Was nun, Frau Gräfin?: Die junge Gräfin 24 – Adelsroman
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Die junge Gräfin ist eine Familiensaga, die ihresgleichen sucht. Die junge Gräfin ist eine weit herausragende Figur, ein überzeugender, zum Leben erwachender Charakter – einfach liebenswert.
Ohne ein Gefühl für Zeit und Raum saß Alexandra von Waldenburg auf ihrem Sessel, das Handy fest umklammernd. Nach unendlich langer Zeit, wie es schien, fand sie allmählich in die Wirklichkeit zurück, aber das in erster Linie wohl deswegen, weil sie einen Krampf in ihrer rechten Hand hatte. Sie legte das Handy auf den Tisch, spreizte ihre Finger, um wieder Leben hineinzubekommen, dann strich sie sich, wie erwachend, über die Stirn. Was war das gerade gewesen? Hatte sie geträumt? Am liebsten hätte sie ihre Schwester Sabrina noch einmal angerufen, um sich zu vergewissern, dass sie sich nicht verhört hatte, dass es diesen Anruf tatsächlich gegeben hatte, dass es kein Traum war. Diesen Gedanken verwarf Alexandra so schnell, wie er ihr gekommen war. Da gab es überhaupt nichts zu hinterfragen, Sabrina hatte klar und deutlich gesprochen, und ihre letzten Worte klangen noch in Alexandras Ohren – es liegt nun bei dir, eine Entscheidung zu treffen. Ich würde mir die Chance nicht entgehen lassen, den Mann wiederzusehen, den ich liebe. Alexandra griff nach ihrem noch immer halbvollen Sherryglas, nippte zuerst daran, dann nahm sie einen kräftigen Schluck, stellte das kostbare Kristallglas zurück auf den Tisch, starrte hinein wie eine Hellseherin in ihre Kugel. Sie sah eine goldfarbene Flüssigkeit, ein geschliffenes Glas, in dem sich das Licht brach. Ob sie da hinstarrte oder nicht, die Wahrheit würde sie darin nicht finden, auch keine Entscheidungshilfe. Sie musste in sich hineinhorchen und sich fragen was sie wollte. Nein, diese Frage war nicht richtig. Was sie wollte, das wusste sie ja, sie wollte Joe und niemand Anderen. Sollte sie sich nicht eher fragen, was vernünftiger war für sie? Das war sehr leicht zu beantworten. Wenn es um die Vernunft ging, dann musste sie sich für übermorgen gegen Joe und für Hendrik Hoorgen entscheiden. Bei Joe würde sie sich die Finger verbrennen. Was brachte es denn, ihn zu sehen?
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Rezensionen für Was nun, Frau Gräfin?
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Buchvorschau
Was nun, Frau Gräfin? - Michaela Dornberg
Die junge Gräfin
– 24 –
Was nun, Frau Gräfin?
Alexandra trifft eine große Entscheidung
Michaela Dornberg
Ohne ein Gefühl für Zeit und Raum saß Alexandra von Waldenburg auf ihrem Sessel, das Handy fest umklammernd.
Nach unendlich langer Zeit, wie es schien, fand sie allmählich in die Wirklichkeit zurück, aber das in erster Linie wohl deswegen, weil sie einen Krampf in ihrer rechten Hand hatte.
Sie legte das Handy auf den Tisch, spreizte ihre Finger, um wieder Leben hineinzubekommen, dann strich sie sich, wie erwachend, über die Stirn.
Was war das gerade gewesen?
Hatte sie geträumt?
Am liebsten hätte sie ihre Schwester Sabrina noch einmal angerufen, um sich zu vergewissern, dass sie sich nicht verhört hatte, dass es diesen Anruf tatsächlich gegeben hatte, dass es kein Traum war.
Diesen Gedanken verwarf Alexandra so schnell, wie er ihr gekommen war.
Da gab es überhaupt nichts zu hinterfragen, Sabrina hatte klar und deutlich gesprochen, und ihre letzten Worte klangen noch in Alexandras Ohren – es liegt nun bei dir, eine Entscheidung zu treffen. Ich würde mir die Chance nicht entgehen lassen, den Mann wiederzusehen, den ich liebe.
Alexandra griff nach ihrem noch immer halbvollen Sherryglas, nippte zuerst daran, dann nahm sie einen kräftigen Schluck, stellte das kostbare Kristallglas zurück auf den Tisch, starrte hinein wie eine Hellseherin in ihre Kugel.
Sie sah eine goldfarbene Flüssigkeit, ein geschliffenes Glas, in dem sich das Licht brach. Ob sie da hinstarrte oder nicht, die Wahrheit würde sie darin nicht finden, auch keine Entscheidungshilfe.
Sie musste in sich hineinhorchen und sich fragen was sie wollte.
Nein, diese Frage war nicht richtig. Was sie wollte, das wusste sie ja, sie wollte Joe und niemand Anderen.
Sollte sie sich nicht eher fragen, was vernünftiger war für sie?
Das war sehr leicht zu beantworten. Wenn es um die Vernunft ging, dann musste sie sich für übermorgen gegen Joe und für Hendrik Hoorgen entscheiden.
Bei Joe würde sie sich die Finger verbrennen. Was brachte es denn, ihn zu sehen? Auch wenn seine Verlobte Benita von Ahnenfeld nicht dabei sein würde, so war die Tatsache bekannt, und der goldene Ring an seiner linken Hand war die Fessel, die ihn auf Dauer an Benita band.
Nun ja, Hendrik Hoorgen war auch kein potentieller Bewerber um ihre Hand. Dafür hatte er seine Abneigung gegen den Adel und das Wohnen auf Schlössern deutlich zum Ausdruck gebracht.
Sie würde ihn nicht treffen, um ein Schäferstündchen mit ihm zu verbringen, sie erwartete auch keine innigen Umarmungen und Küsse, sondern herrliche Stunden bei einem großartigen kulturellen Ereignis.
Sie würde eine Premiere der Aida von Verdi erleben mit dem Ensemble der Mailänder Scala, also erste Sahne. Und dorthin würde Hendrik sie mit einem Privatflugzeug bringen. Auch erste Sahne, denn so etwas hatte sie in ihrem Leben noch nicht gehabt, auch nicht gehört, dass jemand in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis auf eine solche Art eingeladen worden war.
Warum zögerte sie noch?
Im Grunde genommen war es klar, dass sie Hendriks Einladung folgen musste, die sie ja auch bereits angenommen hatte.
Und Joe, meldete sich die zaghafte Stimme ihres Herzens. Sie würde Joe wiedersehen, und wenn es auch nur für ein paar Stunden war, und wenn dieses Wiedersehen bei ihrer Schwester Sabrina und deren Familie stattfand.
Immerhin …
Fuhr sie nach Greven, dann konnte sie feststellen, ob ihre Gefühle für ihn noch immer unvermindert stark waren oder ob sie sich in einen Traum verstrickt hatte, der fernab jeder Realität war.
Sie konnte in seine Augen blicken, und Alexandra war sich sicher, dass sie darin lesen konnte ob er sie ebenfalls mit der Intensität liebte wie sie ihn.
So, wie es jetzt war, konnte es auf keinen Fall weitergehen. Sie interpretierte in alles etwas hinein. Und vielleicht war es beispielsweise wirklich ganz irrsinnig zu glauben, er sei vor Benita geflohen, seit er sie, Alexandra, wiedergesehen hatte.
In diesen Gedanken hatte sie sich so richtig verrannt, dabei war es vermutlich eher so, dass er den Job in den Vereinigten Emiraten angenommen hatte, weil er überdurchschnittlich gut bezahlt wurde.
Ihr Verstand sagte es ihr, ihr Herz widersprach, weil ihr Herz noch immer auf ein Wunder hoffte. Sie träumte davon, dass wie im Märchen der Prinz doch noch den Weg zu der richtigen Prinzessin finden würde.
Ihre Gedanken flatterten wie Schmetterlinge, und je mehr sie nachdachte, umso weniger konnte sie sich für etwas entscheiden.
Sie trank den Rest ihres Sherrys aus, stand auf, um sich das Glas nochmals zu füllen, hielt inne, weil sie jetzt flaschenweise Sherry trinken könnte, ohne dadurch klarer zu sehen.
Aber da sie nun schon mal stand, begann sie unruhig im Raum herumzuwandern.
Sie blieb hier und da stehen, starrte auf die in Leder gebundenen Buchtitel, ohne auch nur einen davon zu erfassen. Also wanderte sie weiter, blieb vor einem der Fenster stehen, schaute hinaus in den Park, der in silbrig-helles Licht getaucht war. Kein Wunder, es war Vollmond, ein Mond, der wie ein dicker kalter Ball am Himmel hing.
Alexandra seufzte.
Verstärkte das ihre innere Unruhe? Auch wenn Wissenschaftler immer wieder beteuerten, der Vollmond habe überhaupt keinen Einfluss auf die menschliche Psyche, sah sie das anders.
Sie bildete es sich wirklich nicht ein, aber bei Vollmond konnte sie einfach nicht schlafen.
Aber das würde sie heute auch so nicht können, Vollmond hin oder her.
Joe?
Ja, schrie ihr Herz.
Hendrik?
Ja, sagte ihr Verstand.
Alexandra schenkte sich doch noch ein wenig Sherry ein, obschon sie wusste, dass das in keiner Weise zur Lösung ihres Problems beitragen würde.
Sie setzte sich wieder, starrte erneut ins Glas, stellte es erst einmal, ohne getrunken zu haben, auf den Tisch, dann schaute sie auf ihre Armbanduhr.
Schade, dachte sie, jetzt war es zu spät, um Sabrina nochmals anzurufen, nochmals mit ihr zu reden.
Doch wozu eigentlich?
Sabrina hatte ihr unmissverständlich zu verstehen gegeben, was sie an ihrer Stelle tun würde.
Den Mann ihrer Liebe treffen!
Sie hatte es sich so sehr gewünscht!
Warum tat sie sich nun so schwer damit, jetzt Hendrik abzusagen und zu Joe zu fahren?
Welche Überlegungen hatte sie nicht angestellt. Sie hatte in die Emirate zu ihm reisen wollen, um mit ihm zu reden, ihn zu sehen.
Nun präsentierte ihre Schwester ihre große Liebe praktisch auf dem Silbertablett, und ihr erschien der Weg bis Greven als ein unüberwindliches Hindernis.
Alexandra stand auf, drehte wieder ein paar Runden. Zum Glück waren die Räume auf Schloss Waldenburg groß, und man stieß nicht gleich nach ein paar Schritten gegen eine Wand, eine Tür oder ein Fenster.
Irgendwann war sie aber das unsinnige Herumlaufen leid. Es brachte ja doch nichts.
Entschlossen ging Alexandra zur Tür, löschte das Licht und ging hinaus.
Der Sherry stand unberührt auf dem Tisch. Sie hatte ihn schlichtweg vergessen. Daran konnte man deutlich erkennen, wie sehr sie durch den Wind war.
Alexandra durchquerte die Halle, lief zur Treppe, wollte hinaufgehen, als sie abrupt innehielt, eine Kehrtwendung machte und in ihren Lieblingssalon ging, den sie nach ihrer Ur-Ur-Großmutter Caroline benannt hatte.
Sie trat ein, näherte sich Carolines Bild, starrte die von dem Gemälde herablächelnde junge Frau an und erkundigte sich leise: »Was hättest du getan, Caroline?«
Sie hätte diese Frage nicht stellen müssen, zum einen konnte Caroline ihr dazu nichts sagen, zum anderen lag die Antwort klar auf der Hand.
Caroline wäre ganz gewiss nicht so zögerlich gewesen. Sie hätte sich für die Liebe entschieden.
Aus der Familienchronik ging hervor, dass Caroline immer das getan hatte, was sie wollte. Auch sie war, wie Alexandra jetzt, bereits in sehr jungen Jahren die Chefin der Waldenburgs geworden, und