Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Ritter Simons Geliebte
Ritter Simons Geliebte
Ritter Simons Geliebte
eBook314 Seiten4 Stunden

Ritter Simons Geliebte

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

England, 1153: Im Schloss steht Gwyneth dem stolzen Ritter Simon zum ersten Mal gegenüber. Auf Befehl des Königs muss sie ihn heiraten, damit ihre Güter nicht den Feinden des Monarchen in die Hände fallen. Mit bangem Herzen erwartet Gwyneth die Hochzeitsnacht. Was hält das Schicksal für sie bereit: Leid – oder nie endende Leidenschaft?

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum6. Aug. 2021
ISBN9783751502450
Ritter Simons Geliebte

Ähnlich wie Ritter Simons Geliebte

Titel in dieser Serie (15)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Historische Romanze für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Ritter Simons Geliebte

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Ritter Simons Geliebte - Julie Tetel

    IMPRESSUM

    Ritter Simons Geliebte erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

    © 1994 by Julie Tetel Andresen

    Originaltitel: „Simon’s Lady"

    erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    Deutsche Erstausgabe 1995 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,

    in der Reihe HISTORICAL, Band 73

    Übersetzung: Vera Möbius

    Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.

    Veröffentlicht im ePub Format in 08/2021.

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9783751502450

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, TIFFANY

    Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

    Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook.

    1. KAPITEL

    London, England

    Ende Mai, im Jahre des Herrn 1153

    Simon of Beresford kniete über seinem Opfer. Sein breites Schwert lag einen Schritt entfernt neben der Waffe, die er seinem Gegner soeben abgenommen hatte. Der Mann am Boden schaute angstvoll zu seinem Bezwinger auf, halb benommen von seiner Erschöpfung und der sengenden Sonne. Er glaubte, seine letzte Stunde habe geschlagen, als er die Hände spürte, die sich um seinen Hals legten.

    Mühelos hielt Beresford ihn fest. „Nun ist es so weit. Sprecht Euer letztes Gebet!"

    „Gnade!", würgte der Mann hervor.

    Statt ihm die Kehle zuzudrücken, stand Beresford auf, aber keineswegs, um sich barmherzig zu zeigen. „Ihr seid ein altes Weib, Langley, stieß er angeekelt hervor. „Fleht niemals um Gnade, damit beschwört Ihr nur den Tod herauf. Selbst wenn Ihr schon am Boden liegt, solltet Ihr nach einem wunden Punkt Eures Gegners suchen.

    Langley ergriff Beresfords ausgestreckte Hand. „Leider fand ich keinen", klagte er und wischte sich den Staub ab. Dann versuchte er, das Entsetzen zu überwinden, das ihn erfasst hatte.

    „Ihr habt nichts gelernt", erwiderte Beresford, hob die beiden Schwerter auf und warf Langley eines zu. Unter dem Gewicht des Stahls schwankte der Mann.

    Lässig schwang Beresford seine Waffe und ließ die Muskeln seiner starken Arme spielen.

    „Ich bin müde, verteidigte der Knappe seine Ungeschicklichkeit, „und das wärt Ihr auch, hätte man so lange mit Euch gefochten und Euch dann niedergestreckt.

    „Hört zu winseln auf! So leicht solltet Ihr Euch nicht geschlagen geben. Schon am Anfang habt Ihr den Kampf verloren, weil Ihr ein elender Fechter seid. Haltet das Schwert hoch! Ja, so ist es besser. Und Ihr müsst wissen, dass ich Eure Nase nur zu gern wieder in den Staub pressen würde. Also bietet mir keine Gelegenheit dazu! Nun seht her! Wenn ich mich so bewege, verteidigt Ihr Euch auf diese Weise … Nein, nicht so, junger Narr! So!"

    Schweißperlen rannen über Langleys Stirn. „Den ganzen Nachmittag üben wir schon, keuchte er. „Es ist – so heiß …

    „Und der Tod ist unabänderlich. Wir wiederholen die Übung noch einmal, damit ich weiß, dass ein Mann hinter mir steht und kein altes Weib, wenn wir Henrys Kriegern erneut begegnen." Unerbittlich griff Beresford seinen Schüler an, von allen Seiten. Endlich war er einigermaßen zufrieden, hielt dem jungen Burschen aber noch einen strengen Vortrag, ehe er sich abwandte.

    Blitzschnell drehte er sich um und schlug Langley das Schwert aus der Hand, das dieser gegen seinen Herrn erhoben hatte. Keineswegs wütend, sondern hocherfreut, rief Beresford: „Sehr gut! Aber wenn Ihr nächstes Mal jemanden von hinten angreift, seht zu, dass sich die Spitze Eurer Klinge zumindest auf gleicher Höhe wie der Nacken Eures Gegners befindet. Mit einem Fußtritt beförderte er die Waffe aus der Reichweite des Knappen. „Morgen fangen wir eine Stunde früher an, entschied er und überquerte den Kampfplatz, den Hof seines Stadthauses.

    Das Schwert unter einen Arm geklemmt, zog er seine Lederhandschuhe aus, als er Geoffrey of Senlis an einem Pfosten lehnen sah. „Was führt dich hierher?", fragte er lächelnd und ging zu seinem Freund.

    „Guten Morgen, Simon. Gott schütze dich. Ich habe eine Nachricht für dich."

    Beresford überreichte seine Waffe und die Handschuhe einem Pagen, von dem er ein Tuch und eine Wasserflasche aus Leder entgegennahm. Er bot Senlis einen Trunk an, was dankend abgelehnt wurde, vergönnte sich einen großen Schluck, rieb sein Gesicht mit dem Tuch ab und gab es dem Jungen zurück, ebenso wie die Flasche. „Was für eine Nachricht?"

    „Vom König."

    „Und welche Dienste verlangt Stephen von mir?"

    „Keine Dienste. Der König – und Adela, wie ich hinzufügen darf – erbitten nur deine Anwesenheit. Ich soll dich holen."

    „Des Königs Mätresse wünscht mich zu sehen?", fragte Beresford überrascht.

    „Ja. Beide wollen eine geschäftliche Angelegenheit mit dir erörtern."

    Beresford blickte auf sein ledernes Koller und die blaue Tunika hinab, die der Staub so grau gefärbt hatte wie seine Augen. „Erlaube mir, mich umzuziehen. Dann begleite ich dich zum Tower."

    „Dafür fehlt uns die Zeit."

    „Aber wenn ich Adela gegenübertrete, sollte ich …"

    „Wir müssen sofort aufbrechen. Senlis grinste. „Seit wann legst du so großen Wert auf deine Kleidung, Simon?

    Beresford sah keinen Grund, der Anspielung zu widersprechen, die in dieser Frage lag. „So schmutzig möchte ich nicht vor Adela erscheinen", entgegnete er seufzend.

    „In diesem Fall wird sie gern auf deine Sauberkeit verzichten, wenn du nur so schnell wie möglich zu ihr kommst."

    Neidlos musterte Beresford seinen hübschen, eleganten blonden Freund. Sein Unbehagen rührte nicht von seinem eigenen Äußeren her, das zu wünschen übrig ließ. „Sind Henrys Truppen auf dem Weg nach London? Ich dachte, meine Männer und ich hätten sie vorerst zurückgeschlagen."

    Senlis schüttelte lachend den Kopf. „Stets der große Krieger, was, Simon? Nein, sie sind immer noch im Westen, aber dank deiner Hilfe belästigen sie Malmesbury nicht mehr."

    Beruhigt erkundigte sich Beresford: „Und was will der König mit mir besprechen?"

    „Keine Ahnung. Und ich wünschte, du würdest dich beeilen, damit ich endlich erfahre, was die ganze Aufregung zu bedeuten hat."

    Die Neugier seines Freundes belustigte Beresford. „Welche Aufregung?"

    „Schon den ganzen Tag flüstert man im Tower deinen Namen", behauptete Senlis, wobei er nur geringfügig übertrieb.

    „Tatsächlich?, rief Beresford verblüfft. Soviel er wusste, wurde nicht über ihn geredet, aber wie er zugeben musste, kümmerte er sich nicht um höfische Klatschgeschichten. Er runzelte die Stirn. „Und wer steckt seine lange Nase in meine Angelegenheiten?

    „Deine Unterredung findet im Sitzungssaal statt, also werden die Barone daran teilnehmen."

    Im Sitzungssaal ging es nicht so hochoffiziell zu wie im Audienzzimmer, und das besänftigte Beresford. Seine Stirn glättete sich. „Nun, dann auf zum Tower!" Kurz entschlossen verwarf er seinen Plan, sich umzukleiden, wozu er ohnehin keine Lust hatte. Er ließ sein Pferd holen und befahl dem Pagen, ihm sein Zeremonienschwert zu bringen. Dann erklärte er den Rittern, die untätig im Hof herumstanden, welche Übungen während seiner Abwesenheit durchgeführt werden sollten, und übertrug dem Waffenmeister die Aufsicht. Nachdem er die Zügel seines scheckigen Streitrosses ergriffen hatte, verließ er mit Senlis den Hof durch den Bogengang. Der Pförtner ließ sie auf die sonnige Straße hinaus und verriegelte hinter ihnen das schwere Tor.

    Draußen hielt ein Straßenjunge Senlis’ Pferd fest. Der Ritter warf dem zerlumpten Burschen eine Kupfermünze zu, dann schwang er sich ebenso wie sein Freund in den Sattel.

    „Sicher wollen der König und Adela mit mir das Turnier am St.-Barnabas-Tag besprechen", meinte Beresford. Sie lenkten die Pferde zur Aldgate und folgten dieser Straße, die zum Tower führte.

    „Warum lassen sie dich dann schon jetzt rufen, obwohl das Turnier erst in zwei Wochen veranstaltet wird?"

    „Vielleicht muss das Programm geändert werden."

    Senlis zuckte die Achseln. „Da wir gerade vom Turnier reden – du scheinst den jungen Langley ziemlich hart an die Kandare zu nehmen."

    „Nicht hart genug, erwiderte Beresford grimmig, „wenn er sich einigermaßen respektabel schlagen will.

    „Angeblich zählt er zu den besten Knappen."

    „Pah!", entgegnete Beresford verächtlich.

    Sie kamen am efeuumrankten Schild des „Swan" vorbei, das zum Eingang der Schenke wies. Da Beresford das gemeine Volk in dieser Gegend gut kannte, rief er dem Deicharbeiter Daw und dem Kesselflicker Wat ein Grußwort zu. Während sie sich in der offenen Tür sonnten, beobachteten sie interessiert die beiden vornehmen Ritter. Ein paar Zecher lümmelten an der Theke im Freien und schwenkten ihre Holzkrüge. Auch ihnen nickte Beresford zu, ritt aber weiter, ohne in den Schankraum zu spähen, wo das schwache Licht die Gaunereien der Berufswürfler begünstigte und die Wäscherinnen und Straßenhändlerinnen verschönte, die hier ihre Nebengeschäfte betrieben.

    Beharrlich blieb Senlis bei seinem Gesprächsthema. „Du verlangst zu viel von den jungen Kämpen, Simon. Wie sollen sie deinen Ansprüchen genügen, wenn du scheinbar Augen im Hinterkopf hast und sogar die Angriffe abwehrst, die deinem Rücken gelten?"

    Beresford lächelte. „Diese Gelegenheit gab ich Langley mit Absicht, um seinen Kampfgeist zu erproben."

    „Das wusste ich nicht, und mir war sehr unbehaglich zumute, als er sein Schwert hob, um dich von hinten zu attackieren. Aber du hast dich erstaunlich schnell verteidigt – und das entsprach natürlich genau deinem Plan, den du mir gleich erläutern wirst."

    Doch das hatte Beresford nicht vor. Er war es nicht gewohnt, seine Handlungsweise zu erklären, aus dem einfachen Grund: weil er es überflüssig fand, von Dingen zu reden, die man ohnehin sehen konnte. Stattdessen zählte er Langleys Schwächen auf und führte aus, welche Fähigkeiten der Bursche verbessern musste, wenn er sich auf dem St.-Barnabas-Turnier einen Namen machen wollte.

    Sie verließen die Straßen, wo die Händler und Handwerker ihrer Tätigkeit nachgingen, und näherten sich der Stadtmauer, mit deren Bau zur Römerzeit begonnen worden war. Acht Fuß dick und zweiundzwanzig Fuß hoch, war der Wall im Lauf der Jahrhunderte immer wieder neu befestigt worden. Sechsmal hatte er den Belagerungen der dänischen Invasoren standgehalten und vor über hundert Jahren Earl Godwin getrotzt, aber nicht Beresfords und Senlis’ Urgroßvätern, die mit William dem Eroberer übers Meer gesegelt waren, um das Inselkönigreich der normannischen Herrschaft zu unterwerfen.

    Als sich die beiden Ritter dem Nordufer der Themse und der östlichen Mauer näherten, ragte die größte Londoner Bastion vor ihnen auf – der Tower, Zitadelle, Burg und Gefängnis. Über den Mauern der Festung erhob sich der mächtige Mittelturm, White Tower genannt. Hell schimmerte die Kalksteinfassade im Sonnenlicht und erinnerte an den Steinbruch jenseits des Kanals, aus dem das Baumaterial stammte.

    Ehrerbietig wurden Beresford und Senlis vom Pförtner begrüßt und ritten durch eine im Haupttor eingelassene Tür in den Schlosshof. Reitknechte übernahmen die Pferde, und die beiden Neuankömmlinge gingen zum Mittelturm.

    Der Anblick des Mannes, um den sich der Hofklatsch gerade drehte, veranlasste die versammelten Ritter und Barone zu hilfreichen Bemerkungen wie: „Der König wünscht Euch zu sehen, Beresford! – „Schnell, zum Sitzungssaal! – „Falls man den Gerüchten glauben darf, werdet Ihr zu hohen Ehren gelangen, Beresford!"

    Missmutig runzelte er die Stirn und murmelte: „Zum Teufel mit diesen Schwätzern!"

    Senlis lachte. „Lieber Freund, ich hoffe, dir wird tatsächlich eine Ehre zuteil. Eine Überraschung erwartet dich ganz sicher."

    Darauf gab Beresford keine Antwort. Seine Instinkte hatte er auf dem Schlachtfeld erprobt, wo es auf Kraft und körperliches Geschick ankam. Für höfische Intrigen fehlte ihm jegliches Talent. Mit Streitkolben und Lanzen und glänzenden Schilden kannte er sich aus, aber das Doppelspiel politischer Manöver stellte seine Geduld auf eine zu harte Probe. Im Allgemeinen besaß er kein Gespür für die Subtilitäten des höfischen Lebens. Doch da sein Empfang im Tower keineswegs subtil verlief, was sogar ihm auffiel, wuchs sein Unbehagen. Während er an Senlis’ Seite über die kühlen Steinfliesen den Gang entlangeilte, gab er die Hoffnung auf, die Order des Königs könnte mit einem so schlichten Ereignis wie dem bevorstehenden Turnier zusammenhängen. Und er hasste Überraschungen, sogar erfreuliche.

    Im Sitzungssaal begegnete er den neugierigen Blicken mehrerer Barone und ahnte sofort, dass Unannehmlichkeiten auf ihn zukamen. Aber er trat furchtlos vor, ohne zu merken, wie seine imposante äußere Erscheinung den Raum sofort beherrschte oder wie unpassend er aussah, die Hände in die Hüften gestemmt, das Schwert an der Seite. Stolz aufgerichtet, blieb er unter den rot-goldenen Seidenbannern König Stephens stehen, die an der Decke hingen.

    Durch die hohen Bogenfenster mit den dicken Mittelsäulen fiel Sonnenlicht herein, vergoldete den dunklen Eichenboden und den alten Tisch aus Eschenholz, der inmitten des Saals stand. Und es übergoss den Mann, der direkt vom Kampfplatz an den Hof gekommen war, die schulterlangen ungekämmten braunen Locken, die verschmutzte Kleidung, die dem Kampfplatz, nicht jedoch der königlichen Residenz angemessen war.

    Seine kühlen grauen Augen betrachteten den König und dessen Mätresse, die auf einem Podest saßen.

    „Es freut mich, dass Ihr so schnell kommen konntet, Mylord", begann Adela, dann dankte sie Senlis, der am Tisch Platz genommen hatte.

    Beresford kniete nieder, erhob sich jedoch sofort, nachdem Stephen ihm ein Zeichen gegeben hatte. „Madam, ich bin stets bereit, Euch zu dienen. Seine tiefe Stimme klang höflich und respektvoll. „Und dem König, meinem Lehnsherrn.

    „Auch das freut mich." Einladend wies sie auf einen Stuhl am unteren Ende des Tisches.

    Er setzte sich, und unerklärlicherweise verstärkte Adelas Liebenswürdigkeit sein Missbehagen.

    Stephen of Blois, König von England, saß leicht zusammengesunken auf seinem Stuhl, ein trotz seiner Korpulenz attraktiver Mann, der mit seiner einzigen kühnen Tat vor achtzehn Jahren den Thron erobert hatte. Nach einigen belanglosen Worten zu seinem treuesten Ritter überließ er die Initiative wieder seiner tüchtigen Geliebten Adela of Chartres, die zu seiner Linken saß und offensichtlich das Heft in der Hand hielt.

    Die kleine, dunkelhaarige Frau sah eher unscheinbar aus, war aber eine ebenso kluge Politikerin wie Königin Mathilda, die im Vorjahr gestorben war. Nach ihrem Tod hatte man befürchtet, Stephens Trägheit könnte Henry, den Herzog von Angevin, veranlassen, ihn vom Thron zu verdrängen. Aber seit Adela dem König den Rücken stärkte, wurde ihre Position als seine Mätresse akzeptiert und sogar befürwortet.

    Zunächst erwähnte sie die treuen Dienste, die Beresford der Krone geleistet hatte, und bat die anwesenden Barone, dies zu bestätigen. Während er sich diese Lobeshymne anhörte, überlegte er, was sie im Schilde führen mochte. Schließlich kam sie zur Sache. „Und nun, Mylord, bereitet mir Eure Einsamkeit große Sorgen."

    „Meine Einsamkeit?, wiederholte er erstaunt. „Madam, ich versichere Euch, ich bin nicht einsam. Wie Ihr vermutlich wisst, leben sehr viele Leute in meinem Haus.

    „Ja, aber nun seid Ihr schon seit fünf Jahren Witwer", erwiderte sie sanft.

    „Das stimmt. Aber ich verstehe noch immer nicht, worauf Ihr hinauswollt."

    Ihre Lippen verzogen sich zu einem gütigen Lächeln. „Mittlerweile habt Ihr lange genug um Eure liebe Roesia getrauert …"

    „Keinen Tag lang!", fiel er ihr hastig ins Wort, um das Missverständnis zu berichtigen.

    Rings um den Tisch erklang Gelächter, aber Adela verlor keineswegs die Fassung und fuhr unbeirrt fort: „Und Ihr wart so tapfer. Ihr habt Euch bemüht, Eure mutterlosen Söhne großzuziehen, und vergeblich versucht, in Eurem Haushalt auf Ordnung zu achten …"

    „Mein Haushalt ist in allerbester Ordnung." Seine Verblüffung bewog ihn ein zweites Mal, Adela unhöflich zu unterbrechen.

    „… und unter ernstlichen Schwierigkeiten musstet Ihr Eure Ländereien allein verwalten. Aus diesem Grund, Mylord, und in erster Linie zu Eurem persönlichen Wohl teile ich Euch nun hocherfreut mit, dass wir – König Stephen und ich – eine passende Ehefrau für Euch gefunden haben."

    Im ersten Augenblick versagte ihm die Stimme. Dann sprang er so vehement auf, dass sein Stuhl krachend umstürzte. „Was?, schrie er. Beinahe erstickte er an seiner Wut. Nun wandte er sich nicht mehr an Adela, sondern an Stephen. „Eine Ehefrau? Wozu, wenn ich fragen darf? Für mein persönliches Wohl? Soll das ein Scherz sein, Sire? Wenn Ihr mir das versichert, will ich diese ungeheuerliche Zumutung vergessen!

    Bei dieser beispiellosen Beleidigung des Herrschers durch einen seiner Lehnsmänner stockte allen Anwesenden der Atem. Hätte ein anderer diese Worte auszusprechen gewagt, wäre er sofort des Hochverrates bezichtigt worden. Begierig warteten die Barone ab, was nun geschehen würde.

    Lächelnd hob Adela eine Hand, um die Entgleisung eines ansonsten untadeligen Gefolgsmannes zu überspielen. „Sie heißt Gwyneth of Northumbria und ist seit Kurzem verwitwet. Da Ihr Witwer seid und sowohl das Glück einer Ehe als auch ihr schmerzliches Ende erlebt habt, erfüllt Ihr die besten Voraussetzungen, um die junge Frau in ihrer Trauer zu trösten."

    Entgeistert schnappte Beresford nach Luft. Man brauchte wohl niemanden in diesem Saal an seine unglückliche achtjährige Ehe mit einer berüchtigten Xanthippe zu erinnern. Er hatte Roesias Tod nicht gewünscht, aber auch nicht beklagt und seither einen inneren Frieden genossen, der ihm erst jetzt richtig bewusst wurde. Seine Miene wirkte so verwirrt und verzweifelt, dass einige Barone ihre Belustigung nicht verbergen konnten.

    Adela nutzte seine momentane Sprachlosigkeit, indem sie ihn freundlich aufforderte, doch wieder Platz zu nehmen. Ohne seinen Zorn zu verhehlen, gehorchte er. „Ich bin keineswegs imstande, eine Frau zu trösten."

    „Außerdem ist sie sehr schön", betonte Adela.

    „Dann verheiratet sie doch mit Lancaster!", fauchte er und zeigte auf den Baron zu seiner Linken, einen stadtbekannten Schürzenjäger.

    Mit ihrer prompten Antwort kam sie einem herzhaften Gelächter zuvor. „Derzeit hat Lancaster einige Probleme auf seinen Ländereien, die im unruhigen Westen liegen. Und Eure Gwyneth besitzt ein großes Landgut im Norden, das von einer sicheren, nicht anderweitig beschäftigten Hand verwaltet werden muss – wie Eurer."

    Beresfords Brauen zogen sich zusammen. „Dann ist sie wohl Canutes Witwe. Dieser Mann hatte Henry unterstützt, dessen Anhänger jüngst von den königlichen Streitkräften besiegt worden waren, wenn auch eher zufällig. Nun erkannte Beresford, was hinter Stephens und Adelas Wunsch steckte. „Also braucht Ihr meine gut ausgebildeten Kämpen, um die restlichen Rebellen zu unterdrücken. Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Madam, meine Königstreue ist allgemein bekannt, und ich stelle Euch alle meine Männer für etwaige Kämpfe in Northumbria zur Verfügung. Ihr müsst mich nicht verheiraten, um Euch meiner Hilfe zu versichern."

    Fast unmerklich presste Adela die Lippen zusammen. Dass so freimütig auf ihren Plan hingewiesen wurde, missfiel ihr. „Hier geht es nicht um Eure Loyalität, Mylord, sondern um die Notwendigkeit, Gwyneth als Verbündete zu gewinnen, damit sich Canutes Männer zu Stephen bekennen."

    „Dann soll sie Fortescue heiraten, entgegnete Beresford und wies auf einen anderen Baron. „Er ist Witwer und hat mehr Schwertkämpfer zur Verfügung als ich.

    „Nun, die schöne Gwyneth braucht einen Mann in der Blüte seiner Jahre, der ihr zu Mutterfreuden verhilft, da sie kinderlos ist. Höflich nickte sie Fortescue zu. „Mit allem Respekt vor Sir Walter, der dem König schon lange in unverbrüchlicher Treue dient, möchten wir seinen Wunsch erfüllen und ihm erlauben, seinen Enkeln etwas mehr Zeit zu widmen.

    „Und Northampton?", fragte Beresford, verzweifelt bemüht, sich aller Witwer in seinem Bekanntenkreis zu entsinnen, die große Ländereien besaßen und zahlreiche Mannen befehligten.

    Ungehalten runzelte Adela die Stirn. „Zum Glück ist Bernard of Northampton heute Nachmittag nicht hier, Mylord, denn es würde ihn zutiefst bekümmern, an seine zwei Ehen erinnert zu werden, die ihm den ersehnten Kindersegen nicht bescheren konnten."

    „Oder Valmey? Beresfords Blick richtete sich auf den Mann, der neben der königlichen Mätresse saß. „Wie jeder weiß, hat er unzählige Bastarde gezeugt, und er ist ledig.

    Das gedämpfte Gelächter, von dieser rüden Bemerkung hervorgerufen, wurde von Adelas ruhiger Antwort nicht völlig übertönt. „Er hat sich bereits mit einer anderen Frau verlobt."

    Beresford wünschte, er wäre etwas genauer über den höfischen Klatsch informiert, denn er hätte schwören können, dass Cedric of Valmey zurzeit ein ehebrecherisches Verhältnis mit einer von Adelas Lieblingshofdamen unterhielt. Aber da er bereits befürchtete, auf verlorenem Posten zu kämpfen, erschien es ihm nicht ratsam, Stephens Mätresse in diesem heiklen Punkt herauszufordern. Sogar er kannte seine Grenzen. Aber noch gab er sich nicht geschlagen und suchte nach weiteren Heiratskandidaten für Gwyneth of Northumbria. „Dann Warenne", schlug er vor und deutete auf den Mann an seiner Seite, der erschrocken zusammenzuckte.

    Diesmal bewirkte er einen unverhohlenen Heiterkeitsausbruch. „Sicher hätte Warennes Gemahlin Felicia einiges dagegen einzuwenden …" Adela musste sich auf die Unterlippe beißen, um ihren Lachreiz zu bezähmen und sich die Situation nicht aus den Händen gleiten zu lassen.

    Da Felicia of Warenne völlig farblos aussah, hatte Beresford ihre Existenz vergessen. Sicher hätte sie nichts dagegen – das war der erste Gedanke, der ihm in den Sinn kam, aber den verschwieg er, um die allgemeine Belustigung nicht erneut zu schüren. „Verzeiht mir, Roger", bat er mürrisch.

    Sofort nutzte Adela die Gunst des Augenblicks. „Nun, dann wollen wir auf Simon of Beresfords künftiges Glück trinken."

    Die Kelche wurden mit Wein gefüllt, der König und seine Mätresse prosteten den Baronen zu.

    Beresfords Magen krampfte sich zusammen, aber er fügte sich in seine unausweichliche Niederlage und hob seinen Kelch an die verkniffenen Lippen. Der Wein, den er zähneknirschend auf seine bevorstehende Eheschließung schlürfte, schmeckte gallebitter.

    2. KAPITEL

    Auf ein Zeichen des Königs erhoben sich die Barone vom Tisch, aber sie verließen den Saal noch nicht. Stattdessen unterhielten sie sich, wie es nach dem Ende einer Sitzung üblich war. Ein oder zwei besonders tapfere Ritter wagten, mit Beresford zu reden. Der alternde Walter Fortescue und Cedric of Valmey gingen sogar so weit, ihm zu gratulieren. Und der Schürzenjäger Lancaster kam auf das St.-Barnabas-Turnier zu sprechen.

    Missgelaunt nahm Beresford die Glückwünsche entgegen. Er fühlte sich keineswegs geehrt, dass der König ihm eine neue Gemahlin erwählt hatte, sondern höchst ungerecht behandelt, und nun suchte er ein Opfer, an dem er seine Wut auslassen konnte. Bald hatte er eins gefunden.

    „Senlis!, rief er erbost, rannte zu seinem Freund und packte ihn an der Schulter. „Du hast es gewusst, du Schurke, und mich armen, arglosen Mann in die Falle tappen lassen!

    Vergeblich versuchte Senlis, sich loszureißen. „Oh nein, ich wusste gar

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1