Die Tänzerin und ihr Kind: Sophienlust Extra 84 – Familienroman
Von Gert Rothberg
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Über dieses E-Book
In der Reihe Sophienlust Extra werden die schönsten Romane dieser wundervollen Erfolgsserie veröffentlicht. Warmherzig, zu Tränen rührend erzählt von der großen Schriftstellerin Patricia Vandenberg.
Denise und Alexander von Schoenecker standen im Foyer des Münchener Residenztheaters. Beide hatten ein Glas Sekt in der Hand. Denise hob ihr Glas ein wenig. »Auf deine wunderbare Idee, mit mir hierherzufahren, Alexander.« »Auf etwas anderes kommst du jetzt nicht, Denise?«, fragte Alexander. Denise sah ihn nachdenklich an. »Was meinst du, worauf wir noch trinken sollten? Dass die junge Tänzerin Julia Stefani doch die Tochter meiner früheren Kollegin Alice ist? Du hast recht, darauf müssten wir auch trinen. Als wir nach München fuhren, wusste ich ja noch nicht genau, ob das auch wirklich so ist. Nur der Name Stefani hatte mich stutzig gemacht. Auf einmal waren die Erinnerungen an Alice wieder da. Sie war eine begnadete Tänzerin und hätte ihren Beruf nie aufgegeben.« Alexander sah seine Frau prüfend an. »Willst du damit sagen, dass du es bereust, nicht Tänzerin geblieben zu sein?« Denise lachte. »Aber Alexander, diese Frage stellst du doch nur, weil du etwas ganz Bestimmtes hören willst. Nämlich, dass ich das Leben als Ehefrau und Mutter viel mehr schätze, dass ich es nie mehr gegen meinen Beruf eintauschen würde und dass ich dich viel mehr liebe …« »Es ist genug.
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Buchvorschau
Die Tänzerin und ihr Kind - Gert Rothberg
Sophienlust Extra
– 84 –
Die Tänzerin und ihr Kind
Wie eine kleine Familie glücklich wurde...
Gert Rothberg
Denise und Alexander von Schoenecker standen im Foyer des Münchener Residenztheaters. Beide hatten ein Glas Sekt in der Hand.
Denise hob ihr Glas ein wenig. »Auf deine wunderbare Idee, mit mir hierherzufahren, Alexander.«
»Auf etwas anderes kommst du jetzt nicht, Denise?«, fragte Alexander.
Denise sah ihn nachdenklich an. »Was meinst du, worauf wir noch trinken sollten? Dass die junge Tänzerin Julia Stefani doch die Tochter meiner früheren Kollegin Alice ist? Du hast recht, darauf müssten wir auch trinen. Als wir nach München fuhren, wusste ich ja noch nicht genau, ob das auch wirklich so ist. Nur der Name Stefani hatte mich stutzig gemacht. Auf einmal waren die Erinnerungen an Alice wieder da. Sie war eine begnadete Tänzerin und hätte ihren Beruf nie aufgegeben.«
Alexander sah seine Frau prüfend an. »Willst du damit sagen, dass du es bereust, nicht Tänzerin geblieben zu sein?«
Denise lachte. »Aber Alexander, diese Frage stellst du doch nur, weil du etwas ganz Bestimmtes hören willst. Nämlich, dass ich das Leben als Ehefrau und Mutter viel mehr schätze, dass ich es nie mehr gegen meinen Beruf eintauschen würde und dass ich dich viel mehr liebe …«
»Es ist genug. Nun hast du ja alles gesagt, was ich hören wollte.« Alexander von Schoenecker war glänzender Stimmung. Er genoss diesen Abend mit seiner Frau. Viel zu selten konnte er sie von Sophienlust weglocken.
»Aber auf eines bist du noch immer nicht gekommen. Ich wollte mit dir auf etwas ganz anderes anstoßen, als du meintest. Heute ist ein großer Jahrestag. Denke einmal nach, welches Datum wir haben.«
Jetzt erschrak Denise. »Das hatte ich wirklich vergessen. Der Tag, an dem wir uns kennengelernt haben. Vor …«
Alexander legte den Zeigefinger auf ihre Lippen. »Pst, die Jahre zählen wir nicht mehr. Wer noch so jung und schön aussieht, dass sich die Ballettbesucher nach ihm umdrehen, den kann ich höchstens vor einem Jahr kennengelernt haben.«
»Meinst du mich?«, fragte Denise. »Nach mir soll sich jemand umdrehen? Hier im Foyer?«
»Kokett bist du auch noch. Du hast doch längst gemerkt, wie neidisch mich manche Männer ansehen.« Alexander nahm seiner Frau das Sektglas aus der Hand und stellte es weg. »Aber jetzt ist die Pause zu Ende. Wir müssen uns beeilen, denn du willst ja keinen Tanzschritt von Julia Stefani versäumen.«
»Das will ich auch nicht. Ich freue mich darauf, mit ihr nach der Vorstellung sprechen zu können. Sicher wird sie sehr überrascht sein, wenn ich ihr sage, wie gut ich ihre Mutter gekannt habe.« Plötzlich stieß Denise ihren Mann an. »Schau, jetzt hat er einen Riesenstrauß weißen Flieder in der Hand. Ich habe also recht damit, dass der junge. Mann Julia Stefani verehrt. Das habe ich mir gleich gedacht.«
»Ja, du bist Expertin für solche Dinge«, neckte Alexander sie. »Aber stelle dir vor, sogar ich habe gemerkt, wie selig dieser junge Mann war, wenn Julia Stefani tanzte.«
»Er sieht sehr gut aus.« Denise sah dem großgewachsenen blonden Mann nach, der vor ihr den Mittelgang hinunterging und sich nun mit seinem Fliederstrauß in die erste Reihe im Parkett setzte. »Wie alt kann er sein, Alexander?«
»Oh, du weißt doch, wie schlecht ich schätzen kann, Denise.« Alexander sah ungeniert zu dem Mann, an dessen Sitz sie jetzt vorbeigingen.
»Mustere ihn doch nicht so, Alexander«, flüsterte Denise vorwurfsvoll. »Das muss ihm doch auffallen.«
Alexander setzte sich. »Dem fällt bestimmt nichts auf. Er hat die Blicke schon wieder auf der Bühne, obwohl sich dort noch nichts rührt. Außerdem sollte ich schätzen, wie alt er ist. Ich denke zwanzig oder vierzig.«
»Du bist ein unmöglicher Mensch, Alexander.«
»Aber nur, wenn ich in so blendender Stimmung bin wie heute.« Alexander zog Denises Hand an die Lippen und küsste sie.
»Ich denke, er wird ungefähr dreißig sein, Alexander.«
»Also mittendrin zwischen zwanzig und vierzig.« Alexander unterdrückte ein Lachen. Er freute sich immer, wenn seine Frau etwas so ernsthaft überlegte, was im Augenblick gar nicht wichtig war.
»Julia ist dreiundzwanzig Jahre. Schade, dass ihre Mutter diese Zeit nicht mehr erleben konnte. Sie wäre sicher sehr stolz auf ihre Tochter gewesen.«
»Wer weiß.« Alexander machte ein skeptisches Gesicht. »Vielleicht gab es zwischen Mutter und Tochter gar keine so starke Bindung. Du hast mir doch erzählt, dass Alice Stefani lieber ein uneheliches Kind zur Welt brachte als zu heiraten, und dass sie dieses Kind dann in Heimen und Internaten aufwachsen ließ.«
»Ja, das stimmt.« Mehr konnte Denise jetzt nicht sagen. Die Pause war zu Ende.
Julia Stefani trat nun in einem Solopart auf. Die Blicke aller hingen bewundernd an der grazilen Gestalt der jungen Tänzerin, an dem schönen schmalen Gesicht mit den ausdrucksvollen blaugrauen Augen, an dem verträumt lächelnden Mund.
Julia Stefani sah aus, als tanze sie ganz allein für sich, als sei es ihr ein Bedürfnis, nach der leisen Musik über die Bühne zu schweben. Kein Schritt, keine Bewegung wirkten einstudiert bei ihr.
»Mir ist, als würde ich ihre Mutter noch einmal tanzen sehen«, flüsterte Denise.
Der junge Mann mit dem Fliederstrauß beugte sich etwas vor und sah Denise vorwurfsvoll an. Ihn schien überhaupt alles zu stören, was er außer dem Tanz auf der Bühne wahrnahm. So drehte er sich jetzt unwillig um, weil jemand hinter ihm ein Hüsteln nicht hatte unterdrücken können, Julia Stefani trat noch zweimal auf. Einmal in Reih und Glied mit ihrem Ballet, danach wieder als Solotänzerin.
Als sie sich verneigte, stand der junge Mann auf und warf den Fliederstrauß auf die Bühne. Das musste er tun, weil trotz seiner Wachsamkeit andere schneller gewesen waren als er und die junge Tänzerin die Fülle der Blumen kaum noch im Arm halten konnte.
Doch jetzt bückte sie sich und hob den Fliederstrauß auf. Sie presste ihn mit den anderen Blumen fest an sich. Dabei suchten ihre Blicke den jungen Mann.
Denise lächelte versonnen. Sie wusste, wie einer Tänzerin zumute war, die umjubelt wurde, aber zwischen ihren vielen Bewunderern nur einen einzigen Menschen suchte.
Als alle aufstanden, hatte es Denise sehr eilig. »Wir müssen unter den ersten am Bühnenausgang sein, Alexander. Ich fürchte, wir werden dort nicht als einzige warten.«
Alexander hatte Mühe, seiner Frau zu folgen. Als er mit ihr im Freien war, hakte er sich bei ihr unter. »Liebling, du zwingst mich in die Rolle eines Primaners. Nun stehe ich zwischen den Menschen hier, die alle auf die junge Tänzerin warten.«
»Du brauchst nicht schüchtern zu sein, Alexander. Ich bin ja bei dir.« Denise lachte. »Komm, wir müssen uns noch etwas durchdrängen.« Jetzt seufzte Denise. »Ich hätte Julia Stefani doch ein Kärtchen schicken sollen. Vielleicht hätte ich dann in ihre Garderobe kommen können. Sie hier anzusprechen, das wird schwer werden.«
»Das fürchte ich auch. Er hat sie schon mit Beschlag belegt.« Alexander konnte über die Köpfe der Wartenden hinwegsehen. »Pass auf, Denise, gleich sind sie an uns vorbei.«
»Siehst du Julia schon?«, fragte Denise und reckte den Kopf. »Oh!«, stieß sie enttäuscht aus. »Aber Alexander, wir waren nicht aufmerksam genug.« Durch die schmale Gasse der Menschen lief Julia Stefani. Sie winkte und lachte, aber sie ließ sich von dem jungen Mann weiterziehen, der ihr den Fliederstrauß geschenkt hatte.
»Was hätten wir tun sollen? Es ging alles so schnell. Ich kann den beiden doch nicht nachlaufen, Denise.« Alexander von Schoenecker legte den Arm um die Schultern seiner Frau. »Schau, den anderen hat es auch genügt, Julia Stefani nur zu sehen.«
»Die wollten auch nicht mit ihr sprechen. Wohin sind die beiden denn gelaufen? Ich kann sie ja schon nicht mehr sehen.«
»Ich schätze, dass sie im Eingang zur Tiefgarage verschwunden sind. Aber genau kann ich das nicht feststellen. Sie waren ja wie ein Spuk vorbei. Komm, Denise, sei nicht so enttäuscht.«
»Aber wir müssen doch heute Nacht noch zurückfahren.«
Alexander führte seine Frau über den freien Platz vor dem Residenztheater. »Müssen wir das wirklich, Denise? Können wir uns nicht in München noch einen schönen Abend machen und erst morgen nach Hause fahren?«
Denise sah ihn unschlüssig an.
»Denke an unseren Jahrestag, Denise.«
»Also gut, bleiben wir noch hier. Aber dann muss ich in Sophienlust anrufen und Bescheid sagen. Nick und Henrik rechnen auch damit, dass wir heute Nacht nach Hause kommen. Ob ich morgen versuche, Julia Stefani telefonisch zu erreichen?«
»Ja, versuche es, Denise. Ich wünsche dir, dass du damit Glück hast. Jetzt gibst du doch nicht eher Ruhe, bis du mit diesem Mädchen gesprochen hast.«
Denise war nachdenklich geworden. »Du hast recht. Ich habe einfach das Gefühl, Alices Tochter näher kennenlernen zu müssen.«
*
Die Vermutung Alexander von Schoeneckers stimmte. Julia Stefani war mit ihrem Begleiter in die Tiefgarage gelaufen. Dort stiegen die beiden in den Wagen des Mannes ein und fuhren aus der Stadt hinaus.
Der dreißigjährige Bernd Hellwig, Sohn eines schwerreichen Fabrikanten aus München, war wieder einmal der glücklichste Mensch auf dieser Welt. Immer wieder sah er zur