Wir sitzen immerzu herum und hoffen, dass irgendetwas passiert. Sooft ich aber kündigen will, überreden Sie mich zu bleiben und halten mich mit Versprechungen, was alles Sie zu tun beabsichtigen, hin. Und nun, da Sie jemandem helfen könnten, da Ihnen jemand die Chance bietet, sich zu bewähren, lehnen Sie ab. Noch dazu bei einem Freund!«

    »Vielleicht haben Sie nicht ganz unrecht«, murmelte Hale, einen amüsierten Glanz in seinen dunklen Augen. »Aber erst will ich Sie noch etwas fragen. Sind Sie einverstanden, mir bei diesem Fall an die Hand zu gehen?«

    »Selbstredend.« Eine kurze Pause, und dann, eine Winzigkeit unsicher: »Wenn ich kann.«

    »Fein. Dann regen Sie sich wieder ab, meine Liebe. Wir nehmen an.«      

    Er legte auf. Alan Proctor musterte ihn neugierig, nicht ganz sicher, ob er das Lächeln erwidern sollte.

    »Du hast natürlich recht, Alan«, sagte Hale friedfertig. »Meine Sekretärin hat mir das gerade klargemacht.« Er nickte in Richtung Telefon. »Wenn du also willst, dass ich für dich arbeite, dann werde ich tun, was ich kann.«

    Proctor kam wieder zum Schreibtisch zurück. »Pass mal auf. Paul Sanford gibt eine Geburtstagsparty heute Abend im Ambler. Wir werden alle dort sein. Wie war’s wenn du für eine Weile hinkommen würdest? Du könntest bei dieser Gelegenheit alle kennenlernen, könntest dir Washburn mal genauer ansehen und dir dann dein eigenes Urteil bilden.«

    »Schön«, sagte Hale. »Ich weiß nur immer noch nicht, was ich dagegen tun kann, wenn es deiner Schwester gefällt, Washburn in seiner Wohnung zu besuchen.«

    »Wenn ich mich recht erinnere«, begann er trocken, eine Braue spöttisch gewölbt, »dann stellte für dich der Umgang mit Damen niemals ein Problem dar. Es wird dir schon etwas einfallen.«

      Zweites Kapitel

    Der zum Ambler-Club gehörende Parkplatz war gut besetzt, als Max Hale sein Kabriolett über den Bürgersteig holpern ließ und neben dem uniformierten Parkwächter anhielt.

    »Pass mal gut auf, Joe«, sagte er, als der Junge die Tür aufmachte. »Ich möchte meinen Wagen möglichst nahe an der Ausfahrt stehen haben und an einem Platz, wo ich schnellstens abfahren kann.«

    »Verstehe, Mr. Hale.«

    »Dann zeig mir jetzt, wo du ihn hinstellst.«

    Der Junge sah sich um und kratzte sich am Kopf. Er lief auf eine Limousine zu, manövrierte sie geschickt an einen anderen Platz und lenkte dann das Kabriolett rückwärts in die freigewordene Parklücke. Hale drückte ihm einen Dollar in die Hand.

    Hale trat gerade auf den Bürgersteig hinaus, als ein Herr und eine Dame in ein Taxi stiegen, das vor dem Clubeingang stand. Er konnte das Paar nicht deutlich sehen, aber den Herrn im Abendanzug, der dem Portier geflissentlich half, die Tür für die Fahrgäste zu schließen, erkannte er. Es war Alan Proctor.

    »Oh, hallo Max!« Proctor kam ins Foyer, wo sich Hale inzwischen aufhielt. »Schade, dass du nicht früher kamst. Ich brachte eben Onkel Lathrop und seine Frau zum Taxi. Er hatte schlechte Laune wegen irgendetwas. Sagte, er fühle sich nicht wohl.« Er machte einen Schritt auf den Eingang zum Clubrestaurant zu und legte eine Hand auf Hales Arm. »Komm, ich bring dich zu unserem Tisch.« io

    Hale hatte Sue Marshall mitgeteilt, dass er bereits heute Abend mit einem Einsatz rechne und ihre Begleitung wünsche. Sie waren übereingekommen, dass sie ihn hier irgendwann nach zweiundzwanzig Uhr treffen würde, weshalb er jetzt sagte: »Ich erwarte jemanden, Alan. Es wird besser sein, wenn ich mir einen eigenen Tisch geben lasse. Geh du nur los, ich komme dann später.«

    Proctor war einverstanden, und Hale folgte ihm in das Restaurant, wo ihm Leroy, der Oberkellner, sofort ein Zeichen gab und sich auf einen Tisch dicht neben der Tanzfläche zubewegte. Aber Hale rief ihn zurück.

    »Heute Abend nicht, Leroy«, sagte er. »Wie wäre es mit dem dort in der Ecke?« Er zeigte auf einen Tisch in der Nähe des Eingangs, von wo aus man einen günstigen Überblick auf den gesamten Raum hatte.

    Leroy schien einen Moment erstaunt, verbarg es aber wohlerzogen und steuerte mit einem kaum merklichen Zucken seiner mageren Schultern auf den bezeichneten Tisch zu. »Erwarten Sie jemanden, Mr. Hale?«

    »Eine Blondine, Leroy. Und eine sehr reizende dazu. Sollte ich nicht an meinem Tisch sein, wenn sie kommt, wollen Sie sich dann an meiner Stelle um sie kümmern?«

    Leroy versprach es, und Hale nahm Platz und bestellte Scotch und Soda. Als sein Drink kam, steckte er sich eine Zigarette an und sah sich um. Für einen Night-Club war es ein ziemlich großer Raum, der jedoch durch die gedämpfte, indirekte Beleuchtung und durch geschickte Innendekoration dennoch ein gewisses Maß an Intimität behalten hatte. Die Tanzfläche war geräumig und das Essen überdurchschnittlich gut. Selbst zu dieser Stunde und an einem Wochentag war mehr als die Hälfte der Tische besetzt. Auch die Bar, auf die ein Bogendurchgang die Sicht freigab, war gut besucht.

    Die Band spielte im Moment nicht. Hale nippte hin und wieder an seinem Drink, nickte gelegentlich einem Bekannten zu und wunderte sich, auf welche Weise er Alan Proctor bei der Lösung eines Problems, das so ausschließlich familiär war, von irgendwelchem Nutzen sein konnte. Er zählte fünf Personen an Alan Proctors Tisch - Alan, seine Schwester, ein anderes Paar und einen Mann, von dem er annahm, dass er Johnny Trenholm sein musste. Er wartete noch ab, Bis die Musik wieder spielte und sich die Tanzfläche zu füllen begann. Dann machte er sich auf den Weg dorthin.

    Er kam langsamer voran, als er gedacht hatte, und bis er endlich dort eintraf, fand er nur noch drei Leute an dem Tisch nahe der Tanzfläche - Alan, seine Schwester Gail und den schlanken, drahtigen Jungen mit ausgeprägter Kinnpartie, die auf eine gehörige Portion Starrsinn schließen ließ. Alan, der Hale die Hand schüttelte, tat so, als handelte es sich um ein zufälliges Zusammentreffen, ehe er mit der Vorstellung begann.

    »Max Hale!«, sagte Gail Proctor und reichte ihm die Hand. »Wie nett, dich mal wiederzusehen! Wo warst du die ganze Zeit?«

    »Und das ist Johnny Trenholm.«

    Hale schüttelte auch ihm die Hand, und als sie sich setzten, nahm er sich einen Stuhl neben Gail. »Du bist doch tatsächlich erwachsen geworden, Mädchen.«

    »Das«, warf Trenholm lässig hin, »ist noch eine höchst umstrittene Frage.«

    »Hör nicht auf ihn.« Gail sagte es lustig, aber Hale bemerkte den aufflackernden Ärger in ihren Augen. »Er schmollt, und außerdem besitzt er keine Manieren. Wie geht es dir denn so? Wie geht es Martha?«, fügte sie noch hinzu. »Ist sie immer noch in Frankreich? Wann kommt sie heim?«

    Hale sagte, dass es ihm gut gehe, ebenso seiner Schwester, und dass er keine blasse Ahnung habe, wann sie nach Hause zu kommen gedächte. Während sie miteinander schwatzten, bot sich ihm Gelegenheit genug, festzustellen, wie enorm sie sich seit jenem Sommer, da sie miteinander zu segeln pflegten, verändert hatte. Damals hatten seine Eltern noch gelebt, und die Familie verbrachte die Sommermonate gemeinsam draußen am Cape, nicht weit von Proctors Besitzungen entfernt. Gail und seine Schwester Martha waren zusammen auf gewachsen; dennoch war es erst in jenem letzten Sommer geschehen, dass sie sich ihm plötzlich angeschlossen hatte. Wie ein Schatten war sie ihm überallhin gefolgt, bis er ihr schließlich versprochen hatte, sie jeden Samstag mit auf sein Segelboot zu nehmen. Im Stillen nachrechnend, gewahrte er, dass seither sieben Jahre vergangen waren. Sie musste damals vierzehn gewesen sein.

    Sie besaß immer noch diese biegsame Knabenfigur, wenn es auch den Jahren gelungen war, ihre Hüft- und Busenlinie sanft zu runden. Ihr Haar hatte sich zu einer äußerst reizvollen Mahagonifarbe verdunkelt, aber ihre Haut hatte die kindliche Glätte und Frische bewahrt. Sogar die Sommersprossen über dem Nasenrücken und die hellen, kupferfarbenen Pünktchen in den braunen Augen waren noch da. Und auch die Impulsivität und Energie, die sie als Teenager an den Tag gelegt hatte.

    Ein Kellner kam Alans Wink folgend heran, und Hale bestellte wieder einen Scotch. Gail verlangte für sich dasselbe.

    »Man hat mir erzählt, dass du dich neuerdings mit Schriftstellerei beschäftigst«, wandte sich Hale an Alan, als hätte ihr nachmittägliches Gespräch nie stattgefunden.

    »Schon seit zwei Jahren«, bestätigte Alan. »Jetzt arbeite ich mit Johnny zusammen. Er hat bereits ein paar Drehbücher verfasst und dabei schon einige Erfahrung gesammelt.«

    »Vergiss das Theaterstück nicht«, warf Gail ein.

    »Nein«, sagte Johnny Trenholm, »vergiss das bloß nicht.«

    Hale zeigte höfliches Interesse. »Wirklich? Wie hieß es denn?«

    »Das spielt keine Rolle. Sie haben es bestimmt nicht gesehen«, erklärte Trenholm. »Es war eine großartige Pleite.« Er leerte sein Glas, als der Kellner mit einem frischen Drink kam. »Doch diesmal glauben Alan und ich etwas wirklich Gutes zu haben.«

    »Wir möchten gerne selbst die Produktion übernehmen.«

    »Wenn ihr das Geld zusammenbekommt«, sagte Gail mit einer Spur Bosheit.

    Trenholm seufzte. Mund und Augen verrieten seine Gereiztheit; aber er brachte immerhin ein halbes Lächeln zustande, als er sich an Hale wandte.

    »Hören Sie, Sie kennen sie doch schon eine ganze Weile. War sie immer ein solches Biest?«

    »Immer«, fiel Gail schnell ein.

    »Und so bodenlos boshaft?«

    »Warum hört ihr zwei nicht endlich auf?«, fragte Alan irritiert.

    »Lass ihr doch ihren Spaß«, antwortete Trenholm.

    »Was für einen Spaß?«

    Hale war nun sicher, dass es sich hier nicht um das übliche Geplänkel handelte, und er war eben entschlossen, es zu beenden, indem er Gail zum Tanzen aufforderte, als die Musik abbrach. Das Paar, das er vorher bemerkt hatte, kam nun zum Tisch zurück. Alan stellte sie als Paul und Cora Sanford vor, und Hale fiel ein, dass er von Zeit zu Zeit Bilder von den beiden in Zeitungen gesehen hatte. Sie schienen dauernd entweder gerade zu irgendeiner Expedition nach Neu-Guinea oder dem Amazonas oder Asien aufzubrechen oder von einer zurückzukehren. Er musste zugeben, dass die beiden ihrem Aussehen nach hielten, was man sich, den Zeitungsberichten zufolge, unter ihnen vorstellte.

    Cora Sanford war eine schmalhüftige, vollbusige Frau, die ihr schlichtes, wunderbar sitzendes Kleid aus Chiffon mit überlegener Gelassenheit zu tragen verstand. Ungefähr Dreißig, schätzte Hale, mittelblond, mit klugen grauen Augen und einer leicht gebräunten Haut, die Gesundheit und Kraft ausstrahlte.

    Ihr Mann hätte jederzeit die Rolle eines Abenteurers in einem Film übernehmen können, ohne sich um sein Make-up kümmern zu müssen. Er war geschmeidig, bronzebraun und auf eine männliche, sportliche Weise gutaussehend. Sein blondes, ziemlich kurzes Haar war eine Schattierung dunkler als das seiner Frau, und seine großen, kräftigen Zähne blitzten weiß unter dem gestutzten blonden Schnurrbart, wenn er lächelte.

    »Einen Drink, Darling«, sagte Cora, hörbar ausatmend, um zu zeigen, wie warm ihr war. »Bekomme ich einen?«

    »Aber selbstverständlich, Liebes.«

    Sanford winkte einen Kellner heran und bestellte. Seine Frau begann die Melodie mitzusummen, die die Band eben spielte.

    »Erinnerst du dich noch, wo wir diesen Song zuletzt hörten?«, fragte sie.

    Ihr Mann zog eine Braue hoch und lächelte. »Oh, ja, ganz genau. Im Savoy, nicht wahr?«

    Cora Sanford erwiderte sein Lächeln. »Nein, mein Lieber«, sagte sie zärtlich. »Es war im Ritz

    »Im Ritz? Aber nein,

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