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Schattenreich
Schattenreich
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eBook239 Seiten3 Stunden

Schattenreich

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Über dieses E-Book

Zwanzig Jahre nach dem Attentat auf die königlichen Familie regieren in Canthan Furcht und Schrecken. König Roderich, Bruder des verstorbenen Königs Heinrich, sitzt seitdem auf dem Thron. Gerüchten zur Folge bedient er schwarzer Magie, doch niemand wagt es Genaueres herauszufinden. Durch einen unglücklichen Zufall trifft Aurelia Nachtschatten auf die Häscher des Königs und befindet sich plötzlich auf der Flucht vor dem Mann, welcher schon einmal ihr Leben zerstörte. Währenddessen beginnt sich im Land Widerstand zu regen und Aurelia findet Verbündeten, wo sie es am wenigsten erwartet. Wird es ihnen gelingen das Land zu befreien? Was geschah wirklich in jener Nacht, als die königliche Familie starb?
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum6. Juli 2020
ISBN9783752907056
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    Buchvorschau

    Schattenreich - Azura Schattensang

    Prolog

    Sie rannte.

    Die Nacht war kalt, der Himmel sternenklar. Äste schlugen ihr ins Gesicht und Dornen zerkratzen ihre Beine, während sie durch den kleinen Wald hastete. Mit einem leisen Aufschrei stolperte sie über eine Wurzel und fiel mit dem Gesicht voran eine Böschung hinab. Ohne Zeit zu verlieren rappelte sie sich auf und rannte weiter. Ihre Hände bluteten, aber sie merkte es kaum. Vor ihr erschien das Ende des Waldes. Dahinter erstreckte sich eine weite, grasbewachsene Ebene. Eine dunkle und einsame Fläche unter einem gewaltigen Meer aus Sternen. Ihre Lungen brannten und schrien nach Luft, aber sie traute sich nicht langsamer zu werden. Noch nicht. Nicht, solange sie nicht eine größtmögliche Distanz zwischen sich und ihre Häscher gebracht hatte. Plötzlich erhellte sich der Nachthimmel in einem feurigen Rot. Gegen jedes bessere Wissen kam sie zitternd zum Stehen und wagte einen Blick zurück. In der Ferne konnte sie ihr Elternhaus ausmachen, welches auf einer kleineren Anhöhe stand... gestanden hatte. Dort, wo einst ihr zu Hause gewesen war, tobte nun ein gewaltiges Feuer. Langsam und majestätisch erhob sich ein Drache aus den Flammen, dessen Leib aus reinem Feuer bestand. Er spannte die gewaltigen Flügel, legte den schmalen Kopf auf dem langen Hals in den Nacken und brüllte in die Nacht. Der Klang rollte über die Ebene und traf ihren Körper wie einen Schlag. Sie spürte die Tränen auf ihren Wangen. Dann erhob sich der Drache in die Luft. Mit wenigen Schlägen seiner gewaltigen Flügel gewann er an Höhe und verschwand als leuchtender Punkt am Himmel.

    Kapitel 1

    Ostarmanoth 323 n. DK (nach dem letzten Drachenkrieg)

    chapter2Image1.png

    Mit donnerndem Herzen erwachte Aurelia. Sie starrte an die Zimmerdecke und versuchte ihren Atem zu kontrollieren. Nur ein Traum. Es war nur ein Traum. Dennoch - er war ein Teil ihrer Vergangenheit und er verfolgte sie wie ein Jäger seine Beute.

    Sie warf einen Blick aus dem Fenster zu ihrer Rechten. Die Welt lag noch im Dunkeln. Ein schmaler rosa Streifen am Horizont kündete vom beginnenden Tag. Sie schlug die Bettdecke zurück, setzte sich auf und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. Einen kurzen Augenblick verharrte sie so, bis sie mit einem Seufzen aufstand und zum Fenster hinüber schritt. Leise öffnete sie einen Flügel und atmete tief die kühle Morgenluft ein. Ihr Zimmer lag nach Osten gerichtet im zweiten Stock eines einfachen Gebäudes. Von dort konnte sie auf die Dächer der Nachbarhäuser blicken, die ein gutes Stück unterhalb ihres zu Hauses lagen. Sie gehörten ebenfalls zu dem kleinen Dorf, welches sich wie eine Bergziege an die Hänge des Dornenkamms im Süden von Canthan schmiegte. Wie von selbst fanden ihre Finger den Weg zu der Kette um ihren Hals. Es war eine schlichte, dünne Goldkette mit einem in Gold gefassten roten Edelstein. Auf den ersten Blick wirkte sie recht schmucklos und unscheinbar, doch für Aurelia war sie das Wertvollste, was sie besaß. Mit einem letzten Blick auf das noch schlafende Dorf schloss sie das Fenster und ging zu ihrem Kleiderschrank. Wenn sie nun schon wach war, konnte sie genauso gut trainieren.

    Sie entledigte sich ihrer Nachtwäsche und schlüpfte in weiche, dunkle Stoffhosen, zog ein ebenso dunkles Hemd über den Kopf und band ihre hüftlangen, schwarzen Haare zu einem Zopf zusammen. Schnell warf sie einen Blick in den Spiegel an der Wand. Trotz der noch vorherrschenden Dunkelheit in ihrem Zimmer, leuchteten ihr ihre eisblauen Augen aus einem hübschen, aber blassen Gesicht entgegen. Sie schnitt ihrem Spiegelbild eine Grimasse, stieg in ihre braunen Lederstiefel und verließ das Zimmer.

    Der begrünte Hinterhof des Hauses, welcher als Trainingsplatz diente, lag im Dunkeln und es würde noch eine Weile dauern, bis die ersten Strahlen der Morgensonne den Platz erreichten. An der offenen Seite war er von einer mannshohen Mauer aus weißem Stein eingefasst, vor welcher sich kleine, gepflegte Bäume und Sträucher duckten. Unter einem Vordach wurden etliche Übungsutensilien gelagert. Aurelia nahm sich einen geschmeidigen Holzstab, der eben so hoch wie sie selbst war, aus einem Ständer. Nur die letzten Sterne und einige Nachtvögel schauten ihr dabei zu, wie sie langsam, dann immer schneller, die seit Jahren einstudierten Bewegungen ausführte. Ihre Füße tanzten einen lautlosen Tanz über den gepflasterten Boden und sie vergaß sich völlig in den Bewegungen. Ein plötzliches Geräusch riss sie aus ihrer Konzentration. Sie machte eine schnelle Drehung um die eigene Achse, gab dem Stab Schwung und ließ ihn wie eine Verlängerung ihres Armes nach vorne schnellen. Mit einem hellen Klingeln traf er sein Ziel. Constantin! Gerade noch rechtzeitig hatte er den vorschießenden Stab mit einem der Übungsschwerter geblockt. Ein entschuldigendes Lächeln huschte über sein Gesicht.

    „So früh schon fleißig?" Sein Grinsen wurde breiter und seine braunen Augen funkelten.

    „Nicht jeder kann sich den Luxus leisten und den halben Tag verschlafen." Aurelia musste ebenfalls grinsen.

    Constantin, groß, gut gebaut und mit seinen kurzen, blonden Haaren ein absoluter Frauenschwarm, war im selben Alter wie sie und hatte ein Jahr später als sie seinen Weg in den Orden gefunden. Spielerisch tippte er mit der Spitze seines Schwertes gegen ihren Stab. „Lust auf eine kleine Trainingseinheit?"

    Aurelia nickte als Zeichen ihres Einverständnisses und ging in Position. Constantin ließ sein Schwert einige Male surrend um sich kreisen. Dann ging er zum Angriff über. Metall prallte auf Holz, glitt ab und suchte erneut den Kontakt. Die beiden schenkten sich nichts, während sie umeinanderkreisten und mit Finten und Ausfällen die Verteidigung des jeweils anderen zu durchdringen versuchten. Schließlich gelang es Aurelia mit dem Stab Constantin das Standbein wegzuziehen, sodass er das Gleichgewicht verlor und unsanft auf dem Hinterteil landete. Lachend deutete sie mit einem Ende des Stabes auf seine Kehle.

    „Gewonnen!" Sie zwinkerte ihm zu.

    „Umwerfend wie immer", lachte er und streckte ihr seine Hand entgegen.

    Aurelia griff danach um ihm aufzuhelfen, doch er zog mit seinem vollen Gewicht dagegen und sie landete mit einem überraschten Aufschrei auf ihm. Fest umarmte er ihren schlanken Körper und flüsterte: „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag."

    Mühsam löste sie sich aus seiner Umarmung und lächelte scheu. „Danke sehr."

    Er musterte sie von unten herauf. „Ich weiß, dass du diesen Tag im Jahr lieber übergehen würdest... trotzdem würde ich dich heute Abend sehr gerne entführen. Er grinste neckisch. „Constantin..., versuchte sie seine Bemühungen schon im Keim zu ersticken.

    „Aurelia, komm schon. Nur dieses eine Mal. Es ist auch nichts Spektakuläres. Ich verspreche es."

    Sie sah in seine braunen Augen mit dem flehenden Blick darin. „Na schön, willigte sie seufzend ein. „Wann und wo?

    „Heute Abend. Um sieben unten an der Haustür. Ich warte dort auf dich." Sein Gesicht strahlte förmlich.

    Aus der Ferne erklang das Leuten von Glocken. Ein Lächeln legte sich auf Aurelias Lippen, als sie aufstand und Constantin ihre Hand reichte. „Komm, das Frühstück wartet." Er erwiderte ihr Lächeln und ließ sich von ihr aufhelfen. Bester Stimmung ergriff er ihren Arm und zog sie beschwingten Schrittes mit sich.

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    „Du bist nicht konzentriert!"

    Ein schmerzhafter Druck bohrte sich zwischen ihre Rippen.

    Meister Albion stand hinter ihr und stach mit dem Ende seines Gehstockes in ihren Rücken. Aurelia blickte ihn entschuldigend an und mit einem lauten Knall fiel die Kugel, die sie unter der Decke hatte schweben lassen, zu Boden. Sie stand in der Mitte des Übungsraumes. Ihre Aufgabe bestand darin, verschiedene Zauber zu wirken, während sie eine Holzkugel schweben ließ. Dies sollte ihre Konzentrationsfähigkeit steigern, doch heute wollte ihr einfach nichts so recht gelingen. Nachdenklich strich sich Meister Albion durch seinen weißen Bart, welcher ihm bis auf die Brust reichte. Seine ebenso weißen Haare standen wirr von seinem Kopf. Mit seinem Gehstock wirkte er wie ein gebrechlicher, alter Mann, doch Aurelia wusste nur zu gut, dass dieser Eindruck mehr als täuschte. Der Meister war zwar alt, aber in keinster Weise gebrechlich. Den Stock schien er nur mit sich herum zu tragen, weil es ihm gefiel und er sich hervorragend dazu eignete, seine Schüler zu piesacken. Er musterte sie streng aus seinen grauen Augen.

    „Du vergisst das Atmen. Versuche es noch einmal," sagte er und stach ihr abermals mit dem Stock in den Rücken.

    Seufzend schloss Aurelia die Augen und atmete tief durch. Sie lockerte ihre verspannten Muskeln, ließ die Kugel erneut emporsteigen und versuchte sich auf ihre Atmung zu konzentrieren. Doch ihre Gedanken begannen bereits wieder abzuschweifen. Dies war der eine Tag im Jahr, an dem es ihr immer schwerfiel, sich auf ihre Aufgaben zu fokussieren. Es war der Tag, an dem damals ihre Welt in einem flammenden Inferno zu Asche verbrannte. So sehr sie sich auch bemühte, die Bilder wollten nicht verschwinden. Die Erinnerung daran, wie Meister Albion sie knapp eine Woche später mehr tot als lebendig auf der Straße gefunden hatte, flammten auf. Vor ihrem geistigen Auge sah sie sein Gesicht, als er sie auf sein Pferd hievte, um sie mit zum Orden der weißen Zauberer zu nehmen. Sie hörte ihre eigenen Schreie, als er ihr erklärte, dass sie im Orden nicht bleiben könne und versuchte eine neue Familie für sie zu finden. Sie hatte sich gewehrt, getobt und gebrüllt. Sie wolle keine neue Familie - lieber würde sie sterben. Letzten Endes hatte der Meister resigniert und sie im Orden aufgenommen. Mittlerweile waren zehn Jahre vergangen. Heute war ihr zwanzigster Geburtstag und sie lebte noch immer als Schülerin im Orden. Täglich übten sie und Constantin sich in der klassischen Kampfkunst oder lauschten Meister Albions endlosen Monologen über die Geschichte Canthans. Wenn sie nicht gerade die dicken, staubigen Wälzer in der Bibliothek studierten, war die Verfeinerung der Anwendung von Magie ein weiterer Schwerpunkt. Ein Kampfzauberer formte sich schließlich nicht von allein.

    Einst hatte der Orden zur Eliteeinheit der königlichen Armee gehört, doch nach dem Anschlag auf das Königshaus und der Ermordung der königlichen Familie vor gut zwanzig Jahren, geriet der Orden zusehends in Vergessenheit. Heute war von der ehemaligen Bedeutung fast nichts mehr zu spüren. Es gab nur noch ein Dutzend Kampfzauberer und Constantin und sie waren die einzigen Schüler. Canthan hatte nach dem Verlust des Königs dunkle Zeiten durchlebt. Zwar war Roderich, der Bruder König Heinrichs, dem Attentat entkommen und hatte den hölzernen Thron bestiegen, jedoch regierte er mit eiserner Hand.

    Das Volk litt Hunger und jegliches Aufbegehren wurde brutal niedergeschlagen. Räuberische Banden zogen durch das Land und nahmen den Menschen ihr letztes Hab und Gut. Aber am Meisten fürchteten sich die Leute vor den königlichen Inquestoren. Es waren kleine Gruppen von Soldaten, immer in Begleitung von mindestens einem Zauberer, welche das Land nach jungen, magisch begabten Frauen durchkämmten. Auf Geheiß des Königs nahmen sie sie mit sich und brachten sie nach Syndia, hinauf ins Schloss Ehrenthal. Danach wurden sie nie wiedergesehen. Man munkelte, dass König Roderich dunkle Magie betrieb und die Frauen geopfert wurden, doch niemand konnte es beweisen und es schien auch niemand erpicht darauf, die Wahrheit herauszufinden. Alles was den Menschen blieb, war, ihre Frauen und Töchter zu gegebener Zeit zu verstecken.

    Ein lauter Knall riss Aurelia aus ihren Gedanken. Blaue Blitze zuckten zwischen ihren Händen, aber die Kugel war ein weiteres Mal zu Boden gestürzt. Meister Albion musterte sie schweigend.

    Sie zuckte entschuldigend mit den Achseln und hob die Kugel auf. Seufzend reichte sie sie dem Meister.

    „Verzeiht, Meister. Ich fürchte, heute kann ich meine Gedanken nicht sammeln. Vielleicht finde ich etwas Ruhe beim Zeichnen von Runen?" Sie sah ihn hoffnungsvoll an.

    Meister Albion brummte nur, nickte und winkte sie hinaus. Erleichtert dankte sie ihm und verschwand aus dem Raum. Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, lehnte sie sich einen kurzen Augenblick dagegen und holte tief Luft. Dann stieg sie die schmalen Stufen hinauf ins Erdgeschoss. Der Übungsraum lag im Keller und hatte keine Fenster, weswegen sie stark blinzeln musste, als sie die oberste Stufe erreichte und in die lichtdurchflutete Eingangshalle trat. Ihr gegenüber befand sich die wuchtige Eingangstür aus massiven Holz. Zu ihrer Rechten gelangte man in einen Flur, an dessen Ende sich der Speisesaal und die Küche befand. Zu ihrer Linken führte ein kurzer Flur in die Bibliothek des Ordens. Da sie weder hungrig, noch in der Stimmung für anspruchsvolle Literatur war, stieg sie die Stufen in den ersten Stock hinauf. Bei jedem ihrer Schritte knarzte das Holz der Treppe und machte es nahezu unmöglich sich lautlos auf ihr zu bewegen.

    Im ersten Stock angekommen warf sie nur einen flüchtigen Blick nach links und rechts. Hier befanden sich lediglich die Zimmer des Meisters und der anderen, älteren Ordensmitglieder. Sie setzte ihren Weg in den zweiten Stock fort und wandte sie sich nach rechts, als sie das Ende der Treppe erreichte und hielt auf ihre Zimmertür zu. Sie hätte nachsehen können, ob Constantin im Nachbarzimmer gerade zugegen war, doch im Augenblick wollte sie lieber alleine sein. Die Angeln ihrer Zimmertür knarrten, als sie sie öffnete. Das dahinterliegende Zimmer war nur spärlich eingerichtet. Neben einem Kleiderschrank und ihrem Bett, enthielt es nur noch einen kleinen Schreibtisch, der an der Wand neben dem Schrank stand. Sie schüttelte die Stiefel von den Füßen und ließ sich mit dem Kopf voran auf ihr Bett fallen. Draußen kündete das Licht der Nachmittagssonne von den ersten warmen Frühlingstagen. Wenn die Luft klar genug war, konnte man aus ihrem Fenster in nordöstlicher Richtung die Ausläufer des Schwarzfelsgebirges, welches die Grenze zum im Osten gelegenen Nachbarlandes Arthenholm bildete, sehen.

    Sie überlegte, ob sie nicht einfach den restlichen Tag verschlafen sollte, aber das schlechte Gewissen nagte an ihr. Also wälzte sie sich von ihrem Bett und setzte sich an den Schreibtisch. Sie nahm einen Bogen Papier und einen Stift und begann langsam und akkurat magische Runen zu zeichnen. Strich für Strich formten sich die Symbole und für eine Weile vergaß sie alles um sich herum.

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    Die Nachtluft war kühl und roch nach Frühling. Der Himmel war wolkenlos und offenbarte seine Sternenpracht. Aurelia und Constantin saßen auf dem flachen Dach eines Wirtshauses. Er hatte sie abends zum Essen eingeladen und nachdem sie sich durch ganze drei Gänge geschmaust hatten, hatte er sie bei der Hand genommen und auf das Dach geführt. Dort saßen sie nun, eng in ihre Umhänge gewickelt und starrten in den Himmel. Constantin stupste sie sachte an der Schulter und lächelte. Die wenigen Kerzen, die er aufgestellt hatte, spendeten schummriges Licht, sodass im Dunkeln der Nacht seine Gesichtszüge nur zu erahnen waren. Trotzdem erwiderte sie sein Lächeln und lehnte sich an ihn.

    „Ich danke dir", sagte sie leise.

    „Dafür nicht. Du weißt, dass ich immer für dich da bin. Auch wenn du mir nicht erzählen magst, was damals geschehen ist. Wenn irgendwann der Tag kommen sollte, an dem du darüber sprechen möchtest, werde ich dir zuhören." Er löste eine Hand aus seinem Umhang und strich durch ihre langen Haare.

    „Ich weiß und ich danke dir dafür." Sie nahm seine Hand und schaute zu ihm auf. Sie kannten sich nun schon so lange, doch noch immer zögerte sie, ihm von ihrer Vergangenheit zu erzählen. Sie wusste nicht warum sie solch ein Geheimnis daraus machte, aber sie schaffte es nicht die Erinnerungen, welche sie sorgsam verschlossen hielt, in Worte zu fassen. Constantin drehte den Kopf und seine warmen, braunen Augen suchten die ihren und blieben an ihnen haften. Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Er hatte nie darüber gesprochen, doch sie wusste, wie er für sie empfand und es verwirrte sie. Einerseits suchte sie seine Nähe, vertraute ihm blind, andererseits fürchtete sie sich davor, die Linie tiefer Freundschaft zu übertreten. Gefangen in seinem Blick,

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