Tapferes Kinderherz: Mami Bestseller 46 – Familienroman
Von Anne Bodmann
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Mami ist als Familienroman-Reihe erfolgreich wie keine andere! Seit über 40 Jahren ist Mami die erfolgreichste Mutter-Kind-Reihe auf dem deutschen Markt!
Das erste Mal traf Roland Hartwig das Mädchen auf dem Parkplatz vor dem Messegelände. Er hatte Geschäftsfreunde aus dem Ausland zur Hannover-Messe begleitet und suchte nun seinen Wagen unter den Tausenden von Fahrzeugen, die hier abgestellt waren. Das Kind putzte mit Hingabe an seiner Windschutzscheibe herum. »Was machst du denn da?« fragte er erstaunt. »Sehen Sie das nicht?« antwortete es schnippisch. »Ich säubere Ihre Scheibe. Sie war völlig verstaubt.« Mehr belustigt als verärgert betrachtete Roland das Kind. Es war schmächtig, fast hager. Die dunklen Locken waren kurzgeschnitten, wach und aufmerksam blickten die hellen Augen in die Welt. Unzählige Sommersprossen zierten die kindliche Stupsnase. In der einen Hand hielt es einen kleinen Wassereimer, in der anderen das Fensterleder. Es trug ausgeblichene Jeans und ein T-Shirt, auf dem in großen Buchstaben ein Name stand: Cornelia. Wäre dieser Hinweis nicht gewesen, Roland hätte sie für einen Jungen halten können. »Du bist sehr freundlich, Cornelia«, sagte er anerkennend und fragte sich insgeheim, wieviel Geld er ihr für den ungebetenen Dienst geben müßte. »Woher kennen Sie meinen Namen?« fragte sie mit gerunzelter Stirn.
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Buchvorschau
Tapferes Kinderherz - Anne Bodmann
Leseprobe:
Die Dame kann auch Heldin sein
LeseprobeMichaela Dornberg ist mit ganzem Herzen in die bezaubernde Welt des Sonnenwinkels eingedrungen, sie kennt die so sympathische Familie des Professors Auerbach mit dem Nesthäkchen Bambi inzwischen schon besser als jeder andere. Die geliebte kleine Bambi wird in den neuen Romanen für besondere Furore sorgen, und eine erfrischend engagierte junge Ärztin wird den Sonnenwinkel gehörig aufmischen.
Mami Bestseller
– 46 –
Tapferes Kinderherz
Cornelia sucht einen Vater
Anne Bodmann
Das erste Mal traf Roland Hartwig das Mädchen auf dem Parkplatz vor dem Messegelände. Er hatte Geschäftsfreunde aus dem Ausland zur Hannover-Messe begleitet und suchte nun seinen Wagen unter den Tausenden von Fahrzeugen, die hier abgestellt waren. Das Kind putzte mit Hingabe an seiner Windschutzscheibe herum.
»Was machst du denn da?« fragte er erstaunt.
»Sehen Sie das nicht?« antwortete es schnippisch. »Ich säubere Ihre Scheibe. Sie war völlig verstaubt.«
Mehr belustigt als verärgert betrachtete Roland das Kind. Es war schmächtig, fast hager. Die dunklen Locken waren kurzgeschnitten, wach und aufmerksam blickten die hellen Augen in die Welt. Unzählige Sommersprossen zierten die kindliche Stupsnase. In der einen Hand hielt es einen kleinen Wassereimer, in der anderen das Fensterleder. Es trug ausgeblichene Jeans und ein T-Shirt, auf dem in großen Buchstaben ein Name stand: Cornelia. Wäre dieser Hinweis nicht gewesen, Roland hätte sie für einen Jungen halten können.
»Du bist sehr freundlich, Cornelia«, sagte er anerkennend und fragte sich insgeheim, wieviel Geld er ihr für den ungebetenen Dienst geben müßte.
»Woher kennen Sie meinen Namen?« fragte sie mit gerunzelter Stirn.
»Er steht auf deinem Hemd!« lachte er.
Erschrocken blickte Cornelia an sich herunter. »Zu dumm«, sagte sie und biß sich auf die Lippen. »Daß ich gerade dieses T-Shirt erwischen mußte.«
»Ist es so schlimm, wenn ich dadurch deinen Namen erfahren habe?«
»Es ist völlig unnötig«, erklärte sie altklug. »Ich weiß ja auch nicht, wie Sie heißen.«
»Roland Hartwig!« stellte er sich vor. »Nun weißt du sogar meinen Nachnamen und kennst mich besser als ich dich. Du hast mir einen Gefallen getan, Cornelia, obwohl ich dir keinen Auftrag gegeben habe. Meinst du, daß ein Euro als Bezahlung ausreicht? Oder soll ich dir ein Eis kaufen?«
»Geld ist mir lieber. Ich brauche Geld, ich spare nämlich. Wir sind sehr arm, müssen Sie wissen.«
Roland hatte seine Wagentür aufgeschlossen und sich hinter das Steuer gesetzt. Er suchte in seiner Geldbörse nach einem Eurostück, als ein Parkwächter kam. Er schaute Cornelia böse an.
»Ist es denn die Möglichkeit!« herrschte er die Kleine an. »Habe ich dir nicht verboten, hier auf dem Parkplatz die Autofahrer anzubetteln?«
»Ich – ich bettele nicht«, beteuerte Cornelia.
»Du kannst mir viel erzählen, ich habe dich beobachtet. Den ganzen Tag streichst du hier herum und belästigst Leute. Am besten bringe ich dich gleich zur Polizei. Die wird dir schon erzählen, was sie von Kindern deiner Art hält. Vielleicht bekommen deine Eltern sogar eine Anzeige, weil sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben.«
»Ich weiß nicht, was Sie wollen«, mischte sich Roland zu seiner eigenen Verwunderung in das Gespräch ein. Schließlich, was ging ihn Cornelia an? Er kannte sie ja erst seit ein paar Minuten. Vielleicht war es pädagogisch richtiger, ihr nicht beizustehen. Wer weiß, was sie alles auf dem Kerbholz hatte? Aber ihr trauriges Gesicht rührte ihn, und die Reaktion des Wärters fand er übertrieben.
»Cornelia ist meine Tochter«, erklärte er mit Bestimmtheit. »Sie hat hier auf mich gewartet, während ich Gäste auf die Messe begleite. Ich hatte ihr gesagt, daß sie inzwischen meine Scheiben putzen solle. Was ist daran verboten?«
Roland drückte dem Mann zwei Euro in die Hand, was eine ziemlich besänftigende Wirkung hatte. Dann öffnete er die Tür zum Beifahrersitz.
»Steig ein, Cornelia. Wir wollen nach Hause fahren.«
»Ja, Papi!« sagte sie mit schallender Stimme. Dann nahm sie neben Roland Platz. Klein und verloren hockte sie auf dem Beifahrersitz, eine steile Falte stand auf ihrer Stirn, ihre Lippen waren zusammengekniffen.
»Du siehst nicht gerade erfreut aus«, stellte Roland fest. »Dabei habe ich dich vor dem Parkwächter und vielleicht sogar vor der Polizei gerettet.«
»Na ja«, machte sie ungnädig. »Erstens schulden Sie mir noch ein Euro. Und dann wollte ich eigentlich noch den ganzen Nachmittag auf dem Parkplatz arbeiten. Wenn ich jetzt mit Ihnen in die Stadt zurückfahre, ist das ein ziemlicher Verlust für mich.«
»Wieviel verdienst du denn an einem Nachmittag beim Scheibenputzen?«
»Zehn Euro mindestens.«
»Und wenn ich dir zehn Euro schenke?«
»Nein, danke«, sagte Cornelia würdevoll. »Geschenke darf ich nicht annehmen. Ich will mir das Geld nur mit eigener Arbeit verdienen. Eigentlich darf ich auch nicht im Auto fremder Leute einsteigen.«
»Willst du aussteigen? Wenn du eine Parklücke entdeckst, kannst du es mir sagen. Ich halte sofort.«
Cornelia äugte angestrengt nach draußen. Es herrschte dichter Verkehr. Rechts und links flitzten die Autos in langen Kolonnen vorbei.
»Es geht wohl nicht«, meinte sie. »Dann fahre ich eben mit Ihnen in die Innenstadt. Sie werden es doch nicht meiner Mutter erzählen?«
»Da kannst du ganz beruhigt sein«, sagte Roland. »Ich kenne deine Mutter nicht. Ich weiß nicht einmal, wie ihr heißt und wo ihr wohnt. Auch habe ich einen Beruf und hätte bestimmt nicht die Zeit, nach ihr zu suchen. Bist du nun zufrieden?«
Cornelia seufzte. Eine Zeitlang schwiegen sie. Roland konzentrierte sich aufs Fahren. Plötzlich kam ihm ein Gedanke.
»Stimmt das eigentlich, daß du schon am Vormittag auf dem Parkplatz warst? Oder hat sich der Wärter geirrt?«
»Hmm«, kam die unbestimmte Antwort.
»Ja oder nein?«
»Ja«, gestand sie widerwillig ein.
»Müßtest du nicht am Vormittag in der Schule sein? Zur Zeit sind doch keine Ferien?«
»Ich war heute nicht in der Schule. Unsere Klassenlehrerin ist krank, da haben wir bloß Vertretungsunterricht. Der lohnt sich sowieso nicht, wir nehmen nur bekannte Sachen durch. Und außerdem muß ich Geld verdienen. Die Messe dauert ja nur neun Tage, die muß ich ausnutzen. So viel Autos auf einen Fleck gibt es im ganzen Jahr nicht wieder.«
»Wissen das eigentlich deine Eltern, daß du die Schule schwänzt und Geld verdienst?«
»Nein, Mutti weiß es nicht. Sie würde sich nur unnötig aufregen. Dabei ist es doch ehrlich verdientes Geld, nicht wahr?«
»Ja und nein, Cornelia. Schau mal, du fragst die Leute ja nicht vorher, ob sie deinen Dienst überhaupt wollen.«
»Pah«, machte sie verächtlich. »Niemand ist gezwungen, mir Geld zu geben. Ich habe schon oft genug gratis gearbeitet. Manche glauben, ich wische ihre schmutzigen Scheiben nur zum eigenen Vergnügen. Die meisten aber sind sehr nett und großzügig. Es ist ein ziemlich schwerer Job.«
»Ach, wirklich?«
»Man muß sehr aufpassen, viel mehr als in der Schule. Da sind die Parkwächter, die einen davonjagen wollen. Und dann darf man nur solche Autos waschen, deren Besitzer gerade zurückkommen. Man kann sich ja nicht stundenlang danebenstellen und auf die Leute warten. Meistens fange ich erst an, wenn ich die Fahrer herankommen sehe. Immer klappt das natürlich nicht. Die Autobesitzer finden in der Menge ihre Wagen nicht gleich und laufen auf einen falschen zu. Wenn sie dann plötzlich kehrtmachen, habe ich mich umsonst bemüht.«
Roland lachte.
»Hast du keine Angst, deine Lehrerin zu treffen?«
»Nö. Die muß ja in der Schule sein. Und außerdem verabscheut sie Autos und Betrieb. Sie würde mit der Straßenbahn kommen, und ich bleibe ja ständig auf dem Parkplatz. Aber jetzt können Sie mich rauslassen.«
Sie hatten die Innenstadt erreicht. Roland fand nach einigem Suchen einen Platz, auf dem er halten konnte.
»Auf Wiedersehen, kleine Cornelia!« sagte er gutgelaunt. »Vielleicht treffe ich dich mal wieder. Bei der Hannover-Messe oder sonstwo.«
»Ja, vielleicht.« Sehr überzeugend klang es nicht. Cornelia stand auf dem Bürgersteig und hielt die offene Autotür fest. Offensichtlich zögerte sie, endgültig zu gehen.
»Worauf wartest du noch?«
»Den Euro!« erinnerte sie ihn. Als er sie ihr gegeben hatte, war sie blitzschnell im Menschengewühl verschwunden. Roland blickte hinter ihr her, hatte sie aber gleich aus den Augen verloren. Nachdenklich startete er den Wagen und fuhr nach Hause.
*
Dr. Roland Hartwig war Jurist und als Syndikus in einem Industrieunternehmen in Hannover tätig. Er war siebenunddreißig Jahre alt, wirkte aber jünger, da er schlank und elastisch war und sich durch Sport fit hielt. Er konnte fröhlich lachen, was ihm ein jungenhaftes Aussehen verlieh. Heute jedoch war er ernst. Unwillkürlich kam ihm die kleine Cornelia immer wieder in den Sinn. Welch ein kleiner Frechdachs war sie doch, dabei originell und gescheit. Irgend etwas an dem Kind rührte ihn und ließ ihn nicht wieder los.
Als er die Wohnungstür aufschloß, kam ihm Gudrun entgegen. Gudrun, seine Lebensgefährtin und Partnerin – und wenn es nach ihm ginge, auch seine Frau und die Mutter seiner Kinder. Doch in diesen Punkten ging es nicht nach ihm. Gudrun hatte ihre eigenen Vorstellungen von ihrem Leben und setzte sie durch. Sie umarmte und küßte ihn flüchtig auf den Mund.
»Schön, daß du kommst, Roland«, sagte sie. »Eigentlich hatte ich dich früher erwartet.«
Erst jetzt fiel ihr der ungewohnt nachdenkliche Gesichtsausdruck ihres Freundes auf.
»Was ist, Roland? Hattest du Ärger? Oder Schwierigkeiten mit deinen Messegästen?«
»Nichts dergleichen«, wehrte er ab. »Ein wenig müde bin ich von der Hektik auf dem Messegelände.«
Doch Rolands Stimmung hob sich auch nicht nach dem guten Abendessen, als er sich ausgeruht und ein wenig entspannt hatte.
»Du hast doch was?« bedrängte Gudrun ihn.