Wie es das Schicksal will: Dr. Norden – Retro Edition 16 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben.
Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen.
Es war zwölf Uhr mittags, und ausnahmsweise war Dr. Norden einmal pünktlich mit seiner Sprechstunde fertig geworden. Seine Sprechstundenhilfe Helga Moll, genannt Molly, war schon im Gehen begriffen, als das Telefon läutete. Eine aufgeregte Frauenstimme tönte an Dr. Nordens Ohr, als er den Hörer aufgenommen und Molly gewinkt hatte, dass sie sich ruhig auf den Weg machen könne. »Herr Doktor, kommen Sie bitte schnell«, sagte die Stimme. »Anja, meine Kleine, blutet so schrecklich.« Dr. Norden wusste, dass manche Patienten in der Aufregung vergaßen, ihren Namen zu nennen, aber diese Stimme war ihm zudem gänzlich unbekannt. »Name und Adresse bitte«, bat er rasch. »Reuter, Tulpenstraße 10«, kam überstürzt die Antwort. »Ich komme sofort.« Dr. Norden griff nach seinem Koffer. Molly hatte doch noch an der Tür gewartet. »Tulpenstraße 10, gibt's die Nummer überhaupt?«, murmelte er vor sich hin.
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Wie es das Schicksal will - Patricia Vandenberg
Dr. Norden – Retro Edition
– 16 –
Wie es das Schicksal will
Sind Hannelores Ängste berechtigt?
Patricia Vandenberg
Es war zwölf Uhr mittags, und ausnahmsweise war Dr. Norden einmal pünktlich mit seiner Sprechstunde fertig geworden. Seine Sprechstundenhilfe Helga Moll, genannt Molly, war schon im Gehen begriffen, als das Telefon läutete.
Eine aufgeregte Frauenstimme tönte an Dr. Nordens Ohr, als er den Hörer aufgenommen und Molly gewinkt hatte, dass sie sich ruhig auf den Weg machen könne.
»Herr Doktor, kommen Sie bitte schnell«, sagte die Stimme. »Anja, meine Kleine, blutet so schrecklich.«
Dr. Norden wusste, dass manche Patienten in der Aufregung vergaßen, ihren Namen zu nennen, aber diese Stimme war ihm zudem gänzlich unbekannt.
»Name und Adresse bitte«, bat er rasch.
»Reuter, Tulpenstraße 10«, kam überstürzt die Antwort.
»Ich komme sofort.« Dr. Norden griff nach seinem Koffer. Molly hatte doch noch an der Tür gewartet. »Tulpenstraße 10, gibt’s die Nummer überhaupt?«, murmelte er vor sich hin. Er hatte ein paar Patienten in dieser Straße, die nicht weit entfernt war.
»Da wird viel gebaut«, sagte Molly.
Dr. Norden beeilte sich. In wenigen Minuten stand er vor einem ganz neuen Doppelhaus. Als er das letzte Mal in dieser Straße einen Krankenbesuch gemacht hatte, war es noch im Rohbau gewesen, und jetzt war nur die eine Hälfte bezogen. Die Hausnummer war schon angebracht, der Name noch nicht. Aber er wurde von einem etwa zehnjährigen Mädchen bereits erwartet.
»Es ist meine kleine Schwester«, sagte sie aufgeregt. »Mami ist bei ihr. Sie ist gefallen.«
Das kleine Mädchen hatte fürchterlich geblutet, aber Dr. Norden konnte rasch feststellen, dass es halb so schlimm war, wie es aussah. Anja hatte sich beim Sturz von der Terrassentreppe die Mundschleimhaut durchgebissen.
Dr. Norden konnte die völlig aufgelöste Mutter beruhigen. Hannelore Reuter, ihren vollen Namen erfuhr er, als die kleine Anja zu weinen aufgehört hatte, war Anfang dreißig, schlank, hübsch, wenn jetzt auch sehr blass. Sie zitterte noch am ganzen Körper. Er gab ihr ein Beruhigungsmittel, das sie geistesabwesend schluckte.
»Blut schmeckt scheußlich«, sagte die kleine Anja jetzt mit piepsiger Stimme. »Nun tun mir aber bloß noch die Arme weh.«
Dr. Norden untersuchte das Kind gründlich. Das linke Knie und beide Unterarme waren aufgeschürft. Das brannte jetzt, aber dafür gab es eine kühlende Salbe.
Schwerere Verletzungen hatte das Kind nicht davongetragen. Dr. Daniel Norden erklärte Frau Reuter, dass man immer so stark blutete, wenn eine Schleimhaut verletzt wurde.
Sie war jetzt schon gefasster. »Wir sind erst vor drei Tagen hier eingezogen«, sagte sie. »Die Kinder sind an das Haus noch nicht gewöhnt, und die Stufen auf der Terrasse sind auch noch nicht fertig. Aber Telefon haben wir glücklicherweise gleich bekommen. Dafür hat der Chef meines Mannes gesorgt. Und da ich drei Kinder habe, erkundige ich mich immer gleich nach dem nächsten Arzt, wenn wir wieder mal umgezogen sind.«
Diese Bemerkung ließ darauf schließen, dass sie öfter umziehen mussten.
»Damit ist es jetzt aber vorbei, gell, Mami«, meinte Anja, die nun schon wieder ganz munter war.
»Das hoffen wir sehr«, entgegnete Frau Reuter mit einem leisen Seufzer. »Mein Mann ist Hochbauingenieur und wenn er Großbaustellen hatte, mussten wir mit ihm herumziehen, aber nun hat er hier eine leitende Stellung bekommen und wir hoffen alle, dass dies endlich ein ständiger Wohnsitz wird.« Sie lächelte ein bisschen kläglich. »Ich danke Ihnen sehr, dass Sie so schnell gekommen sind, Herr Doktor, obgleich wir uns noch nicht kannten.
»Das ist selbstverständlich bei einem Notruf«, erwiderte Daniel Norden. »Zum Glück war ich noch in der Praxis. Es hätte ja auch schlimmer sein können, kleines Fräulein.«
»Mami regt sich immer gleich so schrecklich auf«, mischte sich die Größere ein. »Ich bin Ele«, stellte sie sich dann vor.
»Gabriele«, verbesserte Hannelore Reuter. »Und wo steckt Bobby?«
Der hatte sich verzogen, weil er kein Blut sehen konnte, aber nun schob er sich auch durch die Tür. Er war sechs Jahre, wie Dr. Norden erfuhr, und ein auffallend hübscher Junge. Hübscher und zarter als die beiden Mädchen, wenngleich die beiden gewiss sehr reizend waren. Sie hatten runde Gesichter und Sommersprossen, doch der Junge war von südländischem Typ, große dunkelbraune Augen in dem leichtgebräunten schmalen Gesicht, machten ihn seinen Schwestern ganz unähnlich.
»Ja, das ist mein Trio«, sagte Hannelore Reuter nun schon mit einem kleinen Lächeln. »Bin ich froh, dass dieser Schrecken überstanden ist. Ich hoffe sehr, dass ich Sie nicht zu oft so eilig in Anspruch nehmen muss, Herr Dr. Norden.«
Sie hatte eine weiche angenehme Altstimme, die jetzt bedeutend ruhiger und sehr geschult klang.
»Der Onkel Doktor ist aber sehr nett«, stellte Anja fest. »Den holen wir immer, wenn uns was fehlt.«
»Was leider ziemlich häufig vorkommt«, lächelte Hannelore Reuter. Sie war dunkelhaarig, doch nicht so blauschwarz wie Bobby, hatte braune Augen, die aber einen Bernsteinschimmer hatten. Sie war eine zierliche Frau, der man niemals drei Kinder zugetraut hätte.
Jetzt, da die Farbe wieder in ihr feines Gesicht, das klargeschnitten wie eine Gemme war, zurückkehrte, hätte man sie auf Mitte zwanzig schätzen können.
Mit einem Blick stellte Dr. Norden fest, dass das Haus überaus geschmackvoll eingerichtet war, wenn auch noch manches fehlte. Aber alles hatte Stil und verriet Kultur. Er fragte sich unwillkürlich, wie der Herr des Hauses sein mochte, doch den sollte er auch noch kennenlernen.
Er kam, als Dr. Norden gerade gehen wollte. Es war ein blonder Hüne, der die Szene sofort beherrschte. Ein selbstbewusster, erfolgreicher Mann, diese Wirkung strahlte er auf Daniel Norden aus.
»Nanu, was ist denn hier los?«, fragte er, den Arzt mit einem forschenden Ausdruck musternd.
Er wurde aufgeklärt. Er nahm alles nicht so tragisch wie seine Frau.
»Du Wildfang«, sagte er zu Anja, »musst du Mami immer in Atem halten?«
»Tut mir so leid, Papi«, erwiderte Anja entschuldigend.
»Und du darfst dich nicht immer gleich so aufregen, Lo«, meinte Marian Reuter zu seiner Frau. Dann wandte er sich Dr. Norden zu. »Um meine Frau sollten Sie sich auch mal kümmern, Herr Doktor«, er machte eine kleine Pause. »Es war alles ein bisschen viel für sie. Sie ist ja nur eine halbe Portion.«
Seine tiefe Stimme hatte dabei einen zärtlichbesorgten Klang, der darauf schließen ließ, dass diese Ehe trotz der Verschiedenheit dieser beiden Menschen harmonisch war.
»Sollte wider Erwarten bei Anja Fieber auftreten, rufen Sie mich bitte an«, sagte Daniel, »und ansonsten regt eure Mami nicht auf, ihr Trabanten«, richtete er das Wort lächelnd an die Kinder.
»Hast du auch Kinder?«, fragte Anja zutraulich.
»Einen kleinen Sohn, aber er ist noch ein Baby«, erwiderte er.
»Wir haben Babies gern, nicht wahr, Mami?«, mischte sich jetzt Bobby ein.
»Ja, sehr gern. Nochmals vielen Dank, Herr Doktor.« Dann begleitete Hannelore Reuter den Arzt zur Haustür.
*
Alles sehr sympathisch, dachte Daniel Norden, als er noch einmal einen Blick zum Haus zurückwarf. Er hatte es gern, wenn er zu Familien kam, bei denen alles stimmte.
»Sehr sympathisch dieser Arzt«, sagte auch Marian Reuter zu seiner Frau. »Da haben wir ja mal Glück gehabt.«
»Er war sehr lieb«, zwitscherte Anja schon wieder ganz vergnügt.
»Er ist viel netter als der Dr. Klausner«, warf Bobby ein.
»Der war überhaupt nicht nett«, meinte Ele. »Der wollte Bobby gleich die Haare abschneiden, bloß weil er so ’ne kleine Schramme hatte.«
An Dr. Klausner wollte Hannelore Reuter sich überhaupt nicht erinnern. Im Rheinland waren sie nur kurze Zeit gewesen. Und ihretwegen hatte man damals diesen Dr. Klausner holen müssen, weil sie einen Schwächeanfall hatte. Sie hatte sich vor seinen eindeutigen Anträgen kaum retten können. Ein Schaudern ergriff sie, wenn sie den Namen hörte.
»Bekomme ich heute gar keinen Kuss, Schatz?«, fragte Marian.
Hannelore holte es nach. »Das Essen ist noch nicht fertig«, sagte sie dann entschuldigend.
»Du kannst dir Zeit lassen, Kleines«, antwortete er. »Es ist Freitag. Wir werden uns erst daran gewöhnen müssen, dass da für uns das Wochenende beginnt.«
»Du brauchst gar nicht mehr weg, Papi?«, fragte Bobby misstrauisch.
»Nein, ich stehe zu eurer Verfügung, und wir werden dafür sorgen, dass Mami sich mal richtig ausruht.«
»Tut mir ja leid, dass sie sich so erschreckt hat«, sagte Anja.
»Wenn man auch so doll blutet«, meinte Bobby.
»Ich möchte auch Ärztin werden«, erklärte Ele. »Ich finden den Doktor prima. Und einen tollen Wagen hat er.«
»Und auch ein Baby«, ergänzte Anja. »Er fasst einen nicht so grob an wie Dr. Klausner.«
Hannelore ging in die Küche. »Eine Frau wie Sie sollte keine Kinder in die Welt setzen«, meinte sie Klausners Stimme zu hören. »Sie sollten sich verwöhnen lassen. Sie sind viel zu schön, um nur Hausmütterchen zu spielen. Ich würde Ihnen alles bieten. Ich würde Sie verwöhnen.«
Marian kam ihr nach. »Schätzchen, reg dich doch nicht immer so auf«, sagte er zärtlich. »Man bekommt es ja mit der Angst. Ganz durchsichtig schaust du aus.«
»Du hast ja nicht gesehen, wie Anja geblutet hat«, entgegnete sie bebend.
»Jetzt geht es ihr wieder gut, und du bist schachmatt«, stellte er mit einem besorgten Lächeln fest.
»Ich kann nichts dafür. Sei nicht böse, Marian. Ich habe immer so entsetzliche