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Der Ritter und die Lady
Der Ritter und die Lady
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eBook319 Seiten4 Stunden

Der Ritter und die Lady

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Über dieses E-Book

Kaum hat die zarte Lady Mellisynt zum ersten Mal im Leben die Wonnen der Liebe genossen, scheint ihr junges Glück auch schon wieder vorbei: Ihr frisch angetrauter Ehemann Richard d'Edgemoor muss in den Krieg ziehen und lässt sie allein am Hof zurück …

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum1. Okt. 2015
ISBN9783733760328
Der Ritter und die Lady
Autor

Merline Lovelace

Als Tochter eines Luftwaffenoffiziers wuchs Merline auf verschiedenen Militärbasen in aller Welt auf. Unter anderem lebte sie in Neufundland, in Frankreich und in der Hälfte der fünfzig US-Bundesstaaten. So wurde schon als Kind die Lust zu reisen in ihr geweckt und hält bis heute noch an. Während ihrer eigenen Militärkarriere diente sie in Vietnam, Taiwan und im Pentagon. Als sie nach 23 Jahren ihre Uniform an den Nagel hängte, entschied sie sich dazu, ihre Leidenschaft für Abenteuer und ihren Hang zum Geschichtenerzählen zu kombinieren und ihre Erfahrungen bei der Luftwaffe in viele ihrer Romane einfließen zu lassen. Seitdem hat sie jede Menge aktionsreicher, spannender Romane geschrieben. Inzwischen sind es über 70, und einige davon schafften sogar den Sprung auf die Bestsellerlisten. Über zehn Millionen Exemplare wurden in dreißig Ländern verkauft. Ihre Bücher heimsten zahlreiche Preise ein, unter anderem den begehrten RITA Award, den Oscar der Verlagsbranche. Außerdem ist sie stolz darauf, sich Oklahomas Schriftstellerein des Jahres nennen zu können. Seit mehr als 35 Jahren ist sie mit ihrem Mann verheiratet, den sie bereits an ihrem zweiten Tag bei der Air Force kennenlernte. Sie genießt es zu golfen, zu reisen und lädt gern Familie und Freunde zu ausgedehnten Abendessen ein, bei denen es lebhaft zugeht.

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    Buchvorschau

    Der Ritter und die Lady - Merline Lovelace

    Merline Lovelace

    Der Ritter und die Lady

    IMPRESSUM

    Der Ritter und die Lady erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

    © by Merline Lovelace

    Originaltitel: „Sweet Song Of Love"

    erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltf., Toronto

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    © Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL

    Band 114 - 1998 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

    Abbildungen: Harlequin Books S.A.

    Veröffentlicht im ePub Format in 10/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9783733760328

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, TIFFANY, CORA CLASSICS

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    1. KAPITEL

    Im Hornung des Jahres Unseres Herrn 1184

    Mellisynt holte tief Luft und schaute den vor ihr stehenden Fremden aus weit geöffneten Augen an. „Ja, ich werde mich mit Euch vermählen, Monsieur d’Edgemoor."

    „Ihr wisst, dass Ihr noch wählen könnt, Madame de Trémont, erwiderte er ruhig. „Ihr könnt Euch dank Eures Brautschatzes in einem Stift einkaufen und dort ein friedliches Dasein führen.

    „Dessen bin ich mir gewahr."

    Mellisynt sah die blauen Augen des Ritters mit eindringlichem Ausdruck auf sich gerichtet. Richard d’Edgemoor hatte ein markantes, sonnengebräuntes Gesicht, dunkle Brauen und schwarzes, an den Schläfen mit hellgrauen Fäden durchzogenes Haar. Um Augen und Mund hatte er tiefe Falten, und die Nase war offenbar mehr denn einmal gebrochen worden. Sein Äußeres entsprach ganz seinem Ruf als kampferprobter Haudegen.

    Er presste die Lippen zusammen und schien zu einem Entschluss zu gelangen, der ihm Unbehagen einflößte.

    „So mag es denn sein, erwiderte er. „Ruft Euren Kapellan und veranlasst, dass der Verspruch innerhalb der nächsten Stunde vollzogen werden kann. Morgen bei Anbruch des Tages reisen wir gen Nantes. Ich möchte, dass Ihr innerhalb der Stadtmauern in Sicherheit seid, bevor ich mich wieder dem Duc de Bretagne anschließe.

    Klopfenden Herzens nickte Mellisynt. Sie wusste genau, dass die Worte des Chevaliers eine andere Bedeutung hatten. Er hatte vor, sie, die wohlhabende Witwe, in die befestigte Stadt zu verbringen, weil er sie nicht in Trémont zu lassen wagte. Er befürchtete wohl, sie könne in seiner Abwesenheit die Verlobung lösen und sich in der Veste verschanzen. Natürlich konnte er nicht ahnen, dass es ihr inständigster Wunsch war, die Burg zu verlassen.

    „Wünscht Ihr, Euch in der Kammer meines früheren Gemahls zu erfrischen, Seigneur?, erkundigte sie sich. „Ich würde mich sogleich, nachdem ich mit Bruder Anselm gesprochen habe, mit Euren Bedürfnissen befassen.

    Richard blickte auf den verschmutzten Waffenrock und die bespritzte Rüstung und schüttelte den Kopf. „Ich danke Euch, Madame, doch das ist nicht nötig. Ich muss mich um die Wehrhaftigkeit der Fron kümmern. Mein Knappe Barthélemy wird mich versorgen."

    Schweigend neigte Mellisynt den Kopf und schaute dem Ritter hinterher, während er durch den Baugensaal stapfte. Einen Moment zeichnete sich seine kräftige Gestalt, die durch den Harnisch noch breiter wirkte, gegen das einfallende trübe Winterlicht ab. Jäh wurde Mellisynt von Zweifeln überkommen. Fröstelnd zog sie den pelzgefütterten Schultermantel vor der Brust zusammen und fragte sich beklommen, was sie getan habe. Der Chevalier strotzte vor Kraft und hatte ein so strenges, abweisend erscheinendes Gesicht. Betroffen überlegte Mellisynt, wie sie hatte einwilligen können, sich an ihn zu binden.

    Die um sie herum herrschende Betriebsamkeit lenkte sie vor ihrer aufsteigenden Angst ab. Sie straffte sich, da sie nicht wollte, dass ihre Bediensteten merkten, wie unwohl ihr innerlich war. Sie waren ohnehin schon durch das Eintreffen eines schwer bewaffneten Trosses verstört worden, dessen Anführer im Namen des Herzogs der Bretagne Einlass in die Festung verlangt hatte. Nachdem der Vorreiter verkündet hatte, der Sieur d’Edgemoor begehre, dass man ihm das Haupttor öffne, war die Aufregung der Burgbewohner in nacktes Entsetzen umgeschlagen. Seit es im Sommer zu kriegerischen Auseinandersetzungen gekommen war, hatte der Chevalier d’Edgemoor eine schaurige Spur verbrannter Weiler und zerstörter Vesten hinter sich gelassen.

    Schon von der Ringmauer her hatte Mellisynt erkannt, wie eindrucksvoll er gewachsen war. Sobald der Hofmeister ihr berichtet hatte, was der Ritter begehrte, war sie bereit gewesen, ihm den Zutritt in die Burg und damit auch in ihr Leben zu gewähren. Ein Mann wie er war gewiss imstande, ihr das Kind zu schenken, nach dem sie sich sehnte, und ihr das Verlassen des Kastells zu ermöglichen. Allein aus diesen beiden Gründen würde sie sich vor Gott mit ihm zusammengeben lassen.

    Sie schlang die Arme um den Oberkörper und sagte sich, sie müsse nun den Priester aufsuchen, konnte sich indes nicht dazu überwinden. Sie ließ den Blick durch den von flackernden Fackeln schwach erhellten Saal schweifen und war sicher, dass sie der Veste, in der sie den größten Teil ihres Lebens verbracht hatte, bald den Rücken kehren werde. Diese Aussicht erfüllte sie mit Freude und verdrängte das Gefühl der Beklommenheit. Beschwingten Schritts begab sie sich zum Bethaus.

    Sie betrat die Kapelle, sah Pater Anselm vor dem Altar auf und ab schreiten, sichtlich verärgert darüber, dass er vom Gespräch mit dem Sire d’Edgemoor ausgeschlossen gewesen war, und blieb stehen. Tief durchatmend, setzte sie einen Herzschlag später den Weg fort, ging zum Kapellan und verkündete: „Der soeben eingetroffene Chevalier ist tatsächlich Richard d’Edgemoor, Ehrwürdiger Vater."

    Anselm verengte die Augen und erwiderte abfällig: „Der englische Bastard! Der Herzog will Euch mit dem Spross einer gemeinen Hudel vermählen!"

    „Ja, Monsieur d’Anjou legt stets großen Wert auf das Wohlbefinden seiner Gefolgsleute", äußerte Mellisynt süffisant.

    Nach dieser boshaften Bemerkung spürte Anselm vor Wut die Hitze ins Gesicht steigen, wie immer, wenn er mit der Burgherrin zu tun hatte. „Hütet Eure Zunge, Madame, entgegnete er warnend. „Schließlich ist der Duc de Bretagne Euer Lehnsherr und hat somit das Recht, mit Euch zu verfahren, wie es ihm gutdünkt.

    „Gewiss. Das hat er schon einmal getan, als er mich Frodewin de Trémont zum Weib gab." Es war ihr nicht gelungen, den Zorn zu verhehlen, auch wenn sie sich darum bemüht hatte.

    „Es ist an Euch, Madame, Euch einen anderen Gemahl zu erküren, sagte Anselm schroff. „Wärt Ihr indes eine fügsame Witwe, würdet Ihr Euch dem letzten Wunsch Eures hingeschiedenen Gatten fügen und Euch in den Euch von ihm bestimmten Konvent zurückziehen. Es wurde bereits alles arrangiert.

    „Nein, ich bin es leid, hinter hohen Mauern eingesperrt zu sein", entgegnete Mellisynt und schüttelte den Kopf.

    „Überlegt es Euch gut, Madame, ermahnte Anselm sie. „Gehet noch einmal mit Euch zurate! Wie könnt Ihr Euch an diesen Unhold binden wollen?

    Sie verschränkte die Arme vor der Brust und lächelte matt in Erwiderung des entrüsteten Blicks des Paters. „Die Erfahrungen, die ich mit meinem Herrn Gemahl gemacht habe, lassen mich nicht allzu viel Gutes erwarten, sagte sie achselzuckend. „Monsieur d’Edgemoor ist mir so gut wie jeder andere Chevalier. Zumindest wird er imstande sein, mir Kinder zu schenken.

    Anselm näherte sich der Burgherrin und beugte sich zu ihr. „Das ist die göttliche Strafe für Eure Widerspenstigkeit, Madame, erwiderte er vorwurfsvoll. „Wäret Ihr Eurem verblichenen Gemahl willfähriger gewesen, hättet Ihr sicher von ihm empfangen. Dann wäret Ihr nicht genötigt, Euch einen zweiten Gatten zu nehmen und ihm das Gold und die Ländereien des Verstorbenen, Gott sei seiner Seele gnädig, überlassen zu müssen.

    „Habt Ihr nicht nur Angst, Euer bequemes Dasein könne gefährdet werden, Pater Anselm?"

    Sie sah ihn vor Wut die Lippen zusammenpressen und brüsk einen Schritt zurücktreten. Viele Sommer waren ins Land gezogen, seit er das Kloster zu Prémontré verlassen hatte und der Beichtiger des Seigneur de Trémont geworden war. Sie vermutete, dass er in all der Zeit weder sein Armutsgelübde noch den von Seiner Heiligkeit zu Rom erneut verfügten Zölibat gehalten hatte. Mehr denn ein Kind war mittlerweile von Mägden zur Welt gebracht worden, das die hellen blauen Augen des Gottesmannes hatte.

    Mellisynt genoss seine Empörung, dachte dann indes an die zahlreichen Stunden, die sie seinetwegen bußfertig auf den Knien vor dem Altar hatte verbringen müssen, und kam zu der Erkenntnis, er sei nicht einmal ihrer Verachtung wert.

    „Noch habt Ihr nichts zu befürchten, Ehrwürdiger Vater, fuhr sie spöttisch fort. „Der Aufbruch erfolgt in der Frühe, und es werden gewiss viele Monde kreisen, ehe der Krieg ein Ende hat. Erst dann wird Monsieur d’Edgemoor seine Aufmerksamkeit auf die hier lebenden Menschen richten und ihnen Vorschriften machen.

    Anselms Züge entspannten sich. Er wirkte erleichtert.

    Mellisynt raffte die Röcke und sagte ruhig: „Er verlangt, dass der Verspruch innerhalb der nächsten Stunde feierlich vor Gott bekundet wird."

    „Das schickt sich nicht, wandte Anselm ein. „Euer verstorbener Gemahl liegt noch nicht lange in geweihter Erde.

    „Alles geschieht nach des Allmächtigen Willen, Hochwürdiger Vater."

    Vor Überraschung verschlug es ihm die Sprache, als er sie die Worte, die er so oft im Munde geführt hatte, wiederholen hörte. Ehe er jedoch etwas erwidern konnte, hatte sie sich abgewandt. Geschwind verließ sie die Kapelle und begab sich wieder in den Wohntrakt.

    Dort angekommen, blieb sie im Gewölbe neben einer durch die Zeitläufte dunkler gewordenen Säule stehen und sagte sich, sie werde bald, sehr bald, der Veste entronnen sein. Sie verdrängte den Widerwillen, den der Kapellan ihr stets einflößte, ließ den Hofmeister zu sich rufen und trug ihm auf, vier Knechte in die unter dem Dach gelegene Kammer zu schicken und die Truhen, in denen ihre Aussteuer hergeschafft worden war, zu ihr in ihr Gemach zu bringen.

    Dann begab sie sich dorthin und harrte auf das Eintreffen der Kasten. Nachdem vier keuchende Männer die Koffer in die Kemenate gewuchtet und sich zurückgezogen hatten, hockte sie sich neben eine Lade, strich flüchtig über die dicken Eisenbeschläge und suchte dann nach den Schlüsseln, die ihr den Zugang zu den Relikten aus ihrer Jugend verschafften.

    Sie hob den Deckel einer Truhe an, und wunderschöne schimmernde Seiden waren zu sehen. „Oh, welche Pracht!", äußerte Amrosine, ihre ältliche Kammerfrau, hingerissen.

    Sacht ließ Mellisynt die Hand über den goldbestickten lichtbraunen Stoff gleiten und bemühte sich, nicht daran zu denken, wie sie dereinst aufgeregt und unruhig darauf gewartet hatte, dass die Mägde ihre Aussteuer einpackten. Dieses Mädchen gab es nicht mehr. Es war, wie die prächtigen Gewänder, nur wenige Wochen nach der Ankunft auf Burg Trémont verschwunden.

    Mellisynt nahm eine mit güldenen Kienäpfeln verzierte Tunika heraus und schüttelte sie aus.

    „O nein!, jammerte Amrosine. „Die Motten haben den herrlichen Stoff zerfressen. Die Cotte hat viele Löcher.

    „Ja, leider, bestätigte Mellisynt und setzte sich seufzend auf die Hacken. Ihre Hochzeitsgewänder schienen ihr Leben zu symbolisieren, da sie, wie die kostbaren Kleider, mehr denn zehn Sommer lang eingeschlossen gewesen war. Behutsam strich sie über die Tunika. Die mit Goldfäden durchzogene Seide fühlte sich kühl und glatt an, und ungeachtet des schlechten Zustandes, in dem sie war, hatte sie den seidigen Glanz nicht verloren. Erfreut darüber, dass der hellbraune Ton nicht verblasst war, schaute sie lächelnd die Kammermagd an und sagte entschlossen: „Mach diesen Kasten auf, Amrosine. Vielleicht finde ich noch das eine oder andere Kleid, das nicht beschädigt ist.

    Nach einer Weile hatte sich herausgestellt, dass mehrere Gewänder noch zu verwenden waren. Mellisynt hoffte, dass sie ihrem neuen Gebieter darin gefallen möge. Natürlich mussten sie zuvor erst mit allem Bedacht in Ordnung gebracht werden. Mellisynt nahm sich vor, sich später zusammen mit Amrosine mit ihnen zu befassen. Mithilfe des Kammerweibes breitete sie die Sachen zum Lüften auf den Bänken im Fenster aus und wurde dabei von einer Magd gestört, die ihr atemlos verkündete, sie werde von Monsieur d’Edgemoor erwartet.

    Unwillkürlich lächelte sie und sagte sich nach einem letzten Blick auf die farbenprächtigen Gewänder und pelzgefütterten Schultermäntel, sie werde nun bald der Veste den Rücken kehren, die ihr so lange wie ein Kerker vorgekommen war.

    „Und hiermit gelobe ich Euch ewige Treue." Richard schaute die neben ihm kniende Burgherrin von Trémont an und schob ihr den Reif mit dem in Gagat und Bergkristalle gefassten, durchsichtig grünen Alexandrit auf den vierten Finger der linken Hand. Das Wangen und Kinn fest umschließende Gebende aus weißem Linnen, unter dem man an Schläfen und Hinterkopf das rötlich schimmernde Haar sah, wurde von einem schmalen Reif geschmückt.

    Wie aus weiter Ferne vernahm Richard sein Versprechen, Madame Mellisynt de Trémont als Gemahl zu ehren und zu lieben, freigebig und ihr treu zu sein, und dieses unverdrossen und stets aufs Neue. Der Priester legte ihrer beide Hände zusammen, segnete sie und setzte die Zeremonie fort.

    Richard verkniff die Lippen und ließ die Hand seiner Verlobten los. Im Stillen verwünschte er den Kapellan, der eingehend über den heiligen Stand der Ehe und die Pflichten der Brautleute sprach. Der Pfaffe hätte wissen müssen, dass es sich bei dem Verspruch um eine reine Formalität handelte, denn schließlich hatte Monsieur Geoffroir Plantagenet d’Anjou, Duc de Bretagne, selbst die Verfügung zu dieser Verbindung unterzeichnet. Gleich danach war Richard gen Trémont gezogen, um die junge Witwe zu seiner Gemahlin zu machen. Es war ganz und gar unüblich, dass die Einwilligung zur Ehe vor einem Priester bekundet werden musste.

    Die Kälte der Steinquader drang Richard durch die Beinkleider und machte ihn frösteln. Wenn er noch länger knien musste, würde die halb verheilte Wunde im linken Knie ihn schmerzen, und dann konnte er von Glück reden, so es ihm gelang, sich aus eigener Kraft aufzurichten.

    Er beachtete die salbungsvoll klingende Stimme des Paters nicht mehr und richtete den Blick auf das über dem Altar hängende Gemmenkreuz. Das Licht der Wachsstöcke brach sich in den Amethysten, Chrysolithen und Saphiren, glänzte auf dem Goldblech, den Perlen und dem Filigran. In dem schlichten, nur mit wenigen Fresken und den roten Weihekreuzen geschmückten Bethaus war das leuchtende Kruzifix der erhabene Mittelpunkt, der einzige Gegenstand, der vom Reichtum des einstigen Burgherrn Kunde gab. Frodewin de Trémont hatte die Heilige Mutter Kirche eindeutig nicht an seinem großen Wohlstand teilhaben lassen.

    Als Madame de Trémont ihr Gelöbnis ablegte, schaute Richard sie wieder an und wurde sich gewahr, dass er sich soeben an ein Weib gebunden hatte, das ihm bei einem Festmahl wohl nicht aufgefallen wäre. Sie hatte den Kopf geneigt, und Richard versuchte, sich der Farbe ihrer Augen zu erinnern, vermochte es indes nicht. Dieser Umstand trug nicht dazu bei, seine schlechte Stimmung zu heben. Auch von ihrer Gestalt war unter der seitlich geschlitzten, aus einfachem Karmesintuch gefertigten Cotte nicht viel zu erkennen. Offensichtlich war Monsieur de Trémont bei den Ausgaben für sie ebenso sparsam gewesen wie bei der Ausgestaltung seiner persönlichen Umgebung. Und nun würden all die Schätze, die der frühere Burgherr angehäuft hatte, durch seine Witwe ihm, Richard, zufallen.

    Sie sei genau das Weib, das er brauche, hatte der Herzog geäußert, da sie eine äußerst begüterte Witwe sei und weder Kinder noch lästige Angehörige habe, die ihr Wittum für sich beanspruchen könnten. Der Kunde nach zu urteilen, die über sie verbreitet worden war, hatte sie ein zurückgezogenes Dasein geführt und den betagten, siechen Gemahl gepflegt. Gewiss, sie stehe nicht mehr in der Blüte der Jugend, sei indes noch nicht zu alt, um gesegneten Leibes zu werden.

    Richard hatte heftigen Einspruch dagegen erhoben, sich ein zweites Mal vermählen zu sollen, und Monsieur le Duc darauf hingewiesen, nach den Erfahrungen mit seiner ersten Gattin sei das Erleiden der weißen Pest nichts im Vergleich zur Ehe. Der Herzog hatte sich indes nicht umstimmen lassen. Schließlich hatte er sogar eingeräumt, was Richard bereits seit geraumer Weile vermutete: Er gedenke nicht nur, ihn, den treuen Vasallen, für seine Dienste zu belohnen, sondern wolle auch sicherstellen, dass ein ihm ergebener Lehnsmann Herr auf der wichtigen Grenzveste Trémont sei.

    Unbehaglich regte Richard sich auf dem kalten Fußboden und verwünschte den Umstand, dass Madame de Trémont sich nicht für den Aufenthalt in einem Konvent entschieden hatte. Dann wäre ihm der Druck erspart geblieben, sie zur Gemahlin nehmen zu müssen. Doch der Verspruch war geschlossen, und Richard nahm sich vor, das Beste aus der misslichen Lage zu machen. Verstimmt bedachte er den Kapellan mit einem unwirschen Blick, der besagte, der Priester möge endlich zum Abschluss der Zeremonie kommen.

    Widerwillig schlug Anselm über die einander Versprochenen das Kreuz und sagte: „Nun gehet hin in Frieden."

    Ob der Pein im Knie biss Richard die Zähne zusammen, stand ungelenk auf und reichte Madame de Trémont die Hand.

    Sie legte ihre auf seine und erhob sich. An seiner Seite verließ sie die Kapelle, schritt durch das Gewölbe und betrat den Saal. Ihnen folgte die kleine Schar der Andächtigen, die Zeuge der Zeremonie geworden waren.

    „Das Gastmahl ist vorbereitet, mein Gebieter, wandte Mellisynt sich an ihn. „So Ihr einverstanden seid, möchte ich, dass zur Feier des Tages alle Bewohner der Burg daran teilhaben.

    Sie hatte grüne, von dichten schwarzen Wimpern umgebene Augen, die in ihrem bleichen Gesicht besonders stark zur Geltung kamen. Irgendwie wirkte sie auf Richard älter denn die zweiundzwanzig Lenze, auf die sie, wie man ihm berichtet hatte, bereits zurückblickte.

    „Es soll mir recht sein", beschied er ihr die Bitte und bemühte sich, die ihn ermüdende Erschöpfung nicht ersichtlich werden zu lassen. Er hatte zwei Tage in hartem Gefecht hinter sich und den nachfolgenden anstrengenden Ritt nach Trémont. Die Belastungen hatten ihn ausgelaugt, und er sehnte sich danach, endlich das Lager aufsuchen und schlafen zu können. Dem Rang seiner Verlobten entsprechend musste er ihr jedoch die Möglichkeit geben, die Hochzeit einigermaßen festlich zu begehen.

    Er harrte neben ihr aus, als die Bewohner der Burg, die Männer seines Trupps, das Dienstvolk, die Schildknechte und Söldner sich vor ihnen verbeugten und ihnen Gottes Segen wünschten. Ein ergrauter Ritter erwies ihm als einer der letzten die Reverenz. Steif dankte er ihm und schaute den alten Mann, der dem verstorbenen Burgherrn als Seneschall gedient hatte, mit einem Ausdruck an, in dem sich Anerkennung und Wachsamkeit mischten. Er hatte sich zuvor mit ihm über die Verteidigungsanlagen der Veste und die Stärke der vorhandenen Landwehr unterhalten. Das Alter hatte Monsieur Jerome de Trasignies gebeugt, und seine Hände waren so verkrümmt, dass er eine Waffe gewiss nur noch unter großen Schmerzen führen konnte, doch Richard bezweifelte nicht, dass er dennoch imstande war, mit dem Schwert zu kämpfen.

    „Seid Ihr sicher, Madame, dass diese Verbindung Euch genehm ist?, fragte Jerome aus der Gewissheit, dass er sich als ihr langgedienter Burgvogt diese Kühnheit erlauben durfte. „Ich bin nicht mehr der Kräftigste, würde mich indes, so Ihr mich das heißt, gern für Euch mit diesem Hünen schlagen.

    Mellisynt warf Monsieur d’Edgemoor einen unbehaglichen Blick zu, wandte sich an den Seneschall und erwiderte, während sie ihm die Hand auf den Arm legte: „Nein, das wünsche ich nicht, Monsieur Jerome. Es besteht kein Anlass zu einem Zweikampf. Ich habe mein Eheversprechen aus freien Stücken abgelegt."

    „Hm", äußerte Jerome unüberzeugt.

    „Ich habe die Wahrheit gesagt, fuhr Mellisynt ruhig fort. „Mit dieser Verbindung ist mir gut gedient.

    „Nun, zumindest werdet Ihr wohl bald gut bedient werden, sagte Jerome anzüglich und musterte die kraftstrotzende Gestalt des neuen Seigneur. „Eure überstürzte Entscheidung wird zumindest ein Ergebnis zeitigen.

    Der Seneschall wandte sich ab und mischte sich unter die Geladenen. Richard bemerkte, dass der Burgherrin die Röte in die Wangen stieg, sie flüchtig die Lippen zusammenpresste und die Augen zu Boden richtete.

    „Ich danke Euch, Monsieur", sagte sie verlegen.

    „Wofür, Madame?"

    „Dafür, dass Ihr keinen Anstoß an Monsieur de Trasignies’ unpassender Bemerkung genommen habt, antwortete sie steif. „Er ist seit vielen Sommern mein Beschützer und Vertrauter.

    „Weshalb sollte ich ihm gram sein, nur weil er mir deutlich zu verstehen gab, dass er Euch jede Unbill fernhalten will? So er mir den Treueid ablegt, hat er nichts von mir zu befürchten. Ich habe sogar vor, ihm für die Dauer unserer Abwesenheit die Burghut zu übertragen und ihm einen meiner Gefolgsmänner als Hauptmeister unterzuordnen."

    „Der dann, wiewohl Monsieur Jerome das Amt des Burgvogtes bekleidet, gewiss darauf achten wird, dass Eure Anweisungen ausgeführt werden", erwiderte Mellisynt trocken.

    Richard nickte und fand, dass seine Verlobte vielleicht doch nicht so unbedarft war, wie er bislang angenommen hatte. „Ihr habt recht, Madame, gab er zu. „Ich habe auch nur gesagt, dass ich keinen Groll gegen ihn hege, weil er Euch vor Schaden bewahren will, indes nicht behauptet, volles Vertrauen zu ihm zu haben.

    „Gleichviel, Monsieur, nehmt meinen Dank", murmelte Mellisynt.

    „Ihr müsst Euch nicht bedanken, entgegnete Richard barsch. Die Müdigkeit hatte ihn einen schärferen Ton denn beabsichtigt anschlagen lassen. „Ich erkenne mit einem Blick, ob jemand ein guter Recke ist oder nicht.

    Jäh sah er ein zorniges Funkeln in ihren Augen aufflackern. Dann trübte sich ihr Blick, und die dunklere Farbe erinnerte ihn an einen Forst bei Anbruch der Abenddämmerung. Unvermittelt war ihrem bleichen Gesicht etwas Ausdrucksvolles verliehen worden, sodass es beinahe hübsch gewirkt hatte. Prüfend schaute Richard sie einen Moment lang an und widmete sich dann dem Priester, der sich zu ihm und Madame de Trémont gesellt hatte.

    Rasch entschuldigte sie sich mit dem Vorwand, sich um die Beköstigung der Anwesenden kümmern zu müssen, und mischte sich unter die Leute.

    „Auf ein langes Leben, Monsieur d’Edgemoor, sagte Anselm, hob den Becher und trank einen Schluck Würzwein auf das Wohlergehen des Burgherrn. „Wie ich hörte, seid Ihr gesinnt, Trémont unverzüglich zu verlassen.

    „In der Tat", bestätigte Richard kühl. Noch schmerzte ihn das linke Knie, weil er es im Bethaus so lange hatte beugen müssen. Zudem mochte er den Pfaffen nicht, der seiner Ansicht nach mehr Gefallen am Wein und der Prasserei fand denn an der Aufgabe, für das Seelenheil seiner Schäfchen zu sorgen.

    „So Ihr es noch nicht wisst, Chevalier, hatte der frühere Herr … möge der Allmächtige ihn die Herrlichkeit des Himmels schauen lassen … mich seit Langem mit den Registern der Einkünfte und Ausgaben seiner Domäne betraut. Mit Verlaub, ich bin bereit, Euch denselben Dienst zu leisten."

    „Das ist Aufgabe des Kammermeisters", entgegnete Richard frostig.

    Vertraulich beugte Anselm sich zu ihm und äußerte in gedämpftem Ton: „Messire Frodewin hatte das Vertrauen in Richold de Burnes verloren. Und nicht nur in ihn, sondern auch in Jerome de Trasignies. Letzteren hatte er sogar des Dienstes entheben wollen, da er ihm zu eigenmächtig geworden war." Anselm warf einen vielsagenden Blick auf den Senemarschall, der sich mit der Burgherrin unterhielt.

    Richard betrachtete die beiden ein Weilchen, wandte sich dann wieder dem Pater zu und erwiderte eisig: „Ich habe vom Burgvogt den Eindruck gewonnen, dass er

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