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Sündige Stunden mit dem Wikinger
Sündige Stunden mit dem Wikinger
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eBook293 Seiten4 Stunden

Sündige Stunden mit dem Wikinger

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Über dieses E-Book

Verzweifelt zieht die schöne Elena den verwundeten Krieger, der sie vor irischen Entführern gerettet hat, an sich und presst ihre Lippen auf seine. Als sein Kuss leidenschaftlicher wird, schiebt sie ihn von sich. Er ist der Freund ihres Mannes, und sie fühlt sich an ihre arrangierte Ehe gebunden. Doch während sie Ragnar pflegt, wird die Versuchung, dem Verlangen nachzugeben, immer stärker …

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum7. Aug. 2020
ISBN9783733749491
Sündige Stunden mit dem Wikinger
Autor

Michelle Willingham

Michelle schrieb ihren ersten historischen Liebesroman im Alter von zwölf Jahren und war stolz, acht Seiten füllen zu können. Und je mehr sie schrieb, desto mehr wuchs ihre Überzeugung, dass eines Tages ihr Traum von einer Autorenkarriere in Erfüllung gehen würde. Sie besuchte die Universität von Notre Dame im Bundesstaat Indiana, da sie mit dem Gedanken spielte, Medizin zu studieren. Jedoch musste sie diesen Gedanken bald wieder verwerfen, da sie kein Blut sehen konnte. Stattdessen studierte sie Englisch und schloss mit summa cum laude, der besten Benotung, ab. Daraufhin kam sie auf die Idee Lektorin zu werden. Ihr erster Teilzeitjob bestand darin, Hypothekenhandbücher zu bearbeiten, was sie umgehend zurück zur Uni fliehen ließ, um Lehrerin zu werden. Michelle unterrichtete 11 Jahre lang, bevor sie aufhörte, um zu Hause bei ihren Kindern zu sein und sich voll und ganz dem Schreiben widmen zu können. Zahlreiche ihrer Romane erschienen in der Reihe Harlequin Historical. Michelle ist mit einem Raketenwissenschaftler verheiratet und lebt zusammen mit ihm in Virginia. Neben dem Schreiben kocht und liest sie gerne und vermeidet sportliche Aktivitäten um jeden Preis.

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    Buchvorschau

    Sündige Stunden mit dem Wikinger - Michelle Willingham

    IMPRESSUM

    Sündige Stunden mit dem Wikinger erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

    © 2014 by Michelle Willingham

    Originaltitel: „To Tempt a Viking"

    erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    © Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL

    Band 8 - 2015 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

    Übersetzung: Wibke Sawatzki

    Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

    Veröffentlicht im ePub Format in 08/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9783733749491

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, TIFFANY

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    1. KAPITEL

    Irland, im Jahr 875

    Nichts ist schlimmer, als die Ehefrau deines besten Freundes zu lieben, dachte Ragnar.

    Er packte die Ruder fester und zog sie kraftvoll durch die Wellen. Er hätte nicht mit den beiden nach Éire kommen dürfen. Aber als Styr ihn gefragt hatte, musste er wohl einen schwachen Moment gehabt haben und hatte zugesagt. Obwohl er seine Besessenheit von Elena so tief wie möglich in sich vergrub, war doch der Gedanke daran, für immer durch viele Hundert Meilen von ihr getrennt zu sein, schlimmer als der, sie tagtäglich mit ihrem Ehemann zu sehen.

    Nie hatte er einem von ihnen seine Gefühle gestanden. Darum wusste niemand, welche Qualen er empfand, wenn er Styr zusammen mit der Frau, die er liebte, in dessen Hütte verschwinden sah.

    Dennoch konnte er sich einfach nicht dazu durchringen, sich von ihr fernzuhalten.

    Während Ragnar ruderte, behielt er Elena stets im Blick. Ihr blondes Haar war von roten Strähnen durchzogen, wie Flammen auf goldenem Grund. Sie war schön wie eine Göttin – die er von ferne verehrte.

    Sie betrachtete ihn als einen Freund, aber mehr nicht. Das war nicht überraschend. Eine Frau wie Elena verdiente einen starken Ehemann, einen hochgeborenen Krieger. Schon vor vielen Jahren war ihre Ehe mit Styr beschlossen worden, und Ragnar gehörte nicht zu den Männern, die einem Freund die Frau stehlen. Schon gar nicht dem besten Freund.

    Elena hatte ihre Wahl getroffen, und Styr schien alles zu tun, um sie glücklich zu machen. Deshalb hatte Ragnar sich nie eingemischt.

    Im Laufe der Jahre hatte er versucht, eine andere Frau für sich zu finden. Er war ein starker Krieger, und so manche junge Schönheit hatte schon ein Auge auf ihn geworfen. Aber keine von ihnen hätte sich je mit Elena messen können. Vielleicht würde das auch nie einer gelingen.

    Nachdenklich betrachtete er sie, wie sie auf die grauen Wellen hinausstarrte. Etwas hatte sich in letzter Zeit verändert. Sie und Styr sprachen kaum noch miteinander. Ihre Kinderlosigkeit nagte an ihr, ließ sie in Kummer versinken. Ihr Gesicht war ungewöhnlich blass. Doch nichts, was er ihr hätte sagen können, würde ihr gebrochenes Herz heilen.

    Das Drachenboot näherte sich dem Ufer. Hier war das Wasser flacher, als sie erwartet hatten.

    „Wir gehen hier an Land, bestimmte Styr. Er warf den anderen einen Blick zu und kam dann zu Ragnar. Einen Moment lang stand er nur da und sah auf die Küste hinaus. „Bleibst du hier bei Elena?, fragte er dann. „Ich will nicht, dass sie in einen Kampf gerät, sollte es Ärger geben."

    „Ich werde auf sie achtgeben", versprach Ragnar. Sein Schwert würde er im Blut eines jeden Feindes baden, der es wagte, Elena zu nahe zu kommen. Obwohl sie nicht zu ihm gehörte, stand sie unter seinem Schutz, und er würde sein Leben für sie geben.

    Styr legte ihm eine Hand auf die Schulter und seufzte schwer. „Ich bin froh, dass du bei uns bist, gab er zu. „Eine solche Reise kann man nur mit der Hilfe guter Freunde überstehen.

    „Keiner der Männer hat in den letzten drei Tagen ein Auge zugetan, stimmte Ragnar zu. „Wir können alle eine gute Mahlzeit und etwas Ruhe gebrauchen. Ihr Schiff war in einen Sturm geraten und von den Wellen hin und her geworfen worden, als wollten die Götter ein Opfer fordern. Sie alle hatten gegen die harten Winde gekämpft und dem Unwetter getrotzt. Der Sieg über die Elemente hatte sie ihren Schlaf gekostet. Sein Körper und Geist waren so erschöpft, dass Ragnar kaum einen anderen Gedanken fassen konnte als den, an Land zu gehen und auf dem Sand zusammenzubrechen.

    „Zu schade, dass du keine Frau hast, die dir das Bett wärmt", stellte Styr achselzuckend fest.

    Ragnar bedachte ihn mit einem spöttischen Blick. „Ich habe gehört, es soll in Éire hübsche Mädchen geben. Wer weiß, vielleicht finde ich ja eins."

    In den letzten Jahren hatte er ein paar Frauen gehabt, aber keine hatte einem Vergleich mit Elena standhalten können. So sehr er es auch versuchte, Elena aus seinen Gedanken zu verbannen, war er doch so manche Nacht schweißgebadet aufgewacht, hart und erregt von den Bildern, die er im Traum gesehen hatte, von der Frau, die er liebte.

    Bei Thor, er musste aufhören, daran zu denken. Elena gehört zu Styr, und ich brauche mir nicht die geringste Hoffnung zu machen, dass sich das je ändern wird, rief Ragnar sich zur Ordnung. Wenn sie erst einmal das Kind ihres Ehemanns trug, würde sie mit ihm glücklich werden.

    Er packte sein Schwert und griff nach dem Schild.

    Styr nahm seinen eigenen Schild zur Hand. „Wirklich, ich bin froh, dass du da bist. Wir können gute Kämpfer gebrauchen." Er unterstrich die Worte, indem er ihm leicht in den Oberarm boxte.

    Zur Antwort ergriff Ragnar seinen Freund am Handgelenk und hielt es fest. „Ich habe dich ein oder zwei Mal besiegt."

    „Nur weil ich es zugelassen habe." Aber das Lächeln, das Styr ihm schenkte, war finster. Ragnar empfand für ihn wie für einen Bruder. Damals hatte er ihm das Kämpfen beigebracht, da sein eigener Vater sich nicht die Zeit dafür genommen hatte. Heimlich hatten sie zusammen geübt, bis Ragnar das Schwert ebenso gut schwingen konnte wie Styr. Tatsächlich sogar etwas besser, auch wenn Styr das niemals zugeben würde.

    Leise sagte Ragnar: „Ich werde dir immer den Rücken freihalten."

    Und das würde er auch. Trotz seiner verräterischen Gefühle würde er seinen besten Freund niemals hintergehen.

    Nachdem sie vor Anker gegangen waren, wateten die Männer durch das hüfthohe Wasser. Elena blieb auf dem Boot, wirkte unsicher, ob sie ihnen folgen sollte.

    „Am besten bleibst du noch ein wenig an Bord, sagte Ragnar, der bei ihr geblieben war. „Wir sehen nach, ob es sicher ist.

    Sie schien besorgt, schüttelte aber den Kopf. „Nein, ich möchte mitkommen. Wenn die Bewohner des nächsten Dorfes mich sehen, denken sie vielleicht nicht, dass wir sie angreifen wollen."

    Das war ein gutes Argument, denn Angreifer hätten wohl kaum eine Frau bei sich. Trotzdem war Ragnar entschlossen, sie hinter den anderen zu halten.

    Er half ihr vom Schiff, wobei er darauf achtete, ihren schlanken Leib nicht zu lange zu berühren. Sie trug ein cremefarbenes Gewand unter einem rosafarbenen Oberkleid, das an den Schultern von goldenen Broschen zusammengehalten wurde. Ihr Haar wehte im Wind. Als sie den Fuß in das eiskalte Wasser setzte, zuckte sie zusammen.

    „Wir werden so schnell wie möglich ein Feuer entfachen, versprach Ragnar, als sie den Strand erreichten. „Warte hier, bis wir uns umgesehen haben. Wenn Gefahr droht, geh aufs Schiff.

    Elena nickte widerwillig.

    Er begab sich zu Styr und den anderen Männern, die sich dem Dorf genähert hatten, sie alle betrachteten die strohgedeckten Hütten. Aufgrund der unnatürlichen Stille erschauerte Ragnar unwillkürlich. Die Härchen in seinem Nacken richteten sich auf. Nur der Geruch von Feuern lag noch in der Luft, und als sie das Dorf betraten, entdeckten sie Anzeichen dafür, dass die Anwohner hastig die Flucht ergriffen hatte. Suppe brodelte in einem Topf über dem Feuer. Dampf stieg in die kalte Luft auf – aber niemand stand davor und rührte um. Ein Umhang lag auf dem Boden, als hätte derjenige, der es verloren hatte, nicht einmal stehen bleiben wollen, um ihn aufzusammeln.

    Plötzlich verschwamm ihm alles vor den Augen, und Ragnar taumelte. Der Schlafmangel und die Anstrengung während des Sturms forderten nun ihren Tribut. So gut er konnte, kämpfte er gegen den Schwindel an.

    Irgendetwas stimmte mit dieser Siedlung nicht. Nirgends waren Menschen oder Tiere zu sehen. Mit jedem Schritt verdichtete sich der Nebel in seinem Kopf. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, der Boden unter ihm schien zu schwanken. Ragnar blieb für einen Moment stehen, um sich zu sammeln und tief durchzuatmen. Er durfte sich nicht von der Erschöpfung überwältigen lassen.

    Als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung sah, drehte er sich um und erblickte Elena, die ihm gefolgt war. „Du solltest zurück auf das Schiff gehen. Bleib dort, bis wir wissen, was los ist." Falls die Iren ihre Absichten falsch deuteten und angriffen, wollte er sie in Sicherheit wissen.

    Doch Elena schüttelte den Kopf. „Wenn ich dort allein bleibe, bin ich ungeschützt. Ragnar wollte widersprechen, aber sie beharrte: „Ich gehe nicht aufs Boot. Ich brauche festen Boden unter den Füßen.

    Ragnar gab nach. „Dann halte dich hinter mir." Bevor sie einen weiteren Schritt machten, betrachtete er sie. Ihre meergrünen Augen hielten ihn gefangen, ihre zarte milchweiße Haut lockte ihn, sie zu berühren. So viele Nächte hatte er davon geträumt, mit den Fingern durch ihr flammendes Haar zu fahren, ihre weichen Lippen mit einem Kuss in Besitz zu nehmen.

    „Stimmt etwas nicht?" Sie errötete unter seinem Blick, als könnte sie seine Gedanken erraten.

    Er zwang sich, nach vorn zu schauen. „Nein, alles in Ordnung." Aufmerksam suchte Ragnar die Umgebung nach Bewegungen ab. In einiger Entfernung sah er zwischen den Hütten einen Schatten huschen. Die Stille zerrte an ihm; ihm war, als ob ein noch unbekannter Angreifer auf sie lauerte.

    Das Schwert in der einen Hand, den Schild in der anderen, ging Ragnar ein paar Schritte in Richtung der Schatten, die er gesehen hatte. Mehr denn je war er davon überzeugt, dass Elena besser auf dem Schiff geblieben wäre. Stattdessen stand sie hinter ihm, die Hände gefaltet.

    „Geh zurück zum Strand, ermahnte er sie. „Sieh dich um, und ruf uns, sobald dir etwas auffällt. Sie nickte, doch Ragnar zögerte. Sein Gefühl warnte ihn davor, sie alleinzulassen – und dennoch musste er dem unsichtbaren Angreifer zuvorkommen, wenn er sie beschützen wollte. „Kommst du zurecht?"

    „Ja." Aber ihre Stimme klang verunsichert. Sie griff nach dem Heft des Dolches an ihrem Gürtel, als sie sich zum Gehen wandte.

    Behutsam näherte sich Ragnar der Stelle, wo er die Schatten gesehen hatte, während die anderen Styr folgten. Dabei ließen sie die Schultern hängen, als würden sie von der Last der vorangegangenen Tage niedergedrückt. Sie alle würden kämpfen, wenn es notwendig war, aber die Erschöpfung steckte ihnen in den Knochen.

    Er ging weiter und konzentrierte sich nur auf die Bedrohung. Plötzlich durchschnitt Elenas Schrei die Stille. Ragnar fuhr herum, hob sein Schwert – und sah sie am Strand von vier Männern umringt.

    Bei den Göttern, wo waren sie so plötzlich hergekommen?

    Dunkler Zorn ergriff ihn, brachte sein Blut zum Kochen und vertrieb die Müdigkeit. Das Schwert erhoben, rannte er zu Elena zurück. Er griff einen der jungen Männer an, doch der blockte seinen Hieb mit seinem Schild ab. Ragnar spürte, wie die schiere Entschlossenheit ihm neue Kraft einflößte. Er wehrte einen Angriff von zweien der Männer gleichzeitig mit seiner Waffe ab.

    Er ließ sich vom Kampfesrausch mitreißen. Schwerter schlugen gegen Schilde im altvertrauten Klang. Vor dem Bedürfnis, Elena zu schützen, trat alles andere in den Hintergrund.

    Hinter ihm schlich sich ein weiterer Feind heran; er sah es an Elenas erschrockenem Blick. Die Überzahl machte ihm nichts aus. Solange er lebte, würde ihr niemand etwas tun. Mit einem kräftigen Schlag seines Schildes schickte er einen der Männer zu Boden, einen anderen erwischte er mit einem gewaltigen Schwerthieb.

    Einer der Feinde packte Elena von hinten, verdrehte ihr das Handgelenk, bis sie den Dolch in den Sand fallen ließ, und zog sie mit sich. Ragnar kämpfte mit aller Kraft gegen die Iren an, um zu ihr zu gelangen.

    Gebe Thor, dass es ihm rechtzeitig gelang.

    Das Blut rauschte durch seine Adern. Ragnar stieß einen Schlachtruf aus, fegte die Feinde mit seinem Schwert zur Seite. Aus den Augenwinkeln sah er, dass Styr ebenfalls loslief.

    Zwei Männer versuchten, ihnen den Weg abzuschneiden, aber Styr und er kamen von unterschiedlichen Seiten auf sie zu. Als sein Angreifer sich nach vorne warf, ließ Ragnar sich in den Sand fallen und rollte sich zur Seite. Ein Schwert fuhr an genau der Stelle durch die Luft, wo er Augenblicke zuvor gestanden hatte.

    Weitere Iren stießen vor. Während Ragnar weiterkämpfte, sah er, wie der junge Mann, der Elena im Griff hatte, ihr ein Messer an die Kehle hielt. In den Augen des Jungen lag Verzweiflung, er wirkte, als hätte er noch nie an einer Schlacht teilgenommen, geschweige denn jemanden getötet. Das machte ihn nur umso gefährlicher.

    Mit neuer Wut kämpfte sich Ragnar vor, und auch Styr eilte auf seine Ehefrau zu. Bevor dieser jedoch Elenas Geiselnehmer niederstrecken konnte, änderte sich alles.

    Eine Frau tauchte auf und schrie aus Leibeskräften. In den Händen hielt sie einen stabilen Holzstab.

    Ragnar kümmerte sich nicht um sie, sondern richtete seine Aufmerksamkeit auf Elena. Der junge Mann bei ihr ist abgelenkt, stellte Ragnar fest. Vielleicht gelang es ihm, sie zu befreien. Zoll für Zoll näherte er sich ihm und wartete auf den richtigen Augenblick.

    Der Junge wirkte verunsichert. Vielleicht überlegte er, ob er Elena loslassen sollte. Doch ihm schien klar zu sein, dass Styr ihm, sobald er das tat, mit seiner Streitaxt den Schädel spalten würde.

    Ich hingegen könnte ihn unbemerkt von der Seite angreifen, überlegte Ragnar. Wenn sein Schlag saß, hatte er Elena befreit, bevor irgendjemand auch nur bemerkte, was geschah.

    Noch ein wenig näher …

    Er hob das Schwert, bereit, zuzuschlagen. Ehe er sich rühren konnte, hieb die irische Frau Styr ihren Stab über den Kopf und traf ihn am Ohr. Sein Freund ging zu Boden.

    Bei Thor. Ohne nachzudenken, stürmte Ragnar vor, gerade in dem Augenblick, als ein anderer Angreifer zum tödlichen Schlag ansetzte.

    „Styr!", rief Elena entsetzt. Ragnar konnte den Hieb gerade noch abwehren. Elena streckte die Hände nach ihrem Ehemann aus, während die andere Frau etwas in einer fremden Sprache rief, das wie eine Entschuldigung klang.

    Der Junge zerrte Elena zum Meer. Immer tiefer watete er, sodass sie schließlich bis zur Hüfte im Wasser stand. Er könnte sie ertränken, wenn er wollte.

    Endlich kamen ihnen die anderen Wikinger zu Hilfe. Jeder Kämpfer war nötig, um Elena und Styr zu beschützen. Seine Freunde eilten mit gezogenen Waffen und erhobenen Schilden heran. Als er sich umdrehte, bemerkte er, dass die dunkelhaarige Frau Styr Arme und Beine mit Lederriemen fesselte. Ein alter Mann half ihr, ihn wegzuschaffen.

    „Ragnar, bat Elena, „rette ihn. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, und in ihren meergrünen Augen lag Todesangst.

    Er war hin- und hergerissen von dem Wunsch, seinem Freund zu helfen – und dem, Elena zu retten. Bei allen Göttern; warum war er gezwungen, eine solche Entscheidung zu treffen?

    „Was sollen wir tun?", fragte sein Freund Onund.

    Letzten Endes gab es darauf nur eine Antwort. Ragnar musste der Frau beistehen, die er liebte, selbst wenn er deswegen den Mann aufgeben musste, der für ihn wie ein Bruder war.

    „Falls ihr irgendetwas passiert, wird Styr uns alle verantwortlich machen." Ragnar hob das Schwert und lief aufs Meer zu.

    2. KAPITEL

    Fassungslos sah Elena, wie Ragnar Schwert und Schild in den Sand legte. Was tat er da? Er war stärker als all seine Gegner und könnte sie ohne Zweifel unschädlich machen. Warum ergab er sich?

    Es sei denn, er hatte einen anderen Plan, den sie nicht kannte.

    Ragnar kam näher, wobei das Wasser seine Stiefel umspülte. Er trug eine lederne Rüstung und einen Eisenhelm, unter dem sein braunes Haar ihm auf die Schultern herabfiel. Die dunkelgrünen Augen funkelten, und sein Gesicht zeigte den entschlossenen Ausdruck eines Kriegers, der vorhatte, seine Feinde zu erschlagen.

    Und das würde er gewiss auch tun. Elena hatte ihn zusammen mit ihrem Ehemann trainieren sehen und dabei seine Fähigkeiten beobachtet. Sie kannte keinen stärkeren Kämpfer als Ragnar Olafsson, und er bewegte sich mit einer Geschwindigkeit, mit der kein anderer mithalten konnte.

    „Lass sie los!, rief Ragnar dem jungen Mann zu, der sie gefangen hielt. „Wir gehen auf unser Schiff zurück.

    Er sprach zu dem Iren in der Sprache der Nordmänner, als könnte dieser sie verstehen. Seine Stimme war ruhig, und er hielt die Hände erhoben als Zeichen, dass er sich ergab. Doch in seiner Körperhaltung lag eine stumme Drohung.

    Ragnar würde niemals mit einem Feind verhandeln. Ihr Herz schlug schneller, als die übrigen Iren sie einzukreisen begannen.

    Was hatte Ragnar vor? Wollte er sich für sie opfern? Nein, er war nicht der Typ, der zum Märtyrer wurde.

    Wütend starrte Onund ihn an. „Vielleicht willst du ja aufgeben, Ragnar, aber wir sind nicht dazu bereit. Wir sind in der Überzahl!", knurrte er und reckte drohend sein Schwert.

    Ein Ausdruck der Verärgerung huschte über Ragnars Gesicht, und endlich verstand Elena, was sein Plan war. Die Iren hatten sie überrascht und dadurch in die Enge getrieben, und die gleiche Taktik wollte Ragnar nun gegen sie wenden. Wenn er sie überzeugen konnte, dass sie sich ergaben, gewannen die anderen Wikingerkrieger Zeit, sich für einen Gegenschlag zu sammeln. Verstand Onund das nicht?

    „Wenn wir sie angreifen, schneiden sie ihr die Kehle durch. Und Styr werden sie auch töten." Ragnar fügte leise etwas hinzu, das Elena nicht mehr hören konnte, da der junge Ire sie noch tiefer ins Wasser zog. Inzwischen hatten sie das Schiff fast erreicht, und sie wusste nicht, was Ragnar als Nächstes tun würde.

    Nicht ein einziges Mal hatte er sie aus den Augen gelassen. In seinem Blick erkannte sie seine Entschlossenheit, sie zu befreien. Ihr kam wieder in den Sinn, wie er sie vorhin angeschaut hatte. Es hatte sie verwirrt, war doch sein Blick voller Verlangen gewesen. Als wollte er sie … für sich.

    Bei der Erinnerung pochte ihr Herz schneller, denn auf diese Weise hatte er sie noch nie angesehen. Sein Blick hatte sie durchdrungen und ihr Innerstes berührt. Sie begriff nicht, wieso ihr Körper so reagierte, wieso ihre Haut mehr prickelte als nur vom eiskalten Wasser.

    Ein erschreckender Gedanke kam ihr. Ragnar wollte doch nicht etwa, dass Styr starb? Ihr Gemahl war nun ein Gefangener der Iren, und sie mussten ihn irgendwie retten. Aber was, wenn Ragnar das gar nicht vorhatte? Wenn er Styr einfach aufgeben wollte?

    Niemals würde sie ihm einen solchen Verrat zutrauen, konnte aber auch diese unbestimmte Angst nicht einfach abschütteln.

    Schließlich folgten die anderen zögernd seinem Beispiel, legten die Waffen nieder und wateten weiter ins Meer, einer nach dem anderen, während die Iren ihnen folgten.

    „Einige von euch sollten bei Styr bleiben", rief sie, doch sobald sie gesprochen hatte, drückte der Mann, der sie festhielt, ihren Kopf unter Wasser. Alle Luft entwich aus ihren Lungen. Er riss sie wieder hoch, und das triefnasse Haar fiel ihr ins Gesicht und nahm ihr die Sicht. Mit barscher Stimme bellte er Anweisungen, die sie nicht verstand. Und ehe sie begriff, wie ihr geschah, hatte er sie zurück auf das Drachenboot gehoben und war ihr an Bord gefolgt. Sie war nicht einmal in der Lage, sich zu wehren, so sehr hatte die Kälte sie durchdrungen und jeden Muskel betäubt.

    Alles verschwamm ihr vor den Augen, und sie nahm kaum noch wahr, dass er ihr immer noch ein Messer an die Kehle hielt, ihre Handgelenke ergriff und mit einem Seil fesselte. Schließlich band er sie im Bug des Schiffes an.

    Kurz darauf kletterten ihre Landsleute auf das Boot, gefolgt von vier Iren. Sie versuchten nicht einmal, sich zu wehren, sondern ließen sich einfach gefangen nehmen. Vermutlich warteten sie auf den richtigen Moment, um einen Überraschungsangriff zu starten.

    Nun gab es niemanden, der Styr noch helfen konnte. Mutlos sah sie zur Küste hinüber. Ihren Ehemann hatte man bereits weggebracht, und sie wusste nicht, ob sie ihn jemals wiedersehen würde. In den letzten Monaten hatten sie sich auseinandergelebt, sicher, aber sie wusste, dass es ihre eigene Schuld war, da sie ihn häufig abgewiesen hatte. Ein guter Mann, ein Krieger wie er hatte etwas Besseres verdient als eine unfruchtbare Ehefrau wie sie.

    Selbstmitleid nagte wieder einmal an ihr, und sie drängte es zurück. Solche Gedanken halfen ihr in dieser Lage auch nichts. Sie musste jetzt allen Mut zusammennehmen und tun, was immer nötig war, um zu überleben. Das war ihre einzige Hoffnung.

    Nun stieg Ragnar an Bord. Während man ihn fesselte, hielt er den Blick unablässig auf sie gerichtet. Elena ahnte zwar nicht, was genau er vorhatte, aber die Botschaft war eindeutig. Er hatte in jedem Fall die Absicht, sie aus ihrer Gefangenschaft zu befreien.

    Die Iren setzten sich an die Ruder. Da sie jedoch nur vier waren, kamen sie nicht besonders schnell voran. Ihr Geiselnehmer, der Brendan gerufen wurde, übernahm das Segel und ließ das Schiff vom Wind aufs offene Meer hinaustreiben.

    Erst als Ragnar wenige Fuß von ihr entfernt aufs Deck gestoßen wurde, wagte Elena, ihm zuzuflüstern: „Was wird aus Styr? Du hast ihn allein zurückgelassen. Er könnte bereits tot sein." Bei diesen Worten überlief sie ein kalter Schauer, und heiße Tränen stiegen ihr in die Augen.

    „Wenn man seinen Tod gewollt hätte, hätte man ihn nie gefangen

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