Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Hexenjagd in Westerham: Paranormale Untersuchungsbehörde #1
Hexenjagd in Westerham: Paranormale Untersuchungsbehörde #1
Hexenjagd in Westerham: Paranormale Untersuchungsbehörde #1
eBook227 Seiten3 Stunden

Hexenjagd in Westerham: Paranormale Untersuchungsbehörde #1

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Ein Morgen genügt, damit das Leben der Fotografin Lily Bianchi aus den Fugen gerät.

Eine elegant gekleidete Engländerin taucht an ihrer Wohnungstür auf und behauptet, sie sei eine Hexe. Als wäre das nicht schon verrückt genug, erfährt sie außerdem, dass ihr Bruder James entführt wurde und die Paranormale Untersuchungsbehörde ihre Hilfe braucht, um ihn zu finden. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, erfährt Lily auch noch, dass sie selbst ebenfalls eine Hexe ist. Noch bevor sie fragen kann, wo ihr Kaffee ist, sitzt sie schon in einem Flugzeug Richtung Westerham, England.

Leider ist England nicht so gastfreundlich, wie sie gehofft hatte. Kaum ist sie angekommen, wird sie in eine Falle gelockt, verhaftet und beinahe erschossen. Von da an kann es doch nur noch besser werden, oder? Ja, klar ...

SpracheDeutsch
HerausgeberDionne Lister
Erscheinungsdatum23. März 2021
ISBN9781922407122
Hexenjagd in Westerham: Paranormale Untersuchungsbehörde #1
Autor

Dionne Lister

I love writing and sharing my stories but I wish they wouldn't keep me awake at night.I'm from Sydney and when I'm not writing I'm tweeting, reading or doing sporty stuff.I'm a USA Today bestselling author, and I've been named by iBooks as "One of 10 emerging fantasy authors you must read." Shadows of the Realm, the first fantasy novel in my Circle of Talia series, has been number one in it's genre categories on Amazon and iBooks, reaching number 1 overall on iBooks Australia. The series is complete with A Time of Darkness and Realm of Blood and Fire.

Ähnliche Autoren

Ähnlich wie Hexenjagd in Westerham

Titel in dieser Serie (5)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Cosy-Krimi für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Hexenjagd in Westerham

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Hexenjagd in Westerham - Dionne Lister

    Kapitel 1

    Das nasale Gejammere der Braut durchdrang die leise Musik des Streichquartetts. „Hey, Mrs Fotografin, nicht da. Etwas mehr in diese Richtung. Sie wedelte mit einem großen Messer in der Luft herum, um mir zu zeigen, wohin ich gehen sollte. Das glänzende weiße Band, das um seinen Griff gebunden war, kräuselte sich bei ihren Bemühungen. „Warum bezahle ich Sie eigentlich, wenn ich alles selbst machen muss?

    Gott steh mir bei, aber am liebsten hätte ich ihr Gesicht in die Hochzeitstorte gedrückt. Tief durchatmen. Ich versuchte zu lächeln, während ich einen Schritt nach links machte. Dann schaute ich durch den Sucher meiner Kamera und schätzte die Aufnahme ab. Die weiß getünchten Holzwände und der eiserne Kronleuchter mit den Kerzen bildeten einen geradezu magischen Hintergrund. So wunderschön.

    „Nein! Mein Gott, muss ich denn alles selbst machen?", schrie sie, und ich zuckte zusammen. Sie stürzte sich auf mich, das Messer immer noch in der Hand, und schob mich an der Schulter durch die Gegend, bis ich endlich genau dort stand, wo sie mich haben wollte.

    Wer hatte gesagt, dass sich mit Hochzeiten einfach Geld verdienen ließe? Die Braut kehrte auf ihren Platz neben dem Bräutigam zurück. Wenigstens hatte er den Anstand, zu erröten. Ich fragte mich, ob er gerade die Wahl seiner Lebenspartnerin überdachte. Pech gehabt, Kumpel. Du hast dir den Ring schon aufstecken lassen. „Sind wir jetzt vielleicht so weit, die Torte anzuschneiden?", fragte sie mit hochgezogener Augenbraue, als ob ich diejenige gewesen wäre, die alles aufgehalten hätte. Himmelherrgott noch mal.

    „Bitte hierher schauen", rief ich und schielte durch den Sucher. Die Braut, Tracy, verdrehte entnervt die Augen. Ich hatte vielleicht das Offensichtliche gesagt, aber ihr Mann hatte sie angesehen, also was hätte ich sonst tun sollen? Sie drehten sich beide zur Kamera, wobei Tracys finsterer Blick schlagartig in ein strahlendes Lächeln umschlug. Ich schoss ein paar Fotos, während sie die Messerspitze auf die Glasur setzten und dann die Klinge in das vierstöckige Kunstwerk schoben.

    Jetzt, wo Tracy beschäftigt war, eilte ich schnell an meinen ursprünglichen Platz zurück und drückte weiter auf den Auslöser, während sie sich gegenseitig mit Kuchen fütterten. Warum engagierte man mich, wenn man meinem Urteilsvermögen nicht traute? Es war ja nicht so, dass ich die billigste Fotografin da draußen war, und ich bezweifelte, dass Tracy einen Abschluss in bildender Kunst hatte. Wer hatte sich bloß den Spruch „Der Kunde hat immer recht" ausgedacht? Ehrlich gesagt, hatten die meisten Kunden von Bildkomposition und Beleuchtung keine Ahnung. Ich bekam schon Kopfschmerzen, als ich nur an die Bearbeitungsvorschläge dachte, die nächste Woche auf mich zukommen würden.

    Ihre Eltern gesellten sich zu ihnen und ihr Vater nahm sie überschwänglich in den Arm. Ich trat schnell vor, stellte das Objektiv ein und schoss ein paar Nahaufnahmen. Das würden wunderbare Fotos werden – diese Emotionen in seinem Gesicht trieben mir Tränen in die Augen. Ich konnte es kaum erwarten, sie auf meinem großen Desktop-Bildschirm zu sehen. Außer …

    Ich blinzelte und nahm den Finger vom Auslöser. Ich musste ziemlich müde sein, denn ihr Vater schien plötzlich so durchsichtig zu sein, wie ich mir einen Geist vorstellte. Ich konnte Tracys Mutter durch ihn hindurch sehen. Was zum Teufel war da los? Ich ließ die Kamera sinken. Natürlich war er aus Fleisch und Blut und sah völlig normal aus. Ich brauche wohl dringend einen Kaffee. Vielleicht hatte mich Tracys verrücktes Brautverhalten so unter Stress gesetzt, dass ich halluzinierte.

    Aus den Lautsprechern dröhnten Rückkopplungen, die mein Gehör mit Laserpräzision zerstörten. Dann folgte ein Kichern, bevor eine Frauenstimme aus den Lautsprechern schallte. „Upsie. Zeit zum Tanzen! Bewegt eure Hintern auf die Tanzfläche, Leute!" Taylor Swift donnerte über die Partygäste hinweg, und das war es dann auch mit jeder Konversation. Ich zog mein Handy aus der Gesäßtasche und überprüfte den Bildschirm. 20:45 Uhr. Noch fünfundvierzig quälende Minuten. Wenigstens war die Braut nun zu beschäftigt, um mich zu nerven, da ihre Brautjungfern sie gerade auf die Tanzfläche zerrten.

    Ich ließ mein Handy in die Tasche zurückgleiten und hob die Kamera vors Gesicht. Das war wahrscheinlich eine meiner Lieblingsaufgaben auf einer Hochzeit – die Schnappschüsse, bei denen alle Spaß hatten. Jemand tippte mir auf die Schulter. Ich drehte mich um.

    Der Vater der Braut stand da, Gott sei Dank aus Fleisch und Blut. Er lächelte sogar. „Hi, Lily. Ich wollte mich ganz herzlich für den heutigen Tag bedanken. Sie haben einen Großteil dazu beigetragen, dass er für meine Tochter zu etwas ganz Besonderem wurde. Ich weiß, dass sie es manchmal ein wenig übertreibt. Er zuckte mit den Schultern, als wollte er sagen: „Was willst du machen? Also mir würden da ein paar Dinge einfallen. „Wie auch immer, hier ist ein kleiner Bonus als Zeichen unserer Wertschätzung." Sein Lächeln war echt, als er mir einen weißen Umschlag reichte. Das Ganze hatte fast etwas Mafiahaftes an sich.

    „Ähm, danke, Mr Papadakis. Das ist sehr nett von Ihnen." Er hatte mir bereits den vollen Betrag für den Auftrag per Lastschrift bezahlt, also konnte ich nur annehmen, dass in diesem Umschlag eine Art Trinkgeld war. Natürlich wollte ich zu gern wissen, wie viel es war, aber ich war mir nicht sicher, ob es höflich war, den Umschlag vor seinen Augen zu öffnen.

    „Es ist mir ein Vergnügen. Meine Frau und ich können es kaum erwarten, alle Bilder zu sehen. Nochmals vielen Dank." Er lächelte und machte sich auf den Weg zur Tanzfläche, um mit seiner Tochter ein paar Schritte zu wagen. Was für ein toller Vater.

    Ich holte tief Luft und kämpfte mit einer unerwarteten Träne. Wenn ich jemals heiraten würde, hätte ich weder einen Vater noch eine Mutter, mit denen ich feiern könnte. Sie waren verschwunden, als ich vierzehn war, und waren inzwischen für tot erklärt worden. Vielleicht würde ich das ganze Heiratsding einfach vermeiden. Dann müsste ich mir keine Sorgen darüber machen, dass ich sie dabei vermissen würde. Wenigstens hatte ich noch James, meinen älteren Bruder. Nachdem unsere Eltern verschwunden waren, hatte er sich um mich gekümmert. Später hatte er eine Frau aus London kennengelernt und geheiratet. Sie lebten inzwischen außerhalb der britischen Hauptstadt, aber er rief mich jede Woche an. Und ich wusste, dass ich später einen Geburtstagsanruf bekommen würde. Er war seit sechs Jahren drüben, aber die wichtigen Daten vergaß er nie.

    Ich schoss die letzten Fotos des Abends, verabschiedete mich ohne viel Tamtam von dem Hochzeitspaar, schleppte meine Ausrüstung zu meinem Wagen und packte sie auf den Rücksitz. Sobald ich hinter dem Steuer saß, verriegelte ich die Türen – man konnte ja nie vorsichtig genug sein – und öffnete den Umschlag. Ich simulierte einen Trommelwirbel, indem ich mit der Zunge gegen den Gaumen schnalzte – okay, es klang nicht gerade wie ein Trommelwirbel, aber es war besser als nichts. Obwohl die laute Musik in meinen Ohren dröhnte, war das Knistern des sich öffnenden Umschlags immer noch laut in dem stillen Auto. Ich hielt den Atem an, als ich den Inhalt herauszog … grüne Scheine, was bedeutete … Mein Gott! Eintausend australische Dollar in Hunderterscheinen.

    „Juhu!, schrie ich. Das verlangte nach einem Lied. „Happy birthday to me. Happy birthday to me. Happy birthday, dear Lily. Happy birthday to me! Das beste Geschenk aller Zeiten. Eintausend steuerfreie Dollar. Ich grinste. Vielleicht kam ich früher als gedacht nach England. Dieses Geld sollte in meine Urlaubs-/Bruderbesuchskasse fließen. Ich schaltete das Radio ein und sang auf dem Heimweg die neuesten Popsongs mit. Vielleicht war es doch nicht so schlimm, vierundzwanzig zu werden.

    Aber vielleicht freute ich mich auch zu früh.

    Kapitel 2

    Ich kam um 22.45 Uhr durch meine Wohnungstür und wäre am liebsten gleich ins Bett gegangen, wollte jedoch James' Anruf nicht verpassen. Also gönnte ich mir eine heiße Dusche, bevor ich auf ein paar SMS meiner Freunde antwortete, die mir zum Geburtstag gratulierten und mich anflehten, mit ihnen auszugehen. Aber ich war nicht in der Stimmung. Mein Geburtstag holte das Schlimmste aus mir hervor. Normalerweise war ich ein glücklicher Mensch, aber an meinem Geburtstag wurde ich immer depressiv. Es war leicht, in Selbstmitleid zu baden, wenn man keine Familie hatte, mit der man feiern konnte. Ich vermisste die bedingungslose Liebe, die ich als Kind geschenkt bekommen hatte – die Gesichter meiner Eltern und Großeltern hatten immer aufgeleuchtet, wenn sie mich sahen. Unsere gemeinsamen Mahlzeiten, die meist mit dem Apfelstrudel meiner Großmutter endeten, waren immer ein Festmahl mit viel Geplänkel und Gelächter gewesen.

    Ich machte es mir im Schlafanzug auf meiner rehbraunen Couch gemütlich und zappte durch die Kanäle. Juhu, Brautalarm lief, aber buh, nur noch zwanzig Minuten. Das war die beste Komödie aller Zeiten. Vielleicht versuchte das Universum, es wiedergutzumachen. Ich kuschelte mich auf die Couch und legte das Handy neben mich. Am Ende des Films überprüfte ich den Bildschirm meines iPhones. Nein, keine Anrufe. Das wusste ich zwar schon, weil das Telefon nicht geklingelt hatte, aber ich wollte auf Nummer sicher gehen.

    Ich gähnte. 23.30 Uhr, also 14.30 Uhr in England. Er hätte schon längst anrufen sollen, es sei denn, er wurde auf der Arbeit aufgehalten. Vielleicht gab es einen Programmiernotfall, und alle Webseiten seiner Firma waren nicht mehr erreichbar. Das war wahrscheinlicher, als dass er es vergessen hatte, nicht wahr? Obwohl, wir alle vergaßen manchmal Dinge. Enttäuschung machte sich in mir breit, und Tränen brannten in meinen überreagierenden Augen. Verdammt, Lily, er wird anrufen. Hör auf, dich wie ein Kleinkind zu benehmen. Ich schniefte und fuhr mir mit dem Handballen über die Augen. Keine Tränen mehr.

    Im Fernsehen lief nun eine andere Show namens Dating Naked, in der die Kandidaten … richtig, nackt zu einem Date gingen. Der absolute Horror, Menschen nackt reiten zu sehen. Igitt. Ich wollte nicht mit der Person tauschen, die hinterher den Sattel putzte. Ich hatte zwar keine Ahnung, wie andere das sahen, aber das Letzte, was ich bei einem ersten Date sehen wollte, war das Gehänge des Typen. Ich war weiß Gott nicht prüde, aber das war einfach nicht der attraktivste Teil eines Mannes. Ich war eher eine „Augen und Gesicht"-Frau. Ah, Late-Night-Fernsehen, wie du mich verhöhnst. Aber ich sah es mir trotzdem an, weil es besser war, als auf das Telefon zu starren. Okay, das war es nicht wirklich, aber egal.

    Kurz nach 1:00 Uhr und zwei grässliche Folgen von Dating Naked später schlief ich mit dem stummen Handy in der Hand ein.

    Verdammt, schon Morgen. Ich drehte das Gesicht von der eklig feuchten Stelle auf meinem Lieblingskissen und wischte mir den Sabber aus dem Gesicht. Es gab nichts Besseres, als mit einem emotionalen Kater auf der Couch aufzuwachen. Ich blinzelte und konnte gerade einmal die Uhrzeit auf meinem Handy erkennen. Keine verpassten Anrufe. Keine Nachrichten. Es war einfach noch zu früh für weitere Enttäuschungen. Zeit für einen Kaffee. Bis zu meinem ersten Kaffee am Morgen war ich nur zu Grunzlauten fähig, aber wenn James anrief, musste ich vollständige Worte herausbringen.

    Ich schaltete die Kaffeemaschine ein und füllte das Dingsbums – ich hatte keine Ahnung, wie man das nannte, aber diese Unkenntnis beeinträchtigte meine Bedienungsfähigkeiten nicht – mit Kaffeepulver, bevor ich es in den Hauptteil der Maschine schraubte. Ich drückte einen weiteren Knopf, aber statt heißem Wasser, das in Kaskaden durch das Kaffeepulver floss, sprühten Funken aus der Rückseite der Maschine. „Nein!" Ich beugte mich vor, riss den Stecker aus der Wand und musste vor lauter Rauch husten.

    Meine Kaffeemaschine war tot. Was zum Teufel sollte das? Sie war noch kein Jahr alt. Ich würde die Ersatzmaschine herausholen müssen – meinen italienischen Espressokocher, den mir meine Großmutter bei ihrem Tod hinterlassen hatte.

    Als ich in den Schrank griff, klingelte mein Handy. Es klingelte! Hm, die Nummer kannte ich nicht. Vielleicht hatte James Probleme mit seinem Telefon und musste sich das eines anderen ausleihen?

    „Hallo?"

    „Hallo … Lily?" Eine Frauenstimme durchbrach das Rauschen und klang wie Millicent.

    „Lily, hallo? Bist du dran? Hier ist …"

    Dann war die Leitung tot. Das war schon der zweite Todesfall für diesen Morgen. Ja, es waren metaphorische Tode, aber die Nackenhaare standen mir trotzdem zu Berge. Heute sah es nicht gut für mich aus. Vielleicht sollte ich einfach wieder ins Bett gehen.

    Ich gab niemals so einfach auf, also drückte ich die Wahlwiederholungstaste. Es klingelte, aber sobald jemand antwortete, wurde die Leitung unterbrochen. Hm. Der Empfang in meiner Wohnung war zwar immer gut, aber ich ging trotzdem zum Fenster.

    Dann drückte ich erneut die Wahlwiederholung. Dieses Mal klingelte es nicht einmal. Ich schnaubte verächtlich und machte meinem Frust lautstark Luft. Okay. Zeit, sich anzuziehen. Ich scheiterte heute Morgen am Leben, also musste ich mir irgendwo anders einen Kaffee besorgen. Das Café unten an der Straße brachte schließlich auch ein anständiges Gebräu zustande, und vielleicht würde ich nach dem Kaffee einen Spaziergang am Strand machen. Das klang nach einem guten Plan.

    Ich fand eine schwarze Sporthose und ein rotes T-Shirt in meinem Wäschekorb – ich hasste es, Kleidung wegzuräumen; das war so zeitaufwändig und langweilig. Dann kramte ich meine Turnschuhe unter dem Bett hervor, schnappte mir Geldbörse, Schlüssel und Handy und öffnete die Tür … vor der eine schlanke Frau Mitte fünfzig in einem grauen Anzug stand, die Hand zum Klopfen erhoben. Huch?

    „Kann ich Ihnen helfen?" Ich konnte keine Broschüren sehen, also stand mir wahrscheinlich keine religiöse Belehrung bevor – nicht, dass ich Religion hasste. Ich war Agnostikerin und glaubte an mein Recht, mit meiner Entscheidung friedlich und ohne Ärger leben zu können. Genauso wie andere meiner Meinung nach ein Recht auf ihren Glauben hatten, ohne dass ich sie verurteilte und verlangte, dass sie wie ich zu Zaungästen wurden.

    Mit strengem Blick taxierte sie mich von Kopf bis Fuß und schaute mich dann wieder direkt an. War mein Aussehen der Grund für ihr Stirnrunzeln – mein T-Shirt war tatsächlich ein wenig zerknittert – oder lag es an ihrem superstraffen Dutt? Aber eigentlich wollte ich das gar nicht herausfinden.

    „Hören Sie, ich bin gerade auf dem Sprung, Ms …"

    „Angelica Constance DuPree, aber für Sie Ma'am." Okaaay. Sie war nicht nur herrisch, sondern hatte auch einen feinen englischen Akzent, der ihren Worten noch mehr Ernsthaftigkeit verlieh. Sie neigte den Kopf ein wenig nach hinten, sodass ihre Nase nach oben zeigte. Umso besser konnte sie auf mich herabschauen. „Und Sie sind Lily Katerina Bianchi. Sie sind ungefähr so, wie ich es erwartet habe."

    Was sollte das bedeuten? Ich blinzelte. Mein Gehirn war leer. Kaffee. Ich brauchte Kaffee. Und woher kannte sie meinen Namen? Ich nahm an, dass sie ihn im Internet gefunden hatte. War sie eine Stalkerin? Sie könnte ein Messer oder etwas anderes hinter ihrem Rücken versteckt haben.

    „Ma'am, möchten Sie sich unterhalten, während wir ein paar Schritte gehen? Ich muss … irgendwo hingehen." Kaffee klang nicht wichtig genug als Grund, um das Haus zu verlassen, aber glauben Sie mir, es ging fast um Leben und Tod. Ich bekam schon mittags Migräne, wenn ich meinen täglichen Schuss Koffein verpasste. Ich schob mich an ihr vorbei und schloss die Wohnungstür, wobei der Riegel automatisch einrastete. Es wäre wahrscheinlich sicherer, mit ihr in der Öffentlichkeit zu sprechen. Um ehrlich zu sein, wirkte sie leicht verschroben und ein bisschen unheimlich. Oh, und sie kannte meinen Namen. Das sollten wir nicht vergessen.

    „Nun gut. Sobald Sie Ihren Kaffee haben, können wir hierher zurückkommen und reden. Das ist eine Angelegenheit, die unter vier Augen besprochen werden sollte."

    Wie bitte? Woher wusste sie, dass ich mir einen Kaffee besorgen wollte? Sah ich aus wie ein Kaffee-Junkie auf Entzug? Nee, jemand, der unter Kaffeeentzug litt, sah nach nichts aus, zumindest nicht, bis ich meine Autotür öffnete, mich hinauslehnte und wegen eines Migräneanfalls übergab. Ja, das war schon vorgekommen. Mehr als einmal. Bitte verurteilen Sie mich nicht, Ma'ams missbilligender Blick war alles, was ich im Moment ertragen konnte. Oh, sie sah auch selbstgefällig aus, als hätte sie mich überlistet. Ich nehme an, wenn man Gedanken lesen kann, fühlt man sich auch so. Ich wollte das auch können, verdammt! Aber ich glaubte doch nicht wirklich, dass sie das konnte, oder?

    Oh je, ich brauchte wirklich dringend einen Kaffee, aber das war verrückt. Ich kannte diese Frau nicht. Ich wollte nicht, dass sie mitkam, aber wie sollte ich ihr das sagen? Normalerweise war ich nicht jemand, der seine Meinung sagte und „schwierig" war. Was vermutlich die meisten Frauen in Situationen brachte, die sie lieber vermieden hätten. Vielleicht war es an der Zeit, zu lernen, die Leute zu verärgern und sich keine Sorgen darüber zu machen.

    „Hören Sie, Ma'am, ich kenne Sie nicht, und ich habe keine Ahnung, warum Sie vor meiner Haustür stehen oder woher Sie meinen Namen kennen. Ich schlage vor, Sie

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1