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Mein anderes Ich
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eBook311 Seiten4 Stunden

Mein anderes Ich

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Über dieses E-Book

Wer nicht zufrieden ist mit dem, was er hat, der wäre auch nicht zufrieden mit dem, was er haben möchte. Berthold Auer
Alina bekommt noch als Schülerin ein Baby. Dank ihrer Eltern und Großeltern schafft sie einen Schulabschluss und wird Übersetzerin. Sie hat nie verwunden, dass der Erzeuger sie seinerzeit sitzen ließ. Nach dem Tod der Großmutter zieht sie mit ihrem Sohn auf die Insel Sylt, um dem Opa zu helfen. Sie nimmt einen Bürojob an und hat ein schönes Leben. Leider nur für kurze Zeit, da dann auch er stirbt. Er hat ihr jedoch ein lebenslanges Wohnrecht in dem Haus, welches nun ihrem Vater gehört, testamentarisch zugesichert. Sie muss nie Miete zahlen, sondern nur für die Unkosten aufkommen. Endlich kann sie ganz das Leben leben, wovon alle im Zusammenhang mit der Insel reden: Reichtum, Partys, schicke Kleidung und dazu gehört der tolle, wohlhabende Mann, der sie verwöhnt, auf Händen trägt, sie all die scheußlichen Jahre davor vergessen lässt.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum10. März 2021
ISBN9783752692457
Mein anderes Ich
Autor

Angelika Friedemann

Die Autorin: Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein. Albert Einstein Ich versuche, die Aufmerksamkeit der Leser zu fesseln, sie zu unterhalten und zu erfreuen, möglicherweise zu erregen oder tief zu bewegen.

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    Buchvorschau

    Mein anderes Ich - Angelika Friedemann

    Mein anderes Ich

    Titelseite

    Impressum

    Angelika Friedemann

    Mein anderes Ich

    Wer nicht zufrieden ist mit dem,

    was er hat,

    der wäre auch nicht zufrieden mit dem,

    was er haben möchte.

    Berthold Auer

    ******

    Alina Knudsen verließ den Friedhof, wo sie alles für den Winter hergerichtet hatte. Der schmerzliche Verlust tat immer noch weh. Ihr Opa fehlte ihr so sehr. Johan Knudsen war vor sechs Monaten mit 86 Jahren gestorben. Der Arzt nannte es, friedlich für immer eingeschlafen.

    Sie trat kräftiger in die Pedale, da der Wind doch kalt war. Sie musste Björn, ihren 4-jährigen Sohn von seinem Betreuungsplatz abholen. Während sie zu den Nissens radelte, weil sie Benzin sparen wollte und auch ein wenig für die Umwelt tat, überlegte sie: danach fix nach Hause, wo sie jeden Tag ein Stück von dem alten Pferdestall zerlegte. Noch war es nicht so kalt und die Arbeit ging ihr inzwischen leichter von der Hand. Am Anfang hatte sie sich jede Menge Blasen, reichlich andere Blessuren nicht nur an den Händen geholt. Auch die Unterarme zuweilen sogar die Schienbeine, der Rücken und der Po sahen schlimm aus, dazu kam auch noch der Muskelkater, von der ungewohnten Arbeit. Das Dach hatte seinerzeit noch die Firma abgerissen, die das Reet erneuerten. Die restlichen Stallungen wollte ihr Opa im Sommer, wenn sie mit Björn bei den Eltern war, abreißen lassen. Nur dazu kam es nicht mehr. Also legte sie selbst Hand an, riss zuerst die einzelnen Boxen weg, machte da alles sauber. Danach kamen die Türen dran, die sie herausbrach. Nun war das Schlimmste erledigt und sie musste nur noch die Außenwände entfernen. Wenigsten benötigte sie nun keine Leiter mehr, was alles erheblich vereinfachte, sie nicht mehr runterfallen konnte, wie mehrmals passiert, weil sie zu viel Schwung hatte. Die Bretter stapelte sie an der Seite, da sie die später zerteilen musste. Es war trotz allem eine Knochenarbeit, aber sie hatte kein Geld, das eine Firma machen zu lassen. Es reichte gerade dafür, all die Unkosten zu bezahlen. Eigentlich konnte sie sich das alte Haus von ihren Großeltern gar nicht leisten, aber er hatte es ihr hinterlassen. Sie wollte und konnte es nicht verkaufen, musste irgendwie damit klarkommen. Ihr Opa, ihr Vater waren darin aufgewachsen. Ihr Opa hatte in den letzten Jahren vieles erneuern lassen. Das fing bei der Elektrik, den Rohren, der Heizung an und hörte bei dem Reetdach auf. Sogar eine neue Küche hatte er gekauft, als die seinerzeit mit Björn zu ihm zog. Er war so lieb, besorgt um sie und ihren Lütten gewesen. Ein Verkauf wäre ihr wie ein Verrat vorgekommen, als wenn sie im Nachhinein ihre Großeltern betrügen würde.

    Das riesige Anwesen, das große Haus bedeuteten viel Arbeit, selbst jetzt im Herbst. Dass sie den alten Pferdestall weghaben wollte, war dabei mehr, dass der sie störte. Die Pferde gab es schon seit fünf Jahren nicht mehr. Der Stall gammelte vor sich hin, störte den Blick Richtung Wattenmeer. Das befürwortete sogar ihr Opa, als sie im vergangenen Jahr mit ihm darüber sprach; ihm Pläne für den neuen Hof vorlegte. So hatte sie auch gleich zusätzliches Holz für den Winter. Ihr Nachbar Frieder, ein Freund ihres Opas, wollte ihr demnächst seine Elektro-Säge vorbeibringen, damit sie die Bretter zersägen konnte. Sie musste auch noch Holz hacken, um für den Winter gerüstet zu sein. Sie war als Sekretärin neun Stunden am Tag in Westerland. Daneben ging sie fünfmal in der Woche abends von 19.30 bis 21.00 Uhr in einer Bank putzen, damit sie ihrem Sohn seine kleinen Wünsche erfüllen konnte. Ihr Opa hatte ihr zwar auch noch 62.800 Euro hinterlassen, aber das Geld wollte sie nicht anrühren.

    Fast zwei Jahre lebte sie nun auf der Insel. Solange ihr Opa lebte, war es einfacher für sie gewesen, da er Geld zum alltäglichen Leben dazu steuerte, alle Kosten für Haus und Grundstücke bezahlte, sich, wenn sie arbeiten war, um Björn kümmerte, ihm viel zeigte, beibrachte. Nur nach seinem Tod blieb alles an ihr hängen.

    Alina, beklage dich nicht. Vielen Menschen geht es nicht so gut, kehrte ihr Optimismus zurück. Der Friedhofsbesuch ließ sie jedes Mal nicht nur traurig werden, sondern auch pessimistisch, leicht depressiv. In den Momenten kam sie sich sehr allein vor, sehnte sich nach einer Schulter zum Anlehnen, wollte verwöhnt werden, nicht ständig alles allein erledigen. Obwohl sie ein Mensch war, der anpackte, egal bei was, war ihr das oftmals doch zu viel.

    Wie sagte Opa immer? Veränderung bedeutet – Leben. Sie ist generell unvermeidlich, also akzeptiere sie. Veränderung bedeutete auch Wachstum, Größe erlangen, Neues erproben, Risiken eingehen, zuweilen zu Altem zurückkehren. Nimm dir eine Weile Zeit und überlege in Ruhe, wo du derzeit stehst, was du wirklich möchtest, selbst wenn es utopisch ist. Dann lass dir durch den Kopf gehen, ob du auf dem richtigen Weg bist. Lass dich nie zu etwas drängen, was du nicht wirklich willst. Behalte deine Ziele stets vor Augen. Sie werden sich im Laufe des Lebens ändern, aber das ist normal. Ja, sie wusste, was sie wollte und dafür opferte sie viel. Nur das war es ihr wert, zumal es Björn hier sehr gut gefiel, da er wesentlich freier leben konnte. Vielleicht fand sie ja doch einmal den Richtigen. Einen Mann, der mit ihr und Björn leben wollte. Als sie Julian vor sich sah, schüttelte sie unwirsch den Kopf. Sie trat noch kräftiger in die Pedale.

    Sie fuhr auf den Hof von Frieder Nissen, stellte ihr Fahrrad vorn ab. Auf dem Anwesen lebten inzwischen vier Generationen. Björn war tagsüber immer dort untergebracht, da er mit dem 4-jährigen Torben und drei weiteren Kindern in dem Alter spielen konnte. Sie hatten ihr das seinerzeit, nach dem plötzlichen Tod von Johan Knudsen, angeboten und sie hatte dankend zugestimmt. In einer Kita wären die Zeiten so starr gewesen und zuweilen kam es vor, dass sie auch mal etwas länger arbeiten musste.

    Heute gab es eine Überraschung für sie. Frank, der 30-jährige Enkel von Bauer Frieder hatte gegrillt und alle warteten auf sie, wie ihr Björn schon von Weitem zurief. Sie nahm ihn auf den Arm und es gab erst einmal eine Umarmung von ihm; Küsschen von ihr. Sein Zappeln ignorierte sie.

    Es wurden zwei nette, unterhaltsame Stunden, dann mussten sie los, wie sie allen verkündete, da die Arbeit auf sie wartete. Nun hieß es rasch Björn ins Bett bringen und ab zu der Bank, putzen. Erst danach hieß es entspannen.

    ******

    Auf dem Heimweg hielt sie rasch bei der Sylter-Seifen-Manufaktur. Da wurden Seifen nach eigenen Rezepturen nur aus Sylter Zutaten hergestellt. Im Hause ihrer Großeltern war es von jeher Tradition, Seife dort zu kaufen, neben Deko-Artikeln, die ihre Oma für das Bad, die Dusche oben und die Toilette unten gekauft hatte. Hübsche Sachen. Ihr gefielen generell alte Bräuche – Traditionen, da sie etwas von Beständigkeit vermittelten. Gerade weil alles so schnelllebig, hektisch, laut, stressig war, kehrte Ruhe, Beschaulichkeit ein. Die Menschen konnten dabei abschalten, das Schöne, den Brauchtum genießen, pflegte ihre Großeltern früher zu sagen. Schon als Kind erzählten ihnen die Großeltern von vielerlei alten Gewohnheiten, Überlieferungen, Sitten. Für ihren Bruder war das lediglich alter unnützer Kram gewesen; für sie interessante Ereignisse, Dinge. Gerade in den tristen Wintermonaten waren die Insulaner enger zusammengerückt, hatte die freie Zeit genutzt, um zu klönen, sich zu treffen, zu feiern, die gute Nachbarschaft etwas zu intensivieren, zumal dann auch die vielen Seeleute daheim waren.

    Sie fand sowieso, dass Morsum oder auch Muasem der ursprünglichste Ort auf Sylt war. Der Tourismus fehlte eben. Die Reichen wollten hier auch keine Immobilien kaufen, da es zu viel Bauernhöfe gab, es zuweilen nach Kuh stank, die Trecker am frühen Morgen und späten Abend zeitweise laut dröhnten und der ganze Schicki-Micki-Kram fehlte.

    Die 1100-Seelen-Gemeinde liegt im Osten der Insel. Bei Morsum beginnt der Hindenburgdamm, der die Insel mit dem Festland verbindet. Es war herrlich hier, da es viel Natur gab, überwiegend eine urwüchsige Heidelandschaft, neben den Wiesen der Bauern. Sie spazierten gern darin herum, sahen den Hasen, Rehen, den vielen Vögeln zu. Hier wurden heute noch die Straßennamen in Sölring geschrieben. Sie wohnten im Hirlön. Sölring, der friesische Dialekt, der auf Sylt gesprochen wird, war in Morsum noch weit verbreitet. Allgemein jedoch wurde es immer seltener benutzt, da immer mehr Auswärtige hier lebten; Sylter die Insel verlassen mussten, da sie die stark steigenden Lebenshaltungskosten nicht mehr bezahlen konnten. Die Reichen benötigten zwar für alles Personal, aber die Bezahlung war mehr als miserabel. Mindestlohn kannten die wenigsten, selbst die Politiker, die hier Häuser hatten, nicht.

    Björn liebte die Spaziergänge am Morsum Kliff oder auch am Roten Kliff in Kampen. Nur die Gegend mied sie, da sie nicht noch einmal Ärger mit diesen Reichen wollte. Also das Morsum Kliff, dass sie auch schon mehrmals vom Boot aus gesehen hatten. In den Dünen zu laufen, machte ihm dito viel Spaß. Egal wo, hier konnte er frei aufwachsen, herumlaufen, spielen. Die Menschen im Ort kannte sie fast alle, da sie bereits als Kind jedes Jahr mehrere Wochen mit ihrem Bruder bei den Großeltern weilte. Dirk war hingegen nie so begeistert darüber gewesen, wie sie. Er nannte es später einmal, ich bin ein Großstadtkind, ein Hamburger Jung. Ich brauche das alles zum Leben, würde in Morsum eingehen. Sie grüßte freundlich, snàkte mit einigen Nachbarn, früher trank sie zuweilen Tee mit einigen Frauen in ihrem Alter. Tee war hier Nationalgetränk, obwohl sie lieber Kaffee mochte. Heute fehlte ihr die Zeit dafür, was sie bedauerte. Sie liebte dieses Geplauder.

    Zu Hause angekommen, musste Björn die Küche, das Bad und die Treppe putzen, da sie auch so genug Arbeit hatte. Er maulte nicht, sondern fing mit Tränen in den Augen an. „Ich muss auch rund um die Uhr schuften", meckerte sie.

    So, nun die Ohrstöpsel rein, eine Platte auflegen und ran an die Arbeit. Mit Musik gingen die Abrissarbeiten gleich leichter von der Hand.

    ******

    Heute goss es in Strömen und der blanke Hans pfiff um das Haus. Das Reetdach gab leise Geräusche von sich. Sie spielte mit Björn, lauschte den Geräuschen.

    Abends schlief ihr Sohn unruhig ein, da er das alles unheimlich fand. Mit schlechtem Gewissen fuhr sie nach Westerland, da sie putzen musste. Sie lauschte immer wieder, ob Björn wach wurde. Zurück rannte sie gleich zu seinem Zimmer, aber er schlief. Sie zog sich aus, kochte Kaffee, trank, schaute in die Dunkelheit.

    Sie saß an der Nähmaschine, nähte noch abends die Röcke und Kleider enger, da sie schon wieder abgenommen hatte. Sie freute sich auf das Wochenende, da sie da wirklich immer viel Zeit mit ihrem Sohn verbrachte. Sie hatte oft ein schlechtes Gewissen, dass sie Björn so wenig sah.

    Der kam völlig verschlafen zu ihr. „Du bist ja da, Mama. Hab Durst."

    „Ab ins Bett. Ich bringe dir etwas, mein Schatz. Du hast heute nicht mein Schlafzimmer geputzt und die Fenster sind auch noch dreckig. Nun muss ich wieder die ganze Nacht schuften, komme nie zum Schlafen."

    Mit einem Glas Leitungswasser ging sie zu ihm. Er trank durstig, legte sich hin und sie erzählte ihm eine Geschichte. Nur es dauerte nur kurze Zeit, da war er bereits eingeschlafen.

    Sie saß noch bis nachts 1.40 Uhr an der Nähmaschine. Gut das morgen Samstag war und sie länger schlafen konnte. Sie freute sich auf das Wochenende, da sie da wirklich immer viel Zeit mit ihrem Sohn verlebte.

    ******

    Am Samstagvormittag waren sie, in der Heidelandschaft spazieren gewesen. Björn ließ seinen Drachen steigen. Der Herbst in seinen buntesten Farben hatte auf der Insel Einzug gehalten und es war wunderschön. Danach waren sie nach Westerland gefahren.

    Alina nahm Björn fix auf den Arm, als sie den großen Hund angerannt kommen sah. Wo war dessen Herrchen? Ohne sie zu beachten, hastete er an ihnen vorbei und sprang einen Mann an, der ihn streichelt, nun ihn an der Leine festhielt, welche er hinter sich hergezogen hatte. Eine Frau kam herbeigeeilt. „Sieht er dich, kann ich ihn nicht mehr halten, rief sie schon von Ferne. „Entschuldigen Sie bitte. Er ist ein Lieber - ansonsten, wandte sie sich an Alina.

    „Sollten Sie aber, da Sie damit alle Menschen erschrecken", äußerte ein Mann böse und arrogant.

    „Entschuldigung! ", sagte die Frau nochmals, ging die letzten Schritte nun langsamer weiter.

    Der Mann kam näher. „Entschuldigen Sie bitte. Sieht er mich, rennt er eben los. Deswegen gehen wir immer nur beide mit ihm raus. Ich wurde zu einem Notfall gerufen, deswegen war meine Frau mit ihm kurz allein unterwegs. Möchtest du ihn streicheln?", wandte er sich an Björn, der sofort begeistert war.

    Er streichelte ihn und Alina bedankte sich.

    „Der Hund ist lieb, wusste Björn nun. Sie wollte gehen, als sie jemand ansprach. „Moin, Alina! Angst gehabt?

    „Moin. Ich ja, Björn nein. Er wäre ihm sofort nachgerannt. Er liebt Hunde."

    „Mads, der war lieb, Björn jetzt. „Der war so groß wie ich.

    „Trotzdem nie anfassen. Hat er schlechte Laune, zwickt er dich."

    „Willst du mich nicht vorstellen?"

    Alina blickte überrascht zu dem gut aussehenden Fremden. Es war der Mann, der ebenso unhöflich gleich überheblich meckerte. Sie sah sofort Julian vor sich. Der war nur etwas größer und hatte braune Augen, keine blauen und er war stets höflich gewesen, nicht dermaßen rüde. „Moin, ich bin Alina Knudsen und das ist mein Sohn Björn."

    „Entschuldige. Arne Dirksen", stellte Mads Volkersen vor.

    Sie nickten sich zu, während Björn ihm die Hand reichte. „Magst du Hunde?"

    „Mein Opa hat einen Schäferhund. Jöry ist aber schon sehr alt, bleibt lieber zu Hause liegen."

    „Hast du Zeit, gehen wir einen Kaffee trinken und Björn einen Kakao. Regina kommt erst mit dem Zug in einer halben Stunde. Sie war auf dem Festland."

    „Juchhu", Björn sofort.

    „Wir wollten gerade zurück."

    „Mads, wir gehen nämlich noch Hamburger essen. Lecker!"

    „Schade, kannst du gar keinen Kakao trinken", blickte er schmunzelnd Alina an.

    „Doch geht!", nickte der kleine Junge emsig.

    „Also erst Kakao, dann Hamburger. Dürfen wir mitgehen?"

    „Jow, schmeckt gut."

    Alina dachte nur, der Zehner fehlt mir nächste Woche. Für solche Extras hatte sie kein Geld. Sie bezahlte auch gleich, als die Getränke serviert wurden, erschrak, da es sogar 12 Euro waren. Unverschämt, aber eben Sylt.

    Mads und Björn führten eigentlich die Unterhaltung. Ihr Sohn mochte ihn sehr. Opa meinte dazu, ist so eine Art Vaterersatz für ihn. Sie bemerkte hingegen trotzdem, dass der Fremde sie ständig anguckte, musterte, lächelte, wenn er ihren Blick bemerkte. Vergiss es, dachte sie nur. Du bist der gleiche Typ wie Julian. Hoppla, jetzt komm ich und alle liegen mir zu Füssen. Auf so einen Mann fällt man nur einmal im Leben rein und so naiv bin ich heute auch nicht mehr.

    Als Regina kam, liefen sie die paar Meter zu dem Fast Food-Restaurant.

    Sie bestellte für sich nur einen Cheeseburger, da der am billigsten war, verzichtete auch auf den Shake. Da hatte sie diese extra Ausgabe schon ein wenig raus. Sie hatte einen strengen Monatsplan, den sie meistens akribisch einhielt. Ausgaben wie zweimal im Monat Hamburger essen, waren da enthalten, aber ansonsten keine Besuche in Lokalitäten. Heute hatte sie generell schon 120 Euro mehr ausgegeben, da die Wintersachen für Björn wesentlich teurer waren, als geplant. Nur ihrem Sohn sollten die Sachen auch gefallen und daher war das ausgeufert. Das hatte sie von der Rücklage für das Heizöl genommen. Bis Februar fand sie vielleicht noch einen Job und konnte das ausgleichen.

    „Danke! Mama, können wir ja nächste Woche noch mal Hamburger essen gehen, weil du dann noch das Geld von heute hast."

    „Mads, das geht doch nicht."

    „Doch geht und vergiss es."

    „Regina, benötigst du keine Äpfel?"

    Sie zog die Augenbrauen hoch. „Hast du welche?"

    „Mama hat ganz viele. Sie schenkt euch welche. Ist wie Geld. Heute hat sie ganz viele Scheine für mich bei Kik ausgegeben, da ich neue Wintersachen brauchte. Weißt du so Jacke, Pullover, Hose und

    Schuhe. Ein Paar Socken habe ich schon vorher gekriegt und einen neuen Schlafer. Gabs nämlich alles für zwei Euro. Ist viel Geld. Ich wachse nämlich so schnell. Opa sagt immer, ich werde mal so ein Riese, wie Papa. Der ist nämlich fast zwei Meter groß. Mama wächst nicht mehr, deswegen kann sie die ollen Sachen vom vorigen Jahr anziehen. Sind aber schön. Das weiße Kleid, was ihr Opa zu Weihnachten schenkte, ist so ganz weich und kuschelig, das passt ihr immer noch. War schon, als ich noch klein war. Er betrachte seine Finger. „War vor so vielen Jahren oder so, hielt er drei Finger hoch, dann vier.

    Alina verdrehte die Augen, da ihr Sohn mal wieder alles ausplauderte, was er so wusste.

    Regina beugte sich zu dem Jungen, sprach leiser. „Nehme ich gern. Ich werde dir was verraten, Björn. Mads isst sehr, sehr gern Apfelkuchen. Ich muss dauernd welchen backen."

    „Seit wann kannst du backen?", erkundigte sich der Fremde süffisant.

    „Mir schmeckt der auch, aber wir haben so viele Äpfel, dass Mama schon überall welche verkauft hat, flüsterte er, nickte dabei mit dem Kopf. „Mama, kann Mads bezahlen, kriegt er dafür Äpfel. Regina backt ihm dann Apfelkuchen. Hast du auch eine Frau?, fragte er Arne.

    „Nein!"

    „Dann brauchst du keine Äpfel, weil dir keiner Apfelkuchen backt. Sonst hätte Mama dir welche verkauft, wenn du Geld hast. Kann man aber auch so essen."

    „Björn, genug jetzt." Alina musste sich trotz allem ein Lächeln verkneifen.

    „Dein Sohn ist geschäftstüchtig, stellte Mads schmunzelnd fest. „Frag mal beim Sylter Hof nach. Die nehmen dir gewiss eine größere Menge ab.

    „Haben sie schon. Dieses Jahr waren es fast doppelt so viel wie im vorigen Jahr. Äpfel hat die Insel mehr als genug, genauso wie Pflaumen, da noch viele bei den einzelnen Bauern liegen. Opa hätte sich darüber gefreut."

    „Wie viel haben Sie denn noch?"

    „Bestimmt dreißig, vierzig Kilo. So nun beenden wir das Thema. Ich bringe euch morgen welche vorbei, Regina."

    „Kaufe ich Ihnen ab. Meine Mutter kann nämlich auch Apfelkuchen backen."

    Sie schüttelte verärgert den Kopf. Der Typ schien auch noch Geld zu haben.

    „Nein, nicht nötig."

    Sie ahnte nicht, dass Mads ihretwegen wütend auf seinen Freund, als sie im Wohnzimmer saßen, einredete.

    „Arne, du lässt die Finger von Alina. Sie hat es schon schwer genug, muss nicht noch eine von deinen hundert Bräuten werden. Du kannst dir zig andere nehmen, aber nicht sie."

    „Willst du das nicht ihr überlassen? Außerdem sagte ich nie, dass ich sie abschleppen will. Reg dich ergo ab."

    „Ich kenne deinen Blick."

    „Mads hat recht. Sie hat sich gut eingelebt. Sie kennt nur Arbeit und den Lütten. Da musst du ihr nicht noch Herzschmerz zufügen. Du stehst sowieso auf etwa Aparteres, Stilvolleres. So eine arme Gans passt nicht in dein Beuteschema. Sie wäre hingegen überglücklich, wenn du sie besteigst. Nur sie ist so eine, die gleich deswegen einen Ring erwartet, gerade von einem Mann, der Geld hat."

    „Hört auf! Ist ja wohl albern, dass ihr mir vorschreiben wollt, mit wem ich mich treffe. Ich will ihr helfen, damit sie das Obst loswird, Geld damit verdient. Das bedeutet nicht, ich nehme sie mit ins Bett."

    „Arne, ich kenne dich besser, als mich selbst, habe deswegen nie von ihr gesprochen. Sie ist vom Aussehen, dem Wesen, genau dein Fall. Sie sieht nett aus, hat eine einigermaßen Figur, neben den langen Haaren, den Katzenaugen, ist nicht gerade klein. Sie ist zwar nicht gerade dusselig, aber setzt selten ihren Verstand ein. Sie ist billig, arrogant, hochtrabend, arm und verlogen. Alles, was sie nicht benötigt, bist du, da sie dann vollständig abhebt. Ihr Sohn wäre dann noch mehr der Leidtragende."

    „So schlimm bin ich also", amüsierte er sich.

    „In Bezug auf Frauen – ja. Du siehst in allen für kurze Zeit ein Spielzeug. Mir eigentlich egal, da ich früher nicht anders war. Nur lass Alina in Ruhe. Ich denke da nur an den Lütten, den ich wirklich mag."

    „Wo ist der Vater des Jungen?"

    „Weiß sie nicht. Er war ihr erster Freund und sie dachte damals noch an die große Liebe. Für sie war er es. Er wusste, dass sie nicht verhütete, eigentlich auch noch keinen Sex wollte. An ihrem 18. Geburtstag passierte es. Nach einigen Monaten erfuhr er, sie ist schwanger. Er schob sie ab und sie sah ihn nie wieder. Logischerweise zahlt er auch nicht. Sie machte trotzdem Abi und die Ausbildung, arbeitete in einem Konzern. Dann starb die Oma und sie zog fünf Monate darauf mit Björn her."

    „Das Knudsen-Anwesen ist riesig, dazu die ganzen Stallungen und so. Wie will sie das alles allein bewältigen?"

    „Ja, da hat sie den großen Reibach gemacht, da er alles ihr vererbte. Er vererbte nur das Grundstück in Kampen. Die 620.000 Euro boten sie Dirk schon dafür. Er verkauft jedoch nicht. Nur sie kann das eben nicht richtig nutzen und es kostet nur Geld. Deswegen braucht sie einen Mann mit Geld."

    „Neidisch?, fragte Mads seine Freundin. „Du würdest gleich alles verscherbeln. Die Pferde sind ja schon länger weg. Alle weiß ich nicht, nur drei Wiesen hat sie an Nissens vermietet, eine davon kriegen sie umsonst, da sie fünf Tage den Lütten tagsüber haben. Den Rest hält sie in Schuss. Den hinteren Stall hat sie im Sommer allein abgerissen; bei dem vorderen ist sie gerade bei. Immer wenn sie Zeit hat, macht sie ein wenig weiter. Björn hilft gern, da es ihm Spaß macht. Ich wollte ihr helfen, aber sie lehnte ab. Das Holz sägt sie selber zurecht, da sie das alles verheizen will, so Heizöl einsparen kann. Nächstes Jahr will sie den gesamten Hof umgraben, Sträucher, kleine Bäumchen und Blumen pflanzen. Irgendwann, wenn sie genug Geld gespart hat, möchte sie dort Gartenmöbel hinstellen.

    „Nun reicht es ja!", Regina aufgebracht.

    „Ich muss es allein schaffen, wenn nicht, muss ich mir noch etwas suchen, wo ich Geld verdienen kann, erzählt sie jedem. Sie hat sich jetzt als Übersetzerin bei LinkedIn gelistet. Die ersten Anfragen kamen bereits. Da muss sie abends Björn nicht mehr allein lassen."

    „Wieso, was macht sie da?"

    „Bei der Bank in Westerland putzen. Gunther hat sie sofort genommen, vertraut ihr sogar die Schlüssel an, da sie so freier in der Zeiteinteilung ist. Dort will sie allerdings nur noch bis zum Frühjahr bleiben, auch wenn das mit den Übersetzungen klappt, da sie Geld an die Seite legt, lachte sie noch. Verstehst du, ein Playboy, wie du es einer bist, passt nicht in ihr Leben, nicht zu ihr, nicht zu Björn. Sie sieht den Reichtum bei dir und versackt noch mehr. Spaß am Sex für eine Weile, dann sagt man Tschüss, sieht sie nur bei Normalos. Sie sucht den Mann mit viel Geld. Findet sie ihn, will sie ihn festhalten, mitziehen. Du gibst in einer Woche mehr Geld aus, wie sie im ganzen Monat, könnte da nie mithalten. Sie hat nicht nur die beiden Jobs, sondern dazu einen Sohn, ein Haus, den großen Garten. Sie muss alles allein erledigen, egal ob das die Wäsche, das Putzen ist und die tausend anderen alltäglichen Dinge, wie kochen, aufräumen, mit Björn spielen. Sie glaubt wirklich noch an die große Liebe, hofft, dass ihr eines Tages eben der Mann über den Weg läuft, der sie liebt, finanziert, nicht einer, der sie nur sexuell als eine weitere Trophäe haben will. Ihr Ex war nämlich im Grunde genau wie du. Hübsche Frau, dazu noch völlig unberührt, ergo will ich sie haben."

    „Ich stehe nur nicht auf junge Dinger oder gar auf Jungfrauen. Langweilig. Erfahrung sollte sie schon haben, amüsierte sich Arne. „Ich habe es ja kapiert, ergo Thema erledigt.

    „Leider nicht, da ich dich kenne. Es gibt auf der Welt nicht viel, was so erstrebenswert ist, als Glück. Sage Isa endlich, heirate mich."

    „Weiß sie seit Jahren. Wann heiratet ihr nun?"

    „Seit wann will ich heiraten, noch dazu Regina? Sie garantiert nie, aber das weiß sie seit Beginn der Liaison. Ich bin mit ihr wegen des Sexes zusammen, da ich zu faul bin, mir jede Woche eine neue Gespielin zu suchen. Dafür wird sie von mir bezahlt, aber nie mehr. Was will ich mit so einer faulen, dusseligen, nichts könnenden Frau? Ich wünsche mir dafür eine hübsche, intelligente, toughe Deern, die mich nicht als Geldmaschine benötigt, so wie deine Cousine. Ablenkungsmanöver missglückt",

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