Meine kleine Freundin Sarah: Dr. Norden Extra 146 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben.
Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen.
Es war ein Bild des Grauens, das sich dem Reporter Ferdinand Bach bot. Überall lagen auf dem Boden verstreut Wrackteile, zerfetzte Koffer und Glasscherben. Dazwischen Verletzte, die um Hilfe riefen. Nando konnte nicht anders. Hilflos ließ er den Recorder sinken, und als ein Arzt an ihm vorbeieilte, ihn anschrie, lieber etwas Nützliches zu tun als nur herumzustehen, war die Entscheidung gefallen. Der Bericht mußte warten, hier ging Menschlichkeit vor Sensationslust. Entschieden schloß sich Ferdinand einem Trupp Helfer an und war bald einer von ihnen. Als hätte er nie etwas anderes getan, half er, Verletzte auf Tragen zu legen, kleinere Wunden vor Ort zu versorgen und herumirrende Menschen, die unter Schock standen, zu einer notdürftigen Krankenstation zu bringen, die in aller Eile aufgebaut worden war. Stunden später war Nando mit seiner Kraft am Ende. Müde und erschöpft ließ er sich auf einen Baumstumpf nahe der Unglücksstelle sinken und ließ den Blick in stummer Verzweiflung über den entgleisten Zug schweifen. Plötzlich horchte er auf. Ein leises Weinen dicht neben ihm ließ ihn aufhorchen. Langsam drehte er sich um. Woher kam das kindliche Weinen? Welches schreckliche Bild würde ihn nun wieder erwarten, warum war kein Ende des Leids um ihn herum abzusehen? Als er das kleine Mädchen entdeckte, das versteckt in einem Busch am Boden kauerte und leise weinte, stöhnte er auf vor Erleichterung. Es schien nicht verletzt, sondern nur hilflos und verstört. Kein Blut war zu sehen, keine äußerlichen Wunden. »Hey, Kleine, na komm schon her«, forderte Nando das Kind mit leiser, vor Erschöpfung bebender Stimme auf.
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Buchvorschau
Meine kleine Freundin Sarah - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Extra
– 146 –
Meine kleine Freundin Sarah
Patricia Vandenberg
Es war ein Bild des Grauens, das sich dem Reporter Ferdinand Bach bot. Überall lagen auf dem Boden verstreut Wrackteile, zerfetzte Koffer und Glasscherben. Dazwischen Verletzte, die um Hilfe riefen. Nando konnte nicht anders. Hilflos ließ er den Recorder sinken, und als ein Arzt an ihm vorbeieilte, ihn anschrie, lieber etwas Nützliches zu tun als nur herumzustehen, war die Entscheidung gefallen. Der Bericht mußte warten, hier ging Menschlichkeit vor Sensationslust. Entschieden schloß sich Ferdinand einem Trupp Helfer an und war bald einer von ihnen. Als hätte er nie etwas anderes getan, half er, Verletzte auf Tragen zu legen, kleinere Wunden vor Ort zu versorgen und herumirrende Menschen, die unter Schock standen, zu einer notdürftigen Krankenstation zu bringen, die in aller Eile aufgebaut worden war.
Stunden später war Nando mit seiner Kraft am Ende. Müde und erschöpft ließ er sich auf einen Baumstumpf nahe der Unglücksstelle sinken und ließ den Blick in stummer Verzweiflung über den entgleisten Zug schweifen. Plötzlich horchte er auf. Ein leises Weinen dicht neben ihm ließ ihn aufhorchen. Langsam drehte er sich um. Woher kam das kindliche Weinen? Welches schreckliche Bild würde ihn nun wieder erwarten, warum war kein Ende des Leids um ihn herum abzusehen? Als er das kleine Mädchen entdeckte, das versteckt in einem Busch am Boden kauerte und leise weinte, stöhnte er auf vor Erleichterung. Es schien nicht verletzt, sondern nur hilflos und verstört. Kein Blut war zu sehen, keine äußerlichen Wunden.
»Hey, Kleine, na komm schon her«, forderte Nando das Kind mit leiser, vor Erschöpfung bebender Stimme auf. »Ich helfe dir!« Zwei große blaue Augen richteten sich auf ihn. Der Schock, das maßlose Entsetzen über das Geschehene stand darin geschrieben.
»Geh weg«, flüsterte das Kind voller Abscheu. »Ich will zu meiner Mama.«
»Deine Mama war mit im Zug?«
»Sie ist auf die Toilette gegangen und wollte gleich zurück sein«, nickte das Kind und wischte sich mit der schmutzigen Hand die Tränen weg. »Dann hat es furchtbar geknallt, und ich bin durch das ganze Abteil geflogen. An mehr kann ich mich nicht erinnern. Wo ist Mama?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Nando wahrheitsgetreu und wollte den Arm um die Kleine legen. Doch die zuckte mißtrauisch zurück. »Ich bin sicher, wir werden sie finden«, machte er sich selbst Mut. »Komm, wir gehen zu den Sanitätern. Sie kümmern sich um dich, bis wir mehr wissen.« Er erhob sich mühsam und machte dem Kind ein Zeichen, ihm zu folgen. Es zögerte, sah dann aber offenbar ein, daß ihm in dieser Situation nichts anderes übrig blieb.
»Na gut.«
»Übrigens bin ich Ferdinand. Und wie heißt du?« versuchte Nando, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, in der Hoffnung, sie würde von dem Schlachtfeld, das sie umgab, keine Notiz nehmen.
»Sarah, Sarah Nicolay.« Tapfer marschierte sie neben Ferdinand her Richtung Notarztzelt. »Ich bin neun Jahre alt.«
»In welche Klasse gehst du denn?«
»In die dritte.«
Verzweifelt suchte Nando nach Worten.
»Und, gefällt es dir in der Schule?«
»Geht schon«, entgegnete Sarah geistesabwesend. »Wie soll ich denn hier meine Mama wiederfinden?«
»Keine Sorge, die Helfer machen das schon. So, da wären wir.« Erleichtert trat Ferdinand durch den Eingang in das Zelt, das als improvisiertes Krankenzimmer und Auffanglager für Suchende diente. Sofort gesellte sich eine hilfsbereite Schwester zu ihm.
»Na, wen haben wir denn da?«
»Das hier ist die kleine Sarah Nicolay. Sie war auch in dem Zug und sucht ihre Mama. Kann ich sie hierlassen?«
»Natürlich. Wir werden uns um sie kümmern«, entgegnete die Schwester freundlich und wandte sich an das Kind. »Jetzt bleibst du erst mal bei mir. Hast du Durst?«
Wie betäubt schüttelte Sarah den Kopf. Die Bilder, die sich ihr boten, ängstigten sie. Was sollte nur aus ihr werden, wenn sie ihre Mama nicht wiederfand.
»Hast du das gelesen, Dan?« Mit entsetzter Miene betrachtete Fee Norden das Foto, das auf der ersten Seite des Lokalteils der Zeitung zu sehen war. »Schon wieder ein Zugunglück. Das ist ja schrecklich.«
»Ich verstehe gar nicht, wie das immer passieren kann«, brummelte Daniel. Er hatte schlecht geschlafen, und derartige Schreckensmeldungen taten ein übriges, um seine Stimmung auf den Nullpunkt sinken zu lassen. »Nirgendwo ist man mehr sicher.«
»Dabei scheint es diesmal relativ glimpflich abgegangen zu sein. Drei Tote und an die zwanzig Verletzte. Glücklicherweise schwebt niemand mehr in Lebensgefahr. Kaum vorstellbar bei diesen Bildern der Verwüstung.«
»Wie ist es denn passiert?«
»Die Polizei weiß noch nichts Genaues, die Untersuchungen sind in vollem Gange«, seufzte Fee und faltete die Zeitung zusammen. »Da wird in der Behnisch-Klinik heute mächtig viel Betrieb sein. Sicher hat Jenny einige der Verletzten abbekommen.«
»Schon möglich.« Daniel erhob sich resigniert. »Mal sehen, was auf mich heute wartet. Es kann ja nur besser werden.«
Mit einem halbherzigen Kuß verabschiedete er sich von seiner Frau und machte sich dann auf den Weg in die Praxis. Seit die Zwillinge zur Schule gingen und den Schulweg zu Fuß machten, hatte sich der Tagesablauf der Familie wieder einmal ein wenig geändert. Dem Ehepaar Norden blieb jetzt nach dem gemeinsamen Frühstück mit den Kindern noch Zeit, eine Tasse Kaffee in aller Ruhe zu trinken, ehe jeder seine Aufgaben in Angriff nahm. Gewöhnlich genoß Daniel Norden diese Zeit mit seiner Frau, doch dieser Morgen hatte es in sich.
Unterwegs stellte er ärgerlich fest, daß er wichtige Unterlagen vergessen hatte.
Zudem war der Verkehr lebhafter als sonst, der pünktliche Beginn der Sprechstunde war in Gefahr.
»Guten Morgen, Herr Doktor. So spät heute?« begrüßte die treue Wendy ihren Chef mit einem fragenden Lächeln, den weißen Kittel schon in den Händen.
»Heute ist kein guter Tag. Ich hätte im Bett bleiben sollen«, murmelte Daniel, statt die freundliche Begrüßung zu erwidern. Doch Wendy kannte Daniel nun schon lange genug, um diesen Worten keine große Bedeutung zuzumessen.
»Gehen Sie schon mal rein, ich bringe Ihnen sofort eine Tasse Tee. Dann sieht die Welt gleich anders aus. Bei diesem Wetter muß man ja schlechte Laune haben.«
»Wenn Sie meinen!«
Doch aus der ruhigen Tasse Tee sollte nichts werden. Wendy balancierte die volle Tasse gerade geschickt auf einem Tablett, als sich langsam die Tür öffnete und eine alte, gebeugte Frau mit sichtlicher Mühe und auf einen Stock gestützt hereinkam.
Ihre geröteten Augen glänzten feucht.
»Frau Nicolay, was um alles in der Welt machen Sie denn hier?« rief Wendy aus, erschrocken über den erbärmlichen Anblick der Patientin. Sie stellte das Tablett so heftig auf dem Tresen ab, daß der Tee gefährlich über den Rand schwappte. »Sie sollen doch das Bett hüten.«
»Ach, liebes Fräulein Wendy«, krächzte Emilie Nicolay müde. »Mir ist so elend. Ich muß dringend mit dem Doktor reden. Ist er schon da?«
»Natürlich. Setzen Sie sich erst einmal hierher, ich sage ihm schnell Bescheid.« Mit wenigen Schritten war sie in Daniels Behandlungszimmer, der Tee war vergessen.
»Guten Morgen, Frau Nicolay.« Gleich darauf beugte sich Daniel über die alte, sichtlich verstörte Dame. »Was machen Sie denn für Sachen? Der Weg hierher ist doch viel zu weit!«
»Das spielt keine Rolle mehr, Herr Doktor«, flüsterte Emilie heiser. »Jetzt, wo Tina tot ist.« Die Augen füllten sich vollends mit Tränen.
»Tina, Ihre Tochter?« Vor Schreck schnappte Daniel nach Luft. »Was ist passiert?«
»Haben Sie nicht von dem Zugunglück gelesen?«
»Aber der Zug kam doch aus Stuttgart.«
»Tina war mit der Kleinen in Stuttgart, sie haben einen Vergnügungspark besucht. Gestern nachmittag wollte sie zu Hause sein…« Emilie Nicolay konnte nicht weitersprechen.
»Das darf doch nicht wahr sein!« Das Entsetzen über diese Schreckensbotschaft stand Daniel ins Gesicht geschrieben. »Und Ihre Enkelin? Hat sie überlebt?«
»Sarah ist Gott sei Dank unverletzt. Ein Reporter hat sie gefunden. Nachdem feststand, daß ihre Mutter tot ist, hat er sie in eine Privatklinik gebracht, Behrend oder so. Ich hab’s zu Hause aufgeschrieben.«
»Woher wissen Sie das alles?«
»Die Polizei stand gestern abend vor der Tür. Sehr nette Beamte.«
Ein kleines Lächeln huschte über Emilies Gesicht, verlosch aber gleich wieder. »Haben gefragt, ob ich was brauche. Aber was soll ich jetzt