Wenn Kindertränen fließen: Mami Bestseller 47 – Familienroman
Von Marianne Schwarz
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Über dieses E-Book
Mami ist als Familienroman-Reihe erfolgreich wie keine andere! Seit über 40 Jahren ist Mami die erfolgreichste Mutter-Kind-Reihe auf dem deutschen Markt!
»Bringst du mir ein Mondschiff mit, wenn du wiederkommst, Vati? Weißt du, so ein richtiges großes, das auch fliegen kann. Und einen Helm brauche ich dann auch, und so ein dickes Paket auf dem Rücken und…« Die blauen Augen des kleinen Andy strahlten vor Begeisterung. Er sah sich schon als kühnen Astronauten, bewundert und beneidet von seinen Spielgefährten. Frank Bender, Andys Vater, wirkte nicht sehr glücklich in diesem Moment. Er stand an seinem Wagen, hatte den Türgriff bereits in der Hand und schaute seinen Sohn ganz merkwürdig an. Anders als sonst jedenfalls, und das fiel sogar dem Siebenjährigen auf. »Oder ist das zu teuer, Vati?« fragte er zaghaft. Auf seiner Stirn bildeten sich niedliche Dackelfalten vom angestrengten Nachdenken. Er schien mit sich zu kämpfen, doch dann meinte er großzügig: »Das Mondschiff brauche ich nicht so ganz nötig, Vati. Wenn ich bloß einen Helm bekommen könnte? Er muß aber tüchtig blitzen, und vorn muß er ein Fenster haben. Oder… oder ist das auch zu teuer?« Frank Bender räusperte sich. Er zwang sich zu einem Lächeln. »Darüber mache dir keine Gedanken, mein Junge. Ich werde es schon bezahlen können. Du bekommst das Mondschiff und den Helm.«
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Mami Bestseller
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Wenn Kindertränen fließen - Marianne Schwarz
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Mami Bestseller
– 47 –
Wenn Kindertränen fließen
Andy will nicht auf seinen Vater verzichten
Marianne Schwarz
»Bringst du mir ein Mondschiff mit, wenn du wiederkommst, Vati? Weißt du, so ein richtiges großes, das auch fliegen kann. Und einen Helm brauche ich dann auch, und so ein dickes Paket auf dem Rücken und…«
Die blauen Augen des kleinen Andy strahlten vor Begeisterung. Er sah sich schon als kühnen Astronauten, bewundert und beneidet von seinen Spielgefährten.
Frank Bender, Andys Vater, wirkte nicht sehr glücklich in diesem Moment. Er stand an seinem Wagen, hatte den Türgriff bereits in der Hand und schaute seinen Sohn ganz merkwürdig an. Anders als sonst jedenfalls, und das fiel sogar dem Siebenjährigen auf.
»Oder ist das zu teuer, Vati?« fragte er zaghaft. Auf seiner Stirn bildeten sich niedliche Dackelfalten vom angestrengten Nachdenken. Er schien mit sich zu kämpfen, doch dann meinte er großzügig: »Das Mondschiff brauche ich nicht so ganz nötig, Vati. Wenn ich bloß einen Helm bekommen könnte? Er muß aber tüchtig blitzen, und vorn muß er ein Fenster haben. Oder… oder ist das auch zu teuer?«
Frank Bender räusperte sich. Er zwang sich zu einem Lächeln.
»Darüber mache dir keine Gedanken, mein Junge. Ich werde es schon bezahlen können. Du bekommst das Mondschiff und den Helm.«
»Wirklich, Vati?«
Lieber Himmel, wie die Kinderaugen strahlen konnten!
Sanft streichelte er über Andys borstiges Blondhaar, und am liebsten hätte er ihn auf die sommersprossige Stupsnase geküßt.
»Du kannst dich darauf verlassen, Andy. Ich schicke dir die Sachen.«
»Schicken? Aber Vati, du sollst sie doch bloß mitbringen, wenn du wiederkommst.«
Der Mann biß sich auf die Lippen. Da hatte er sich ja beinahe verraten, und das wäre gegen die Absprache mit seiner Frau gewesen. Unwillkürlich streifte sein Blick den Kofferraum des Wagens. Dort war nahezu seine gesamte persönliche Habe verstaut, das war alles andere als normales Reisegepäck. Aber davon hatte Andy natürlich keine Ahnung.
»Es dauert diesmal ein bißchen länger, bis ich wiederkomme, Andy«, sagte Frank Bender vorsichtig. »Da müßtest du zu lange warten.«
Andy nahm die Pose ein, die er irgendwann einem Erwachsenen abgesehen hatte und die er wohl für sehr männlich hielt. Er verschränkte die Hände auf dem Rücken, schob das rechte Bein etwas vor und neigte das Köpfchen auf die linke Schulter. Und auch seine Stimme klang recht wichtig, als er nun bedächtig sagte: »Das ist nicht so schlimm, wenn ich warten muß, Vati. Das tue ich gern. Du sollst doch dabeisein, wenn ich das Mondschiff auspacke und ausprobiere. Weißt du, das ist Männersache, das ist nur etwas für uns beide. Die Frauen verstehen nichts davon. Dazu brauche ich dich.«
Die Frauen, die Andy bei seinen Worten mit einer etwas geringschätzigen Handbewegung bedachte, waren seine ansonsten innig geliebte Mutti und das vierjährige Schwesterchen Imma, bei dem Andy die reizendsten Beschützerinstinkte entwickelte.
Aber mit dem Vati fühlte er sich als eine Einheit, das war etwas ganz anderes. Sie beide waren eben die Männer in der kleinen Familie, und das verband.
Frank Bender wurde unter dem klaren, vertrauensvollen Blick Andys ausgesprochen unbehaglich zumute. Wie hilfesuchend blickte er zum Fenster der im ersten Stock gelegenen Wohnung hinauf. Er wußte, daß dort hinter dem Vorhang seine Frau Astrid stand.
Vermutlich würde sie das Töchterchen auf dem Arm haben, und in ihren Augen blinkten Tränen.
Nein, das war keine schöne Situation! Das war fatal, ganz fatal.
»Ich schicke dir deine Mondausrüstung trotzdem, Andy«, sagte Frank Bender rasch. »Hast du schon einmal ein Paket bekommen?«
Andy schüttelte stumm den Kopf.
»Na, siehst du«, fuhr Bender fort, »so ein Paket ist eine besonders feine Sache. Es steht dein Name darauf, und es ist nur für dich bestimmt«
»Für mich ganz allein?«
»Natürlich! Der Postbote bringt es, du darfst es auspacken, und dann gehören die Sachen, die drin sind, dir.«
»Hm! So ein Paket möchte ich schon mal bekommen.«
»Also abgemacht, Andy. Ich werde sehen, wo ich ein Mondschiff mit dazu passendem Helm auftreibe, und dann bekommst du es geschickt.«
»Ich mache es dann auf und spiele schon mal damit«, willigte Andy nach kurzem Zögern ein. »Wenn du dann nach Hause kommst, weiß ich schon alles und kann es dir zeigen.«
»Das ist fein«, erwiderte der Mann gepreßt. »Jetzt muß ich aber wirklich fahren, Andy. Auf Wiedersehen, mein Junge. Sei schön brav, und mache der Mutti keinen Kummer, hörst du!«
»Ach wo, Vati, du kannst dich doch auf mich verlassen.«
»Das weiß ich, Andy. Du bist ein lieber Junge, und… und ich bin sehr stolz auf dich.«
Frank Bender schien es jetzt tatsächlich sehr eilig zu haben. Er schaute sich nicht mehr um, blickte auch nicht mehr zum Fenster seiner Wohnung hinauf, sondern er stieg rasch in das Auto, schlug die Tür hinter sich zu und startete so abrupt, als gelte es, ein Rennen zu gewinnen.
Wie immer sonst winkte Andy hinterher, aber heute erschien die Hand des Vaters nicht im Seitenfenster, der Abschiedsgruß des Kindes wurde nicht beachtet, und Andy ließ enttäuscht das Händchen sinken.
Aber vielleicht, so tröstete Andy sich, hatte der Vati gerade aufpassen müssen. Vielleicht war da ein Hund vors Auto gelaufen oder es war ein Radfahrer da. So viel verstand Andy schon vom Autofahren, daß man dann besonders scharf aufpassen mußte – da konnte Vati natürlich nicht zurückwinken. Ja, so war es sicher gewesen.
Andy war schon wieder vergnügt. Er lief durch den kleinen Vorgarten auf das Haus zu und hastete dann die Treppe hinauf.
Er mußte doch der Mutti so rasch wie möglich erzählen, daß er ein richtiges Mondschiff bekommen sollte.
*
Astrid Bender stand tatsächlich am Fenster. Sie war eine hübsche blonde Frau und hatte die gleichen strahlendblauen Augen wie ihr Sohn.
Doch jetzt strahlten die schönen blauen Augen nicht. Sie waren eher verschleiert.
Es kostete Astrid unendliche Mühe, das Weinen zurückzuhalten, nach außen hin ruhig und gelassen zu erscheinen. Das glaubte sie den beiden Kindern schuldig zu sein, die sie nicht mit ihrem Leid belasten wollte.
Wie sollten der siebenjährige Andy und die vierjährige Imma auch begreifen, daß der heißgeliebte Vati eines Tages erklärt hatte, er könne nicht mehr bei seiner Familie bleiben, weil es eine andere Frau gäbe, die ihm die Ruhe geraubt hätte, die er so leidenschaftlich liebte, daß er sich ein Leben ohne sie einfach nicht mehr vorstellen könnte.
Nein, so etwas vermochten Kinder nicht zu begreifen, wie es auch Astrid nicht begreifen konnte, immer noch nicht.
Sie war glücklich gewesen in ihrer Ehe. Sie hatte ihren Mann aus ganzem Herzen geliebt, und sie war so sicher gewesen, genauso geliebt zu werden. Nie hatte es einen ernsthaften Streit gegeben zwischen ihnen, nie war etwas Böses in ihre Gemeinsamkeit gedrungen. Sie hatten eine harmonische Ehe geführt, und Astrid hatte geglaubt, es müsse immer so bleiben.
Der Schlag traf sie völlig unvorbereitet, und er traf sie um so härter.
»Mutti, der Vati hat nicht mehr gewinkt, als er weggefahren ist«, berichtete Andy aufgeregt, kaum daß er im Zimmer war. »Sonst hätte er sicher einen Fußgänger überfahren. Und ich bekomme ein Paket, ein richtiges Paket für mich allein, mit einem Mondschiff drin. Da staunst du aber, was?«
»Ja, Liebling, da staune ich«, antwortete Astrid mit mühsamen Lächeln. Sie konnte nicht verhindern, daß ihre Stimme zitterte.
»Hast du Schnupfen, Mutti?« fragte Andy aufmerksam.
»Nein, ich habe keinen Schnupfen.«
»Du siehst aber so komisch aus, Mutti.«
»Ach was, Andy, das denkst du dir nur.«
»Deine Augen sind ganz anders als sonst«, beharrte Andy.
Nun meldete sich auch Imma, die sich in Muttis Arme gekuschelt hatte.
»Mutti hat geweint«, berichtete sie wichtig.
Doch Andy war in keiner Weise beunruhigt.
»Muttis weinen doch nicht«, erklärte er großspurig. »Das tun bloß so kleine Zimperliesen, wie du eine bist, Imma.«
Doch das wollte die Vierjährige nicht auf sich sitzen lassen. Flink rutschte sie von Muttis Armen herunter.«
»Du weinst auch mal, Andy!«
Angriffslustig marschierte sie auf den Bruder zu.
»Nö, tue ich nicht.«
»Du hast aber schon mal geweint!«
»Na ja, da war ich auch noch kleiner. Jetzt weine ich nicht mehr. Ich bin doch ein Mann.«
»Ist ja nicht wahr! Vati ist ein Mann. Du bist bloß ein kleiner Junge.«
»Ich bin kein kleiner Junge! Ich bin schon ganz groß! Ich gehe ja schon zur Schule. Und ich werde auch mal ein Mann!«
»Und ich werde mal eine Mutti«, konterte Imma würdevoll. »Das kannst du aber nicht werden, ätsch! Weil du so kurze Haare hast.«
Normalerweise hätte Astrid wohl über dieses bestechende Argument ihres Töchterchens gelacht, doch jetzt war sie eigentlich nur froh, daß die Kinder mit sich selbst zu tun hatten.