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Portal ins Nichts
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eBook552 Seiten6 Stunden

Portal ins Nichts

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Über dieses E-Book

Richard, Fürst von Zantini und Halbgott, bricht mit seinen Gefährten auf, um die sechs sagenumwobenen Schwerter der Götter Aktirias zu finden.
Diese sind nötig, um ein Portal ins Nichts zu schaffen. Nur so kann Kenn aus dem Nichts befreit werden, der versehentlich mit dem bösen Gott Kritzschak dorthin verbannt wurde.
Sollte Richard scheitern, wäre Aktiria dem Untergang geweiht.
Werden die Götter ihm ihre Schwerter überlassen?
Was plant zudem Asta, die Hohepriesterin Kritzschaks, die ebenfalls ihren Herrn befreien will?

Zweiter Band der Aktiria-Saga
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum30. Okt. 2014
ISBN9783735752024
Portal ins Nichts
Autor

R.F. Tamminga

Die Autorin lebt mit ihrer Familie in einem Dorf an der Ostseeküste Schleswig-Holsteins. Sie arbeitet als Juristin und war zeitweise Redakteurin der ISHQ, einer Zeitschrift über Bollywood-Filme .

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    Buchvorschau

    Portal ins Nichts - R.F. Tamminga

    Die Autorin:

    R. F. Tamminga lebt mit ihrer Familie in einer kleinen Gemeinde an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste. Schon seit ihrer Kindheit schreibt sie Fantasy-Geschichten.

    Das Buch:

    Zweiter Band der Aktiria-Saga

    Richard, Fürst von Zantini und Halbgott, bricht mit seinen Gefährten auf, um die sechs sagenumwobenen Schwerter der Götter Aktirias zu finden.

    Diese sind nötig, um ein Portal ins Nichts zu schaffen.

    Nur so kann Kenn aus dem Nichts befreit werden, der versehentlich mit dem bösen Gott Kritzschak dorthin verbannt wurde.

    Sollte Richard scheitern, wäre Aktiria dem Untergang geweiht.

    Werden die Götter ihm ihre Schwerter überlassen?

    Was plant zudem Asta, die Hohepriesterin Kritzschaks, die ebenfalls ihren Herrn befreien will?

    Weitere Veröffentlichungen:

    Erster Band der Aktiria-Saga:

    „Gott ohne Gnade", ISBN 978 3735 7199 66

    Für meinen Bruder, der immer Zeit gefunden hat, meine Geschichten zu lesen und zu beurteilen. Danke dafür!

    Inhaltsverzeichnis

    Prolog

    Kapitel 1

    Kapitel 2

    Kapitel 3

    Kapitel 4

    Kapitel 5

    Kapitel 6

    Kapitel 7

    Kapitel 8

    Kapitel 9

    Kapitel 10

    Kapitel 11

    Kapitel 12

    Kapitel 13

    Kapitel 14

    Kapitel 15

    Kapitel 16

    Kapitel 17

    Kapitel 18

    Kapitel 19

    Kapitel 20

    Kapitel 21

    Kapitel 22

    Kapitel 23

    Kapitel 24

    Kapitel 25

    Kapitel 26

    Kapitel 27

    Kapitel 28

    Kapitel 29

    Kapitel 30

    Kapitel 31

    Kapitel 32

    Kapitel 33

    Kapitel 34

    Kapitel 35

    Kapitel 36

    Kapitel 37

    Kapitel 38

    Kapitel 39

    Kapitel 40

    Kapitel 41

    Kapitel 42

    Kapitel 43

    Kapitel 44

    Kapitel 45

    Kapitel 46

    Kapitel 47

    Kapitel 48

    Kapitel 49

    Kapitel 50

    Kapitel 51

    Kapitel 52

    Kapitel 53

    Kapitel 54

    Kapitel 55

    Kapitel 56

    Kapitel 57

    Kapitel 58

    Kapitel 59

    Kapitel 60

    Kapitel 61

    Kapitel 62

    Kapitel 63

    Kapitel 64

    Kapitel 65

    Kapitel 66

    Kapitel 67

    Kapitel 68

    Kapitel 69

    Kapitel 70

    Kapitel 71

    Kapitel 72

    Kapitel 73

    Kapitel 74

    Kapitel 75

    Kapitel 76

    Kapitel 77

    Kapitel 78

    Kapitel 79

    Kapitel 80

    Kapitel 81

    Kapitel 82

    Kapitel 84

    Kapitel 84

    Kapitel 85

    Kapitel 86

    Kapitel 87

    Kapitel 88

    Kapitel 89

    Glossar

    Prolog

    Tief in den Klüften der Höhlen von Jagur schlug ein Hammer auf einen Amboss. Gleichmäßig erscholl das metallische Geräusch, laut widerhallend von den schroffen Felswänden.

    Er war schon lange am Schmieden, wie lange, war ihm nicht bewusst. Aber Zeit spielte keine Rolle für ihn.

    Fünf Schwerter waren bereits fertig. Für jeden seiner herrschenden Geschwister und ihn eines. Jetzt fehlte nur noch das letzte. Das für den Ausgestoßenen, den Verdammten.

    Noch einmal stieß er die Klinge in die Kohlen und betätigte konzentriert den Blasebalg, der die Glut entfachte. Der Rohling glühte auf.

    „Ja, so ist es gut. dachte er freudig. „Die richtige Farbe, die richtige Temperatur. Er zog die Klinge hinaus und legte sie auf den Amboss.

    Wieder schlug er mit dem Hammer zu, während sein Schatten von den Flammen der Schmiedestelle an die Felswände geworfen wurde.

    Das letzte Schwert. Das für den ungeliebten Bruder. Den Bösen, der herrschen wollte. Der keine Kompromisse einging. Der Menschen nur als sein Eigentum ansah.

    Er wollte ihm kein Schwert fertigen.

    Aber es musste sein.

    Seine Schwester hatte ihm gesagt, dass jeder ein Schwert bekommen müsse, jeder, ohne Ausnahme.

    „Und sonst?" hatte er sie missmutig gefragt.

    „Wird das Gleichgewicht der Kräfte gestört. hatte sie geantwortet. „Du weißt, was das bedeuten würde.

    Ja, er wusste es und fertigte deshalb auch das letzte Schwert.

    Schweißüberströmt bearbeitete er das Schwert weiter und hielt es dann hoch. Rot glänzte es vor dem Feuer.

    Er hatte die Klinge extra eingefärbt. Damit war es unverkennbar das sechste Schwert.

    Es würde dem Bruder gerade deswegen gefallen. Weil es anders war als ihre fünf.

    Zischend löschte er die Klinge im eiskalten Wasser des unterirdischen Grundsees ab, neben dem er seine Schmiede aufgebaut hatte.

    Er lächelte. Er hatte wirklich gute Arbeit geleistet. Fast gefiel ihm diese Klinge am besten, von seiner abgesehen.

    „Du wirst Dein Schwert lieben, Bruder!" dachte er.

    Dann befestigte er sorgfältig den Griff.

    Der Griff bestand aus der schwarzen Klaue eines Drachen. Extra dafür hatte er den Drachen vorher erlegt, es war eine wilde Jagd gewesen, und die Klaue präpariert.

    Der Drache war das Wappentier seines Bruders, sein tierischer Avatar. Es war einfach passend.

    Mit einem kleinen Zauber verband er Klinge und Griff zusätzlich miteinander. Niemand würde beides nun noch trennen können. Jetzt fehlte nur eins.

    Mit Bedacht trug er den Schutzlack auf die Klinge auf und kratzte dann konzentriert die Stellen ab, die er ätzen wollte.

    Noch ein prüfender Blick.

    Das Schwert verschwand mit seiner Klinge in der Säure.

    Nun hieß es wieder, warten, während die Säure wirkte.

    Genüsslich ging er kurz im Grundsee baden. Das kalte Wasser tat gut auf der vom Schmieden heißen und dreckigen Haut. Natürlich hätte er sich auch durch einen kurzen Spruch reinigen können, aber ab und zu machte es Spaß, wie ein Mensch zu handeln.

    Dann holte er das Schwert wieder heraus. Die Säure perlte ab und er entfernte den Rest des Schutzlacks.

    „Ja, auch das ist mir gut gelungen." freute er sich.

    Auf dem Schwert war nun folgende Widmung zu lesen:

    „Bringe Verzweiflung, bin Tod".

    Das sechste Schwert war fertig.

    -1-

    Dumpf knirschend schloss sich das steinerne Tor der Gruft.

    Richard, Fürst von Zantini, stand mit erstarrter Miene davor. Nun hatte er endgültig Abschied von seiner Mutter Jasmin genommen.

    Nie würde er vergessen, wie sie gestorben war. Nie ihren zärtlichen Blick, der brach, als er sie mit seinem Schwert durchbohrt hatte. Mit voller Absicht.

    Wenn es doch nur eine andere Möglichkeit gegeben hätte, Kritzschak, den bösen Gott, in das Nichts zurück zu werfen.

    Er schaute mit Tränen in den Augen auf die verschlossene Grabstätte. Auf die steinernen Fürsten von Zantini, die darauf eingemeißelt waren. Sie schienen ihn alle vorwurfsvoll anzusehen.

    „Mörder! riefen sie ihm zu. „Du bist ein Muttermörder!

    „Oh, Mutter! Es tut mir so leid." dachte er voller Qual.

    Es tröstete ihn nur wenig, dass sie schwer krank gewesen war und ohnehin bald gestorben wäre. Und dass sie einverstanden gewesen war.

    Denn er hatte nichts von ihrer Krankheit gewusst, als er seiner Mutter das Schwert in den Leib gestoßen hatte. Sein Herz war an jenem Tag zerbrochen und würde wohl nie wieder vollständig verheilen. Der Schmerz war nur durch die Liebe Margarethas und den Zuspruch seiner Freunde etwas abgemildert worden.

    Doch es tat immer noch so weh. So verdammt weh.

    Margaretha fühlte seinen Schmerz und nahm stumm seine Hand.

    Sie war so schön, so überwältigend schön. Und so klug und freundlich. Richard war sich sicher: Er hatte sie nicht verdient. Aber ohne sie wäre er verloren gewesen. Dankbar drückte er ihre ihm gereichte Hand.

    Für Margaretha, Aktirias Königin, war es selbstverständlich, ihn bei Jasmins Bestattung und Trauerfeier zu begleiten. Nur durch Jasmins Tod war das Reich gerettet worden. Und er war der, den sie über alles liebte. Nie hätte sie ihn jetzt allein gelassen, wo er sie so dringend brauchte.

    Neben Richard stand, ganz in schwarz gekleidet, sein bester Freund Johann, der Graf von Prugha.

    Auch er hatte Tränen in den Augen, denn er hatte Jasmin sehr gemocht. Als Kind war er oft im Palast der Zantinis gewesen, gemeinsam mit Richard und dessen Bruder Haldu hatte er dort Unterricht gehabt.

    Doch selbst jetzt, bei der Beerdigung, trug er seine beiden Schwerter, die zu ihm gehörten wie Wasser zum Meer, wie die Sonne zum Himmel. Niemand konnte damit so gut umgehen wie er.

    Richard wurde warm ums Herz, als er ihn ansah, seinen dunklen Freund mit den schwarzen Haaren und den dunkelblauen Augen. Der die Liebe wiedergefunden hatte, nachdem seine erste Frau so grausam von Kritzschak hingeschlachtet worden war.

    Johann war mit Kira, seiner Verlobten, gekommen.

    Kira sah auch in Schwarz wunderschön aus. Ihr weißblondes Haar hatte sie zu einem Kranz geflochten, in den sie einen schwarzen Schleier gesteckt hatte, und ihre hellblauen Augen waren rot vom Weinen.

    Richard war davon überrascht, denn sie hatte Jasmin nur ganz kurz kennen gelernt. Scheinbar hatte seine Mutter in dieser Zeit ihr Herz gewonnen.

    Doch nun wandte er sich seufzend wieder den Trauerfeierlichkeiten zu.

    Der Geweihte Trashuiges streute gerade die letzten Weißblütenbaumblütenblätter auf die Grabstelle.

    „Möge unser Hoher Herr Trashuige immer über Deine Seele wachen, Jasmin von Zantini, auch jenseits Aktirias." sagte der Geweihte, ein höherer Priester, ruhig und rituell.

    Damit beendete er seine Segnungen für Jasmin. Die Bestattungszeremonie war vollendet.

    Dann verneigte er sich vor dem Fürsten: „Mylord? Eure Mutter ist nun aufgenommen worden. Trashuige wird sie ehren und ihrer immer gedenken. Sie war eine große Frau, Mutter und Fürstin."

    „Ich danke Euch, Geweihter. Bitte betet auch für mich." sagte Richard leise. Später würde er den Tempel noch großzügig beschenken.

    Der Priester Trashuiges nickte und ging.

    Stumm forderte Richard die anderen auf, ihn in den Palast zu begleiten.

    Gemeinsam gingen sie langsam zurück. Auf dem abgeschirmten Gelände der Gruft waren sie noch allein, Stille umgab sie wie eine wohlige Decke, aber das änderte sich schnell.

    Bewohner Zantinis hatten außerhalb des heiligen Bereichs darauf gewartet, dass die Trauernden sich zeigten. Nun standen sie Spalier und warfen als Zeichen ihrer Trauer ebenfalls die Trashuige gewidmeten Blüten des Weißblütenbaums auf den Weg, den Richard nahm.

    Zwischendurch musste er immer wieder anhalten, um Bediensteten seines Hofes zu danken, die ihm ihr Beileid ausdrücken wollten. Seine Mutter war sehr beliebt gewesen. Entsprechend lange dauerte es, bis sie endlich im Empfangssaal ankamen.

    Dort fand das Totenmahl für die geladenen Gäste des Adels statt. Draußen im Hof gab es die einfachere Version für die Bediensteten des Fürstenhauses.

    Richard hatte dafür alles auffahren lassen, was sein Fürstentum hergab. Jeder sollte sich auch bei diesem Mahl nur gut an die Fürstin erinnern.

    Offiziell war Jasmin das letzte Opfer Kritzschaks, getötet vom Gott ohne Gnade, bevor dieser zurück ins Nichts geworfen worden war.

    „Aber ich weiß genau, wie es wirklich war." dachte Richard reumütig. Noch immer spürte er, wie sein Schwert sich durch ihre Haut bohrte, hörte das Geräusch, als das Metall ihr Fleisch durchschnitt. Ob er es je vergessen könnte?

    Er setzte sich neben Margaretha an den langen Tisch. Margaretha hatte als Königin und Ehrengast den

    Platz bekommen, der normalerweise ihm als Fürsten zustand. Ihre feuerroten Haare waren unter dem Hut, den sie trug, fast nicht zu sehen. Das Haar war hochgesteckt, nur eine kleine Strähne guckte hervor.

    So sehr er es versuchte, Richard konnte seinen Blick fast nicht davon lösen. Er liebte ihre Haare. Diese üppige, rote Lockenpracht, glänzend wie helle Rubine.

    Johann, Graf von Prugha, saß auf der anderen Seite neben Margaretha. Er hatte jedoch nur Augen für Kira.

    Richard dachte wieder einmal, was für ein schönes Paar sie waren: Johann mit seinen dunklen Haaren, groß, schlank, sie mit ihren immer irgendwie frech wirkenden Augen, zart und klein. Kaum zu glauben, dass sie die Königin der Diebeszunft war und eine Meisterin im Gren-Kei, der aktirianischen Kampfkunst.

    Richard ertrug das Essen nur schwer. Hunger hatte er keinen und lieber hätte er sich gleich mit Margaretha in seine Gemächer zurückgezogen. Es war unter den Untertanen ein offenes Geheimnis, dass die Königin ihn liebte und ihn zu ihrem Gefährten erwählt hatte.

    Doch es wurde von ihm nun erwartet, wenigstens einige Zeit sitzen zu bleiben.

    Richard lächelte, als er Johann und Kira beobachtete. Johann hatte wahrhaft sein Glück nach dem grausamen Tod seiner ersten Frau wieder gefunden. Der Fürst gönnte es ihm von Herzen.

    Nur einer ihrer Gruppe fehlte am Tisch: Richards leiblicher Vater Schiotaro, der Gott der Träume.

    Er hatte sie als Magier Taro, einer seiner menschlichen Avatare, im Kampf gegen Kritzschak unterstützt. Damals hatten weder er noch Richard gewusst, dass Richard sein Sohn war. Gezeugt mit Jasmin, der Fürstin Zantinis, als diese schon mit dem Fürsten verheiratet war und bereits einen Sohn gehabt hatte.

    Der Gott war noch vor der Trauerfeier für Jasmin einfach verschwunden. Ohne sich zu verabschieden und ohne jemanden mitzuteilen, wohin er gegangen war.

    Er war eben einer der Glopa, ein Gott Aktirias. Und als Gott den Menschen natürlich keine Rechenschaft schuldig, wann er kam oder ging.

    Richard war dennoch verärgert. Hatte Taro doch erst kurz vorher beteuert, er habe Jasmin immer und bis zum Schluss geliebt. Warum war er dann nicht wenigstens geblieben, bis sie in der Gruft beigesetzt worden war?

    „Richard? flüsterte Margaretha plötzlich und riss ihn aus seinen Gedanken. Sie richtete ihren Blick zur Tür, die gerade aufgegangen war. „Schau, wer da gerade gekommen ist.

    Der Fürst folgte ihrem Blick und sah Taro, der direkt auf ihn zuging. Er war wieder da.

    Aber warum erst jetzt?

    Taro ging zum Tisch und verbeugte sich leicht. Dann sagte er bedauernd: „Es tut mir leid, dass ich nicht früher kommen konnte, Richard. Ich hatte Schwierigkeiten… in meiner Familie."

    Er sah Richard entschuldigend an und Richard spürte, dass Taro immer noch über etwas verärgert war.

    Dann hörte er plötzlich in seinen Gedanken Taro, der sagte: „Frag mich nicht, ich erzähle es Dir später."

    Verstehend schickte Richard ihm ein kurzes: „In Ordnung. Dann später."

    Als Magier und Halb-Glopa konnte er inzwischen ohne Probleme nur in Gedanken mit Taro reden.

    „Danke, dass Du dennoch kommen konntest. sagte Richard erleichtert und bot ihm einen Platz neben sich an. Ein Diener brachte einen Stuhl und ein frisches Gedeck. Dann fragte er ihn: „Warum warst Du nicht bei ihrer Trauerfeier da? War sie Dir so unwichtig?

    Leise und betroffen flüsterte Taro Richard zu, nachdem er Platz genommen hatte: „Wie kannst Du so etwas nur denken? Ich habe mich lieber allein von Jasmin verabschiedet."

    Richard sah Taro an und entdeckte tatsächlich Tränen in den Augen des Gottes. Taro hatte Jasmin wirklich geliebt.

    „Natürlich, Richard. seufzte Taro, der genau wusste, was Richard dachte. „Ich habe sie sehr geliebt. Bezweifle bitte nie meine Liebe. Dann machte er eine kurze Pause und fragte: „Können wir später noch reden? Wir müssen etwas besprechen."

    „Nicht mehr heute, Taro, bitte." bat Richard erschöpft. Er brauchte einfach ein bisschen Ruhe.

    „Dann morgen früh?" fragte Taro hartnäckig nach.

    Da mischte sich Margaretha in das Gespräch ein: „Das ist eine gute Idee. Ich muss auch noch etwas mit Euch beiden besprechen. Morgen früh, bevor ich in die Hauptstadt zurückkehre, ist ein guter Zeitpunkt. Johann und Kira sollten auch dabei sein."

    Richard seufzte: „In Ordnung. Morgen früh in meinem Arbeitszimmer."

    „Werden wir gar nicht gefragt?" fragte Johann lächelnd, der dem Gespräch stumm gefolgt war. Er blickte alle aus seinen tiefblauen Augen an.

    Margaretha antwortete ihm freundlich: „Nein, werdet Ihr nicht. Ich bin die Königin und möchte, dass Ihr dabei seid. Es ist wichtig, Johann."

    Der Graf von Prugha wurde sofort ernst: „Oh, tut mir leid. Wenn die Königin befiehlt, werden wir natürlich da sein. Dann wandte er sich Kira zu: „Liebste, wir werden morgen wohl erst später aufbrechen können.

    „Ich habe es mitbekommen." entgegnete Kira lächelnd.

    Zu Margaretha sagte sie dann jedoch, leicht verärgert:

    „Ich mag es nicht, wenn Du mir befiehlst."

    Diese lächelte, sagte aber: „Kira, ich bin auch Deine Königin. Akzeptier es. Das müssen wir jetzt nicht ausdiskutieren. Komm einfach. In Ordnung?"

    Kira nickte, scheinbar ergeben. Sie würde jedoch nur kommen, weil sie neugierig war. Nicht, weil sie einen Befehl von Margaretha annahm. Als Oberhaupt der Diebe und Huren lebte sie in ihrem eigenen Reich und sah Aktirias Herrscherin eher als kleine Schwester an.

    Da wandte sich flüsternd ein Diener an Richard: „Mylord?"

    „Was ist?"

    „Ein Bote Ihrer Majestät wartet draußen und begehrt Einlass."

    Richard sah Margaretha verwundert an. Diese hob überrascht ihre Augenbrauen und zuckte mit den Schultern. Sie wusste von nichts.

    So befahl der Fürst: „Lasst ihn herein."

    Kurze Zeit später fiel der Bote vor Margaretha auf ein Knie und senkte seinen Kopf. Es war Sir Henry, der Befehlshaber ihrer Leibwache.

    „Sir Henry?" Jetzt war Margaretha noch überraschter.

    Sie hatte Henry mit ausgesuchten Soldaten zur Bewachung von Asta und Haldu in Haograw abgestellt. Asta von den Mooren war eine Hexe und die Hohepriesterin Kritzschaks, die sie kurz vor Kritzschaks Verbannung gefangen nehmen konnten.

    Margaretha befürchtete jetzt bei Sir Henrys Anblick das Schlimmste.

    Leider bestätigte Henry mit gesenktem Kopf ihre Befürchtung: „Sie ist entkommen, Eure Majestät. Es tut mir leid. Ich habe versagt."

    „Was? Asta ist geflohen?" fragte Margaretha fassungslos.

    „Ja, Majestät. Sie hat einen meiner Männer beeinflusst, und der hat sie von ihren Fesseln befreit. Er lag mit gebrochenem Genick in ihrer Zelle. Vergebt." Henry verharrte schuldbewusst mit gesenktem Kopf vor dem Tisch.

    „Darüber sprechen wir später, Sir Henry. Was ist mit Haldu?" wollte Margaretha wissen.

    Haldu, Richards älterer Bruder, hatte damals mit Asta dafür gesorgt, dass Richard den bösen Gott befreite. Weil er selber Fürst von Zantini werden wollte. Er war Kritzschaks Diener geworden. Auch er war eingekerkert worden und wartete nun auf seine Verurteilung.

    „Als ich gegangen bin, war er noch gefangen, Majestät.

    Asta ist allein verschwunden. Ohne sich um ihn zu kümmern." Sir Henry wagte nicht, seinen Blick zu heben.

    Margaretha überlegte und fragte dann Taro: „Kannst Du sie wieder aufspüren?"

    Taro meinte ernst: „Das könnte ich, genauso gut auch Richard. Aber dann würde sie es bemerken. Was ich vermeiden möchte, Majestät. Sie stellt momentan nur eine geringe Gefahr für uns dar. Es wird reichen, ihren Aufenthaltsort zu bestimmen, wenn es wirklich nötig ist. Aber wenn Ihr sie unbedingt wieder einfangen wollt, stehe ich Eurer Majestät natürlich gern zur Verfügung."

    Die Königin merkte sofort, dass Taro hier in der Öffentlichkeit nicht frei reden wollte.

    „Ich denke, wir besprechen das lieber morgen ausführlich. sagte Margaretha nachdenklich. „Sir Henry, Ihr könnt aufstehen. Ich mache Euch keinen Vorwurf, denn ich bin davon überzeugt, dass Ihr alles getan habt, damit dies nicht geschieht. Asta ist geschickt, schlau und eine mächtige Hexe. Bleibt und nehmt noch etwas zu Euch nach der langen Reise. Ich bin sicher, seine Mylord wird Euch eines seiner Zimmer für die Nacht zur Verfügung stellen.

    Sie blickte Richard an.

    Henry stand erleichtert auf und wartete, bis der Fürst ihm einen Platz an der Tafel zuwies. Später würde einer der Kammerdiener ihn zu einer Schlafstatt bringen.

    Der Rest des Abends war kurz. Richard verließ bald mit Margaretha den Saal.

    -2-

    In seinem Schlafzimmer strich Richard Margaretha zärtlich über ihr rotflammendes Haar. Sie sah ihn nur an, ein leichtes, kaum merkliches Lächeln auf ihren Lippen.

    Beide wollten jetzt nicht mehr reden, dafür würde am nächsten Morgen noch genug Zeit sein.

    Vorsichtig strich er ihr Haar beiseite und nahm eine Strähne zwischen seine Finger. Tief sog er ihren Duft ein. So süß, zart und blumig. Er konnte nicht genug davon bekommen.

    Sie ließ ihn einfach gewähren und wartete auf mehr.

    Sanft führte er seinen Mund auf ihre Schulter, schloss seine braunen Augen und küsste sie dort ganz ruhig.

    Sich ihm zuwendend durchfuhr Margaretha ein wohliger Schauer.

    Noch einmal küsste Richard ihre Schulter an der Stelle, wo diese in den Hals überging. Dann knöpfte er langsam ihr Kleid auf. Ganz langsam. Und streifte es behutsam ab, während er sie weiter küsste. Ihre Haut war so weich, so zart, so hell.

    „Margaretha, ich liebe Dich." flüsterte er erregt.

    Sie fing nun auch an, ihn zu küssen. Öffnete sein Hemd, streichelte seine nackte Brust und saugte mit ihren vollen Lippen an seinen Brustwarzen.

    Richard stöhnte auf. Er befreite ihre prallen Brüste, drückte seinen Körper an ihren, so dass er ihre steifen Brustwarzen an sich spürte, während er sie näher zum Bett drängte.

    Margaretha zog ihm das Hemd jetzt endgültig aus, gierig vor Lust, und knöpfte seine Hose auf.

    Ihre Finger strichen über seinen muskulösen Körper, er war einfach perfekt, sie konnte nicht glauben, dass er tatsächlich bei ihr war, dieser begehrenswerte Mann. Ihre Lippen suchten seine, ihre Zunge erforschte voller Leidenschaft seinen Mund, ihre Zähne bissen zart auf seine Unterlippe, während sie vor Lust verging.

    Richard legte sie sanft aufs Bett und zog ihr endlich das Kleid aus. Sie war so wunderschön, wie sie nackt dalag, mit vor Erregung geröteten Wangen und den grünen Augen. Ihr Mund so blutrot, ihre Busen so fest und ihr Körper so hell wie feinster Marmor.

    Margaretha lächelte ihn an und zog ihn zu sich herunter.

    Sie hatten eine wundervolle Nacht.

    Und einen wundervollen Morgen.

    Richard erwachte, eng Margaretha umschlingend. Margaretha sah ihn glücklich an.

    „Danke. flüsterte Richard. „Ich danke Dir für Deine Liebe.

    Sanft strich er ihr eine Strähne aus dem Gesicht: „Aber ich glaube, wir müssen jetzt aufstehen."

    „Ja, leider. Ich wünschte, wir könnten für immer hier liegen." seufzte Margaretha.

    „Ja, das wünschte ich mir auch." sagte Richard leise.

    „Aber bevor wir in mein Arbeitszimmer gehen, Margaretha, muss ich Dir noch etwas sagen. Du weißt, ich werde bald fortgehen müssen, um mein Versprechen Johann gegenüber einzuhalten."

    „Ich weiß, Richard." Margaretha wurde sofort ernst und dachte zurück.

    Kritzschak war bei der Verbannung im Körper Kenns gewesen, dem Hofmarschall des Grafen von Prugha. Es war keine Zeit mehr gewesen, ihn von Kenn zu trennen. So war Kenn mit in das Gefängnis Kritzschaks gezogen worden, in das Nichts, ohne dass einer von ihnen etwas hätte machen können.

    Richard hatte Johann, für den Kenn wie ein sehr guter Freund war, geschworen, den Hofmarschall zu retten und zurückzubringen. Auch wenn er noch nicht wusste, wie er es machen konnte.

    Aber auch Richard fühlte sich Kenn gegenüber verpflichtet.

    Hatte der Hofmarschall ihn doch gepflegt, als er von Johann fast zu Tode gepeitscht worden war. Dieser hatte ihm die Schuld am Tod seiner ersten Frau Iluni gegeben. Noch immer trug er die Narben in Form ihres Namens auf seinem Rücken.

    Er musste Kenn einfach retten. Koste es, was es wolle.

    „Ich kann nicht anders, Margaretha. Er setzte sich nachdenklich auf die Bettkante. „Das bin ich meiner Ehre schuldig. Du sollst nur wissen: Wenn ich in einem Jahr nicht wieder bei Dir bin, musst Du Dir einen anderen Gefährten suchen. Einen, der für Dich da ist und der Dich so verehrt, wie ich es tue.

    „Was? Margaretha war empört. „Das werde ich auf keinen Fall machen, Richard.

    „Du brauchst einen Gemahl an Deiner Seite, Margaretha. stellte Richard fest. „Jemand, mit dem Du Kinder haben kannst. Nachfolger Deiner Blutlinie. Deswegen darfst Du Dich nicht an mich binden. Ich weiß nicht, was noch auf mich wartet. Ich bin ein halber Glopa. Vielleicht kann ich auch gar keine Kinder zeugen. Wer weiß das schon? Ich bin das erste Kind überhaupt eines Glopa mit einem Menschen. Er lachte kurz bitter auf. „Ein halber Glopa…das kann ich immer noch nicht glauben. Ich fühle mich kein bisschen anders als früher. Für mich ist es eher ein Fluch als ein Segen."

    Margaretha umarmte ihn von hinten. Ihr noch schlafwarmer Körper schmiegte sich zärtlich an seinen. Dann flüsterte sie ihm ins Ohr: „Hör mir jetzt gut zu, Fürstvon Zantini. Es ist mir egal, wie lange Du brauchst, um Kenn zu befreien. Es ist mir auch egal, dass Dein Vater ein Gott ist. Ich liebe Dich so, wie Du bist, Richard! Für mich hat sich nichts verändert. Was soll ich sagen? Ich kann mich in eine Eule verwandeln! Bin ich deswegen etwa eine andere geworden? Nein. Ich werde auf Dich warten, Liebster. Entweder Du wirst mein König oder niemand."

    „Meinst Du das im Ernst, Margaretha? fragte Richard. Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Du willst wirklich mich als Deinen König haben?

    „Hast Du je etwas anderes gedacht? lachte Margaretha. Sie sprang aus dem Bett, stellte sich vor ihm auf und fuhr bestimmend fort: „Du wirst nicht wieder davon anfangen, dass ich mir jemand anderen suchen soll. Denn es wird nie einen anderen geben.

    Gerührt umschlang Richard sie fest: „Ich verspreche Dir, Geliebte, dass ich alles tun werde, um zu Dir zurück zu kommen, wenn ich meine Aufgabe erfüllt habe."

    „Das hoffe ich doch. Und dann bekommst Du mich für immer." lächelte Margaretha.

    Richard stand auf. Dann beugte er sich grinsend zu ihr herab und küsste sie.

    „Soll das ein Heiratsantrag sein, Eure Majestät?" fragte er sie mit leuchtenden Augen.

    „Nun ja…" antwortete Margaretha, ebenfalls grinsend.

    „Wenn Du mich denn überhaupt willst?" Ein erregendes Kribbeln durchzog ihren Körper.

    „Wie kannst Du daran nur zweifeln, meine Schöne?!"

    sagte er gespielt empört. „Natürlich will ich. Wer würde das nicht wollen?"

    Lachend warf sie sich ihm in die Arme und gab ihm einen dicken Kuss auf den Mund.

    Dann sprang sie schnell in das Bad: „Erste, Richard!"

    Er lächelte ebenfalls, während er ihr folgte und sich fertig machte.

    Eine Stunde später gingen beide in Richards Arbeitszimmer.

    -3-

    Dort warteten bereits die anderen drei.

    Kira und Johann trugen schon wieder Reisekleidung in dezenten Farben. Sie wollten nach der Besprechung sofort in die Grafschaft Prugha aufbrechen.

    Die Kleidung von Taro dagegen ähnelte mehr der eines Jägers denn der eines Magiers. Margaretha fand, dass er darin Richard wirklich ähnlich sah. Eigentlich war es erstaunlich, dass ihr die Ähnlichkeit nicht früher aufgefallen war.

    „Schön, dass Ihr zwei auch noch kommt. grinste Kira Margaretha an. „Warum mussten wir uns jetzt hier treffen?

    Aktirias Königin setzte sich ihr gegenüber hin und sagte: „Meine eigentliche Planung ist leider durch Sir Henrys Nachricht etwas durcheinander geraten. Vielleicht sprechen wir erst einmal über Asta?"

    Alle nickten.

    „Wie bekommen wir sie wieder in unseren Gewahrsam? Taro hat zwar gestern gesagt, es wäre nicht so wichtig. Aber mir wäre sehr viel wohler, wenn sie wieder im Kerker sitzt."

    „Das verstehe ich, Margaretha." pflichtete Taro ihr bei.

    „Dennoch ist sie nicht wirklich wichtig. Glaub mir: Sie wird sich zunächst in ihre Heimat in Ramag zurückziehen und ihre Wunden lecken. Bildlich gesehen."

    „Wird sie nicht versuchen, Haldu ebenfalls zu befreien?" gab Johann zu bedenken.

    „Warum? wandte Taro ein. „Ich war in ihren Gedanken, Johann. Sie mag Haldu nicht, sondern hält ihn für einen Idioten. Glaube mir, da muss es schon einen wirklich guten Grund geben, dass sie sich noch einmal in Gefahr begibt, von uns gefasst zu werden. Haldu ist kein guter Grund für sie. Einen anderen Grund sehe ich im Moment noch nicht.

    „Bist Du Dir sicher, dass sie wieder nach Ramag geflohen ist?" wollte Margaretha wissen.

    Taro beteuerte: „Ja. Sie hat nun, da ihr Herr wieder verbannt ist, nicht mehr die Macht, mich komplett abzuschirmen. Und Kritzschaks Kraft umgibt sie immer noch in starkem Maß. Es war kein Problem, sie aus der Ferne auszumachen. Ich kenne nicht ihren genauen Standort. Dafür müsste ich näher an sie heran und dann würde sie mich bemerken. Aber sie flieht eindeutig nach Ramag. In Ramag selber wird es selbst für mich problematisch. Dort hat mein Bruder zu lange gewütet. Es war schwierig genug, seinen Bannkreis zu löschen. Und es wird noch Jahrzehnte dauern, bis sich seine Magiekraft, die dort ist, aufgelöst hat."

    „Könnt Ihr Glopa sie nicht vernichten?" fragte Richard.

    „Können schon. antwortete Taro verlegen. „Aber wir machen es nicht. Das Gleichgewicht der Kräfte darf nicht noch mehr gestört werden. Tut mir leid.

    Johann grummelte etwas vor sich hin. Den Spruch hatte er schon mehrfach gehört. Immer dann, wenn sich ihr Gottfreund weigerte, etwas zu tun, das ihnen helfen würde.

    Taro versuchte, ihn nicht zu beachten. Er konnte es nicht ändern. Johann hatte nicht einmal eine annähernde Ahnung davon, was passieren konnte, wenn das Gleichgewicht richtig gestört war. Kenn im Nichts war bereits Störung genug.

    Ruhig fuhr Taro fort: „Letztendlich kann Asta uns nicht schaden, sondern, solange sie sich in Ramag befindet, allein einen sehr effektiven Abschirmungszauber wirken."

    „Das klingt mir doch etwas zu unsicher und letztendlich gefährlich. sagte Kira nachdenklich. „So wissen wir nicht, was sie dort vielleicht plant.

    „Kira, sie hat über hundert Jahre benötigt, um mit Haldus Hilfe Richard zu überlisten und dadurch Kritzschak zu befreien. Taro lächelte nachsichtig. „Da Richard jetzt Bescheid weiß, müsste sie einen anderen mit reinem Herz und magischen Kräften finden. Das wird sie so schnell nicht noch einmal schaffen.

    Kira war jedoch noch lange nicht überzeugt.

    Sie würde sicherheitshalber einen ihrer Gefolgsleute auf Astas Fährte setzen. Sie hatte da auch schon jemanden im Blick. Taro mochte ein Glopa sein, aber auch er wusste nicht alles.

    Margaretha sagte dagegen fast erleichtert: „Ich vertraue Dir, Taro. Wenn Du es sagst, können wir das Problem Asta zunächst einmal vernachlässigen. Damit kommen wir zu Haldu, Richards Bruder. Sie sah Richard traurig an, während sie sagte: „Ich werde ihn zum Tod verurteilen müssen.

    Johann und Kira hatten nichts anderes erwartet.

    „Und? Warum müssen wir darüber noch reden? fragte Johann daher verwundert. „Der Verräter hat doch nichts anderes verdient. Tut mir leid, Richard, aber Dein Bruder kann froh sein, wenn er einen schnellen Tod stirbt. Er hat sich gegen ganz Aktiria und gegen die Glopa versündigt und kann keine Gnade erwarten.

    Richard schluckte schwer.

    Ja, Haldu hatte sich wirklich schwer gegen Aktiria und seine Bewohner versündigt. Nur, weil er Fürst werden wollte. Und er zeigte bisher keinerlei Reue.

    Dennoch…Haldu war sein Bruder.

    „Margaretha? fragte Richard vorsichtig und blickte seine Freundin beschwörend an. „Ich weiß, niemand hat den Tod mehr verdient als Haldu. Ich bitte Dich dennoch um sein Leben. Bestrafe ihn nach Deinem Gutdünken…aber verurteile ihn nicht zum Tod. Ich bitte Dich darum nicht als Dein Gefährte, das steht mir nicht zu, sondern allein als Fürst von Zantini und als sein Bruder.

    Kira konnte nicht an sich halten und lachte laut und spöttisch auf: „Das meinst Du doch nicht im Ernst, Richard, oder? Dein Bruder ist ein feiger Menschenschlächter, ein Heuchler, ein Verräter, ein Sadist…ich könnte wohl stundenlang so weitermachen. Er ist schuld, dass Deine Mutter tot ist, dass Tausende von Aktirianern unter Qualen gestorben sind."

    Rot vor Scham nickte Richard und erklärte leise: „Ich weiß, Kira. Du brauchst es mir nicht aufzuzählen. Er ist dennoch mein Bruder. Ich kenne ihn auch anders. Und ich möchte nicht auch noch für seinen Tod verantwortlich sein."

    „Wieso bist Du für seinen Tod verantwortlich, wenn Margaretha ihn hinrichten lässt?" Kira schaute ihn irritiert an.

    „Weil er nur wegen mir so geworden ist, Kira! stieß Richard verzweifelt hervor. „Gäbe es mich nicht, hätte er eine unbeschwerte Kindheit voller Erfolge gehabt und wäre jetzt Fürst von Zantini.

    Kira verdrehte ihre Augen: „Das glaubst Du doch selber nicht, Richard. Dein Bruder hätte dann vielleicht nicht Kritzschak befreit, aber ein Sadist und Schlächter wäre er immer noch. Und kein guter Fürst für Zantini. Wenn er nicht auf Dich neidisch hätte sein können, dann wäre es Johann oder irgendein anderer Graf oder Herzog im Reich gewesen. Er wäre nie zufrieden gewesen. Ich kenne Typen wie ihn."

    Kopfschüttelnd schaute sie ihn an. Wie konnte ein intelligenter Mensch nur so naiv sein! Kira war fassungslos.

    „Verzeiht, aber da gibt es noch ein anderes Problem." fiel Taro nun in das Gespräch ein. Alle vier Köpfe drehten sich zu ihm um.

    „Ich habe mich…tja…erkundigt, welche Möglichkeit es gibt, Kenn zu retten, ohne Kritzschak zu befreien. Die Möglichkeit des reinen Herzens ist uns dabei verschlossen, denn der Beschwörungszauber funktioniert nur, wenn derjenige mit dem reinen Herz nicht weiß, was er bewirkt. Und Richard wüsste jetzt Bescheid."

    Richard horchte auf: „Und?"

    „Es geht nur mit unseren sechs Schwertern." Taro verstummte. Für ihn war damit alles klar. Leider jedoch nicht für die anderen.

    Als er nach einigen Sekunden immer noch nicht zu einer weiteren Erklärung ansetzte, fragte Kira ungeduldig: „Welche sechs Schwerter? Und was hat das mit Haldu zu tun? Nun sag schon, Taro!"

    Der Glopa zierte sich etwas, führte dann aber weiter aus: „Ich erwähne das alles nur höchst ungern, weil ich deswegen schon reichlich Ärger mit meinen Geschwistern hatte. Sie haben Bedenken, dass wir das Gleichgewicht der Kräfte noch stärker stören. Aber um zu Kenn zu kommen, müssen wir uns die sechs Schwerter besorgen, die Trashuige vor langer Zeit für jeden von uns geschmiedet hat. Die gute Nachricht: Richard hat bereits Trashuiges Schwert, er hat auch meins hierher gebracht. Uns fehlen also nur noch vier, Kritzschaks eingeschlossen."

    „Kritzschak hat auch eines bekommen? fragte Margaretha verwundert. „Ich dachte immer, er ist kein Glopa.

    „Ist er auch nicht. Aber er ist dennoch unser Bruder. Und ein Gott. Trashuige musste auch ihm eines schmieden, um das Gleichgewicht der Kräfte zu erhalten. Genau das ist das Problem. Nur Haldu wird es nehmen können, weil er das Tattoo trägt und daher Kritzschaks Diener ist."

    „Du kannst es nicht nehmen?" fragte Margaretha.

    „Nein. Ich habe ja bereits ein Schwert, meines. erklärte Taro. „Um das Tor zu öffnen, das Nichts zu betreten und Kenn zu befreien, müssen wir die Schwerter zu einem Dach zusammenstecken. Jeder kann nur eines nehmen.

    Johann atmete hörbar ein: „Habe ich das richtig verstanden? Auch das von Dir nicht direkt Ausgesprochene? Du hast wir gesagt. Bedeutet das, das jeder von den hier Anwesenden dabei sein muss, damit jeder von uns ein Schwert nehmen kann? Weil wir die fünf sind? Und der Verräter Haldu muss Kritzschaks benutzen? Sonst ist Kenn für immer verloren?"

    „Ja, so könnte man es zusammenfassen. sagte Taro trocken. „Nur das es nicht nur um Kenn geht, sondern auch um das Gleichgewicht der Kräfte in Aktiria. Wenn wir Kenn nicht befreien, wird Aktiria sich langsam auflösen, bis es irgendwann zerbricht und selber zum Nichts wird.

    Alle sahen ihn völlig entsetzt an.

    „Was? fragte Kira fassungslos. „Aktiria wird verschwinden, wenn wir Kenn nicht befreien?

    Taro nickte betrübt.

    „Wieviel Zeit bleibt uns?"

    „Einige Jahre. Ungefähr. antwortete Taro ihr. „Genau weiß es niemand.

    „Und nur Haldu kommt in Frage?" hakte Kira nach.

    Taro sah sie an und erklärte: „Nein. Jeder, der ein Diener Kritzschaks ist, könnte das Schwert anfassen."

    „Gut. Dann nehmen wir doch Asta." sagte Kira aufgewühlt. „Sie ist immerhin schon über hundert Jahre Kritzschaks Dienerin. Ich werde nicht mit dem Schwert der Hohen Herrin Xaji zusammen mit dem Verräter Haldu ein Tor öffnen, um Kenn zu befreien und das Gleichgewicht wieder herzustellen. Tut mir leid, aber wenn jemand den Tod verdient hat, dann Haldu. Er hat persönlich hunderte von meinen Leuten grausam gefoltert und hingeschlachtet und die Frauen vergewaltigt.

    Ich will ihn tot sehen! Je schneller, umso besser! Außerdem, wer sagt denn, dass Haldu uns nicht hintergeht und nur Kritzschak befreit? Bei Asta müssten wir von vornherein davon ausgehen, darauf können wir uns einstellen. Aber Haldu? Der dient nur sich selbst. " Sie knurrte vor Hass und Verachtung auf.

    „Ich wusste nicht, Kira, dass Du so über Haldu denkst. flüsterte Richard verlegen. Dann sagte er flehend: „Bitte, Kira, lass es uns mit Haldu wenigstens versuchen. Auch für Aktiria! Ich werde wirklich alles tun, damit mein Bruder kein falsches Spiel treibt.

    „Nein, Richard. Kira schüttelte energisch den Kopf. „So sehr ich Dich mag…da verlangst Du zuviel von mir. Wie soll ich sonst je wieder meinen Leuten gegenüber treten können?

    In Gedanken wandte sich Richard verzweifelt an Taro:

    „Ist Kira nötig für den Zauber?"

    Die Antwort Taros war kurz und eindeutig: „Ja, ist sie."

    Es blieb Richard nur noch eine Möglichkeit. Zwingen wollte er Kira nicht. Sonst hätte sie sich vielleicht auch geweigert, ihnen mit Xajis Schwert zu helfen. Aber er konnte sie bitten.

    Also ließ sich Richard zum Entsetzen aller vor Kira auf ein Knie nieder: „Ich bitte Dich, Kira… Nein, ich flehe Dich als Herrscherin der Diebe und Huren an, auch

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