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Todes Tochter
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eBook417 Seiten5 Stunden

Todes Tochter

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Über dieses E-Book

Ihr ganzes Leben lang glaubte Lia, sie sei ein ganz normales Mädchen - bis sie beinahe ermordert wird. Von diesem Tag an verändert sich ihr ganzes Leben. Denn sie erfährt, dass sie dazu auserwählt worden ist eine grausame Bestie aufzuhalten, die aus der Hölle entkommen ist, um die Welt in einen Krieg zu stürzen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum20. März 2017
ISBN9783742792549
Todes Tochter
Autor

Anna-Lina Köhler

Anna-Lina Köhler wurde 1997 in Niedersachen geboren. Schon sehr früh begann sie mit dem Verfassen von Geschichten. Mit "Todes Tochter" schrieb Anna-Lina Köhler bereits mit dreizehn Jahren den ersten Band ihrer Trilogie.

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    Buchvorschau

    Todes Tochter - Anna-Lina Köhler

    Prolog

    Todes Tochter

    Die kalten Schatten zweier finsterer Gestalten strichen über die Mauern und Wege und verloren sich manchmal in der Dunkelheit. Leise, ohne auch nur einen Laut von sich zu geben, schlichen sie durch den Wald. Ihre weiten Umhänge umhüllten ihre Körper und ihre tief sitzenden Kapuzen verhinderten, dass man einen Blick auf ihre Gesichter erhaschen konnte.

    Die Sonne warf ihre letzten Strahlen auf die Erde und tauchte sie für einen kurzen Augenblick in ein warmes Licht. Dann wurde es dunkel. Die Vögel verstummten und alles Leben auf Erden schien in einen tiefen Schlaf zu fallen. Stille umgab die zwei Gestalten. Eine Stille, die sowohl zu beruhigen als auch zu ängstigen schien. Die Nacht war hereingebrochen.

    Plötzlich vernahm ihr feines Gehör ein Geräusch. Blitzschnell griffen sie unter ihre Mäntel und umfassten die Griffe grausam aussehender Waffen. Das leise Ächzen der Zweige, die unter dem Gewicht einer dritten Gestalt zerbrachen, störten die Stille der Nacht und ließen die Gestalten aufhorchen. Vorsichtig näherten sie sich einer kleinen Lichtung. Im Schutz der Bäume und der Dunkelheit brauchten sie nicht zu befürchten schnell entdeckt zu werden. Doch sie wollten nichts dem Zufall überlassen.

    Ihre Aufgabe war eindeutig, ihre Mission von ihrem Herrn und Meister bestimmt worden und sollten sie versagen, hinge ihr Leben am seidenen Faden – bereit zu reißen.

    Vorsichtig schoben sie ein paar Äste, die ihnen die Sicht auf die Lichtung versperrten, zur Seite und hoben gespannt die Köpfe. Mitten im Wald stand eine weitere vermummte Gestalt. Auch sie trug einen schwarzen Umhang, an dessen Rändern jedoch rote Schriftzüge eingenäht worden waren.

    Es war ein Mann, daran bestand kein Zweifel. Seine kräftig gebaute Statur und das lange Schwert mit dem silbernen Griff und der schwarzen Klinge, das an seiner Seite hing, sprachen dafür. Er stand mit dem Rücken zu seinen Beobachtern und auch, als das leise Klirren von Metall die Luft erfüllte, verharrte er weiterhin reglos. Jeder Schritt, den sie auf ihr Opfer zugingen, ließ ihren Blutdurst steigen. Die Nacht war erfüllt von Totenstille, kein Geräusch war zu hören, kein Laut – noch nicht.

    Als sich der Mann im schwarzen Umhang endlich umdrehte und seine Angreifer sah, war es zu spät. Das schmatzende Geräusch von durchbohrtem Fleisch erfüllte die stille Nacht und scheuchte ein paar Vögel auf, die laut kreischend auf die nächsten Bäume flogen. Der unglückselige Mann sackte nieder und blieb reglos am Boden liegen. Blut tropfte unaufhaltsam aus einer breiten Schnittwunde an seinem Bauch.

    „Er ist tot!"

    Die Stimme, die da sprach, klang nicht menschlich. Sie war kalt und schrill. Es war wie ein Zischen, ein Rauschen in den Ohren, das sich durch das Trommelfell bohrte und sich langsam durch das Gehirn fraß. Die andere Gestalt nickte zustimmend. Ihre befleckten Klingen steckten sie zurück unter die Umhänge und griffen nach ihren Kapuzen. Langsam enthüllten sie ihre Gesichter – ihre Fratzen. Denn auch ihre Köpfe waren nicht so, wie sie hätten aussehen sollen. Schwarze, faltige Haut spannte sich über ihre Schädel und schien auch den Rest des Körpers zu bedecken. Doch sah man genauer hin, so konnte man erkennen, dass ihre weitere Haut hellrot gefärbt war. Dort, wo ihre Augen hätten sein sollen, befanden sich zwei weiße Flecke und ihre Lippen schimmerten in einem dunklen Blau. Nasen schienen sie keine zu besitzen und wenn doch, waren es Schlitze, die kaum sichtbar in ihre Haut geritzt worden waren. Die zwei Gestalten grinsten sich an und entblößten dabei reihenweise messerscharfe Zähne.

    Langsam näherten sie sich dem Toten und beugten sich mit ihren großen Mündern über ihn. Das Schmatzen und Schlucken, das die beiden von sich gaben, fuhr einem durch Mark und Bein. Ihre Mägen füllten sich mit den Innereien des Mannes und aus ihren Mündern tropfte das Blut, das sie nicht rechtzeitig mit hinunterschluckten. Man empfand den Wunsch, sich zu verkriechen, sich zu verstecken, um dem Schicksal, das dem Mann soeben widerfahren war, zu entgehen.

    Doch die Zeit war reif. Keiner würde sich verstecken und verkriechen können. Keiner würde seinem Schicksal entgehen. Denn ER hatte an Macht gewonnen, hatte sich von seiner anstrengenden Reise aus der Hölle erholt und gewartet. Lange gewartet. Nun würde sich alles ändern.

    Die Welt würde sich ändern.

    Jedoch nicht zum Guten!

    Lunus Geschichte

    Ein paar Meilen von dem Ort entfernt, an dem das grausige Verbrechen verübt worden war, lief ein junges Mädchens durch den Wald. Sie trug ein langes schwarzes Wanderkleid und einen dunkelroten Umhang, dessen Kapuze sie sich tief ins Gesicht gezogen hatte. Trotzdem fielen ihre langen braunen Haare heraus. Ihr schwarzes Kleid, das mit schönen roten Schriftzeichen verziert war, flatterte bei jeder ihrer Bewegungen im Wind. Sie lief mit einem beachtlichen Tempo kreuz und quer durch das Unterholz. Ihre Lunge brannte wie Feuer und das Stechen in der Seite ließ sich kaum noch ignorieren. Doch sie konnte nicht anhalten - nicht jetzt.

    Hinter ihr liefen zwei größere Gestalten. Sie trugen Gürtel mit fürchterlich aussehenden Folterwerkzeugen und hatten sich die Kapuzen ihrer Umhänge tief ins Gesicht gezogen, sodass man ihre Gesichter nicht erkennen konnte. Ihre Gestalten schienen schwerfällig, ihre Bewegungen waren nicht mehr als ein Schatten und doch holten sie rasch auf. Seit Tagen schon verfolgten die Vermummten das Mädchen. Die zwei Gestalten waren ihr durch das Dorf, in dem sie lebte, gefolgt, hatten sie beobachtet und von jedem ihrer Schritte Notiz genommen. Und als sie ganz sicher glaubten, dass sie es war, die sie suchten, waren sie ihr in den Wald gefolgt, die Hände immer am Griff einer Waffe.

    Plötzlich hörte sie hinter sich ein Surren. Sie kannte das Geräusch und warf sich panisch auf den Boden. Das Messer, das einer der Gestalten soeben geworfen hatte, bohrte sich haarscharf über ihr in einen Baumstamm. Keuchend rappelte sie sich auf und stürmte weiter. Wie lange sie schon durch den Wald hetzte, vermochte sie nicht zu sagen. Sie wusste ja noch nicht einmal mehr, wo sie sich überhaupt befand. Seitdem sie in blinder Furcht losgerannt war, hatte sie die Orientierung verloren, war einfach wild losgestürmt, in der Hoffnung, ihre Verfolger bald abzuschütteln.

    Doch dieser Hoffnungsschimmer war schon bald endgültig erstickt worden. Im Gegensatz zu dem jungen Mädchen wiesen die Vermummten keinerlei Anzeichen von Erschöpfung oder Müdigkeit auf. Sie schienen gar mit jeder Minute, die verstrich, an Kraft zu gewinnen.

    Das junge Mädchen sprang über einen im Weg liegenden Ast und griff voller Hoffnung in die kleine Tasche, die in ihrem Kleid eingenäht worden war. Doch schnell wurde ihr klar, dass sie ihr Messer in ihrer Hütte hatte liegen lassen. Leise fluchend rannte sie weiter. Sie war wehrlos und nur ihrer Schnelligkeit und mäßigen Ausdauer hatte sie es zu verdanken, dass sie noch nicht eingeholt worden war.

    In diesem Moment traf sie etwas in die Schulter. Erschrocken schnappte sie nach Luft. Das Mädchen fühlte den Schmerz, den stechenden Schmerz, der ihr die Tränen in die Augen trieb. Sie sah sich um, sah eine kleine, aber scharfe Klinge aus ihrer Schulter ragen. Schnell griff sie nach dem Messer und zog es mit schmerzerfülltem Gesicht in einer schnellen Bewegung aus ihrer Schulter. Das Mädchen presste ihre Hand auf die Wunde und versuchte so die Blutung zu stoppen.

    Der Schmerz verschleierte ihr die Sicht. Rennend und keuchend hetzte sie blindlings durch den Wald und bemerkte dabei nicht, dass ihr Weg ein Ende gefunden hatte. Plötzlich sackte der Boden unter ihren Füßen weg. Sie stürzte einen Abhang herunter, schlug ein paar Mal hart auf und spürte, wie ihr das Blut über den Arm und das Knie lief. Verzweifelt versuchte sie ihre Fersen in die Erde zu rammen oder nach heraushängenden Wurzeln zu greifen, doch der Boden war von den letzten Regenfällen aufgequollen und bot keinen Halt mehr. Dornen und andere spitze Pflanzen bohrten sich überall in ihre Haut und hinterließen kleine Kratzer. Als sie endlich unten aufkam, blieb sie erst liegen, keuchte und schrie dann vor Schmerz auf. Der Schrei hallte von den Bäumen wider und wurde auch von den zwei Gestalten nicht überhört.

    Leichtfüßig, ohne Probleme, sprangen auch sie den steilen Abhang herunter und zogen dabei weitere Messer aus ihren Gürteln. Das Mädchen stöhnte gequält auf, wollte aufstehen, doch ihre Kraftreserven waren aufgebraucht. Außerdem lag ihre Hand noch immer auf ihrer Schulter, dort, wo sie das Messer getroffen und verwundet hatte. Die Wunde schmerzte fürchterlich. Die Gestalten hatten sie fast erreicht. Schon sah sie die Messer in der Sonne aufblitzen. Panik erfasste sie und sie hob schützend die Hände vor ihren Kopf. Angsterfüllt machte sie sich bereit zu sterben. Ihr Herz raste, ihr Atem ging stockend.

    Doch mit einem Mal wurde die Luft von einem hässlichen Geräusch erfüllt und kurze Zeit später vernahm sie die Laute des Todes. Schmatzend und reißend bohrte sich Stahl in Fleisch und der beißende Gestank frischen Blutes stieg ihr in die Nase. Dann war es still. Aber sie empfand keine Schmerzen. War sie schon tot oder gar noch am Leben? Noch voller Angst blieb sie eine Weile am Boden liegen. Sie war schweißnass und zitterte. Doch nichts geschah. Verwundert hob sie den Kopf und blinzelte dem grellen Sonnenlicht entgegen.

    Die zwei Gestalten lagen leblos am Boden. Die Kapuzen waren von ihren Köpfen gerutscht und die Gesichter, die darunter zum Vorschein kamen, waren ein Ebenbild der Hölle. Die Haut an ihren Köpfen und Händen war pechschwarz, sodass sie aussahen, als ob sie sich ihre Gesichter mit Ruß beschmiert hatten. Über ihren restlichen Körper schien sich eine blutig rote Haut zu spannen, die an manchen Stellen unter ihrem zerrissenen Umhang hervorlugte. Große, weiße Flecken ersetzten ihre Augen. Der Mund war ein klaffendes Loch, das alles aufzusaugen schien und aus dem sich eine Spur Blut zog. Über ihnen stand eine weitere Gestalt mit einem langen Schwert. Die Klinge war rabenschwarz, der Griff jedoch glänzte in einem wunderschönen Silber. Ihr Träger war mittelgroß und hatte kurze, braune Haare. Wie er dastand, mit erhobenem Schwert, das soeben noch den Geschmack frischen Blutes auf seiner Klinge geschmeckt hatte, ließ ihn mörderisch erscheinen und das Mädchen wusste im ersten Moment nicht, vor wem sie sich nun mehr fürchten sollte.

    Die Gestalten hatten sie verfolgt und angegriffen und doch waren sie innerhalb weniger Sekunden von einem einzelnen Mann in den Tod gestoßen worden. Sie legte ihre Hand über die Augen, um das Gesicht ihres Retters erfassen zu können und plötzlich erkannte sie den Schwertträger. Er war kein Fremder für sie, ganz im Gegenteil. Das Mädchen lebte schon ihr ganzes Leben lang mit ihm zusammen.

    „Ragon! Sie riss erschrocken die Augen auf. „Was machst du hier? Wie hast du mich gefunden?

    Doch ihr großer Bruder antwortete nicht. Er packte sie nur am Handgelenk und zog sie mit sich. Das völlig verunsicherte Mädchen spürte den Schmerz der Verfolgung am ganzen Körper, als Ragon sie mit sich zog.

    „Hey, lass mich los!"

    Sie versuchte ihr Handgelenk aus Ragons Griff zu befreien, doch der hielt sie fest gepackt. Den ganzen Weg lang sprachen sie kein Wort. Dem Mädchen schien es, als ob ihr Bruder immer wieder verunsichert in alle Richtungen blickte, so, als ob er weitere Verfolger erwarten würde, doch es blieb ruhig. Bis sie vor der alten Hütte standen, die sie beide als ihr zu Hause bezeichneten, hielt der junge Mann sein Schwert fest in der Hand. Die Tür trat er mit einem festen Tritt einfach auf, sodass sie aus den Angeln zu fallen drohte und das Mädchen das Verlangen verspürte, sie festzuhalten. Sobald sie hindurchgetreten war, zog Ragon die Tür hastig zu und schloss sie ab. Das hatte er noch nie getan.

    „Lia!" Endlich er sprach mit ihr!

    „Ragon was geht hier vor? Was hast du mit diesen Männern, mit diesen Dingern gemacht?"

    „Wir haben keine Zeit mehr, murmelte er. „Sie sind schon viel näher an uns dran, als ich gedacht hatte. Ich hätte es wissen müssen! Er ist stärker geworden – viel stärker!

    Er sah sie nicht an, während er sprach. In diesem Moment wollte Ragon sie nicht beachten, um auf ihre Fragen einzugehen, das spürte sie. Unruhig ging er im Raum auf und ab, in ein andauerndes Selbstgespräch versunken. Nach einer Weile hielt er schließlich inne und sah Lia verwundert an, so, als ob er gerade erst gemerkt hätte, dass er nicht alleine war.

    „Was ist eben passiert?", verlangte sie noch einmal zu wissen.

    Doch er gab ihr keine Antwort.

    „Ragon, was ist da soeben geschehen!" Dieses Mal war es keine Frage, die das Mädchen ihrem Bruder gestellt hatte, sondern eine Aufforderung.

    „Es geht um dich!, flüsterte er. „Es ist zu kompliziert. Wir haben keine Zeit mehr! Ich hätte es dir doch schon viel früher erzählen müssen!

    „Was hättest du mir erzählen müssen?"

    „Vergib mir!" Ragon begann sein panisch wirkendes Auf- und Abgehen wieder aufzunehmen.

    „Was hättest du mir erzählen müssen, Ragon? Was ist da soeben passiert und wer waren diese Kreaturen?"

    Ragon lachte bitter auf.

    „Zu viele Fragen, um sie alle beantworten zu können. Wir brauchen mehr Zeit. Aber, wir haben keine Zeit mehr!"

    Lia begann wütend zu erröten.

    „Fang doch damit an, mir zu erklären, was dein merkwürdiges Verhalten zu bedeuten hat!"

    Plötzlich griff ihr Bruder nach ihrer Hand. Lia wollte sie erschrocken zurückziehen, überlegte es sich dann jedoch anders. Irgendetwas beunruhigte Ragon, aus seinen Gesichtszügen sprach die Furcht. Eine Zeit lang schien er nach den richtigen Worten suchen zu müssen. Er öffnete immer wieder den Mund, nur um ihn danach wieder zu schließen.

    „Erinnerst du dich an die Geschichten, die ich dir früher immer erzählt habe?" Endlich schien er den richtigen Anfang gefunden zu haben.

    Lia nickte. Sie erinnerte sich. Es war eine uralte Geschichte. Eine Geschichte, die vom Tod und Leid einer ganzen Welt erzählte, erzählte, wie das Grauen in diese Welt kam, mit der Absicht, ihr Herrscher zu werden.

    Sie handelte vom Leben und vom Tod.

    Es war die Geschichte der Todes Tochter.

    „Es war ein schwarzer Tag. Der Himmel hatte sich schon zur Mittagszeit verdunkelt und es waren weder die Sonne noch der Mond zu sehen. Ein alter Mann in einem langen braunen Umhang stand im Bett eines kleinen Baches und sah in den Himmel. Er hatte seine Arme erhoben und seine Handflächen zeigten geradeaus in den nahe gelegenen Wald. Der Bach entsprang an einem Apfelbaum, der am Rand des Berges stand und lief an seiner Oberfläche entlang, bis er plötzlich am Ende des Berges abknickte und hinunterlief. Das Wasser war kristallklar und eigentlich war es dem Mann angenehm, mit nackten Füßen im Wasser zu waten. Doch heute lag auf seinem Gesicht kein entspannter oder glücklicher Ausdruck, sondern eine Mischung aus Furcht und Besorgnis. Am rabenschwarzen Himmel stand kein Mond und es war dem Zauberer nur möglich zu sehen, indem er Fackeln entzündete. Fackeln mit blauem Feuer. Blaues Feuer, das ihm einst zusammen mit dem schwarzen Stein von der Göttin Surah überreicht worden war.

    Surah war keine menschliche Gestalt, wie man annehmen konnte. Ihr Erscheinungsbild glich eher dem einer Seele oder eines Geistes. Sie war die Todesgöttin, jedoch schenkte sie auch gleichzeitig das Leben. Wurde ein Kind geboren, egal, ob in armer oder reicher Familie, dann pries man die Göttin und dankte ihr für das Geschenk des Lebens. Starb jedoch ein Mensch, trauerten seine Angehörigen am Grabe und sangen ein besonderes Lied, das die Güte und den Hass Surahs schilderte. Sie sangen zum Abschied des Menschen und wollte sich mit dem Lied selbst vor dem Zorn der Göttin und der Macht des schwarzen Steins schützen. Der schwarze Stein war das Objekt, mit dem es die Göttin vermochte, über Leben und Tod zu entscheiden. Selten nutzte Surah diese Kraft. Ihr war es lieber, die Dinge der Natur zu überlassen und sich nur so wenig es eben ging in ihren Lauf einzumischen.

    Das unscheinbare Artefakt beinhaltete dunkle Magie, die das Leben nahm, sowie helle Magie, die es gab und dieser gefährliche Zauber wurde für sie alle zur Gefahr. Denn es gab Menschen, die diese Kraft für sich nutzen wollten. Und nicht nur Menschen verfielen diesem Wahn. Kreaturen, die aus dem Feuer der Hölle entsprungen waren, versuchten den schwarzen Stein zu erlangen. Die Macht, über Leben und Tod zu entscheiden, würde sie unsterblich machen! Sie würden die Welt beherrschen und alle ihre Feinde mit einem kleinen Stein in den Tod schicken können. Unbegrenzte Macht und die Aussicht auf ein ewiges Leben trieben so manchen von ihnen in den Wahnsinn. In Scharen begannen die Menschen damit, sich das Leben zu nehmen, um so der Göttin selbst zu begegnen und ihr das Objekt ihrer Begierde zu entreißen.

    So wandte die Göttin eine List an. Sie würde den schwarzen Stein verstecken, jemand anderem die schwerwiegende Aufgabe zuteilen. Sie würde ihn genau dort verstecken, wo ihn niemand entdecken würde – direkt vor ihrer Nase, auf der Erde. So kam der Zauberer Lunus zu dem Stein.

    Er war ein mächtiger, weiser Mann und doch lebte er allein, abgeschieden vom Trubel der Städte und der Dörfer, auf einem kleinen Berg. Niemals wandte er seine Kräfte dazu an, anderen zu schaden und sollte er je einem Lebewesen ein Unrecht zugefügt haben, wusste er dies zu rechtfertigen. Er missbrauchte seine Macht nicht. So gab Surah den schwarzen Stein in seine Hände und ernannte ihn zu seinem Wächter. Lunus fröstelte. Der aufkommende Wind war beißend. Er grub sich unter seine Haut und setzte sich tief in seinem Inneren ab. Langsam stieg der alte Mann aus dem Wasser und setzte sich unter den Apfelbaum. Er war müde, unsagbar müde und dennoch konnte er sich nicht schlafen legen. Etwas plagte ihn, ließ ihn nicht mehr los. Etwas bereitete ihm unsagbare Angst.

    Als er sich in der vergangenen Nacht schlafen gelegt hatte, war er von einem Albtraum heimgesucht worden. Er war umgeben von hellen Flammen, unsagbare Hitze hatte sich um ihn herum ausgebreitet und nagte an jedem Zweig, jedem Blatt, jedem lebenden Geschöpf, auch an ihm. Das Feuer war echt und doch verbrannte es nichts, das von seinen grellen Flammen verschluckt wurde. Es bereitete nur unsagbar große Schmerzen. Der alte Mann wusste, was es mit diesem magischen Feuer auf sich hatte. Sein Ursprung befand sich nicht dieser Welt, denn es war Höllenfeuer.

    Lunus spürte, wie es ihm bei dem Gedanken die Kehle zuschnürte. Eine Kreatur, vielmehr ein Schatten, war aus der Hölle entkommen. Er hatte es tatsächlich geschafft, die unzähligen Barrieren zwischen den Welten zu überwinden, ohne dabei in Stücke zerrissen zu werden. Dem Zauberer war durchaus bewusst, aus welchem Grund die Kreatur in seine Welt gedrungen war. Doch wie hatte er davon erfahren können? Wie war es ihm gelungen, aus der Hölle zu entkommen? Es war dem Zauberer ein Rätsel und trotz seines schnellen Erwachens wusste er, dass er diesen Traum nicht umsonst gehabt haben musste. Es war kein bloßer Albtraum gewesen, vielmehr eine Warnung.

    Schweißperlen begannen sich auf der Stirn des Zauberers zu bilden. Es war kalter Angstschweiß. Hastig sprang er auf und lief einmal um den Baum herum. Er bückte sich und zog an einer alten Wurzel, die mit einem ächzenden Geräusch nachgab und nach oben knickte. Der alte Mann atmete erleichtert auf. Dort unten, von mehreren Schutzzaubern umgeben, lag er. Vorsichtig löste er die schützenden Barrieren und streckte seine Hand nach dem mächtigen Artefakt aus. Er spürte die kalte, glatte Oberfläche, die makellose Hülle des schwarzen Steins. Vorsichtig ließ er ihn in seine Manteltasche wandern, dann klappte er die Wurzel wieder nach unten und richtete sich auf. Neben dem Fluss, noch immer unter den schützenden Zweigen des Baumes standen ein kleiner schwarzer Kessel und eine Holzschale. Lunus griff nach der Schale und begann damit das kristallklare Wasser in den Kessel zu füllen, bis er halb voll war. Dann zog er ein langes Messer unter seinem Umhang hervor. Während die Klinge tief in seine Handfläche schnitt, hielt er den Kopf abgewandt. Dann ließ er seinen kostbaren Lebenssaft ebenfalls in den Kessel tropfen und wischte sich die blutverschmierte Hand am Umhang ab. Als sich sein Blut mit dem Wasser aus dem Bach vermischte, färbte sich die Brühe mit einem Mal rabenschwarz. Zuletzt nahm er eine der aufgestellten Fackel und entzündete seine Tinktur mit dem blauen Feuer. Mit einigen Metern Abstand begann der Zauberer seine Hände nach beiden Seiten auszustrecken und mehrere Sprüche in einer fremden Sprache zu murmeln. Er begann am ganzen Körper zu zittern und kurz sah es so aus, als ob er zusammenbrechen würde.

    Plötzlich erhoben sich plötzlich dunkle Nebelschwaden aus dem Kessel und begannen sich langsam zu einer Gestalt zu formen. Als der Nebel erloschen war, stand an seinem Platz ein Mann mit kurzen braunblonden Haaren und grünen Augen. Er trug einen schwarzen Umhang, auf dem rote Schriftzeichen eingenäht worden waren. Der Zauberer musterte ihn kurz und wiederholte dann den gleichen Vorgang ein zweites Mal. Wieder erhob sich erst der Nebel aus dem Kessel und als er sich legte, stand ein zweiter junger Mann vor Lunus. Er hatte kurze braune Haare, braune Augen und einen ebenfalls schwarzen Umhang mit den gleichen Schriftzeichen. Bevor der alte Mann den Vorgang jedoch ein drittes Mal wiederholte, griff er in seine Manteltasche und zog den schwarzen Stein hervor. Mit einem leisen Geräusch verschwand das Objekt in der dunklen Tinktur. Wieder begann der Zauberer verschiedene Worte zu murmeln, doch dieses Mal erschien nicht nur schwarzer Nebel. Rote Nebelschwaden umtanzten die schwarzen und trafen immer wieder mit ihnen aufeinander. Mit Ende des Zaubers erloschen die Nebelschwaden mit einem grellen Lichtblitz, dann wurde es dunkel. Für einen kurzen Moment erloschen selbst die Fackeln.

    Lunus stützte sich schwer atmend am Stamm des großen Baumes ab. Auch ihn drohte ewige Finsternis einzuholen, doch mit letzter Kraft schüttelte der alte Mann die Hände des Todes von seinen Schultern. Vorsichtig beugte er sich über den Rand des Kessels. Die schwarze Tinktur war verschwunden. Anstelle dieser lag nun ein kleines Geschöpf in dem großen Kessel. Es war ein Baby, ein kleines Mädchen, das den schwarzen Stein mit ihren winzigen Händen fest umklammert hielt. Es schrie nicht, sondern hatte ihre Augen fest geschlossen und atmete ruhig und gleichmäßig. Ein warmes Lächeln breitete sich auf den Zügen des Zauberers aus. Er hatte es geschafft. Es war ihm tatsächlich gelungen!

    Lunus nahm dem kleinen Kind den Stein vorsichtig aus den Händen und steckte ihn zurück in seinen Mantel, dann hob er es heraus und ging zu den Männern hinüber. Lunus legte es dem braunäugigen Mann in den Arm und wandte sich dem anderen zu. Er berührte mit seinen beiden Zeigefingern die Schläfen des jungen Mannes und begann zu flüstern.

    „Erster Todesritter. Ich gebe dir hiermit mein Wissen und meine Kraft. Mögest du die Todes Tochter beschützen und ihr bei ihrer Aufgabe helfen, das Böse auf dieser Welt zu verhindern!"

    Er wartete noch einen kurzen Augenblick, bis das blaue Licht in den Augen seines Gegenübers erloschen war, dann wandte er sich dem anderen Mann zu.

    „Zweiter Todesritter. Ich gebe dir hiermit mein Wissen und meine Kraft. Mögest du die Todes Tochter beschützen und ihr bei ihrer Aufgabe helfen, das Böse auf dieser Welt zu verhindern!"

    Schließlich ging er noch einmal zu dem Apfelbaum hinüber und griff nach ein paar Waffen, die dort unter etwas Laub versteckt lagen. Er überreichte dem grünäugigen Mann das erste Schwert. Es hatte einen silbernen Griff, seine Klinge jedoch war tief schwarz.

    „Nimm es und beschütze die Todes Tochter außerhalb ihrer Heimat. Suche im Umland nach Feinden und lass sie in den Abgrund des Todes stürzen. Auch, wenn du mit deinem Leben bezahlst!"

    Dann überreichte er dem zweiten Todesritter das gleiche Schwert.

    „Nimm es und beschütze die Todes Tochter innerhalb ihrer Heimat. Sollte dein Gefährte versagen, wirst du sie weiterhin mit deinem Leben beschützen!" Der alte Mann drückte ihm außerdem noch zwei weitere Waffen in die Hand. Sie waren um einiges kürzer als ihre Vorgänger. Ihre Klingen waren gebogen und wanden sich wie die Leiber von Schlangen. Auch ihre Griffe waren rabenschwarz. Die Kurzschwerter unterschieden sich darin, dass auf einem Griff ein grüner, auf dem anderen ein roter Edelstein saß.

    „Dies sind die Schwerter der Todes Tochter, erklärte er. „Ihr alle bekamt von mir schwarze Schwerter, mächtige Waffen, die euch im Kampfe unterstützen werden. Sie gleichen eure Schwächen aus und unterstützen eure Stärken. Nehmt sie als ein Geschenk meiner Achtung entgegen. Und nun geht!

    Der alte Mann wandte sich von seinen Schöpfungen ab. Ob er das Richtige getan hatte, vermochte er nicht zu sagen. Jedoch hatte sein Zauber ihn geschwächt. Er war nun Magie - und somit schutzlos und bereit, auf den Tod zu warten.

    Ein paar Stunden später, noch in derselben Nacht, spürte Lunus, wie sich ein brennender Schmerz seines Körpers bemächtigte. Stöhnend schlug er die Augen auf und blickte in das Gesicht des Schattens.

    Ragon lächelte sie an. „Dir hat die Geschichte immer gefallen."

    „Sie gefällt mir noch immer, antwortete Lia. „Das Ende hast du mir nie erzählt.

    „Das liegt daran, dass es noch kein Ende gibt", flüsterte Ragon.

    Lia sah ihn verwirrt an. „Gibt es nicht?"

    „Nein. Noch nicht, aber bald, denn wenn alles so wird, wie ich es mir erhoffe, dann werden wir all diesen Menschen all dieses unsagbare Leid ersparen können."

    „Moment! Lia schüttelte lachend den Kopf. „Du hast eben ‚wir’ gesagt!

    „Der Schatten wird niemals an die Macht gelangen, wenn er vorher von dir gestürzt wird. Du kannst ihn daran hindern!"

    Das verwirrte Mädchen zog misstrauisch die Augenbrauen hoch.

    „Ich?"

    Ragon nickte.

    „Ich weiß, es kommt gerade alles etwas plötzlich, aber die Geschichte hat sich wirklich so zugetragen, sie ist wahr!"

    „Was soll das heißen, sie ist wahr?"

    „Es soll heißen, dass du die Todes Tochter bist, Lia!"

    Lia ließ seine Hand los und sah ihn an. Schon früher hatte sie an seinen Augen erkennen können, ob er log oder die Wahrheit sagte. Ein hektisches Glitzern oder Zucken hätte ihn verraten, doch er blieb ganz ruhig. Das hieß, dass er nicht log. Aber wenn er nicht log, dann musste er die Wahrheit sagen, seine Geschichte wäre wahr. War es denn möglich, dass es stimmte? Ihr Pulsschlag beschleunigte sich und sie schüttelte ungläubig den Kopf.

    „Bist du vielleicht heute irgendwann auf den Kopf gefallen?", fragte sie vorsichtig.

    Ihr Bruder legte die Stirn in Falten.

    „Es ist die Wahrheit, erklärte er. „Als ich die Schattendiener vor ein paar Tagen in unserem Dorf sah, wusste ich, dass unsere Zeit gekommen ist. Vielleicht aber habe ich auch zu lange gewartet!

    „Schattendiener?" Lia sah ihn verwundert an.

    „Ja, die Kreaturen, vor denen ich dich vorhin gerettet habe. Grässliche Wesen, die der Schatten mit dunkler Magie heraufbeschworen hat. Er hat sie nach seinem Abbild erschaffen. Nur die magischen Fähigkeiten und ein paar weitere Kleinigkeiten unterscheiden sie von ihm. Erst töten sie ihre Opfer und dann saugen sie sie aus."

    „Sie saugen sie aus?" Lia schnappte nach Luft.

    Ihr Bruder nickte.

    „So bleiben sie bei Kräften. Jedoch habe ich noch nie solch starke Züchtungen gesehen. Ich hoffe, dass es noch nicht zu spät ist!"

    Das junge Mädchen konnte immer noch nicht fassen, was ihr Bruder ihr da gerade erzählte. Immer wieder ließ sie sich seine Worte durch den Kopf gehen, fand aber auch keine passende Erklärung für sein merkwürdiges Verhalten. Nervös fuhr sie sich mit der Hand durch die Haare und schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf.

    „Warum ausgerechnet jetzt?" Ihre Stimme zitterte und sie musste gegen die Tränen ankämpfen, die aus ihr herauszubrechen drohten.

    „Es gibt Zeichen. Wie gesagt, die Schattendiener, die dich verfolgt haben, zeugen davon, dass der Schatten an Macht gewonnen hat!"

    „Welche Rolle spielst du in der Geschichte?"

    Warum Lia fragte, wusste sie nicht. Sie fürchtete die Antwort bereits zu kennen.

    „Ich bin einer der Todesritter, flüsterte er, „und leider auch nicht dein wahrer Bruder!

    Wie er die letzten Worte aussprach, eiskalt und ohne Hemmungen, sprudelte es einfach so aus ihm heraus. Doch für Lia war es wie ein Schlag mitten ins Gesicht. Ungläubig keuchte sie auf und versuchte zu verstehen, was Ragon gerade gesagt hatte.

    Frische Luft, sie brauchte jetzt frische Luft! Langsam ging sie zur Tür. Obwohl sie Ragons Gesicht nicht sehen konnte, wusste sie, dass er ihr verzweifelt hinterherblickte. Verwirrt stieß sie die Tür auf, die mit einem kräftigen Quietschen zurückfiel und an die Wand krachte. Kurz bevor sie die Hütte verließ, drehte sie sich noch ein Mal zu ihm um. Er saß einfach nur da, machte keine Anstalten, sie aufzuhalten.

    Enago

    Nur durch das leicht gedimmte Licht, das von ein paar Fackeln ausgestrahlt wurde, vermochte Enago etwas zu sehen. Die Kälte in der Höhle war beißend. Sie kroch ihm unter die Haut und ließ ihn frösteln. Doch nicht nur die Kälte war der Grund dafür, dass ihm die Haare zu Berge standen. Die Angst vor dem, was vor ihm lag, ließ ihn innerlich verkrampfen. Zitternd kroch Enago vor seinen Meister. Er suchte immer noch nach den richtigen Worten, die sein Versagen erklären konnten.

    Enago, was willst du hier? Warum vergeudest du meine Zeit?" Es war eine grauenvolle Stimme, die da zu ihm sprach. Kalt und düster.

    „Herr, ich habe euch aufgesucht, um euch etwas Wichtiges mitzuteilen."

    Was denn? Ich habe nicht viel Zeit!", fauchte der düstere Meister.

    „Natürlich, mein Herr."

    Langsam kroch Enago vorwärts. Er zitterte am ganzen Körper und sein Herzschlag war so laut, dass er befürchtete, man könne ihn hören.

    „Ich erhielt gerade Kundschaft von unseren Spionen. Die Schattendiener, die ich losgeschickte, die Todes Tochter zu finden und ihre Beschützer zu töten, waren in zweierlei Hinsichten erfolgreich."

    Ein gurgelndes Lachen drang ihm entgegen.

    Gut", flüsterte die dunkle Kreatur. „Also haben sie sie gefunden und die Todesritter wurden in den endlosen Abgrund gestoßen?"

    Enago schluckte. Er wagte es kaum, weiter zu sprechen.

    „Sie haben sie gefunden, jedoch …" Er räusperte sich und versuchte verzweifelt, die aufkommende Angst zu verbergen.

    „Jedoch gelang es ihnen nur, einen der Beschützer zu töten. Danach haben auch sie den Tod gefunden."

    Wie bitte?"

    Unter den scharfen Worten des Schattens zuckte Enago erschrocken zusammen.

    Wessen Hand hat es gewagt, seine Klinge durch das dunkle Herz meiner Züchtungen zu stoßen?"

    „Ich, ich weiß es nicht, mein Herr."

    Enago starrte gebannt auf den schmutzigen Boden vor ihm. Auf keinen Fall wollte er dem tödlichen Blick, den eiskalten Augen begegnen. Der Schatten verschmähte schlechte Nachrichten und von dem Großteil ihrer Überbringer hatte er nur ein paar leblose Fetzen übrig gelassen.

    Sie läuft also noch immer lebendig herum? Die Zeiten sind also noch fern, in denen sie um Gnade winselnd vor mir knien wird?"

    Enago antwortete nicht. Der Schatten hatte ihm zwar eine Frage gestellt, war sich dessen Antwort jedoch bewusst. Außerdem konnte Enago nicht mehr sprechen. Der Kloß in seinem Hals wurde immer größer, er zitterte. Stille begann sich in der Höhle auszubreiten. Es

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